Dienstag, 26. September 2023

Ausstellung zum ThemaKatzen

Am letzten Samstag im August fand ein Ausflug von unserem Blinden- und Sehbehindertenverband statt. Es sollte in eine Ausstellung in einer Stadt in der Nähe meines Heimatortes gehen. Der Treffpunkt sollte entweder am Hauptbahnhof in dieser Stadt oder direkt am Museum sein. Jeder sollte sich selbstständig beim Museum anmelden, die Adresse des Museums wurde auch mit durchgegeben. Ich bekam eine Begleitperson von dem Verein, wo ich meine Assistenten her habe. Wir fuhren selbstständig mit dem Zug hin und wunderten uns schon, dass wir keinen anderen blinden oder Sehbehinderten sahen, der ebenfalls dorthin hätte fahren wollen. Wir standen dann am Bahnhof und wunderten uns, dass nur wir beide da waren. Nachdem wir ein sich am Bahnhof befindliches begehbares Kunstwerk bewundert und noch etwas gegessen hatten, machten wir uns in den sehr engen und nicht sehr barrierefreien Straßen auf den Weg zu Museum. Dort war ich schon fast der Überzeugung, dass ich den Termin offenbar verwechselt haben musste. Aber da standen eine Frau von der Presse mit ihrem Fotografen und die Museumsführerin. Wir waren die einzigen, in der Tat fand es an diesem Tag statt, aber alle anderen hatten einen Tag zuvor spontan abgesagt, offenbar wegen des schönen Wetters. Ich wurde gefragt, ob ich mit Fotos von mir einverstanden sei, dies bejahte ich, aber ein Interview lehnte ich ab. Ich hatte zuvor sehr schlechte Erfahrungen mit Interviews gemacht. Nur ein Beispiel, in unserer Theatergruppe wurden wir gefragt, ob wir auch schon einmal Diskriminierung erlebt hätten. Ich erklärte, dass ich trotz eines Universitätsabschlusses mit der Note 1,3 hinterher keine Stelle bekommen hatte. Und ich erklärte auch, dass ich bei einer Radiosendung für blinde und Sehbehinderte mitmache. Was las ich dann über mich in der Zeitung: „XY läuft durch den Raum, und die anderen müssen immer aufpassen, dass XY nicht in sie hineinläuft und müssen daher immer ausweichen.“ Das war alles, das hätte man auch, ohne mich zu befragen, schreiben können. Das hat halt sehr schön in das gute alte blinden Klischee gepasst. Daher habe ich gleich erklärt, dass ich für solche Schicksalsberichte nicht zur Verfügung stünde. Dies wurde auch sofort respektiert. Wir wurden aufgeklärt, dass es sich um eine Dauerausstellung von Michael Matthias Prechtel handele, und dass dabei auch eine kürzere Ausstellung zum Thema Katzen installiert worden sei. Der Maler hatte nämlich genau wie ich eine große Vorliebe für Katzen. Zunächst wurde uns erklärt, dass er ein Sohn dieser Stadt war, und dass er auch schon für berühmte internationale Zeitungen wie die New York Times unter anderem auch Willy Brandt porträtiert hätte. Seine Vorbilder waren zum Beispiel auch Albrecht Dürer und Picasso. Demnach durfte ich einige schöne Ausstellungsstücke betasten, zum Beispiel janusköpfige Figuren, die sehr kubistisch wie Würfel anmuteten. Auch im Spiegel hatte er bereits Bilder zu politischen Figuren und Situationen gemalt, sah sich aber nicht als Karikaturist. Danach ging es in die Ausstellung über Katzen. Hier war das Thema vorwiegend die Illustration des Buches von ETA Hofmann „Ansichten des Kater Murr. Dieses Buch habe ich zwar mal gelesen, aber ich kann mich nicht mehr wirklich daran erinnern, ich hatte nur noch im Gedächtnis, dass es sich um die Zeit der Revolution im Jahre 1848 in der Paulskirche herum handelte. Und dass ein Kater ziemlich intelligent war und auf dem Schreibtisch sämtliches Papier zerriss oder darauf schrieb. Die Bilder, die uns genau erklärt wurden, waren extrem vielschichtig und hintersinnig. Da gab es jede Menge Anspielungen. Es gab die Katze Anydot, die offenbar auch in dem Musical von Andrew Lloyd Webber einen Platz gefunden hatte. Außerdem wurde Albrecht Dürer gemalt, der gerade die Vertreibung aus dem Paradies malte, neben ihm eine weiße Katze, die Albrecht Dürer Gesellschaft leistete, wobei dieses Motiv der Vertreibung aus dem Paradies auch in dem Buch von ETA Hofmann über Kater Murr eine Rolle spielt, als er zu dem von ihm ungeliebten Kapellmeister umziehen musste. Neben der weißen Katze lag eine Maus, aber beide waren schon mit ihren Hinterteilen gegeneinander gemalt. Da es sich bei Dürer ja um einen Kupferstich handelt, war ein Teil des Bildes in Kupfer gehalten. Das Bild konnte ich deshalb ertasten, weil es von der Museumsführerin mit Plusterstift abgemalt wurde, sodass man die Konturen abtasten konnte. Außerdem wurde uns ein Bild beschrieben, in welchem Prechtel ein Selbstportrait verfasst hatte. Dort gab es dann den heiligen Michael mit dem Schwert und den heiligen Lukas in Form eines Stiers, den Schutzpatron der Malerzunft. Zusätzlich sahen wir noch ein Bild mit dem gestiefelten Kater, wobei das blaue Gewand mit den silbernen Streifen auf die französische absolutistische Herrschaft von Ludwig XIV anspielen sollte, und dann spitzte da noch der Kopf von Charles Perrot am linken unteren Rand hervor, um darauf hinzuweisen, dass er der erste war, der die Märchen aufschrieb, die wir heute als Sammlung von den Gebrüdern Grimm kennen, in welcher ja auch das vom gestiefelten Kater enthalten ist. Insgesamt erfuhren wir extrem viel über alle möglichen allgemeinbildenden geschichtlichen Ereignisse und Tatsachen. Nach dieser sehr lehrreichen und interessanten Führung haben wir uns noch eine Weile unterhalten. Es soll bald, nachdem die Ausstellung über die Katzengemälde beendet ist, eine Ausstellung zur Geschichte des Kinos und des Films eingerichtet werden. Die Museumsführerin ist auch in einer Vereinigung von blinden und Sehbehinderten, obwohl sie selbst nicht schlecht sieht, und dort kennt sie eine der Hörfilmbeschreiberinnen . Vielleicht kann sie diese dazu motivieren, einmal zu uns zu kommen, während wir die Ausstellung alle besuchen. Dann könnten wir ihr auch Fragen zum Thema Hörfilm stellen. Auf jeden Fall möchte ich Sie dazu interviewen für unser Radioprojekt. In unserer Stadt gibt es mittlerweile im Rahmen von Kultur für alle Tandemführungen von Behinderten und Nichtbehinderten. Ich wollte auch an diesen Führungen beteiligt sein, allerdings habe ich keine Partnerin und keinen Partner gefunden, weil mich wahrscheinlich mal wieder niemand haben wollte. Einige vom behinderten Rat haben schon vorher diese neue Einrichtung mit begleitet und machen jetzt bei diesen Führungen mit. Ich habe auch schon einige dieser Führungen besucht. Diese sind sehr interessant und vor allem auch sinnlich erfahrbar. Bei diesem Museum, in dem ich jetzt war, wollte die Museumsführerin ebenfalls etwas einrichten und schlug mir vor, ich könne doch bei ihr dann mitmachen. Dass dies bisher ein Strohfeuer war, da sie sich noch nicht gemeldet hat, war mir relativ schnell auch bewusst, denn so etwas verspricht man mal im Überschwang. Zumindest habe ich den Artikel erhalten, er ist sehr schön und extrem informativ gehalten, und ich komme auch wirklich nur als Besucherin drin vor, die ab und an mal eine Frage einwirft. Da ich mit meinem Assistenten zusammen tatsächlich die einzige Besucherin war, habe ich es sehr genossen, angstfrei Fragen stellen zu können, ohne dann wieder von meiner Umgebung für dumm gehalten zu werden oder dauernd in Konkurrenz zu stehen, weil andere alles viel besser wissen und dauernd rein rufen und sich hervortun. Sie war auch sehr nett und geduldig und hatte auch den Eindruck, dass ich einiges wissen doch mitgebracht hatte. Es gab auch etwas auf Spanisch, da es ein Bild mit dem Titel „La Maja“ gab, was sie jedes Mal „Maya“ aussprach, und auch, nachdem ich ihr sagte, dass es „macha“ ausgesprochen wird, weiterhin bei ihrer Ausspracheform blieb. Ich sagte, dass ich Spanisch studiert habe, und mein Assistent meinte daraufhin: „Ja, Spanisch kann se.“ Ich hätte am liebsten ergänzt: „wenn se auch sonst nix kann.“ Er hat auch dann, nachdem wir uns noch eine Weile unterhalten haben, der Führerin erklärt: „Sie geht auch immer ganz gerne auf kulturelle Ausstellungen.“ Da stand ich übrigens auch noch daneben. Und der Assistent ist noch sehr jung. Er hat mir aber erklärt, er sei Buddhist, und ich sei eine ganz junge Seele. Ich hätte keinen theoretischen Hintergrund und würde im Hier und Jetzt leben und auf alles spontan drauflos gehen, mitten rein, einfach toll. Zu Deutsch und in meiner Sprache ausgedrückt, dumm und naiv. Wenn ihr nicht werdet, wie die Kinder,…. Das kann mir nicht passieren, denn ich war ja noch nie erwachsen. Jedenfalls fand ich die Ausstellung sehr interessant, und man kann sein Leben lang dazu lernen, und vor allem hat mich die Berichterstattung sehr gefreut. Ich hoffe, dass beim nächsten Mal wieder mehr Leute dabei sind.

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