Sonntag, 14. Oktober 2018

Wer sich in Familie begibt, ...


Dieses Jahr hatten  wir sehr viele runde Geburtstage  und  sonstige   Feierlichkeiten.  Ich bin   Großtante  geworden.  Mein Bruder  ist  jetzt Opa.  Außerdem  wurde ich  50, ein Familienmitglied  60 und eines 90.  Und  einmal wurde geheiratet. Am  8. September  war  die Hochzeit.  Ich musste am 10. September ja schon wieder zu meiner Augenoperation, die  obendrein  auch noch  in  einer anderen  Stadt  gemacht werden würde.  Da meine Familie  woanders wohnt als ich, hätte ich also  am  8. September  nach  Hause fahren  müssen, also zu meiner Familie, was ich immer noch als "nach Hause" bezeichne, da ich ja früher , als ich im Internat war, auch immer "nach Hause" fuhr.  Dann hätte ich am  9. Wieder  nach Hause, also  in mein jetziges  eigenes Zuhause  fahren müssen, dann einen halben Tag ausruhen  können, und dann wäre es gleich am 10. In der  Früh ab  zur Operation  gegangen.  Das war mir  zu viel.  So wollte ich am  gleichen Tag, also  am 8. Wieder zurück, um dann  am 9. Gemütlich packen  und noch  etwas ausruhen  zu können.  Die Frage  war aber, wie würde ich  "nach Hause"  kommen?   Es  gibt nur  eine  Verbindung, die  mit  einem  Mal Umsteigen  gefahren werden kann, und  da gibt es nur einen kurzen Aufenthalt  von  sieben  Minuten. Unter  10 Minuten hilft aber  der Mobilitätsservice nicht, es sei denn, man unterschreibt  denen, dass  das auf eigenes Risiko geht. Da  der Mobilitätsservice  an diesem Bahnhof nach meiner  Erfahrung nicht sehr zuverlässig ist, gehe ich dieses Risiko  nicht ein. Ich hätte also  eine ganze Stunde früher fahren müssen, nur  um dann  67  Minuten zum Umsteigen  Zeig  zu haben, und das, obwohl  ich dann am selben  Tag wieder heimfahren wollte. Ich wäre  anstatt 2,5  ganze 3,5  Stunden nur für einen   Fahrweg unterwegs   gewesen.   Meine Mutter  fragte mich, warum ich denn nicht mal eine Stunde  früher fahren  und dann halt am Bahnhof eine Stunde  herumsitzen könne, das  sei doch  wohl kein Problem. Das habe ich schon bei der  Feier  des 90. Geburtstages so gemacht,  da ich   zwar auf  der Hinfahrt   bei meinem ersten Zielbahnhof  abgeholt und  "nach Hause"  mitgenommen  wurde, aber auf der Rückfahrt gab es erst wieder  einen Zug nach einer Wartezeit von einer Stunde.  Das hatten wir  an  meinem 50., den ich auch  "zu Hause"  gefeiert habe, weil ich dort noch einige Freunde habe, auch schon so gemacht. Da hatte ich aber  meinen Bekannten dabei, der  mir beim Umsteigen helfen konnte.   Da  waren die sieben Minuten auf der  Hinfahrt  kein Problem.  Auf derRückfahrt  hatten wir damals  in der Nähe des Bahnhofes  ein schönes  Burger-Restaurant gefunden, das  selbst  gemachte  Speisen verkaufte, also nichts von der großen Verbandsgastronomie.  Bei  dem 90. Habe ich dann  halt einfach eine Stunde  im Bahnhof in einem  Café  herumgesessen und habe gewartet, bis man mich wieder zum Zug brachte.  Dieses  Mal, bei der Hochzeit  meines Neffen, hätte das nicht geklappt. Denn niemand hätte mich von der Feier, die  in  einem kleinen  Ort  stattfinden  sollte,  zum Bahnhof bringen können.  Abholen  am ersten  Umsteigebahnhof und dann "nach  Hause" mitnehmen wie beim ersten Mal konnte mich auch keiner. DerBräutigam war damals  der Fahrer, und der war ja jetzt die Hauptperson.  Der hatte mich damals mit seiner damaligen  Zukünftigen  zusammen mit meinem Bruder abgeholt, der auch bis zu dieser  größeren Stadt gekommen war, und so konnten  wir beide  dort eingesammelt und  mitgenommen werden.  Der Bruder  meines Neffen, also mein anderes  Patenkind, kam erst frisch aus Tanzania  zurück.   Alle anderen reisten  von weiter her an und hatten  entweder  kein Auto, oder sie  hatten keine Zeit oder waren gar nicht gekommen  , weil  frisch  gebackene  Mutter oder  krank im Bett (vor  Prüfungsangst wahrscheinlich, wie  ein anderer  Neffe aus  unserer  großen Familie…).   So war die Frage, wie  würde ich  zur Hochzeit kommen. Mein Bruder und ich, beide blind, hätten  dann  so fahren müssen, dass wir zusammen  in einem Zug sind, aber man hätte mich eine Stunde zuvor dann  schon mit dem Mobilitätsservice abgeholt und später  dann in  den  Zug in Richtung  Feier gesetzt,  aber wir wären dann  nicht bis zu  unserem sonstigen  eigentlichen Heimatort gefahren sondern wären vorher  in dem Kaff ausgestiegen, wo die Trauung  sein würde. Und das, wo der Bummelzug  bei diesen  Zwetschgenbäumen  gerade mal zwei  Minuten hält, und  dann wäre kein Schaffner  dagewesen, um uns  die Türe zu öffnen  und rauszuhelfen.  Am Endbahnhof, unserem eigentlichen Heimatort,  hätten wir das vielleicht  noch geschafft, weil der Zug dort ja länger hält.  Der  prüfungskranke  Sohn meines  Bruders  konnte uns also nicht begleiten. Sonst wäre das auch kein Problem gewesen, sieben Minuten  Umsteigezeit zu haben, da  er  dann schon  ein Stück mit mir  gefahren  wäre, mich dann schnell   zum anderen zug hätte mitnehmen können, und ich hätte mir eine Stunde Fahrt gespart, und er hätte uns  beiden  Blinden aus dem Zug helfen können. Wie wir es auch wendeten und drehten, von unserer  großen  Familie  hatte keiner Zeit.  Daher  nutzte  ich meine  Möglichkeit, die  Taxikilometer  meines Behindertentaxis zu nehmen. Wir erhalten  1500 Km im Jahr, aber wir dürfen  nur 100Km  pro Fahrt  in eine Richtung fahren, damit die Behinderten  nicht alles auf einmal  nach Hamburg oder  nach  Tschechien verjubeln. Wäre eigentlich  auch unser Bier, aber  da wird dann ein Riegel vorgeschoben. So  habe ich eine Sondergenehmigung, da  ich  zu meiner Familie  "nach Hause"  180 Km einfach fahren muss.  Dennoch muss ich mir ja die Kilometer einteilen, da ich ja mehrere  Feierlichkeiten  zu absolvieren hatte und auch in meiner Stadt  ab und zu mal  mit dem  Taxi wo hinmuss.  Letztes Jahr blieben  mir  360 Km übrig, und ich hätte noch einmal  zu meiner Familie  fahren können, aber  da war ich ja damals gerade erst. Leider kann man die Kilometer nicht  mit rüber retten. Dieses Jahr hätte ich sie gut brauchen  können.  Die  Frage ist aber, dass man eben nur zu dieser  festgelegten Adresse fahren  darf.  Daher  haben wir  dann  eben  privat  was vereinbart. Denn  der  Ort der Hochzeit  lag  auf dem Weg.   Um alles noch komplizierter   zu machen, würde  dann wiederum  die Feier selbst  noch einmal  in einem anderen Ort sein, so dass ich wieder woanders abgeholt  werden musste, als   an dem Ort der Trauung, wo man  mich mit dem Taxi abgeliefert  hatte.  Das konnten wir dann auch regeln.  Nun wollten meine Eltern mir aber einige Sachen mitgeben. Unter anderm erhielt ich ungefragt  12 Mohrenköpfe  von unserem  alljährlichen  traditionellen  Rummel, die ich aber  gar nicht haben wollte, und  haufenweise  Magenbrot  und  andere Sachen.   Außerdem hatte ich meiner Schwester  aufgetragen, mir in dem  Dorf, wo sie im Kindergarten arbeitet, bei dem Landgasthof  Dosen  mitzunehmen, da ich beim 90. Geburtstag so tolle  eingedoste  Waren  von dem  Metzger bekommen hatte, dass ich das noch mal wollte. In unserer Großstadt  gibt es  nur  doppelt so teure  Dosen  mit halb soviel Fleisch  drin und nur annähernd halb so gut wie bei einem  Landgasthof. Die  Frage, also das RIESEN-Problem  war nun, dass man diese  vielen  (ganze  sechs Stück!) an  der Zahl  mit  den  anderen  Lebensmitteln zusammen und  den  Klamotten, die ich alle kriegen sollte,  nicht  mit dem Auto  von  meinen Eltern aus  zu der Hochzeit transportieren wollte, obwohl das ja  eigentlich das Einfachste war, weil  wir  sie dann auch gleich ins Taxi packen konnten. Am  Ende ging es dann doch.  Mein Vater wollte zunächst unbedingt, dass  ich  mit dem Taxi  nun doch bis zu  ihnen  "nach Hause"  fahren sollte, damit sie mir dort  die  Sachen geben. Ich sagte, dass ich nun  doch extra eine andere Regelung  gefunden hatte, und dass ich das dem Taxifahrer nicht zumuten konnte, jetzt doch bis  zur sonstigen Adresse  zu fahren und mich dann auch noch zum  Trauungsort  zu bringen. Aber mein Vater blieb stur,  und er  erklärte mir laufend in diesem belehrenden  Ton , das  sei doch wohl kein  Problem, das könne ich ja wohl machen, so schwer sei das doch nicht, der Fahrer  führe ja genau da entlang. Aber  die Sachen auf dem Parkplatz  vor  der Trauung  umzuladen, ja, DAS sei ein Problem, denn  sie  müssten ja alles von "zu Hause" mit dem Auto mitschleppen, und es könnte ja dort  auf dem Parkplatz regnen.  Zu Hause bei uns  kann es also nicht regnen, da kann man das umladen. So rief ich dann bei dem Taxi an und  fragte, ob sie nun doch über mein Heimatort fahren könnten, und  da sagten sie erst, dass das  mit den Sachen sowieso erst am Schluss  ginge, da der Fahrer nur achtStunden arbeiten dürfe, und   es würde abends jemand anderer  kommen. So rief ich dann meine Schwester an und  bat  sie, dass sie doch in Gottes Namen das Zeug halt   zu  der Trauung  mitbringen sollte.   Wenn das nicht geht,   dann,  ehe  das zu kompliziert  wird,  von mir aus  könne es  ansonsten    dann auch irgendwer  anderer essen.  Sie sagte, IHR sei das  ganz egal, das sei nur die  Idee  meines Vaters  gewesen, dass er unbedingt wollte, dass ich die Sachen zu   Hause bei ihm  holen müsse. Aber  sie würde jetzt halt doch, da  es wohl ja nicht anders ginge, die Sachen  zur Hochzeit mitnehmen. DA mein Vater nicht mehr so weitfährt, würde  das er das Auto nicht selbst fahren. So  was Umständliches. Sie  meinte,  mein Vater habe nur keine  Lust, so lange zubleiben und wollte daher unbedingt, dass ich die Sachen gleich bei ihm abhole, damit er   vor Ender der Feier  schön abdampfen kann.   Er war schon immer so, dass er keine Lust hatte,  länger  als nötig zu bleiben, wenn  es ein Fest gab. Auf  einmal rief das  Taxi  dann doch an, dass sie nun doch  dieselbe Fahrerin für beide Fahrten  hätten, da sie ihren Hund   ,  vorausgesetzt, ich würde  es als Fahrgast erlauben  , mitnehmen würde, und dann könnte  sie diesen  unterdessen ausführen.  Damitwar wieder en Problem  gelöst,da wir dannalles gleich am Anfang  ins  Taxi packen konnten.     So ein Kasperltheater, da sagte ich schon, dass sie die Dosen  notfalls dann auch halt genauso  selbst essen könnten,  wenn das so  schwer ist, denn  Gulasch, Rouladen  und  Geschnetzeltes isst ja jeder.  Ich kann ja jederzeit mal wieder   ein andermal Dosen haben, wenn es nicht so kompliziert ist. Aber  nein, die wollten  unbedingt, dass ich die jetzt mitnehme, denn ich hatte sie ja bestellt, und mein Vater meinte, nein,  das könnten sie nicht  essen. Der will  nur  ganz bestimmte Sachen, die  genau so oder so gemacht sein müssen,  wie er  es kennt, und da darf man nix daran  ändern.  Ich sagte  noch zu meiner Mutter, dass ich auf keinen Fall so viele Mohrenköpfe haben wollte, weil die  dann nur zäh   würden, wenn   der Rummel schon am 1. September  aus war, ich am  8. September  die  Schaumküsse  erst holen würde, die dann  hart würden, und dann würde ich ja nicht alle auf einmal essen sondern  aufheben,  und ich würde ja ins Krankenhaus gehen. Aber sie ließ  sich nicht abbringen. Ich  redete mit meiner Schwester  darüber und sagte,dass ich das nicht wolle, aber sie sagte, sie  sei beauftragt worden, das für mich zu besorgen. SIE habe ja auch  Bedenken  geäußert,  dass das für mich zu viel sei,  aber meine Eltern  hätten  argumentiert, im  Laden würden  die  Mohrenköpfe  ja auch länger stehen und auch nicht  schlecht werden.  Bei mir werden die nach ein paar Tagen  hart  und zäh wie Gummi. Das sind aber  sowieso keine Mohrenköpfe mehr,  da sie  unterschiedlich farbig sind, und sie enthalten auch keine Sahne mehr sondern  diesen  künstlichen Schaum.  Daher  ist nicht nur aus political  correctness heraus der Begriff Schaumküsse  zubevorzugen, alles  andere  wäre "lügenpresse",  haha…    DA kann man besonders bei meiner Familie  nichts  ausrichten, wenn die  sich was in den Kopf setzen.  Jetzt habe ich sie eingefroren.     Die sind mir sowieso  erst mal von der Anrichte  gesegelt, als habe das jemand so gewollt,daher  musste ich zwei  essen und zwei  wegwerfen.  Gut  Meinen ist eben  das Gegenteil  von Gut. Als ich meiner Schwester  sagte, dass wir das mit dem Taxi  und   dem Trauungsort und  dem  Ort vom Lokal und der Abholung nun geregelt hätten, sagte sie auf einmal ,  dasTaxi hätte doch  wie  immer fahren können, man hätte mich doch  auch locker  von "zu Hause"

 

 Mitnehmen können, ich hätte mich doch bis zu unserem Ort  fahren lassen können, und abends hätte mich doch locker jemand, der sowieso  heim wollte,  wieder zum Taxi  dorthin mitnehmen  können.   Zuvor  hieß es noch, man könne mich auf keinen Fall zum Bahnhof bringen,  damit ich den Zug nehmen  könnte, da alle was trinken wollten,  und  da  es wenige Autos gäbe,  das Essen erst um  18:30  sei, und da  eine Hochzeit halt  nun mal lange dauert, das hätte ich mir doch  schließlich  denken können, und  da  müsste ich eben übernachten.  Das alles war jetzt auf einmal  kein Problem mehr, und  ich war mal wieder diejenige, die nur Panik  geschoben hatte,weil ich  sie  zuvor darum gebeten hatte, dass  sie notfalls  jemanden sucht, der mich, wenn es mit dem Taxi  nicht klappen sollte,  zu dem größeren Bahnhof bringen  könnte, ab wo ich dann durchfahren  könnte. Aber da macht man ja angeblich nur die   Leute verrückt.  Dann  wäre doch auf einmal  alles gegangen , nachdem man  sich  tagelang zuvor das Hirn zermartert hatte...

Am  8. Um 10 ging  es dann mit dem Taxi los. Die Fahrerin wwar sehr nett und bot mir gleich das Du an. Der  Hund war  sehr groß und total süß.  Er  lag ganz ruhig hinten und gab keinen Laut von sich.  Wir unterhielten uns  gut, und dann kamen wir auch an.  Allerdings waren  wir eine recht umständliche Route gefahren, da  die Fahrerin das ja zum ersten Mal gemacht und sich auf  ihr Navi  verlassen  hatte.  Auf der Autobahn gab es dann auch noch  einen Unfall, und   die Leute bildeten keine Rettungsgasse. Wir verließen dann die Autobahn, weil  sich die Taxifahrerin das nicht mehr  länger mit ansehen wollte.  Wir fuhren dann ziemlich   mit der Kirche ums Dorf, aber wir kamen rechtzeitig an.  Dann  sollte also das  ganze Gut in  ihren Kofferraum.  Sie wollte schon die  Bürokratie für die Hinfahrt regeln, warum, weiß ich nicht, da man alles zusammen auch auf der Rückfahrt hätte machen können. So stand sie da und schrieb, während mein Schwager schimpfte, weil er mit dem Auto vorbei wollte und angeblich nicht durchkam, obwohl ja eigentlich  genug Platz  war laut Taxifahrerin. Denn  die Sachen  konnte sie  erst dann einräumen, nachdem sie mit der Bürokratie fertig war.  Daher drängte dann mein Schwager weiter, dass  er  fahren  müsste, und wir da nicht mehr ewig stehen bleiben  könnten, weil  ja  jemand dastand und wartete, dass  sie den  Kofferraum aufmachte . So bekam sie schon  ziemlich viel  von uns mit.  Dann kam meine andere Schwester, die im Ausland wohnt und eigentlich  erst   zum 90. Da war. Daher  wunderte ich  mich,weil der Flug ja teuer ist. Sie hatte mir auf WhatsApp auch gar nichts gesagt. Sie bewunderte den schönen Hund und ging dann mit mir  zur toilette. Ich hatte  auch Brotzeit dabei, da  es erst um 16 Uhr  Kaffee  geben sollte,und ich ja schon um 9 gefrühstückt hatte.   Jetzt bekam ich allmählich   Hunger.  Ich  hatte  am Morgen  extra  einen blauen Pullover  zu dem blauen Rock ausgesucht, damit es uni aussieht. Ich kann  mich zwar  recht ordentlich anziehen, aber  für  festliche Angelegenheiten   bin ich nicht so geeignet.  Ich laufe am liebsten in Jeans   und Oberteil   herum, dann aber  schon  mit  Armreif oder Kette, passendem  Schal etc., aber eben nicht  aufgebrezelt. Daher  bereitete  mir das schon Kopfzerbrechen.  Ich fragte die Taxifahrerin, die sagte, es sähe super aus. Ich fragte dann  meine Schwester,  und die war sehr zögerlich.  Sie sagte, die Schleife vom Rock hinge heraus, das  ist aber docheigentlich egal.  Dann  ging ich auf Toilette und  sagte ihr, dass ich noch meine Brotzeit  essen wollte, da ich ein hartgekochtes Ei  und  einen Olivenfladen dabei hatte.  Sie meinte dann etwas genervt, dass das hier nichtginge, auf der toilette. Dabei  würde ich das  nie machen, ich wollte nur schon mal  sagen, dass sie nach einem Platz für mich Ausschau  halten soll. Ich  habe  offenbar  kein Gefühl  dafür, wann man seine Bitten  am strategisch günstigsten  vorträgt. Wir kamen dann in  den Rosengarten, wie  der Trauungsort  vor dem Standesamt  so schön hieß.  Dort parkte mich meine Schwester bei meinem  Bruder.  Da , schau mal, da ist   der .. , da kannst Du Dich doch hinsetzen. Zuvor hatte ich  noch beim  Laufen die Jacke angezogen, weil  es windig  war,  und sie redete   mit mir wie mit  einem  störrischen  alten Menschen: " Was willst Du denn jetzt noch,  willst Du jetzt noch  die Jacke anziehen?"  Ich kam mir dämlich  vor.  Dann saß ich also auf der Bank genau  vor  dem  Platz, wo dann das Brautpaar  stehen würde. Ich bot meinem Bruder waszu Essen an, und meine Schwester  rief lachend aus und zeigte auf uns: "Guck mal, die essen da!"  Meine Mutter schimpfte, mit  Euch fällt  man mur  auf. DA blamiert man sich nur. Ich sagte, dass  es doch noch gar nicht  so weit für die Trauungszeremonie sei, dass wir doch draußen  sitzen, und dass  wir  ja  schließlich gar nicht gewusst hatten, dass das schon der  Trauungsort sei, sondern  beide dachten  wir,  dass  wir einfach noch auf irgend einer Bank sitzen, schließlich  sehen wir ja nichts.  Ich fand auch nichts  dabei,weil  niemand  gestört wurde, weil wir keine  förmliche  Zeremonie störten,oder weil ich nicht mitten  auf  dem Standesamt  während der Trauung mein  Paket mit Ei undWasser auspackte und  dann während der  Rede  zu mampfen angefangen  hatte. Meine Schwester behauptete später,sie habe ja nur gelacht, weil es so lustig war, aber sie  hätte da nichts  dabei gefunden.  Das sagen die immer, wenn die anderen nicht mehr dabei sind.   Ich  wardas ja nicht, das waren nur die eltern, das war nur der und der….  Vor  den anderen würde mich  nie jemand verteidigen.  Die anderen saßen links und rechts seitlich  der "Bühne", oder was immer das war, auf Beschreibungen  brauche ich da leider nicht zu hoffen. Die  Sonne prallte  auf mich  und meinen Bruder hernieder.  Mein Vater schimpfte noch , weil mein Bruder  schon zu Hause bei  unserer Schwester was gegessen hatte, DU hast ja immer Hunger!  Als ob ihn das was anginge.  Meine Eltern saßen  auf der  von uns rechten Seite, weil sie schon alt  waren, im Schattten,  und  die anderen  saßen  alle irgendwie links von uns, und  nur wir beiden, mein Bruder  und ich, saßen    in der Mitte, alle anderen  saßen nebeneinander. Wir kamen uns ziemlich  exponiert und etwas  fehl am Platz wie hingeparkt  vor. Dann kam der Standesbeamte, und da noch etwas Zeit war,  überbrückte  der  Bürgermeister in  Personalunion  mit dem Standesbeamten dann   die Sache mit  Erzählungen  über  die Ortsgeschichte.    Er  bat uns noch, die Handys auf Leise zu stellen. Ich muss dabei  meine Sprachausgabe hören, damit ich weiß, wo ich drücken muss,ehe es dann leise wird. Schon zischte meine Mutter wieder, mit Euch fällt man nur auf.  Dabei dauert das nicht lange, und im Zeitalter der Inklusion  muss man auch mal eine Sprachausgabe  aushalten  können, ohne, dass das dann gleich peinlich  ist.  Andere nehmen  Sachen auf und schalten dann   hinterher nach  oder während der Veranstaltung   mal eben auf Wiedergabe, um  ganz  kurz mal  reinzuhören, ob es auch aufgenommen  hat, so dass man dann die Musik oder das Stück  auf einmal  in Bruchteilen  hört, und jeder  mitkriegt , dass man aufgenommen hat. Das  ist viel peinlicher. Oder  Leute wie z.B. meine Assistentin,  die dann  im Theater  photographieren  oder  aufnahmen machen, was dann auch der Sicherheitsdienst   mitbekommt. Das ist peinlich.  Und schon wieder  fiel ich auf: Mein Rucksack lag im Weg, das merkte ich mal wieder nicht. Und dann  hing auch noch mein Blindenstock  zur  Seite  weg, und meine  eine Schwester musste  dann zu mir hinlaufen, um  ihn wegzuziehen, ehe  das Brautpaar drüber  fallen würde.   Der  Redner hörte und hörte nicht auf. Er  zitierte laufend irgendwelche  Literaten. Dann kam irgendwann mal  so ein Rezept für die Ehe,  und dass ja  das Eheleben  nicht nur schön  sei sondern auch steinige Wege  hätte usw. Wer   hätte das gedacht, vorallem  nicht  mein Neffe und seine Braut, die schon neun Jahre zusammen  waren und schon mehr als ein Jahr zusammen lebten.  Die Krönung war dann  ein  Eherezept  von Karl  Mei, den ja angeblich  laut  Standesbeamten  die jungen  Leute gar nicht mehr  kennen.  Eine Prise  Geduld, Ein Pfund  Glück, ein Pfund Toleranz usw. Dann kam noch Pfeffer und Paprika. Das war dann schon mehr fürs Poesiealbum. Mit dem Pfeffer könne er persönlich ja nichts  anfangen, Langweiler!   Dann  , nach so viel  Salbaderei  war dann endlich der entscheidende Moment  gekommen.  Alles verlief  wie gewünscht, ja.  Dann sollte noch von der Stadt ein ganz besonders individuelles  Geschenk überreicht werden, und wir wurden im Publikum gefragt, was das wohl sei. Ich sagte laut: "Fingerabdrücke des Brautpaars." Individueller geht es ja wohl nicht. Einige  Lacher kamen zurück. Dann war es ---  ein PHOTO!  Ein Photo der beiden, das unter einem Vorwand  bei  der Bestellung  des Aufgebotes,  oder wie immer man das heute noch nennt, gemacht wurde. DAS seid IHR, das seidIHR,wie  ihrleibt und lebt, so, wie IHR seid!   Wow, eine Wahnsinnsidee!!    Gläser und Sekt bekamen sie auch, damit sie dann  (vor der Hochzeitsnacht)  sich wohl noch Mut antrinken  sollten…      Der Satz hätte noch gefehlt. Wir gratulierten dann dem Brautpaar, während  ziemlich  aktuelle  Musik von der CD kam, und ich versuchte  mein Glück mit Seifenblasen. Als ich noch besser sah, konnte ich noch Seifenblasen machen, aber jetzt wusste ich nie, wo  genau das Loch war. Mein Bruder  hatte noch nie Seifenblasen  gemacht. Blinde  haben  vielleicht manchmal wirklich  weniger eine  Vorstellung  von Sachen, die für  sehende Kinder  selbstverständlich  sind. Soviel  zum Thema, Geburtsblinde  hätten es in jedem Falle leichter…. Sie kennen  es ja nicht anders..Als ob das immer ein Vorteil sei…

 

Ich hätte so gerne einen längeren Spaziergang gemacht und wäre  zu  der  Feier gelaufen, aber  wir mussten  gefahren werden, weil dort ja noch Bilder gemacht werden sollten.  Tatsächlich  erwähnte  ich  im Auto dann mein Befremden darüber, dass der Standesbeamte jungen  Leuten nicht zutraut, dass sie  Karl May kennen, wo doch  diese Filme  jeden  Feiertag  rauf und runter im Fernsehen  gespielt werden. Aber  dann sagte  die Brautmutter, dass ihr jüngster  Sohn  das nicht wüsste, und natürlich  stimmten dann wieder alle zu , und ich stand mal wieder alleine  da mit meiner  Meinung.   Vor  der Scheune,  in der es dann Kaffee geben sollte, konnten wir uns noch etwas unterhalten. DA  einige Leute aus anderen Ländern da waren, die Ehefrau meines ältesten Neffen z.B.,  konnte ich auch mein Spanisch wieder anbringen,  denn das macht mir einen  großen Spaß.  Das  genieße ich, dann vom Englischen ins Spanische und wieder ins Deutsche und dann wieder  vom Deutschen ins Spanische  usw. zu wechseln, wobei  man dann  irgendwann nicht mehr merkt, in welcher Sprache man spricht.   Das  ist etwas, wo ich  so richtig aufbllühen kann. Dann kam  aber  meine Schwester und sagte, na,   jetzt   kannst Du ja mal wieder Dein Spanisch loswerden.  Ich sagte dann etwas  arrogant, das habe ich gar nicht nötig, denn ich habe jede Woche eine  Spanierin , mit der ich rede, und da werde ich übrigens  nichts los sondern gewinne  noch was dazu. Aber ich traute mich dann nicht mehr,  weiter mit ihr Spanisch zu reden,weil die anderen  sowieso  nur Englisch  mit ihr sprechen  konnten, und  da fühlten  die sich etwas  außen vor. Meine  größere Schwester  sagte aber, das sei dochtoll. Dennoch  hatte ich dann Komplexe, dass  das angeberisch  wirkt, oder dass man das nicht so will, wenn ich  das weiß.  Das denke ich immer,dass ich mich etwas  verstecken  muss, weil andere glauben, man will  sich zeigen.  

 

Später wurden wir dann in verschiedenen Konstellationen  aufgerufen, damit die Photographin  die Bilder macht.  Die saß auf  einem Kran und knipste.  Ich sagte laufend ganz laut, bitte sag uns mal jemand, wo das Vögelchen  ist, denn wir sind blind.  Denn dann sagt meistens  keiner was, und wir gucken  dann  auf der Aufnahme so blöd in irgend eine Richtung. Das stört mich.  Die Frau war  aber  ja   bestellt, daher wusste sie das nicht, und ich  hatte erst später gemerkt, dass  sie nicht  von der  Verwandtschaft war. Ich dachte, sie gehört zu den Brautleuten.  Die Brautmutter war sehr nett, und auch ihre Schwester, die von weiter herkam, war  total freundlich sowie  ihr  Mann.

 

Ich wäre auch mal gerne auf den Kran, aber ich habe nicht kapiert, dass der ja den Photographen gehört, da ich dachte, da sind einfach welche von uns zum Bildermachen hochgeklettert. Die sind dann  aber leider wieder  weggefahren. Danach habe ich mich zu meinen  Eltern gesetzt. Die Musik  war elendiglich laut,  Daher  sagte ich dann sowie einige andere, dass das Gestampfe  mal etwas leiser gemacht  werden sollte, sonst wird man ja  taub.    Meine Schwester  setzte sich dann auf den  Rollator meiner Mutter und fuhr damit durch die Gegend. Bei der wirkt das  dann immer lustig. Wenn ich so was machen würde, dann würde es heißen, mit Dir blamiert man sich ja nur.  Die ist ja  auch  richtig erwachsen, da wirkt das nicht so kindisch,  da darf man das wieder. Wer die Regeln kennt, darf sie brechen. Meine Eltern haben mir dann noch einige  Sachen  gegeben, da  meine Mutter mal wieder  ganz heftig  im Internet unterwegs war. Sie hat eine  sehr schöne  Jacke  von  Bogner -Moden aus München  aus Samt   erstanden. Die ist aber bunt, daher wird das etwas schwierig  für mich, aber sie fühlt sich total klasse  an. Ich hab es  nicht so sehr mit

 Den bunten  Sachen, da man da als Blinde  schon ganz schön einfährt. Denn gerade das war  dann wieder  genau zu beweisen, quod erat demonstrandum. Denn leider war das blaue  Shirt, das ich anhatte, gestreift, und der angeblich  einfarbige  Rock, den  ich dafür gehalten  hatte, war mit Blumen  übersät. Ich hätte  fast einen Schreikrampf  bekommen.  Meine Mutter hatte noch andere Sachen für mich: gestreifte T-Shirts  und was mit Blumen. Davon abgesehen, dass ich  gemustertes Zeug absolut nicht leiden kann, ist es eben für Blinde  wirklich  denkbar  unpraktisch. Ich versuchte, ihr das klar zu machen. Sie meinte, dass  ich das ja ertasten könnte. Wie denn? Ja, das sei doch mit Stretch.  Mein  Einwand, dass ich aber  ja mehrere Sachen mit Stretch hätte, wurde dann von meinem Vater, der ihr natürlich kräftig  sekundierte, damit  gekontert, dass ich ja schließlich  ein Farberkennungsgerät  hätte.  Ich sagte, dass genau das heute versagt hätte, da ich   nur eine Farbe angesagt  kriege.  Dann  schiebe das Gerät nach oben oder unten, dann kommt  eine andere  Farbe. Das geht  (zumindest bei mir ) nicht so einfach, weil  ich nicht jedesmal auf die Idee  komme, bei all meinen  Shirts immer erst das Farberkennungsgerät herumzuschieben.  Außerdem  trifft man nicht immer  - abhängig  von der Breite der Streifen -- genau  die Stelle, wo es sich ändert, und wo dann eine andere  Farbe   angesagt  wird. Es war aber  zwecklos, sie davon zu überzeugen, dass ich das nicht kann, und dass ich zu viele Hemden und  Shirts und Pullover hätte, als dass ich  das   noch unterscheiden  könnte.  Ich sagte dann, macht mal die Augen zu und sucht dann Eure  Kleidung aus. Ich finde  es mangelnden Respekt mir gegenüber, wenn man das nicht  beherzigt ,auch wenn ich mehrfach schon darum gebeten habe. Ich mag Außerdem nur einfarbige  T-Shirts und Pullover, da  ich Aufdrucke nichtleiden kann.  Sie sehen immer unvorteilhaft aus.   Mein Vater sagte daraufhin belehrend,  sieh mal, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, dann verschenke die Sachen  eben, wenn Dir jemand einen  Gefallen  tut. Ich sagte, dass   ich dann  meinen Eltern gleich die Adresse meiner spanischen Bekannten geben könnte, dann können sie es ja gleich da hinsenden,  ohne, dass es erst den Umweg über  mich macht.  Dann kam wieder, dass ja meine Mutter im Internet  für uns sucht, da wir eh alle  dieselbe  Grüße  hätten, und dass sie eben immer an ihre Kinder denkt, und  dass  sie dann, wenn sie was  Günstiges sieht, eben was für uns kauft. Ich bin sicher, dass  die anderen stärker sind und das besser ablehnen  können, wohingegen  bei mir  es dann undankbar  aussieht, weil ich ja   fast blind bin und daher eh keinen Zugang  zu Klamotten  habe. Und die suchensich  sicher das Schönste aus, und ich darf dann   das andere Zeug  nehmen, was denen nicht gefällt und auch noch  froh sein. Dann meinte mein Vater, also gut, keine Streifen mehr. Und meine  Mutter meinte pikiert, dann gar nichts mehr. Ich  sagte ihr, das  hast  Du mir schon  öfter versprochen. Ich habe dann später alles der Spanierin  mitgebracht, und die lachte und sagte, das seien auch Kleider  für ältere  Damen, und die ist  selbst schon 57 und findet  das  trotzdem schon altmodisch.      Die eine Marke ist für ältere  Leute, und das soll ich dann anziehen. Sie sagte, wenn ich mal Kleider kaufen will, dann soll ich mit ihr gehen und meiner Mutter sagen, dass  ich jemanden hätte. Dabei  mag ich lieber  das Geld für die Kleidung und  eh keine  vorher  für mich ungefragt eingekauften Sachen, die ich dann nehmen  muss, weil sie  so  gerne im Internet  einkauft und dann  alles  sammelt und   kauft, damit sie es mal jemandem schenken  kann, der es dann nehmen darf. Ich fühle mich eher  in der Rolle einer Co-Abhängigen, die einer  vielleicht Kaufsüchtigen  das Zeug abnehmen muss, weil die  so gerne Sachen anschafft  und hortet und  sonst nicht viel anderes zu tun hat den lieben langen ganzen Tag.  Und wenn ich mich where, dann werde ich von aller Welt als undankbar und seltsam und komisch angesehen.  Meine Geschwister wissen ganz genau um diesen Umstand, hätten aber nie den Mut,  mich auch mal zu verteidigen. Da kriege ich auch immer die Sachen,  die denen angeblich  zu weit sind und nicht  passen, dabei  bin ich mit  1,56 und 49-50 Kilo  auch  recht zierlich.   Erst neulich hatte ich eine  Bluse  auf eine Veranstaltung eingepackt, die mir  dann aber sehr  ältlich   und vor allem weit vorkam, und  bei der dann  später auch  jemand  sagte, ich  solle sie lieber  einer  älteren  Person  geben.  Also habe ich wohl  doch noch  einen Sinn für  Kleidung, wenn mir das selbst  auch auffällt.

Meine Mutter hat mir zu der Hochzeitsfeier aber auch  eine blaue Wildlederjacke  von sich mitgebracht, da meine kaputt ist. Meine alte Wildlederjacke   hatte schon Kultstatus, da ich sie jahrelang getragen habe. Sie kam aus dem Second-Hand-shop, einem Wohlfahrtsladen,  in dem meine Mutter mitgearbeitet hatte. Ich habe sie mir vor 20-30  Jahren  mal umnähen lassen  und dann viel getragen und wollte sie  nie mehr hergeben.  Dann aber bekam sie ein Loch, und meine  Spanierin sagte, dass sie abgetragen sei. Ich   habe sie dann  leider  im Alt-Kleider-Container  feierlich beerdigen müssen, und  meine Mutter  gab mir eben diese blaue dafür. Ich habediese jetzt zur  Schneiderin gebracht, damit  sie etwas  in der Mitte  gekürzt wird,  um die Taschen  höher  zu bringen und die zu weiten Schöße etwas zu raffen. Außerdem  kriegt sie auch noch  wunderschöne  Knebelknöpfe,  da  die  blauen  runden Plastikknöpfe, die dran sind, sehr altbacken aussehen. Ich freue mich schon, wenn ich  sie  von der  Schneiderin abhole  und dann tragen kann. Ich  trage meine Sachen immer sehr lange, um Ressourcen zu sparen, und weil sie mir ans Herz wachsen.  Ich hoffe,  dass diese Jacke dann der würdige Nachfolger für   ihre Vorgängerin  wird, und ich sie genauso lange  tragen kann. Immerhin macht das Umarbeiten  ja auch viel Arbeit, bis sie  so  gestaltet ist,wie ich sie haben will, und wie ich glaube, dass sie  für mich nach meinem Stil passend aussieht.

 

Endlich ging dann die tür zu der Scheune auf, in der wir Kaffee trinken  würden.  Die  Sitzordnung  mit  sehr schön  gestalteten Willkommens-Kärtchen  und  Gummibärchen war so gewählt, dass mein  Bruder und ich bei den Eltern sitzen  sollten. Ich wäre lieber bei den  Leuten meines  Alters  gesessen, oder ich hätte auch gerne bei einigen   meiner Neffen  und Nichten  am Tisch  Kaffee getrunken.  Meine Mutter  ließ  meinen Bruder umsetzen, da  er  und ich nebeneinander   platziert  waren, und wir uns ja nicht gegenseitig helfen  könnten. So war ich gut unter  ihren  Fittichen. Mein Bruder durfte dann  an den Tisch  mit seiner Generation. Die Kuchen waren  super und  ganz große Klase.  Schade, dass man  nicht unbegrenzt  essen kann, denn  bei uns  ist es ein geflügeltes Wort  meiner  Großtante"Schade, dass wir schon satt sind".  Aus  weltpolitischen Gründen sollten  wir natürlich  sagen,  Gott sei Dank, dass wir  satt werden, aber bei  dem Angebot  würde man schon gerne  lauter kleine  Stücke  haben, um  sich  durch das ganze  Programm durchzufuttern.  Ich  hörte, dass die Mutter meinesSchwagers auch einige Kuchen und Torten gemacht hatte, weil  sie sehr gut bäckt. Als ich  sie dafür lobte,  meinte meine  Mutter   sofort, und ich backe wohl nicht gut.  Ich  rettete  die Situation und sagte, bei DIR schmeckt es wie daheim.  Stimmt ja auch, es ist eben  bei ihr tolle  und  gediegene Hausmannskost, wie ich sie nirgendwo mehr finden würde, weil  es  bei Muttern halt am besten schmeckt, aber  wenn halt jemand so tolle  Torten machen kann wie die Mutter meines Schwagers, dann ist das eben  auch   ein  Gewinn für alle.  DA muss man immer sehr vorsichtig sein  bei den beiden.  Am Tisch saßen auch die Schwester der Brautmutter und ihr Mann, so dass ich etwas Unterhaltung hatte. Auch der  Opa  der Braut, also  der Vater der Brautmutter und deren Schwester war am Tisch. Der kannte meine Mutter bereits  von Kind an, da sie  Nachbarn waren.  Er  hat  unendlich  viel geredet, und als sich dann  alle anderen verzogen hatten, saß ich mit meiner Mutter und  ihm  ganz alleine  am Tisch. Ich kann ja als Blinde    mit  zusätzlichen Kontaktschwierigkeiten nicht umher wandern und mir andere Gesellschaft suchen, und  daher  bin ich darauf  angewiesen, dass jemand kommt  und aktiv meine  Gesellschaft sucht.  Das geschieht  aber  selten.  Somit  erzählten  die beiden aus alten Zeiten, und ich bin sowieso jemand, der trotz lauter  Stimme  und  guter Eloquenz große  Mühe  hat, sich in ein Gespräch  einzubringen, da man meine  Rede entweder  gar nicht hört, als sei  meine Stimme auf stumm gestellt, oder  es wird übergangen. Wenn ich Glück habe, geht man  mit einem Satz darauf ein, aber  das war es dann auch. Der Mann scheute sich meiner Meinung nach nicht,  meine Mutter irgendwie laufend  zu umgarnen, so kam es mir subjektiv vor.  Als dann auch  doch mal ein Thema drankam, bei dem ich hätte mitreden  können, versuchte ich es mehrfach, und  weil es nicht  funktionierte,  schimpfte ich dann, dass ich übrigens auch noch da bin. Ich  würde doch zuhören, das reiche doch.  Ich sagte, dass sie das jedes Mal macht, die Unterhaltung an sich zu reißen. Bei meinem  Geburtstag  ging sie auch auf meine Freundinnen  zu, gab ihnen  einige Sachen und  unterhielt sich mit ihnen. Wenn ich was dazwischen warf, wurde das weggebügelt. Mein Bekannter  saß daneben, wobei  meine Schwester damals  von  mir weggging zu meinem Bruder mit der Begründung, dass sie meine Mutter neben mich setzen  wollte, damit sie sich etwas mit meinem Bekannten unterhält, um ihn  halt auch mal kennen zu lernen. Aber der saß am  äußeren Rand, und sie richtete  kein einziges Mal das  Wort an ihn sondern  redete  nur auf meine Freundinnen ein. Ich saß dann  auch ganz einsam  da, und  wir beiden ärgerten  uns darüber, dass wir außen  vor waren, zumal  auch noch bei meiner eigenen Geburtstagsfeier.  Wenn wir  "zu Hause"  feierten, und sie einen Kuchen  machte ,  um meine Freundinnen  an meinem Geburtstag  zu bewirten, setzte sie sich daneben und riss das Gespräch an sich, und ich  war  wieder  ausgeschlossen wie immer.  Ich hielt ihr das vor und sagte,dass sie das immer so macht, und sie meinte dann auch noch,ich würde wohl darüber  Buch führen. Ich sagte, dass das nicht notwendig  sei, denn sie macht das ja immer so, daher müsse ich das nicht zählen.   Sie  sagte daraufhin, sie hätte sich ja jetzt auch noch wegsetzen können, dann hätte ich gar niemanden gehabt. Ich  nehme mir immer vor, nicht mehr zu einer Familienfeier zu kommen, aber  man muss ja, daher  traue ich mich nicht, mich da abzugrenzen, denn  dann würde man sicher sagen, wer weiß, wie lange wir noch alle am Leben sind…  .    Wenn ich schon dankbar sein muss, dass überhaupt  schon jemand neben mir sitzt, und ich nicht auch noch auf aktive Teilhabe an der  Unterhaltung hoffen darf, und  sich sonst eh keiner mit mir abgeben würde, dann  ist   der oben  beschriebene Aufwand  wirklich  nicht mehr gerechtfertigt, um  dort hinzufahren. 

Mittlerweile  war auch die Taxifahrerin gekommen. Meine Mutter bat meine Schwester mehrfach, doch einen Stuhl für sie zu holen, aber  meine Schwester fuhr sie nur an, dass sie jetzt  gerade eine  Unterhaltung führen würde. DA sagte ich zu meiner Mutter, jetztsiehst Du mal,  wie es mir immer geht. DA   sagte sie dann gleich mit  dieser weinerlichen  Stimme, ihr  könnt mir immer alle   sehr gut ein schlechtes Gewissen  machen. Zumindest war ich  diesmal nicht  die  einzige  Schwierige , die sich  angeblich  komisch   und unangebracht verhielt, sondern  wir alle machten das ja mit  ihr so .

Die Taxifahrerin ging dann mit mir ans  Buffet . Ich  suchte mir  Kroketten, Gemüse und zwei Schweinemedaillons aus und einen  Teller  Salat. Als ich wieder  an  den Tisch kam, meinte  meine Mutter  etwas  mißbilligend:"Oh, da kannst Du ja schlemmen." Das klang wieder so anrüchig  wie: "Oh, das  ist aber  gehaltvoll!", so dass man gleich ein schlechtes  Gewissen  bekommt.  Das Fleisch war innen noch rosa, so dass  ich es der Taxifahrerin für den Hund  mitgab. Der hätte das eigentlich auch nicht essen dürfen, um  nicht die aujexische Krankheit zu kriegen, aber  daran hatte ich jetzt  nicht gedacht. Das Gemüse  war so  supermodern  al dente  und geschmacklos  , wie es in der heutigen  Küche üblich  ist,ohne  Einbrenne, ohne Salz, ohne  Sauce, einfach nur  mal  "guten Tag" zu  einer Mikrowelle sagen und  fertig.  So hätte ich das bei meiner Mutter nie  bekommen, da gibt es noch das Gemüse  ordentlich  gegart  und  mit  Gemüsebrühe  und  angedickt.  Die Kroketten waren allerdings  der Hit. Sie waren mit butter  gemacht. Das  schmeckte  super . Der  Salat war aber auch gut mit  dem Dressing. Danach  wollten meine Eltern wissen, ob  die Taxifahrerin sie  mit  "nach Hause" nehmen könnte, weil sie ja  doch  dort  vorbeifährt.   Als ich erzählte,  auf welchem Weg wir hergefahren  waren,  sagte meine Mutter, so fährt man doch nicht.  Also so was. Dabei fährt sie selbst  gar nicht  Auto.  Wir wollten  aber noch auf den Nachtisch waten. Der kam aber nicht. So fragten  wir in  der Küche nach, ob wir jetzt schon  ausnahmsweise  vorher was bekommen  könnten, weil wir fahren müssten, und  da wurde mir dann ein  Fingerhut mit  Panacotta  hingestellt, und das Zeug  wackelte, als  hätten sie  eine  Matratze weich gekocht, aber noch nicht weich genug.  Ich habe das Zeug dann runtergewürgt. Dabei lag dann noch ein Spieß mit Obst, aber das war noch fast  gefroren.  Als ich dann  meckerte, sagte  der  Opa  derBraut wie zu einem kleinen Kind: " Na , sowas, also wirklich, ist das Obst kalt, da muss man sich ja gleich beschweren, uihihi…"  Meine Mutter sagte dann auch, wie sie es zu uns immer als Kinder  gesagt  hatte: "Also, gleich das Beschwerdebuch  holen!"  Ich dachte,die  würden dann schon noch selbst  merken, wie kalt das  Zeug ist. Die Fahrerin   hatte auch bemerkt, dass der  meine Mutter  ganz schön  angebaggert  hat.  Der hatte  aber auch schon ganz schön  was intus.

Dann machte ich noch die Runde und klopfte  überall  mal  an den Tischrand, um mich  Tisch für Tisch  eben noch schnell zu verabschieden. Die Taxifahrerin  sagte, dass alle sie anstarten, weil sie in Jeans  zu  der Feier  gekommen  war, da  sie ja nicht wussten, wer sie war, in welcher Beziehung  sie zu mir  stand, und dass sie  mich nur abholt  und halt zum Abendessen  schnell  mit eingeladen war.  Das hatte ich erwirkt, da sie ja  auch was essen muss, das sollte dann halt auch eine Geste sein.  Dann verzogen wir uns. Meine Eltern  gingen noch mit mir zum Auto meines Vaters, das ja  von meinem Schwager gefahren wurde, und dort holten wir dann die Kleidungsstücke und die anderen Sachen heraus.  Danach setzten  wir uns  in  das Taxi und fuhren erst einmal  los, um meine Eltern  "zu Hause"   abzuliefern.  Danach  ging es  nach Hause. Auf der Fahrt hatten wir noch sehr gute  Gespräche, und  ich fand sie sehr  sympathisch. Wir hörten  auch  laut Musik von ihrem MP3-Stick, das war schon  recht lustig.  Wir haben uns auch schon auf Facebook  gefunden, und das nächste  Mal,  falls  es   ein nächstes Mal gibt, werde ich wieder mit ihr fahren. Vielleicht  geht es aber dann lieber mit meinen Freundinnen  auf  den  alljälhrlichen  Rummel. Das haben wir früher öfter gemacht, aber  die eine hat jetzt gesundheitlich  massive Probleme, daher wird das schwierig.  Ich kann  also nur  mit  einem gewissen etwas  zweifelhaften Autor Heimito  von Doderer sagen: "Wer sich in Familie  begibt, kommt darin  um", oder  etwas  derber  mit den Worten  meines Tierarzt-Onkels  ausgedrückt: "Eine fette Sau ist mir lieber als die ganze Verwandtschaft!"