Montag, 28. September 2015

Oh Bio mio

Vor einigen Jahren habe ich mal meine Biografie bis zum damaligen Zeitpunkt aufgeschrieben. Meine Intention lag darin, vielleicht irgendwann mal jemandem zu zeigen, was ich erlebt habe, und dass einiges nicht so einfach war. Die meisten Leute übersehen dies Jahr und behaupten, es ginge allen so. Oder sie verstehen bestimmte Reaktionen nicht, die vielleicht nur Leute haben, die schwierige Lebenssituationen hatten. Oder es entsteht ein Wettbewerb, dass natürlich der andere es noch zehnmal schwerer hatte. Die meisten Leute, auf die ich treffe, müssen ja eine entsetzliche Kindheit gehabt haben, wurden angeblich verprügelt, in den Keller gesperrt, misshandelt, missachtet, die Eltern waren Alkoholiker, geschieden, krank usw. So viele schreckliche Familien kann es in Deutschland eigentlich gar nicht geben. Vielleicht habe ich die einzigen zehn schrecklichen Familien kennengelernt, oder deren misshandelte Sprößlinge. Natürlich habe ich auch einen Menschen kennengelernt, der im Internat von Klosterschwestern geschlagen, gedemütigt und eingesperrt, von seinem Vater verprügelt und von der Mutter misshandelt wurde. Wenn das die Regel wäre, wie würde es dann in Deutschland aussehen?. Wie auch immer, ich wollte einfach auch mal meine Biografie darlegen. Nun gibt es eine blinde Frau, die Biografien schreibt. Sie hat mehrere Bücher über Menschen veröffentlicht, die etwas Besonderes erlebt haben. Diese Frau habe ich für unser Radioprojekt interviewt. Außerdem hat sie ein Seminar zu diesem Thema angeboten, wie man seine Biografie schreiben kann. Hierzu gehört auch die Vermarktung, der Stil und die Aufmachung. Da ich während des Interviews für das Seminar Werbung gemacht hatte, hat sie mir einen kleinen Teil der Seminargebühr erlassen. Das Seminar sollte an einem Samstag stattfinden. Ich fragte mich schon, wie viele Menschen da wohl kommen würden. Als wir dann auf der Treppe saßen und warteten, waren es außer mir nur zwei Leute. Die eine Frau war fast blind, lebte auf dem Lande und war sehr stark esoterisch angehaucht. Der andere Mann war doch tatsächlich der Dozent der Kursleiterin, der einmal sehen wollte, wie sie das macht. Der hielt sich ziemlich stark im Hintergrund und redete kaum mit uns. Dann klingelte mein Handy, die Seminarleiterin war dran und meinte, es habe sich jemand vor den Zug geworfen, sie würde 1 Stunde später kommen. Meine Kurs Kollegin meinte daraufhin, das sei ein schlechtes Omen. Endlich kam die Seminarleiterin, und es ging los, nachdem sie einige knapper Reihen und Wasser auf den Tisch gestellt hatte. Zunächst erklärte sie uns alles über die Vermarktung und den Stil einer Biografie, wobei es dann schon ins Detail ging, was die Formulierungen anging. Natürlich war ich mit meiner Ansicht mal wieder alleine. Der Dozent fiel ihr ab und zu ins Wort und korrigierte sie. Als ich mit ihr über bestimmte Stilmittel diskutierte, unterbrach er ebenfalls, stellte sich aber natürlich auf ihre Seite. Sie hat uns auch dargelegt, wie schwierig es für sie als Romanautorin ist, etwas zu veröffentlichen, und dass sich viele Lesereisen gar nicht lohnen, da sie nur aufwendig sind, aber kein Geld dabei herauskommt usw. Ich hatte gedacht, sie sei schon wesentlich dicker im Geschäft, aber es stellte sich heraus, dass sie noch ziemlich große Probleme hatte, in der Branche Fuß zu fassen. Dann kam die Mittagspause, wobei ich hoffte, dass alle zusammen einen Kaffee trinken gehen würden. Doch die Seminarleiterin meinte, sie wolle ihre Ruhe haben, sie wolle nicht auch noch in der Pause mit uns zusammen sein. Ich dachte, wir müssen ja nicht über das Schreiben von Biografien reden, wir sind ja nicht so lästig, dass es so wenig Spaß macht, sich mit uns auch so mal zu unterhalten. Aber sie wollte eben wahrscheinlich auch ihre Ruhe, um sich noch besser auf ihre neue Aufgabe konzentrieren zu können. Der Dozent hatte keinen Hunger, und so erbarmte sich meine Kollegin, mit mir zum Bäcker zu gehen. Endlich hatten wir einen gefunden, der ein Stück Kuchen hatte und nicht nur billige aufgebackene Teiglinge. Wir kamen ins Gespräch, und ich erzählte ihr, dass ich häufig das Pech hätte, dass Dinge, die ich kaufen wollte, ausgerechnet an diesem Tag nicht da seien. So hatte ich erst kürzlich erlebt, dass ich zwei Brownies für mich und meinen Gast kaufen wollte, und die Bäckerin mir sagte, es seien gerade jetzt ausgerechnet alle Brownies von einem Kunden vor 5 Minuten aufgekauft worden. Die andere Bäckerin hatte mir dies auffällig beipflichtend bestätigt. Außerdem hatte ich, wie ich hier in diesem Blog auch beschrieben hatte, auch schon Probleme, eine einfache Frikadelle zu bekommen, da es entweder noch keine oder keine mehr gab, oder die von mir bestellte Frikadelle gerade verbrannt sei, und ich noch mal wiederkommen musste. Ich äußerte den auch schon von anderen vorgebrachten Verdacht, dass es sich hier um Schikane handeln könnte. Sie meinte, so wie es innen aussehe, so sei es auch außen, ich würde mir dies nicht gönnen, und diese Verkäufer seien meine Arsch-Engel, die mir mit diesen Ar stritten zeigen würden, dass etwas mit mir nicht stimme, was ich ändern müsse. Außerdem schilderte ich ihr, dass ich häufig mit Menschen das Gespräch nicht beenden dürfe, denn wenn ich sage, dass ich jetzt keine Zeit mehr hätte, reden die anderen einfach weiter. Sie meinte, dass müsse man üben, das sei doch kein Problem, ich müsse mich nur besser abgrenzen. Ich erklärte ihr, dass dies nichts mit meinem Verhalten zu tun hat, sondern es offenbar irgend eine Ausstrahlung an mir gibt, die ich nicht steuern kann, auf die andere so respektlos reagieren. Wir kamen in eine heftige Diskussion, und sie behauptete, ich sei stur, und ich hätte ein zu starkes Ego, daran würde das alles liegen. Ich fand das schon ziemlich unverschämt, schließlich wollte ich nur zeigen, dass ich alles getan habe, um dieses Problem zu lösen, und es nicht an äußeren Dingen liegt sondern an irgendwelchen Feinstofflichen Dingen, auf die ich keinen Einfluss habe. Schließlich muss man an dieser Stelle ansetzen, um mir zu helfen, da es an anderer Stelle ja keinen Sinn macht. Dann ging es weiter mit dem Seminar. Ich hatte zuvor der Biografin einen Ausschnitt aus meiner Biografie zugeschickt, den wir als Beispiel bearbeiten wollten. Die andere Seminarteilnehmerin hatte nichts eingereicht. Ich hatte schon etwas Angst, denn es ging ja schließlich um mein Leben und auch um mein Inneres, welches hier diskutiert und kommentiert würde. Ich hatte auch gehofft, dass vielleicht auch jemand sieht, dass da einiges nicht sehr leicht war. Die härtesten Stellen, wo ich von meinem auch in diesem Blog beschriebenen Mobbing in der Schule oder von meiner gescheiterten Arbeitssuche, meinen Erkrankungen oder von meiner dysfunktionalen Familie erzähle, habe ich schon weggelassen aus Angst, man würde meine Schwierigkeiten wieder nicht anerkennen und bagatellisieren, was mich sehr verletzt hätte. Da nahm ich eine noch relativ harmlose Stelle, von der ich glaubte, dass sie unverfänglich sei, und dass mir hier jeder beipflichten würde, da es wahrscheinlich für alle genauso unangenehm gewesen wäre, wenn sie in dieser Lage gewesen wären. Ich dachte, hier verrate ich nicht viel spezielles über mich, was zu sehr auf meine Persönlichkeit hinweisen würde. Es war die Stelle, an der ich schilderte, dass ich mit über 20 in meinem Internat noch gehalten wurde wie ein nicht volljähriger Mensch . Ich musste um 24 :00 Uhr zu Hause sein, wobei ich mir zuvor einen Schlüssel ausleihen musste, und dies in ein Buch eingetragen wurde. Bei meiner Ankunft zu Hause musste ich mich dann auf unser Stockwerk einschließen und den Schlüssel in einen für mich nicht mehr zugänglichen Briefkasten werfen. Die Hausmutter kontrollierte dann, ob alle Schlüssel abgegeben worden waren. Die Duschen waren im Keller, sodass ich, bevor mein Stockwerk um 21:45 Uhr abgeschlossen wurde, im Bademantel und Hausschuhen zu meinem Präfekten, der obendrein auch noch mein Lehrer war, gehen musste, um zu fragen, ob ich noch den Duschschlüssel haben könnte. Zuweilen hieß es dann, es sei bereits zu spät, dass Stockwerk würde bald abgeschlossen, ich könnte jetzt nicht mehr duschen, da ich auf meinen Stock müsste. Dies fand ich damals ziemlich entwürdigend und demütigend, als fast erwachsene Frau um einen Duschschlüssel bitten zu müssen, der mir unter Umständen auch noch verwehrt werden konnte. Außerdem schilderte ich, dass wir, wenn wir nach 21:45 Uhr in den Gemeinschaftsraum außerhalb der Schlafstockwerke wollten, nur einen Schlüssel für unser Stockwerk hatten, für den dann eine Person verantwortlich war. Wenn ich noch nicht auf mein Zimmer wollte, konnte ich bei mir auf dem Stockwerk einen Gemeinschaftsraum für unsere Berufsschülerinnen besuchen, in dem auch geraucht werden durfte, der zu meinem Lieblingsaufenthaltsort wurde. Meinen Präfektinnen gefiel dies nicht, und sie tadelten mich häufig dafür, obwohl ich schon volljährig war. Der Raum sei nur für diese Berufsschülerinnen und nicht für mich. Der Dozent meinte, diese Situation sei „wenig trostreich“. Die beiden Frauen meinten, ich hätte meine Gefühle gar nicht ausgedrückt, es sei sehr distanziert geschrieben, und sie könnten meine Situation nicht ohne Weiteres automatisch verstehen. Ich sagte ihnen, dass die Situation sich doch selbst erklärt, und daher es sich erübrigen würde, dass ich meine Gefühle beschreibe. Schließlich hätte jeder in dieser Situation das gleiche Gefühl, eingesperrt zu sein, und es würde jeden empören, so wenig Freiheit selbst in seinen persönlichsten Dingen zu haben. Warum müsse ich also hier auch noch meine Gefühle schildern, dies sei doch völlig überflüssig, wo doch eigentlich klar sein müsste, was jemand in so einer Situation fühlt. Die Esoterikerin meinte, sie könne nicht nachvollziehen, warum es für mich so schlimm sei, den Duschschlüssel zu erbitten. Ich erklärte ihr, dass die Präfekten auch meine Lehrer gewesen sein, was ich in der Biografie nicht explizit erwähnt hatte. Sie meinte, ohne die Schilderung meiner Gefühle könne man mich hier nicht verstehen. Dies hat mich wirklich aufgeregt, denn wer würde gerne in so einer Situation leben. Ich sagte ihr, genauso gut könne man sagen, eine Frau, die geschlagen würde, müsse erst erklären, was sie fühlt, sonst könne man nicht verstehen, dass es ihr nicht gut ging. Sie meinte daraufhin, es gebe auch Menschen, die auf so etwas stehen. Immer werden dann die Ausnahmen herangezogen, und es wird mir nicht bestätigt, dass mein Gefühl nachvollziehbar ist. Die Biografin meinte, es dürfe doch jeder jedes Gefühl haben, es gäbe hier kein richtig oder falsch und kein normal oder unnormal, dies sei rein subjektiv, wenn ich mich so gefühlt hätte, dann dürfe ich das auch. Mich ärgerte dies, denn hier ging es nicht um ein subjektives Gefühl, als sei dies eine spezielle Macke von mir, nicht gerne eingesperrt zu sein, sondern es ging darum, dass diese Situation auch objektiv schlimm war. Immerhin waren dies die achtziger Jahre, und ich musste in diesem Alter noch hinnehmen, dass um 21:45 Uhr der Präfekt in den Gemeinschaftsraum kam und meinen männlichen Besuch wegschickte, der nicht mit auf mein Zimmer durfte. In anderen Einrichtungen gab es bereits Wohngemeinschaften, wo die jungen Leute sich selbst versorgten und als volljährige so lange weg gehen durften, wie sie es selbst entschieden. Ich kam mir hingegen so vor, als seien meine Gefühle rein meine Sache, und wenn das eben für mich als Individuum so schlimm war, dann durfte das auch so sein. Ich hatte also lediglich die Erlaubnis, dass ich so fühlen durfte, wenn es denn für mich so schlimm war. Das reichte mir aber nicht, denn genau daher hatte ich die Biografie geschrieben, um auch anderen meine Situation mitzuteilen, die dann vielleicht nachvollziehen könnten, dass ich mich in bestimmten Situationen eben genau so fühlte. Wir diskutierten noch eine Weile hin und her, und auf einmal sprang meine esoterische Kollegin auf und schrie: „du lässt dir überhaupt nichts sagen, ich gehe jetzt auf die Toilette, und wenn ich zurückkomme, dann ist diese Diskussion beendet.“ Sie beschwerte sich, dass nur meine Sachen besprochen würden, und sie zu kurz käme. Als sie zurückkam, besprachen wir schon längst wieder eine andere Stelle dieses biografischen Ausschnittes. Sie fragte die Kursleiterin, wie viel sie ihr schuldig sei, knallt ihr das Geld hin, drehte sich auf dem Absatz um und knallte die Türe zu und ging. Wir waren alle drei ziemlich betroffen. Die Kursleiterin meinte, die Frau habe ja selbst nichts mitgebracht. Wie hätte man sich dann mit ihren Themen befassen können? Zuvor hatte sie einmal angedeutet, dass sie schon als Kind „den schwarzen Mann unterm Bett gesehen hätte“, und dass sie darüber ihre Biografie schreiben wolle, damit andere, denen es ebenso ginge, Mut fassen würden. Mich beschimpfte sie, dass ich meine Gefühle verstecken würde und nichts von mir preisgeben wolle. Dabei ging es mir nicht darum, meine Gefühle nicht zu zeigen, sondern darum, dass ich es nicht duldete, dass meine Gefühle in so einer eindeutig bedrückenden und beklemmenden Situation als individuell und besonders dargestellt wurden. Ich wollte ja gerade erreichen, dass der Leser von alleine diese Gefühle hatte, die damals in mir hoch kamen, da diese Gefühle meines Erachtens die einzige logische Reaktion in dieser Situation waren. Wenn natürlich jemand darauf steht, eingesperrt zu sein, oder wenn jemand nur ein Streber ist, der sich an alle Regeln anpasst, und dem ansonsten alles egal ist, dann kann das gerne so sein. Nur das sind eben wieder die Ausnahmen. Ich war damals auch sehr strebsam und fleißig, ich war keine von denen, die dauernd Regeln brach, aber ich war in der Beziehung rebellisch, dass ich mir als fast erwachsener Mensch ist nicht mehr gefallen lassen wollte, gegängelt zu werden. Es ging mir einfach um meine Persönlichkeit und meine Privatsphäre, die hier häufig missachtet wurde. Ich hätte all dies auch heimlich tun können, was ich mir offiziell erkämpfte, aber mir ging es eben darum, die normalsten Sachen der Welt nicht heimlich tun zu müssen. Ich wollte den Segen , das Verständnis und die Erlaubnis meiner Umwelt für Dinge, die eigentlich selbstverständlich sind. Dafür den Stress auf mich zu nehmen, mich nicht erwischen lassen zu müssen, fand ich ziemlich unwürdig. Heute wäre ich da vielleicht auch pragmatischer. Da sich der Dozent offenbar auch langweilte, beendeten wir die Diskussion über meinen Ausschnitt, den ich mitgebracht hatte, und es ging wieder um Themen der Vermarktung. Da die beiden sich in eine Diskussion über Details verstrickten, unterbrach ich aber mit der Begründung, die beiden seien ja noch häufiger zusammen und könnten dies in meiner Abwesenheit besprechen, ich wolle jetzt noch etwas von dem Seminar profitieren. Ich fragte daher noch nach Veröffentlichungsmöglichkeiten, und fragte auch sie, ob ihre Bücher auch in anderer Form erscheinen würden. Sie erklärte mir noch, dass dies zu teuer sei, und sie daher keine Lust hätte, dies auch noch umzusetzen. Nach einer Weile war dann das Seminar zu Ende. Eigentlich hatte sie es für uns aufgezeichnet, und da ich mein Notizgerät für die Aufzeichnung daheim vergessen hatte, bot sie uns an, den Mitschnitt des Seminars auf ihre Homepage zu stellen und uns einen Link für den Download zu schicken. Ich hatte aber keine Lust mehr, dieses für mich relativ misslungene Seminar noch einmal Revue passieren zu lassen. Vielleicht werde ich einige der Punkte wie Stilmittel oder Ausdruck von Gefühlen noch einbauen, da dies ja offensichtlich für den Leser notwendig ist, um meine Situation besser zu begreifen. Im Moment habe ich dafür aber keine Zeit. Außerdem wird diese Biografie ja länger und länger, je länger ich lebe. Daher habe ich mich jetzt darauf verlegt, in diesem Blog zu schreiben. Hier kommen auch biografische Elemente zum Ausdruck, aber es geht auch um kleinere Beegebenheiten des Alltags. Dies war zumindest eine davon.

Sonntag, 27. September 2015

Die besondere Warteschleife – der übernächste Platz ist ihrer

Vor einigen Monaten fing es an, dass mein Blutdruck nicht mehr in den Griff zu bekommen war. Dann auf einmal merkte ich, dass ich an der Dialyse eine so starke innere Unruhe hatte, dass ich dauernd herumzappeln musste. Die innere Unruhe fing immer früher an. Zuerst waren es die letzten 10 Minuten, dann die letzte halbe Stunde, dann die letzte Stunde usw. Nach der Dialyse hatte ich dann entsetzliche Kopfschmerzen, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Eigentlich hatte ich zuvor noch nie Kopfschmerzen, ich wusste gar nicht, dass ich einen Kopf habe. Dafür bekam ich jetzt alle Kopfschmerzen meines Lebens auf einmal, es pochte und hämmerte gegen meinen Schädel, mir war total schlecht und übel. Niemand wusste, woher das kam. Ich hoffe auch, dass das nicht noch mal in Erscheinung tritt. In der Nacht konnte ich dann überhaupt nicht schlafen, die Kopfschmerzen wollten nicht weg gehen, und wenn ich mich trete, da ich diese innere Unruhe hatte, stellte sich noch ein Lagerungsschwindel ein. Jedes Mal, wenn ich die Seite wechselte, fuhr ich erst einmal eine Runde Karussell, und es ging dabei auch noch abwärts. Es war gelinde gesagt entsetzlich. Ich sprach mit meinen Ärzten darüber, die auch nicht wussten, woher das kommen könnte. In meiner Not schrieb ich dann an das Transplantationszentrum und bat darum, mich auf die Liste für hohe Dringlichkeit zu setzen. Daraufhin schrieb mir die Ärztin dort, ich solle durchhalten, ich sei bereits auf Platz zwei. Ich hätte die zweitlängste Wartezeit aller Patienten mit Blutgruppe null. Ich müsse also bald dran sein. Sie bot mir einen Gesprächstermin an, der jetzt im November stattfindet. Dabei hatte ich auch noch eine Diskussion mit dem Pfleger, der den Termin aufnahm, da er behauptete, meine Dialysezeit von 5 Stunden sei zu lang, wenn ich die letzte Stunde beschwerten hätte, müsse ich 4 Stunden machen. Ich sagte ihm, dann sei ich ja noch stärker vergiftet, und dann müsse alles in 4 Stunden erledigt werden, was ich sonst in 5 Stunden mache, und das sei ja eher noch eine größere Belastung. Er war der erste, der mir erklärte, 4 Stunden sein besser als fünf, das wäre ausreichend, das sei ja sowieso die Norm. Ich bin ja immer in Diskussionen der Verlierer, selbst wenn ich recht habe, daher habe ich vergessen ihm zu sagen, dass seine Nieren 24 Stunden am Tag funktionieren. Was wir dann im Transplantationszentrum bei dem Termin besprechen, weiß ich noch nicht, denn eigentlich kann sie auch nichts machen, außer mir zu sagen, dass ich nicht den Mut verlieren soll, da ich in absehbarer Zeit vielleicht transplantiert werde. Als ich vor drei Jahren das zweite Mal in dem Transplantationszentrum war, da alle fünf Jahre die Tauglichkeit für eine Transplantation kontrolliert wird, habe ich der Ärztin begeistert geschildert, dass mir gesagt wurde, ich sei auf Platz 30. Da meinte sie noch, die Platzangabe hätte keine Bedeutung, denn es gäbe Menschen, die sich nicht für eine Transplantation entschieden hätten und schon länger an der Dialyse seien als ich. Wenn diese jetzt auf einmal doch die Entscheidung treffen, sich transplantieren zu lassen, würde deren Wartezeit natürlich angerechnet, und die würden dann vor mir sein, so würde ich dann ein paar Plätze zurückrutschen. Das kann ja jetzt auch passieren. Dennoch habe ich jetzt neun Jahre hinter mir, und da ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf einem der vorderen Plätze bin, wesentlich höher. Man hat mir zwölf Jahre Wartezeit „prophezeit“, da Empfänger mit Blutgruppe null eben nur Nieren von Spendern mit Blutgruppe null vertragen. Mir hat ein Arzt einmal gesagt, dass früher die Nieren von Spendern mit Blutgruppe null an alle Spender vergeben werden durften , da Spender mit Blutgruppe null Universalspender sind. Angeblich sei diese Vorgehensweise erst seit dem Jahr 2011 verboten, so das jetzt Nieren von Spendern der Blutgruppe null nur noch an Empfänger der Blutgruppe null vermittelt werden dürfen. Ob das stimmt, oder ob ich das richtig verstanden habe, kann jetzt hier nicht garantiert werden. Auf jeden Fall bin ich total happy , dass jetzt zumindest eine Transplantation nicht mehr ganz unwahrscheinlich ist, zumal ich zuvor schon gedacht hatte, ich würde leer ausgehen, oder man habe mich vergessen. Ein paar Mal zu häufig ist es mittlerweile vorgekommen, dass Patienten ohne ihr Wissen von der Liste genommen wurden, ob versehentlich oder absichtlich. Daher ist es immer ratsam, ab und zu mal nachzufragen und sich beim Transplantationszentrum in Erinnerung zu bringen. Dies tue ich natürlich nicht jedes Jahr sondern vielleicht alle 2-3 Jahre. Nun kommt es natürlich darauf an, wie hoch die Spendebereitschaft ist, da ja dieser Skandal mit den gefälschten Dringlichkeiten stattgefunden hat. Die Spendebereitschaft ist nun gesunken, wobei aber hier die Falschen bestraft werden. Davon abgesehen, dass die Ärzte vielleicht noch nicht einmal aus Profitgier sondern aus Hilflosigkeit gehandelt haben, gab es niemanden, der kein Organ gebraucht hätte. Obwohl hier Betrug im Spiel war, aus welchen Motiven auch immer, hat es nie einen verkehrten getroffen, da ja alle ein Organ brauchten. Aber nun müssen die Patienten unter dem Rückgang der Spendebereitschaft leiden. Und selbst wenn die Bereitschaft zur Organspende wieder ansteigt, dauert es eine Weile, bis ein passendes Organ für Platz eins zur Verfügung steht. Und selbst wenn ich dann immer noch vor dem Hintergrund der oben genannten Erklärungen mit der Platzvergabe auf Platz zwei bin, dauert es dann immer noch eine Weile, bis dann auch für mich das passende Organ da ist. Dies klingt alles furchtbar berechnend, aber so ist nun mal die Realität. Mittlerweile sind meine Beschwerden verschwunden. Ich nahm an, dass es vielleicht mit dem Eisen zu tun hat. Ich bekomme zweimal die Woche an der Dialyse Eisen gespritzt, wobei die Spritze an einem sogenannten"Gummischnerlzel" am Schlauch festgeklemmt ist, und die Schwester in Abständen von 1 Stunde immer wieder einen Schluck spritzt. Man soll Eisen nie auf einmal geben, da es sonst nicht vertragen wird. Vor meiner Dialysepflichtigkeit bekam ich dasselbe Präparat, wobei dies innerhalb von 5 Minuten langsam gespritzt wurde. Dies habe ich nicht vertragen, wobei sich dies bei mir nicht sofort bemerkbar machte , sondern erst nachts Symptome auftraten. Das ist bei mir bei allen Präparaten so, wenn Unverträglichkeiten auftreten. Somit wurde das Präparat damals abgesetzt, und ich stellte fest, dass die Sprechstundenhilfe zahlreiche angebrochene Schachteln mit Eisenspritzen von anderen Patienten da hatte, die ebenfalls die Behandlung abgebrochen hatten. Ich musste damals ziemlich grinsen, da ich dachte, dieses Zeug scheint ja wirklich schlimm zu sein, es bestätigt meine Unverträglichkeit, wenn hier so viele Schachteln herumliegen, dass sie meine gar nicht mehr findet. An der Dialyse dann bekam ich ein anderes teureres Präparat, welches seinen eigenen Eisenspeicher mitbringt. Da ich dennoch Bedenken hatte, es nicht zu vertragen, wurde es über den Perfusor, einen Spritzenautomaten, der die Dosis einteilt, in das Schlauchsystem der Dialyse gespritzt, oder es wurde fraktioniert, also in kleinen Schlucken über den Schnerzel gespritzt. An meiner jetzigen Dialyse haben sie das teurere Präparat nicht, so das wir versuchten, das Eisen zu nehmen, welches ich vor der Dialyse nicht vertragen hatte. Ich dachte, wenn es langsam gespritzt wird über die ganze Dialyse, werde ich es schon vertragen. Außerdem hatte ich es bei meiner alten Dialyse manchmal versehentlich erhalten, wobei ich das gar nicht gemerkt hatte, sondern es erst hinterher herauskam. Da hatte ich es ja auch vertragen. Nun aber stellten sich diese schlimmen Beschwerden ein, und zwar immer dann, wenn ich Eisen bekam. Es kamen auch so schon mal diese Symptome, aber da kann ich mich nicht mehr erinnern, ob mir vielleicht nicht dann doch an diesem Tag ausnahmsweise Eisen gespritzt wurde, da es vielleicht an einem anderen Tag nicht gemacht worden war. Der Arzt meinte, man könne es weglassen. Dies sagte ich der Schwester, die mich anhängte. Doch die andere Schwester, die in unserem Zimmerdienst hatte, hat dies nicht mitbekommen und in meiner Akte gelesen, dass Eisen an diesem Tag dran war. Sie hat mich nicht gefragt, sondern einfach das Eisen an die Dialyse gehängt. Auf einmal schmeckte ich den typischen Lakritzgeschmack vom Eisen und fragte nach. Die Schwester war seltsam still und gab keine Antwort. Mein Zimmerkollege behauptete, sie habe nichts gespritzt. Dann nahm sie das Eisen weg, es stellte sich heraus, dass sie doch schon einen Schluck gespritzt hatte. Prompt stellten sich dann die schrecklichen Symptome wieder ein. Vielleicht war das dann auch Einbildung, da ich gewusst hatte, dass Eisen gegeben wird. Zumindest wird es seither ganz weggelassen, und ich habe keine Probleme mehr. Es kann aber auch daran gelegen haben, dass zu viel Wasser entzogen wurde, und sich daher die Kopfschmerzen einstellten. Daher hoben wir das Gewicht an, was natürlich nicht so gut für den Blutdruck ist. Ich merke aber, dass ich stark zugenommen habe, denn sonst habe ich zwischen den Dialysen immer nur maximal ein Kilo an Wasser eingelagert, und jetzt sind es zwei. Das bedeutet, dass dem Körper ziemlich viel Flüssigkeit fehlt. Im Moment nehme ich wieder sehr zu, es sind jede Woche um die 200-400 g. Ich weiß nicht, wie ich das stoppen kann. Ich habe Phasen, in denen ich stärker zunehme. Vielleicht habe ich etwas mehr Hunger, aber dies ist nur geringfügig. Ich hoffe, das hält irgendwann an, sonst wären das im Jahr über zehn Kilo, die ich zunehmen würde. Vielleicht müssen wir mit dem Gewicht sogar noch höher gehen, aber vielleicht geht dann der Blutdruck noch höher, da ja dann mehr Wasser in den Gefäßen ist. Ich nehme jetzt fünf verschiedene Medikamente für den Blutdruck, und er ist gerade mal um 20 mm Quecksilbersäule gesunken. Allerdings habe ich verschiedene Blutdruckgeräte, da ich gerade aufgrund meiner Probleme mit der Feinmotorik ein neues bekommen habe, an welches man eine Hartmanschette anschließen kann. Hierdurch können aber die Werte verfälscht werden, da die Hartmanschette von einer anderen Firma ist. Daher messe ich immer noch mit dem alten Gerät nach und stecke bei dem neuen die ebenfalls mitgelieferte Bügelmanschette an. Das kann bis zu drei verschiedene Werte ergeben. Als ich meine ganzen Blutdruckgeräte einmal mit zur Ärztin nahm, haben natürlich alle Geräte gestimmt, was dem sogenannten Vorführeffekt geschuldet ist. Ich möchte ja schließlich wissen, ob bei mir daheim der Blutdruck höher ist, was ja wichtiger wäre als die Werte von den paar Stunden an der Dialyse, oder ob einfach das Blutdruckgerät falsch misst. Das habe ich neulich einem Pfleger erzählt, der meinte dann, ich solle mich doch nicht verrückt machen. Ich versuchte vergeblich, ihm die Situation zu erklären. Da drehte er sich einfach zu meiner Nachbarin um und sagte: „Frau x ist nicht normal, die braucht immer alles extra.“ Ich sagte ihm, dass dies nichts mit normal oder unnormal zu tun hätte. Irgendwann meinte er dann, ich solle das Gerät mit der Hartmanschette nehmen, denn das sei am sichersten, da ich wegen meiner schlechten Augen mit diesem besser klar käme und es auch immer richtig anlegen würde. Ich kann nur hoffen, dass der Blutdruck irgendwann mal wieder sinkt. Leider bewirken die Blutdruckmedikamente, dass mehr Blut in die Füße und auch in meine operierte Nase geht. Diese schwillt dadurch stark an, wodurch ich in der Nacht wieder so schlecht Luftkriege wie unmittelbar nach der Operation. Das ist ein ziemlich schwerer Rückfall. Dadurch kann ich natürlich erst recht nicht schlafen. Zuerst konnte ich im Januar wegen der Nasen-OP nicht schlafen, dann ließen mir die Katzen keine Ruhe, danach fingen diese Symptome mit der inneren Unruhe und dem hohen Blutdruck an. Und jetzt ist wieder die Nase dran, wodurch ich keine Luft kriege, der Mund trocken wird, und ich dann nicht schlafen kann. Irgendwer gönnt mir meinen Schlaf nicht. Ich glaube nicht, dass viele dieser Probleme nach einer Transplantation gelöst werden. Im Gegenteil, der Blutdruck kann durch das vielleicht notwendige Cortison noch stärker ansteigen. Auch habe ich von transplantierten gehört, die sogar Wasser in den Beinen haben. Und wenn man noch keinen Zucker hat, kann man ihn durch das Cortison auch noch kriegen. Es werden einige Probleme gelöst, doch kommen wieder neue hinzu. Irgendwie kann man immer nur ein Problem gegen ein anderes austauschen, die Summe der Probleme bleibt aber doch gleich. Dennoch hoffe ich, dass ich irgendwann mal transplantiert werde, und es wieder mal mit einem Päckchen von anderen Problemen zu tun habe, um mich von den jetzigen zu erholen. Immerhin habe ich dann mehr Unabhängigkeit, mehr Zeit und vielleicht auch ein besseres Befinden, wenn nicht die Nebenwirkungen der Medikamente, die ich dann nehmen muss, zu stark sind. Daher hoffe ich, dass ich bald auf Platz eins sein werde, und es dann auch irgendwann losgeht. Alleine schon die Aussicht darauf gibt mir ein besseres Gefühl.

Sonntag, 20. September 2015

Jeder Gang macht schlank

Vor einigen Jahren war ich bei der Ernährungsberatung. Ich wollte Tipps dafür, wie man normal essen kann, satt wird und trotzdem sein Gewicht halten kann. Jedes Mal, wenn ich zu der Ernährungsberaterin kam, habe ich ihr aufgezählt, was ich gegessen habe, und da ich trotzdem noch jede Woche ein paar 100 g zugenommen habe, sagte sie immer: „Sie werden es nicht gerne hören, aber, wenn sie immer noch zunehmen, dann essen sie halt immer noch zu viel.“ Beim dritten oder vierten Mal habe ich sie dann drangekriegt. Da habe ich ihr aufgezählt, was ich alles gegessen habe, und sie dann gefragt, ob sie nun mal raten will, ob ich abgenommen, zugenommen oder mein Gewicht gehalten hätte. Da sagte sie mir, bei der Menge glaube sie, dass ich abgenommen haben müsste. Ich sagte ihr, nein, zugenommen! Da war sie dann doch überrascht und meinte, das grenzt ja schon an Selbstgeißelung. Dadurch, dass ich ihr das Ergebnis nicht vorweggenommen hatte, hat sie wirklich sich auf die Essensmenge konzentriert und nicht nur auf das Ergebnis, von dem sie dann auf mein Essverhalten rückgeschlossen hat. Da hat sie dann doch endlich kapiert, dass bei mir etwas nicht stimmt. Als ich das erste Mal kam, und ihr die Frage stellte, wie man am besten satt wird und doch nicht zunimmt, und dass ich schon viel Sport treibe, diszipliniert esse und trotzdem zunehme, sagte sie mir: „Sie verhalten sich wie in einem Eheanbahnungsinstitut. Sie wollen einen lieben, treuen und guten Mann, aber sie wollen nichts dafür tun.“ Da war ich schon stinksauer, denn ich hatte ihr zuvor ja definitiv erklärt, was ich tatsächlich alles tue. Somit hat sie mich einfach in eine Schablone gepresst, ohne wirklich zuzuhören. Am Ende habe ich dann mein Gewicht gehalten, da ich noch mehr reduziert habe. Von einem Mitpatienten, von dem ich schon erzählt hatte, habe ich gehört, dass in der Zeitung stand, das Klinikum würde ein Programm anbieten mit dem Titel „Sport ohne Risiko“. Dort sollten Laktatmessungen, Belastungs-EKG und andere Tests ermitteln, wie viel Sport man treiben kann, ohne sich selbst dabei zu gefährden. Ich rief also dort an, und der Oberarzt selbst sprach mit mir und meinte, man könne alle diese Untersuchungen, die normalerweise privat bezahlt werden müssten, im Rahmen meiner Nierenerkrankung abrechnen. Ich bekam innerhalb von drei Monaten einen Termin. Als ich dort ankam, wobei ich ja eine lange Fahrt mit dem Taxi dorthin organisieren musste, hieß es, der Oberarzt sei heute nicht da. Ich entgegnete, ich hätte einen Termin, und warum man mir nicht abgesagt hätte. Sie meinten, das sei alles so schnell gegangen, daher hätte man keine Zeit mehr gehabt, mir noch rechtzeitig abzusagen. Ich solle doch zu Ambulanzärztin, die könne das genauso gut. So wurde ein Herz-Echo, ein Belastungs-EKG und ein Ruhe EKG gemacht, und hinterher erklärte sie mir, dass mein Puls soundso hoch sei, und ich also bis dahin Sport treiben dürfe. Ich bat sie, dass doch der Oberarzt noch einmal mit mir telefonisch Kontakt aufnehmen möge, wobei sie sich nicht einmal die Termine, an denen ich keine Dialyse habe, aufschrieb. Ich bat sie, doch wenigstens dies zu tun, damit er zurückrufen könne. Nach zwei Monaten hatte ich immer noch keinen Rückruf und schrieb ihm einen Brief, in dem ich ihm sagte, ich würde am liebsten einen Zeitungsartikel lancieren mit dem Titel „Termin mit Risiko“. Daraufhin rief er mich an und empfahl mir eine Professorin, die sich mit Ernährungsmedizin beschäftigt. Er versprach mir, mir bei dieser Professorin einen Termin zu machen. Als nach drei Monaten immer noch nichts geschah, schrieb ich ihm eine Mail. Daraufhin gab es keine Antwort. Ich schrieb ihm nochmals, aber es kam nichts zurück. So schaltete ich meine Sozialpädagogin ein, die mit ihm Kontakt aufnahm. Daraufhin hat er dann endlich geantwortet. Er habe nun mit dieser Professoren gesprochen, ich könne mich anmelden. Ich rief also bei der Ernährungsmedizin an, wobei man mir sagte, ich müsse 1500 € vorstrecken, und für alle Untersuchungen, die dann nicht gemacht worden seien, bekäme ich das Geld anteilig zurück. Da ich dieses Geld schlicht und einfach nicht habe, war für mich die Sache abgehakt. Ich sprach nochmals mit meinem Arzt an der Dialyse über mein Problem, jede Woche ein paar 100 g zuzunehmen, was bei einer dementsprechenden Hochrechnung zu einer beträchtlichen Gewichtszunahme pro Jahr führen würde. Er belächelte meine Sorge nur und meinte, es käme alles nur auf den Input und den Output an. Die Ernährungsschwester, der ich mein Ernährungsprotokoll vorher gezeigt hatte, meinte, sie würde umfallen, wenn sie so wenig essen würde wie ich. Der Arzt meinte jedoch, der Sport würde überschätzt, und mein Output sei eben zu niedrig im Gegensatz zu meinem Input an Nahrungsmitteln. Ich sagte ihm, wenn ich sowieso schon sehr wenig esse und zusätzlich noch Sport treibe, dürfte ich eigentlich nicht so zunehmen. Die Schwester gab ihm jedoch recht, und als ich sie damit konfrontierte, was sie zuvor sagte, fuhr sie mich an, ich solle auch gefälligst zuhören, was man mir sagt, sie hätte mir ausdrücklich erklärt, dass man mit zunehmendem Alter mehr tun müsse. Sie ist mir also vor dem Arzt in den Rücken gefallen. Dieser meinte noch, eine Dokumentation sei fehleranfällig, und ich hätte ja keine Küchenwaage , die auf 1/100 g genau messen könne. Als ob dies vonnöten sei, um zu dokumentieren, wie viel man zu sich nimmt. Er tat so nach dem Motto, Papier ist geduldig, du kannst so viel aufschreiben, wie du willst, das kann ja auch alles falsch sein. Schließlich meinte er noch: zu mir in die Praxis kommen viele Menschen mit Adipositas (die ich nicht habe), die behaupten, sie würden wenig essen, und trotzdem zu nehmen. Dies empfand ich schlichtweg als Beleidigung, da man mir hiermit unterstellte, dass ich viel essen würde und vor dem Arzt beteuern würde, doch so wenig zu essen. Damit war für mich die Unterhaltung beendet und mein Blutdruck auf 190. Zufällig spielte mir genau an diesem Tag ein Freund einen Artikel zu, den er im Internet über mein Krankheitsbild gefunden hat. Darin stand, dass Menschen mit Senior-Loken-Syndrom schneller zu nehmen. Diesen Artikel schickte ich meinem Arzt mit der Bemerkung, dass ich mit ihm über dieses Thema künftig nicht mehr sprechen wolle. Tatsächlich schrieb er mir zurück und erklärte mir, er habe mir die Visitenkarte einer Ökotrophologin in meiner Akte gelegt. Dass er mal auf die Idee gekommen wäre, dass mein Problem vielleicht mit meinem Krankheitsbild zu tun haben könnte, wo es sehr viele unerklärbare Symptome gibt, wäre wohl zu viel verlangt gewesen. Ich schrieb an den Professor vom Zentrum für seltene Erkrankungen, bei dem ich im Januar wegen der Abklärung meiner weiteren Symptome gewesen war, wozu es auch einen Blogeintrag gibt, und erklärte ihm mein Problem. Daraufhin rief er tatsächlich an und erklärte mir, er selbst habe an dem Artikel mitgeschrieben, in dem steht, dass man mit meinem Krankheitsbild schneller zunimmt. Dies sei aber nicht wissenschaftlich nachgewiesen, es sei lediglich eine Beobachtung. Ich entgegnete ihm, auch wenn es wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen sei, es aber häufig beobachtet wurde, dann wird es wohl stimmen. Dann schilderte ich ihm mein Problem, bei dieser Professorin keinen Termin zu bekommen, da ich keine 1500 € vorstrecken könne. Er meinte, das könne nicht sein, so eine Vorgehensweise wäre ihm total fremd. Er nahm also Kontakt mit der Professoren auf, erhielt aber keine Antwort. Ich hatte mittlerweile selbst an sie geschrieben. Ich sagte ihm, dass bisher noch keine Antwort von ihr gekommen sei. Daraufhin schrieb er sie noch einmal an. Tatsächlich rief sie mich zurück, wobei ich ihr mein Problem schilderte. Sie meinte, normalerweise würde sie privat abrechnen, aber bei meinem seltenen Krankheitsbild könne ich mit meiner Krankenkassenkarte kommen. Mit der Hilfe ihrer Assistentin schafften wir es dann nach viel hin und her, endlich einen Termin für dieses Jahr im Frühjahr zu finden. Ich war also bei dieser Professorin und wunderte mich, warum so viele Allergietests gemacht wurden. Außerdem wurde ein Ultraschall vom Abdomen gemacht, und auch meine Nieren wurden mit angeschaut. Außerdem wurde eine sogenannte Bio-Impedanz-Analyse durchgeführt, bei der ich auf einer Waage stehen musste, die kleine elektrische Impulse durch den Körper sendete, um die Widerstände zu messen, wobei dadurch ermittelt werden kann, wie hoch der Fettanteil, der Muskelanteil und der Wasseranteil im Körper ist. Als ich dann endlich in die Sprechstunde der Professorin kam, erklärte sie mir, meine Anzahl an Kalorien sei in Ordnung, aber ich würde, alter Schwede, so drückte sie sich aus, viel zu viel Süßkram essen. Ich solle diesen ersetzen durch andere Dinge. Zum Beispiel sei auch ein fertig gekaufter Fruchtquark eine Kalorienbombe, was mir völlig unbekannt war. Sie empfahl mir, den Quark selbst zu machen. Außerdem sagte sie mir, ich bräuchte nicht abzunehmen, änderte dies dann aber ab in, ich dürfe nicht abnehmen, und betonte dann nochmals: ich dürfe auf keinen Fall abnehmen. Sie erklärte mir, dass bei meinem Stoffwechsel Abbauprodukte übrig blieben, und ich daher genügend essen müsse, um dies zu verhindern. Ich klagte ihr mein Leid, dass ich an der Dialyse immer so extrem hungrig sei, und dass das Essen immer so spät kommen würde. Mir würde schlecht, wenn ich an der Dialyse nüchtern sei. Sie meinte, das sei kein Wunder, das gehöre zu meiner Erkrankung. Ich solle nicht hungern, ich solle dann eben eine Kleinigkeit essen. Auch die Ansicht vieler Leute, ich würde mich zu wenig bewegen, da ich an der Dialyse dreimal die Woche nur 5 Stunden herumliegen würde, wie sie entschieden zurück und meinte, ich solle auf keinen Fall auf diese Leute hören, die Dialyse würde auch Kalorien verbrauchen. Außerdem denke ich, dass die meisten Leute in diesen 5 Stunden, in denen ich, wie sie behaupten, nur herum liege, wahrscheinlich auch nicht viel mehr tun, als in ihrem Bürosessel zu sitzen. Immerhin mache ich dreimal die Woche 40 Minuten Heimtrainer, einmal 30 Minuten, und dann noch zweimal die Woche Theraband. Ich erklärte ihr, dass dieses Latexband nicht mehr ausreicht, da ich schon die höchste Stärke hätte, und das Band schon fast reißt. Ich fragte sie, ob ich vielleicht mit Hanteln umzugehen lernen sollte. Sie meinte, das sei gut, sie würde dies befürworten. Ich sagte ihr, dass ich mir das aber alleine nicht zutraue, und ob sie mir nicht einen Sporttherapeuten empfehlen könne. Sie erklärte mir, dass sie dies alles in den Arztbrief schreiben würde, und dass sie die Verordnung eines Sporttherapeuten sehr empfehlen würde. Bei der BIA kam heraus, dass ich in den Armen zwar viel Muskeln hätte, in den Beinen aber wenig, und insgesamt hätte ich wenig Muskulatur. Der Fettanteil sei normal, aber der Wasseranteil sei zu hoch, dies läge wohl daran, dass ich am selben Tag nachmittags wieder zu Dialyse müsste, und daher an diesem Tag schon viel Wasser angesammelt hätte. Ich fragte sie noch, warum sie so viele Allergietests gemacht hatte, und sie sagte mir, sie dachte, es ginge bei mir um Nahrungsmittelallergien. Als ich sie nochmals an unser Telefonat erinnerte, meinte sie, das sei ja nur so kurz gewesen. Dies wunderte mich etwas, da ich ihr ziemlich ausführlich mein Problem geschildert hatte, und sie auch, wie ich annahm, die Sache verstanden hatte. Sie meinte, ich hätte eine leichte Roggen-Allergie, doch wenn diese mir bisher nichts ausgemacht hätte, solle ich sie vernachlässigen, da ich sowieso so viele Dinge nicht essen dürfe. Ich versuchte, die süßen Dinge nach und nach zu ersetzen, was mir bei Keksen, die ich zu Mittag esse, da ich abends erst warm esse und nachmittags eher Joghurt und Süßes bevorzuge , ziemlich schwer fällt. Den Quark mache ich selbst, ab und zu gönne ich mir noch ein Fruchtjoghurt oder einen Fruchtquark oder einen Pudding, aber nur selten. Ich schickte ihr einen neuen Plan meiner Ernährung, mit der Bitte, nun zu beurteilen, ob es jetzt in Ordnung sei, wie ich essen würde. Leider kam aber keine Reaktion. Sechs Wochen später ungefähr kam dann der Arztbrief, der rein standardisiert war. Es war ein Dreizeiler, in dem lediglich stand, dass bei mir der Verdacht auf Nahrungsmittelallergien bestünde, dass ich mich wegen einer Zyste beim Frauenarzt vorstellen möge, die bei der Sonografie des Abdomen gefunden worden sei, und dass ich eine „Schrumpfniere“ hätte. Das war der ganze Brief. Ich war stinksauer, nachdem sie nichts von dem, was sie mir versprochen hatte, in den Brief geschrieben hatte. Mein eigentliches Problem war überhaupt nicht angesprochen worden. Nun schrieb ich nochmals an die Assistentin und bat sie, dass die Professoren doch bitte den Brief wie besprochen abändern möge, da ich sowieso schon so viele Mühen auf mich genommen hatte, und da ich es eh schon schwerer mit allem hätte, und daher aufgrund meiner Erkrankung einen Sporttherapeuten bräuchte, und ihre Unterstützung daher sehr hilfreich wäre, dieses für mich schwierige Vorhaben umzusetzen. Leider kam auch hier keine Antwort. Daraufhin wandte ich mich an meine Betreuerin und bat sie, doch einen Brief an die Professorin zu schreiben. Ein paar Wochen lang hörte ich nichts und fragte noch einmal bei der Betreuerin nach. Als ich immer noch nichts von der Betreuerin hörte, ob eine Antwort eingetroffen sei, schrieb ich ihr noch mal eine Mail. Daraufhin kam dann die ziemlich förmliche Antwort, der Brief sei erst vor einem Tag rausgegangen. D.h., sie hatte die ganzen Wochen noch gar nichts unternommen. Bisher warte ich immer noch auf diesen Arztbrief, der mir weiterhelfen könnte. Ich finde das unmöglich, dass es einfach nicht weitergeht, und dass ich so viele Kämpfe anstrengen muss, nur, um die nötige Hilfe zu erhalten. Immerhin ist nun eines herausgekommen, nämlich, dass das Gen, welches für meine Erkrankung verantwortlich ist, gefunden wurde. Dazu kommt dann noch ein separater Eintrag. Hier sei nur soviel erwähnt, das Gen, welches ich habe, codiert auch für das Bardet-Biedl-Syndrom, bei dem die meisten der Betroffenen übergewichtig sind. Der Arzt, der mir die möglichen Symptome für dieses Gen in einem drei Seiten langen Brief schilderte, meinte jedoch, da ich so diszipliniert gewesen sei, und daher nicht zugenommen hätte, könne dieses Problem bei mir nicht vorliegen, denn Menschen mit BBS würden es auch mit höchster Anstrengung nicht schaffen, ihr Gewicht zu halten. Dies hat mich wirklich aufgeregt, denn hätte ich keine Disziplin aufgewandt und hätte mich dick gefuttert, würde man mir nun zugestehen, dass es von meiner Erkrankung kommt. Weil ich aber in Anführungszeichen so "blöd" war, mich beim Essen zurückzuhalten und Sport zu treiben und Gott sei Dank nicht dick zu werden, wird mir nun nicht zugestanden, dass ich für dieses Ziel mehr Anstrengungen auf mich nehmen musste als normale Menschen. Weil ich also gut kompensieren konnte, soll ich jetzt in dieser Beziehung gar kein Problem gehabt haben? Das wäre ja so, als wenn man sagen würde, ein schwerhöriger, der trotz seiner Behinderung mit viel Aufwand die Menschen um sich herum versteht, kann also nicht schwerhörig sein. Seine großen Anstrengungen, die er im Alltag auf sich nimmt, werden damit übersehen. Somit wird die große Mühe, und auch das Problem, dass mich seit meiner Kindheit und Jugend begleitet, gar nicht gewürdigt. Ich schrieb also nochmals an den Professor vom Zentrum für seltene Erkrankungen, der so nett gewesen war, mir den Entwurf des endgültigen Arztbriefes vorab zuzuschicken, und erklärte ihm genau das, was ich hier geschrieben habe. Daraufhin bot er mir an, ich könne selbst diesen Absatz in dem Arztbrief formulieren. Nun bin ich gespannt, ob er meine Formulierungen übernimmt. Ich habe zumindest geschrieben, dass ich schon immer mehr tun musste als meine Altersgenossen, um mein Gewicht zu halten, und dass ich daher womöglich eine abgeschwächte Ausprägung der diesbezüglichen Problematik dieses Gens habe, die möglicherweise diese Schwierigkeiten verursacht. Somit wird zumindest einmal dokumentiert, dass ich nicht einfach nur Probleme mit dem Input und dem Output habe, wie es immer ganz simpel angenommen wird, sondern, dass hier auch tatsächliche Probleme des Stoffwechsels zu Grunde liegen könnten. Das ändert zwar nichts an dem Problem, denn der Professor meinte, dass ich trotzdem zeitlebens auf das Verhältnis von Input und Output achten müsse, aber es wird zumindest einmal gesehen, dass es nicht an mir liegt sondern an meinem Stoffwechsel, was ja auch mal gut tut. Dies ist jetzt kein Freibrief zum fressen, aber, falls ich es wirklich irgendwann nicht mehr hinkriege, mich so anzustrengen, nehme ich dann halt in Kauf, dass ich diese Veranlagung habe und muss mich damit auseinandersetzen. Aber ich tue das, was ich tun kann. Außerdem kenne ich zwei Leute, die ein BBS haben, die unter Aufsicht ihrer Mütter und mit viel Disziplin ihr Gewicht dennoch halten, somit ist die Aussage, dass dies bei dieser Erkrankung nicht möglich sei, nicht 100 % richtig. Ich hoffe, dass ich endlich die Empfehlung für einen Sporttherapeuten bekomme, und das es dann mal wieder weitergeht, ohne, dass ich jedem Scheißdreck hinterherlaufen muss. Würde ich das mit dem Hinterherlaufen wortwörtlich nehmen, würde ich wahrscheinlich von selbst rank und schlank bleiben. Dann hätte sich die medizinische Sicht ohnehin erledigt.

Samstag, 19. September 2015

Zahlefrau und Töchter

eZahlefrau und Töchter Ein Lied von mir über die Tauscher- und Schenker-Kultur, die gut gemeint, aber manchmal nicht sehr gut gemacht ist. Mir ist aufgefallen, dass ich meine alten Sachen, die ich verkaufen wollte, nie los bekam, und sie daher immer kostenlos weggeben musste, um sie loszuwerden. Andererseits, wenn ich etwas Bestimmtes wollte, gab es dies natürlich nicht, sondern ich musste es neu kaufen. Es ist mittlerweile besser geworden, zufällig habe ich nach diesem Lied, unabhängig davon, ein paar Sachen geschenkt bekommen. Zum Beispiel hat eine Freundin mir ihren riesengroßen Teppich vermacht, da sie in eine kleinere Wohnung zieht. Mein Ex hat mir einen kleinen Backofen besorgt, den er kostenlos beim Trödel gefunden hat. Auch einige kleine Steh-Rümchen, wie zum Beispiel einen wunderbaren und sehr schönen Plätzchen-Topf aus Keramik, einige Backformen, ein Windlicht und ein nagelneues originalverpacktes Waffe leisen habe ich von meiner Freundin bekommen. Nun suche ich noch ein Eck-Sofa in einem Gebrauchtwarenhof. Das wird sich sehr schwierig gestalten, denn ich brauche die kürzere Seite, die Ottomane auf der linken Seite. Seltsamerweise haben die meisten Leute ein Sofa, wo die kürzere Seite rechts ist. Außerdem möchte ich ein Sofa aus Leder, da ich ja nun keine Katzen mehr habe, und da Leder gut abwaschbar ist. Wenn das Leder dann auch noch Mittel braun und etwas rötlich wäre, wäre das ideal. Ja, und eine Schlaffunktion sollte das Sofa natürlich auch haben für eventuelle Besucher. Da ist natürlich die Chance eins zu 1 Million, so etwas gebraucht zu bekommen. Mir hat jemand gesagt, sie habe so etwas gesucht, auch mit der Ottomane auf der linken Seite, und sie hätte ein Jahr gebraucht, bis sie es bei eBay gefunden hat. Und nun bekomme ich auch meine zwei Katzenkörbe los, die meine Freundin mir abkauft. Meinen alten Teppich, den ich im Wohnzimmer hatte, kann ich vielleicht für Tauschring-Stunden loswerden. Ich hoffe, dass dies klappt. Zuvor hatte ich einige Dinge, die mich ziemlich geärgert hatten. Wenn ich zum Beispiel eine CD kaufte, die dann doch nicht so gut war wie das eine Lied, wegen dem ich sie angeschafft hatte, konnte ich sie nicht in einem der einschlägigen Portale loswerden, sondern ich habe sie dann einfach jemandem mitgegeben, die sie in ein Sozialkaufhaus getan hat. Einmal bin ich mit Druckerpatronen ins Sozialkaufhaus, die in meinen Drucker nicht passten, und die 60 € gekostet haben. Zum Glück hatte sie mein Vater für mich gekauft, sodass ich keine Anschaffungskosten hatte. In dem Sozialkaufhaus sah ich dann eine Thermoskanne für drei Euro und fragte, ob ich die für die sehr teuren Druckerpatronen eintauschen dürfte. Nein, hieß es, ich müsse die drei Euro für die Kanne bezahlen. Ich fand dies ungerecht, denn schließlich hatte ich gerade etwas sehr Hochwertiges dort abgeliefert. Das haben sie natürlich gerne genommen. Dann habe ich mein altes, sehr gutes Blutdruckmessgerät weggeben müssen, da ich das Display nicht mehr lesen kann. Ein Mitpatient brauchte ein Blutdruckmessgerät, und ich bot ihm an, es ihm zu geben. Falls irgendjemand denkt, er hätte mich zumindest höflichkeitshalber gefragt, was ich dafür haben will, ist er auf dem Holzweg. Ich wollte auch nicht so sein und ihn darauf hinweisen, dass ich dafür noch etwas will. Er hat ein paar Mal damit gemessen und sich dann hinterher obendrein noch beklagt, das Gerät sei kaputt gewesen. Aufgrund einer Seeverschlechterung habe ich jetzt auch meinen alten Fernseher weggeben müssen und mir einen sprechenden Fernseher angeschafft. Hierzu habe ich eine Menge in meinem Blog geschrieben. Ich kann nämlich den elektronischen Programmführer von meinem Receiver nicht mehr lesen und brauche daher ein Gerät, dass diese Daten für mich vorliest. Der alte Fernseher ist von Sony , hat zu D-Mark-Zeiten 700 DM gekostet und hat immer tadellos funktioniert. Es hat mir daher sehr leid getan, in weggeben zu müssen. Jeder sagte mir, dass niemand mehr einen Röhrenmonitor will. Jemand bot mir an, das Gerät zu nehmen, um es als Ersatzgerät in seinen Keller zu stellen. Wiederum hatte der junge Mann, der bei mir an der Dialyse im Zimmer lag, keinen Fernseher mehr, und als ich ihm anbot, ihm das Gerät für 100 € zu verkaufen, sagte sofort ein anderer Bettnachbar, der arme Kerl, der hat doch nichts, sie sollten ihm das Gerät schenken. Später nahm dann eine Helferin das Gerät, um es einer anderen Frau zu geben, die auch Assistenz hat, da diese sich keinen Fernseher leisten kann. Zumindest war so das Gerät in guten Händen und wurde noch gebraucht. Ich finde es halt nur merkwürdig, dass mir jeder ein redete, ein Röhrengerät sei nicht mehr gefragt, andererseits gibt es zahllose Leute, die kein Gerät haben, und die ein solches Gerät geschenkt noch gerne nehmen. Ein anderes Mal war ich mit einem Bekannten zum Eisessen, den ich auf einem Treffen kennengelernt hatte von Leuten, die auch Hilfe bekommen. Mir wurde schon gesagt, dass er wenig Geld hat. Als wir uns dann zum Eisessen trafen, las er mir die Eiskarte vor und meinte: „Unsere beiden Becherkosten jeweils 4,80 €, ich hoffe, du hast genügend Geld dabei.“ Ich habe natürlich verstanden, habe mich aber erst mal dumm gestellt und gesagt, dass ich selbstverständlich für mein Eis genügend Geld dabei hätte. Da meinte er ziemlich zerknirscht, er habe wenig Geld, und ich sollte ihn einladen. Ich sagte ihm, den Cappuccino gebe ich dir aus, aber dein Eis musst du selbst zahlen. Als wir dann nach Hause gingen, und er eine Bekannte traf, stellte er mich ihr vor, indem er sagte: „ich nehme da so eine Blinde mit, das ist eine gute Aufgabe für mich.“ Schade, dass mal wieder das Pech auf meiner Seite war, und der Bus kam, in den seine bekannte Einstieg, weil ich ihm nämlich noch vor ihr unter die Nase reiben wollte, dass er den spendierten Cappuccino aber doch gerne genommen hat. Als wir dann gemeinsam in den Bus stiegen, um heim zu fahren, wusch ich ihm den Kopf und sagte, dass ich es nicht nötig habe, dass jemand aus Mitleid mit mir ausgeht, weil es eine Aufgabe für ihn ist. Er war ziemlich betroffen und meinte etwas betreten, da es ihm häufig nicht gut ginge, sei dies eine Überwindung, mit jemandem rauszugehen. Dabei ist er in ziemlich vielen kirchlichen Einrichtungen aktiv. Nicht nur einmal ist es mir passiert, dass ich mit einem Mann im Café war, und als die Bedienung kam und fragte, zusammen oder getrennt, dieser Mann dann sagte: „das weiß ich nicht.“ So nach dem Motto: mal sehen, ob sie für uns beide bezahlt. Mir wurde dann die Aufgabe zugeschoben, zu entscheiden, und sozusagen als blöd dazustehen, wenn ich nicht sage, es geht zusammen. Ich bin dann aber stur geblieben und habe immer gesagt, was ich zahle, und habe dann nur meine Sachen aufgezählt. Wie gerne hätte ich es mal gehabt, wenn der andere dann mal gesagt hätte: das geht zusammen. So etwas klappt meistens nur dann, wenn wir uns mit dem Zahlen abwechseln. Es hätte einfach mal so gut getan, mal spontan einfach so ohne Aufrechnung eingeladen zu werden. Zumindest habe ich das jetzt erlebt, als ich zu Hause mit meinen zwei Freundinnen und einem Bekannten auf den Rummel ging, wo meine Freundin mich zu Pommes und Hamburger einlud, die wir am Stand gegessen haben, an dem ihr Mann arbeitet. Das hat mich sehr gefreut. Da mich oben beschriebene Begebenheiten immer mehr ärgerten, entstand spontan die Idee für das unten stehende Lied. Normalerweise schreibe ich keine Lieder, aber wenn mich etwas sehr beschäftigt, sprudelt es dann nur so aus mir heraus. Hier kann man sich das Lied anhören. Und für diejenigen, die nicht alles verstehen, gibt es den Text auch noch mal hier eingestellt. Vielleicht haben ja manche Leute ähnliche Erfahrungen gemacht, zumindest viel Spaß beim Hören. Zahlefrau und Töchter Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich die Leut' mit meinem Kram verwöhne? Zahlefrau und Töchter, Zahlemann und Söhne , muss ich die Leut' mit meinem Kram verwöhne? Heut' ist ebay angesagt, nur mein Zeug ist nicht gefragt. Eins: Während andere ihr Zeug verkümmeln, tun meine Sachen nur im Schrankverschimmeln. Alle andern können ihr Zeug verhökern, nur ich muss in den Kleinanzeigen schmökern. Wenn mal einer was verschenkt, bitte auch mal an mich denkt! Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle mit meinem Zeug verwöhne? Zahlefrau und Töchter,Zahlemann und Söhne, muss ich alle mit meinem Krempel verwöhne? Heut ist Sharing angesagt, doch da bin ich nicht gefragt. Zwei: Dauernd muss ich meinem Kram nachlaufen und mir alles selber kaufen. Wenn es mir dann nicht mehr gefällt, schenke ich's der halben Welt! Alle wollen's nur geschenkt, keiner mal ans Zahlen denkt! Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle mit meinem Krempel verwöhne? Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle Leut' mit meinem Zeug verwöhne? Heut' ist Tauschen angesagt, DA ist mein Kram nicht gefragt! Drei: Such ich mal nach 'ner bestimmten Ware, muss ich durch die halbe Welgg'schicht' fahre, Alle anderen, ja, die sind so schlau, die kriegen's geschenkt beim Neu- oder Umbau. Will ich auch was kostenlos, geht das meistens in die Hos'! Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle mit meinem Kram verwöhne? Zahlefrau und Töchter, Zahlemann und Söhne, muss ich alle mit meinem Zeug verwöhne? Heut' ist Recycling angesagt, da ist mein Zeug nicht gefragt! Vier: Wenn ich mal in den Umsonstladen geh', und ich dort schöne Dinge Seh', und bring' ich dann zur Kasse meine Wahl, ist es selbstverständlich , dass ich zahl'. Doch bring' ich etwas dort 'nei, ist das selbstverständlich frei! Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle mit meinem Krempel verwöhne? Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich all' Welt mit meinem Kram verwöhne? Heut' ist Upcycling angesagt, da ist mein Kram nicht gefragt! Fünf: Da gibt es einen Stamm, der heißt "Nimm", Da haben die Leute keinen Benimm, Die finden alles wie ein Trüffelschwein, und stecken alles für sich ein. Das einzige was denen fehlt, ist zum Zahlen nur das Geld! Zahlefrau und Töchter, Zahlemann und Söhne, muss ich alle mit meinem Zeug verwöhne? Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle mit meinem Kram verwöhne? Heut sind Gift-Boxen angesagt, tja, da ist mein Zeug gefragt! Sechs: Führt mich ein Mann zum Essen aus, hat er kein Geld, stellt sich heraus. "Du musst heut' zahlen für uns zwei, ich hoff' , Du hast genügend Geld dabei." Das sagt er mir ganz frank und frech, und ich schluck' und zahl' die Zech'! Zahlemann und Töchter, Zahlemann und Söhne, muss ich denn die halbe Welt verwöhne? Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich denn alle um mich rum verwöhne? Heut' ist Foodsharing angesagt, da ist mein Geld schon mal gefragt! Sieben: Tauschen, Schenken ist gut ausgedacht, ich hab auch gerne mitgemacht beim Tauschen und beim Nachhaltigkeits-Tanz, doch stimmen muss auch die Bilanz. Der verkauft, und ich verschenk', mir mein Gleichgewicht verrenk'! Zahlefrau und Töchter, Zahlemann und Söhne, muss ich alle Leut' mit meinem Kram verwöhne? Zahlemann und Töchter, Zahlefrau und Söhne, muss ich alle mit meinem Zeug verwöhne? Ob Tauscher-, Schenker-, Teilerklicke, ich bin NICHT dem Schenker sein Dicke!