Samstag, 23. April 2011

Freiwillige und unfreiwillige Fastenzeit

Dieses Jahr habe ich ein kleines Experiment gemacht und während der gesamten Fastenzeit abends keine Schokolade gegessen. Denn ich habe festgestellt, daß das zu einer Gewohnheit wurde oder gar zu einer Sucht. Jeden Abend habe ich ein-zwei große Reihen Schokolade gegessen. Daher dachte ich, versuch es mal, ob Du das ohne aushältst. Zuerst dachte ich, das klappt nicht. Aber es ging erstaunlich gut. Nur einmal, beim Geburtstag meiner Freundin, habe ich zu meinem Espresso in der Wirtschaft ein Stück Schokolade bekommen. Und wenn bei den Keksen oder Kuchen am Nachmittag Schokolade dabei war, hab ich sie nun auch nicht runtergekratzt. Ich frühstücke morgens, trinke mittags Espresso und esse Kekse und Joghurt (oder Kuchen), und abends esse ich warm. Das habe ich auch jetzt so beibehalten. Aber natürlich hab ich nicht den Anteil an Schokolade, den ich abends weggelassen habe, dann mittags gefuttert sondern wirklich drauf geachtet, daß der Teil wegbleibt. Aber wie gesagt, eine totale Schokoladen“Karenz“ direkt hab ich nun nicht eingehalten.
Dann gab es noch ein unfreiwilliges Fasten. Bei uns an der Dialyse wurde das Essen schlechter. Auf einmal servierten sie nur noch die wesentlich schlechteren Menüs in den weißen Schalen. In den Aluschalen gibt es immer sehr gute und reichhaltige Sachen wie Aufläufe, Jägerschnitzel, Lasagne, Apfelstrudel usw. In den weißen Schalen ist wesentlich weniger drin, es ist wesentlich fettiger und liegt teilweise schwer im Magen. Auch geschmacklich läßt es mehr als zu Wünschen übrig. Ich fragte mehrfach bei den Küchenfrauen an, bekam aber immer unterschiedliche Auskünfte. Einmal hiße es, die Verwaltung legt die Listen vor, aus denen die Küchendamen die Menüschalen aussuchen und bestellen können. Angeblich seien die Aluschalen genauso teuer wie die Plastikschalenmenüs. Dann hörte ich wieder, daß die Alumenüs teurer seien. Eine Schwester meinte gar, die eine Firma habe die andere aufgekauft, und es sei alles von derselben Firma. Der Höhepunkt war dann ein Abend, an dem ich das Menü mit den drei Pastasorten bestellt hatte. Stattdessen kam dann: Rosenkohl, ein paar Brocken paniertes Schnitzel und ungesalzener Kartoffelbrei, der so ekelhaft schmeckte, daß ich ihn nicht aufessen konnte. Die Schwester meinte: „Mein Sohn sagt dazu NATO-Kitt.“ Das war aber eher schon Fensterkitt. Ich kam total hungrig nach Hause und habe sogar meinen Vorsatz, abends keine Süßigkeiten zu essen, mit einer Waffel gebrochen, weil mein Bauch schon wehtat, und ich nicht mal Obst essen konnte, ohne daß es im Bauch brannte. Da beschloß ich, nun endlich zu handeln. Ich befürchtete zunächst, daß der Schuß nach hinten losgehen würde, und es dann vielleicht gar nichts mehr Warmes gibt, wie das an anderen Dialysen der Fall ist. Aber ich hatte mit der Küchenfrau gesprochen, die mich ebenfalls ermunterte, mich an die Verwaltung zu wenden, denn auch ihr waren die Aluschalen lieber, da die besser aufzumachen und praktischer aufzuwärmen sind. Ich zog die ganze Sache positiv auf, erklärte, wie gut mir bisher in den drei Jahren an diesem Zentrum das Essen geschmeckt hatte, daß es (und das stimmt) Restaurantqualität besaß, und daß ich so viele gute Gerichte in letzter Zeit vermisse. Ich legte noch dar, daß Schonkost oder Diätkost oder zu kleine Portionen für Dialysepatienten kontraindiziert sind, da wir gut essen müssen, weil die Dialyse zehrend ist, und wenn wir schon da hinmüssen, wir uns wenigstens auf was Gutes zu Essen freuen können sollten. Ich fing also an, aufzuzählen, was mir bisher gut geschmeckt hat. Und es kamen sage und schreibe 34, in Worten vierunddreißig Gerichte heraus, die ich dort besonders gerne esse. Den Brief gab ich ab mit der Bitte, ihn an die Verwalterin weiter zu leiten. Einen Tag später sprach ich die Küchenfrau darauf an. „JA, ich weiß, meinte sie, und Cordon Bleu und Gnocchis waren auch dabei“, meinte sie grinsend. Tatsächlich stand diesmal Cordon Bleu auf dem Speiseplan. Sie erklärte mir, daß die weißen Schalen Schonkost seien und nicht mehr kosten würden als die Aluschalen. Sie meinte, die anderen ihrer Kolleginnen würden immer das Falsche aussuchen. Nun würde es aber wieder Vollkost geben. Das freut mich sehr. Gestern kam es zwar wieder in der weißen Plastikschale, aber die drei Pastasorten waren wunderbar lecker. Somit ist die freiwillige und die unfreiwillige Fastenzeit vorbei, und ich hab es mehr oder weniger durchgehalten.

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