Samstag, 24. Dezember 2011

Komm großer schwarzer Vogel

Heute hab ich endlich Zeit, die Posts zu schreiben, die ich mir schon die ganze Zeit vorgenommen hatte.

Vor einigen Wochen bekam ich über unsere Mailingliste, in der Leute drin sind, die sich für Liedermacher und Folk interessieren, die Nachricht, daß Degenhard gestorben ist. Daraufhin kam dann auch noch die Mail von einem Bekannten, daß Kreisler im hohen Alter verstorben ist.

Und zu allem Schrecken kam dann noch die dritte Meldung, Ludwig Hirsch sei durch eine Krankheit gestorben. Das schockte mich in der Tat. Ich bin mit Liedern von Ludwig Hirsch quasi aufgewachsen. Wenn ich mit meiner Schwester in deren Wohnmobil in die Stadt fuhr, wo sie mit ihrem damaligen Mann wohnte, und wo ich im Internat war, lief ständig die Kassette mit den "Dunkelgrauen Liedern". Das mit dem Herrn Haslinger hab ich in dem Alter grade mal so begriffen. Die Unterhaltung mit dem femininen Herbert wurde mir auch recht schnell klar. Am lustigsten fand ich den Schurli-Bua, der sich selbst seiner Freundin "in am Backerl als Geschenk" verschickte, und die verrückte Frau, die eine "Tramway nach Ankara" entführt hat, oder die Männer, die einer Monsterspur im Schnee nachjagen und ihrer Frau "noch a Busserl" geben, "des Erschte seit am Johr", und die dann im Gebüsch lediglich die kackende Operettensängerin finden.
Ich ließ mir dann einige Kassetten und CDs kopieren, freute mich über die Solidarität mit seinem "Freund, dem Zwerg", und spulte häufig vor, wenn das Lied mit dem "großen schwarzen Vogel" kam, da es mir zu heftig war. Ein Freund, der an den Augen operiert wurde, tat sich das absichtlich an und hörte es vor seiner OP.
Später bekam ich dann noch die CD "Gottlieb", die viele der bekannten Lieder in einer Art Musical verarbeitete, zum Beispiel die traurige Geschichte des Dorftrottels, der sterben mußte, damit das totgeborene Kind den Himmel betreten durfte, oder die Geschichte seiner Oma, einer glühenden Hitlerverehrerin, die auf dem Prater an ihren falschen Zähnen beim Sturmbootfahren erstickt ist. Dann kamen andere CDs hinzu mit verschiedenen Liedern, wo man auch das schauspielerische Talent des Ludwig Hirsch bewundern konnte, als er einen verlassenen Mann darstellte, der völlig betrunken seine Ex anrief und sie vollsülzte.
Dann hatte ich auch mal die Gelegenheit, ihn live zu erleben. Anhand der Lieder dachte ich, daß es ein düsterer Geselle sein muß, aber ganz im Gegenteil, es war ein sehr freundlicher, sympathischer Mensch, der mit dem Publikum einen guten Kontakt aufgebaut hat. Ich kaufte mir auch dann gleich die CD "Perlen", in der ein wunderschönes und sehr anrührendes Lied über seine Eltern enthalten ist. Aber auch die gruselige Seite kommt wieder zum Vorschein, wenn er übre den Auftragskiller namens "Flachmann" singt, der in seiner Manteltasche dann aber ein schwülstiges "rosarotes" Kindergedicht herumträgt. Die neueste CD "In Ewigkeit Damen" hat mir nicht so gut gefallen, aber ich bekam noch einen ganzen Schwung anderer Alben, wie zum Beispiel "Tierisch", in dem er aus der Froschperspektive "bitte nicht küssen" fleht.

Es gingen so mancherlei Gerüchte um, er sei aus dem Fenster der Klinik gesprungen, weil er Lungenkrebs hatte. So hat er also sein Lied: "Komm, großer schwarzer Vogel" wahrgemacht, und es passierte genauso, wie er es vor Jahren erdichtet hatte.

Viele, mit denen ich mich darüber unterhalten habe, dachten dasselbe wie ich, waren alle besonders schockiert und berührt von dem doch verhältnismäßig frühen Tod. Und alle sagten so in etwa: "Da bin ich gleich hin und hab die Platte 'Komm, großer Schwarzer Vogel' aufgelegt." Oder: "Da hab ich mir gleich zwei CDs gekauft." Ich hab auch am Sonntag drauf die "Dunkelgrauen Lieder" aufgelegt und mir gedacht, daß das jetzt im deutshsprachigen Raum wohl sehr viele getan haben, und man nun überall die Lieder hören können müßte.

Nach und nach sterben die alten Liedermacher nun weg, und man kann nur hoffen, daß wieder neue nachkommen, da es ja immer noch genug gibt, über das man singen kann. Ludwig Hirsch wird mich noch lange in Form seiner CDs begleiten, da mir die bittersüßen Lieder und die Geschichten aus dem ländlich-sittlichen Raum, wo alle "hart wie solides geschmiedetes Raiffeisen" sind, immer wieder sehr gut gefallen.

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