Freitag, 16. November 2018

Die zweite Star-OP


Nach unserer Familienfeier am Montag den 10. September sollte ich in  die nächstgrößere  Stadt von meinem  Zuhause aus, zu einer Operation am Grauen Star. Am Sonntag den neunten hatte ich alles gepackt. Durch die vielen Medikamente dauerte dies relativ lang, obwohl ich bloß zwei Tage dortbleiben würde. Die Zugfahrkarte hatte ich schon einmal auf den Mittwoch gebucht, obwohl ich noch nicht genau wusste, ob es am zwölften wirklich heimwärts gehen würde.

 

Am Montag klappte alles plangemäß mit der Zugfahrt. Es war sogar so, dass ich etwas früher am Treffpunkt  für  die Mobilitätshilfe war, und mich daher jemand von der Bahn abfinden. Sie sagten, mein Zug hätte Verspätung, ich dürfe aber mit einem früheren fahren. Ich wandte ein, dass ich eine Zugbindung hatte, aber sie wollten mir etwas schreiben. Das hat auch prima geklappt. Denn mit dem sonst verspäteten Zug wäre ich zu spät ins Krankenhaus gekommen.

 

So hatte ich sogar Glück und kam relativ früh an. Dort wurde ich von einem Bahnangestellten aus dem Zug ins Taxi gesetzt. Der Taxifahrer war sehr nett und brachte mich bis zur Rezeption im Krankenhaus. Ich fragte ihn, ob er auch meine Reisetasche hätte, aber er muss mich wohl nicht gehört haben. Als wir dann vor der Rezeption standen, und man meine Unterlagen wollte, bat ich den Taxifahrer um die Reisetasche. Er meinte, die habe er nicht, rannte aber noch einmal raus und brachte sie mit einer Entschuldigung. Ich dachte, ich würde erst zur Operation gebracht und danach dann auf Station kommen. In einigen Krankenhäusern ist es so, dass man in der Zeit der Operation seine Sachen in ein Schließfach packt und danach dann eben auf Station kommt. Besonders bei OPs mit örtlicher Betäubung ist das ja kein Problem. Aber ich wurde gleich auf die Station gebracht.

 

2008 war ich schon einmal in derselben Klinik, daher kannte ich noch eine sehr nette Schwester, und ich hoffte, dass ich sie wieder antreffen würde. Ich fragte sofort nach ihr, und es kam eine Schwester mit gleichem Namen. Ich sagte ihr, nein, das war jemand anderer. Zunächst war sie etwas kurz angebunden, kam dann aber später noch mal an mein Bett. Sie erzählte mir dann, dass sie diese Schwester auch gekannt hatte, und dass sie selbst aus Südafrika kommt. Sie war sehr nett und meinte, sie hätte genauso rot getönte Haare wie ich. Der anderen Schwester, die mittlerweile pensioniert sei, ging es gut, sie habe noch etwas Kontakt zu ihr.

 

Das Doppelzimmer war sehr schön, die Betten waren rechtwinklig angeordnet, und es gab genau im rechten Winkel bei jedem Bett auch ein Fenster. Ich habe später die Fenster mal angefasst, es waren noch richtige alte Fenster mit Sprossen aus Holz. Das Gebäude schien sehr alt, ich fand die Atmosphäre sehr schön.

 

Ich packte dann gemütlich aus und dachte, dass ich jetzt gleich zur Operation kommen würde. Aber nein, das würde noch bis 16:00 Uhr dauern, da mein Belegarzt dann erst kommen würde. Ich war etwas enttäuscht, denn bis dahin musste ich ja nüchtern bleiben. Man hatte mir schon am Telefon gesagt, dass ich nüchtern in die Klinik kommen müsste. Ich hatte damals gefragt, ob ich alle meine Medikamente nehmen sollte, und es hieß, ich solle vor Ort fragen. Ich dachte, dann ist es womöglich zu spät, denn ich muss ja am Vormittag vor meiner Abreise die Morgenration einnehmen. Ich hoffte, auf jeden Fall mit einem Narkosearzt ein Gespräch zu haben, bevor die Operation beginnt.

 

In meinem Zimmer war auch eine Frau, die gerade an den Schlupflidern operiert wurde. Ich dachte, das sei vielleicht eine Schönheitsoperation, denn normalerweise muss man ja die Operation von Schlupfliedern selbst zahlen. Ihre Augen waren verbunden, und sie war total hilflos, als sie zu Mittag essen musste. Ich dachte mir, unser einem geht das meistens so, nur, dass ich noch einen Sehrest habe, und es seit Langem gewohnt bin, nicht alles auf dem Teller zu sehen. Ich war nur neidisch, dass sie so etwas gutes zu essen bekam, und ich warten musste. Die nette Schwester mit dem selben Namen kam noch mal rein und fragte, ob ich denn einen Tee haben wollte, denn dann würde das Hungergefühl gemildert. Den nahm ich gerne an, und wir unterhielten uns noch eine Weile. Insgesamt fand ich die Schwestern total nett. Sehr häufig habe ich im Krankenhaus das Problem, dass die Schwestern wenig Verständnis für mich und meine Situation haben, aber hier sollte es anders sein.

 

Ich bat um ein Operationshemd, denn beim letzten Mal ging ich in meinem eigenen Schlafanzug in den Operationssaal, aber ich wurde so mit Flüssigkeit bekleckert, und der Arzt hatte so viel Wasser auf mich draufgeschüttet, dass ich hinterher klatschnass war. Einmal hatte man mir beim Röntgen mit Kontrastmittel sogar das T-Shirt versaut, weil irgendwie das Kabel aus der Spritze rausgegangen war. Seither möchte ich immer ein Operationshemd. Das können die dann einsauen und hinterher auch wieder abwaschen. So bekam ich ein Operationshemd und wartete, bis es losging.

 

Irgendwann kam dann die Schwester und meinte, jetzt würden wir fahren. Ich zog noch schnell das Operationshemd an, und wir fuhren in den OP. Wegen eines Wasserschadens waren wir dieses Mal in einem anderen Stockwerk. Beim ersten Mal war Musik im Operationssaal, das war so leichte Klassik, aber für den Anlass gerade angenehm. Dieses Mal gab es keine Musik. Im Operationssaal bekam ich Strümpfe mit Noppen, damit ich nicht ausrutschen konnte, die durfte ich danach  mitnehmen. Das fand ich etwas wunderlich, denn normalerweise läuft man im Operationssaal ja nicht herum. Ich wurde in einen Operationsstuhl gesetzt, und die Narkoseärztin kam. Ich sollte dieses Mal eine Spritze unter das Auge bekommen. Beim letzten Mal bekam ich nur Optocain, betäubende Augentropfen, da ich aufgrund der Dialyse damals keine Spritze unter das Auge kriegen konnte, denn mein Blut wurde ja während der Dialyse damals verdünnt, und das hätte einen riesengroßen blauen Flecken gegeben. Da ich jetzt transplantiert war, konnte man die Spritze unter das Auge setzen. Ich wollte aber von dieser Spritze nichts mitbekommen. Die Schwester, die mich herunter brachte, schärfte mir ein, unbedingt noch einmal von meiner Penicillinallergie und von der Unverträglichkeit gegen Atropin zu sprechen, denn ihr sei es schon mal passiert, dass man das vergessen hätte. Sie selbst sagte es auch einmal. Die Narkoseärztin kam, und ich sagte, ich wolle bei der Spritze komplett weg sein. Sie meinte, ich könne entweder Dormicum bekommen, dann wäre ich aber nur leicht beruhigt, ich hätte dann eine Art Halbschlaf. Oder sie können mir auch Propofol geben, dann sei ich ganz weg. Ich entschied mich für letzteres, denn ich wollte von der Spritze schlichtweg gar nichts mitbekommen und nicht in einem halben Dämmerzustand sein. Ich hatte ziemlich Angst und schärfte ihr mehrfach ein, dass sie nur ja kein Schmerzmittel verwenden möge, dass der Niere schaden könnte. Sie gab mir das Narkosemittel, und endlich wirkte es dann auch. Ich wachte dann wieder auf und fragte mich zunächst, wo ich war, und ob das wirklich alles stimmte, und ob ich jetzt wirklich im OP war. Die Narkoseärztin rief mich an und sagte, sie sind wieder da, die Spritze hat der Augenarzt schon gesetzt. Leider hat die Spritze aber nicht gut gewirkt, da sich das  örtliche  Betäubungsmittel  wohl nicht gut verteilt hatte, was wohl manchmal vorkommt. Sie hat mir noch einige  Male Optocain getropft. Beim letzten Mal wollte ich nur die Augentropfen und auch keine Beruhigungsspritze haben. Der Arzt hatte damals gesagt, sie werden Schmerzen haben. Aber die örtlich  betäubenden Augentropfen hatten gereicht. Dieses Mal, obwohl ich noch die Spritze unter dem Auge hatte, reichten die Betäubungstropfen nicht. Es fehlte wohl die Musik. Ich wurde noch mit Jod eingeschmiert, mein Auge brannte, obwohl ich betäubt war. Auch wurde wieder ziemlich viel Flüssigkeit ins Auge geschüttet und alles zugebunden und  abgeklebt, und ich wollte einmal hinfassen, um zu wissen, was da alles war, was mir einen Rüffel von einer der Schwestern einbrachte. Nach der  Kurznarkose  habe ich wie immer  gefroren, da ich auf Narkosemittel  oft friere. Daher haben sie mir dann noch eine Decke  gegeben.

 

 

 

Ein paar Nächte zuvor hatte ich geträumt, dass ich ziemlich viel herumgefahren worden wäre, dass das Licht dieses Mal nicht so geblendet hätte wie bei der ersten OP, dass ich aber im Augenwinkel Schmerzen hatte und die Operation spürte.

 

Ich wurde dann mit dem Operationsstuhl in eine Nische gefahren, wo eine Frau und der Augenarzt auf mich warteten. Mehrfach wurde erzählt, sie hat eine Penicillinallergie. Das hat mich sehr gefreut, dass sie so vorsichtig waren, und dass jeder jedem das weitergab. Es stellte sich heraus, dass die Frau die Ehefrau des Augenarztes war. Ich möchte nicht wissen, ob nicht sogar sie die Operation vorgenommen hat. Mein Traum wurde fast war. Das Licht hat überhaupt nicht geblendet, aber ich hatte Schmerzen. Irgendwann war mir das aber egal, und irgendwann war die Operation auch zu Ende. Die Narkoseärztin gestand mir, dass sie mir noch etwas Dormicum gespritzt hatte. Ich war komplett geschafft und todmüde. Sie brachten mich mit dem Operationsstuhl wieder hinaus, und ich sollte dann dort liegen bleiben. Leider haben sie mich aber nicht zurückgelegt, sodass ich im Sitzen warten musste. Ich bat darum, das Kopfteil nach unten zu legen, aber man sagte mir, ich würde sowieso gleich abgeholt, und so wurde ich auf einen der Holzstühle gesetzt, die im Wartebereich waren. Mehrfach wurde oben auf Station angerufen, aber die Schwester ließ auf sich warten. Ich war so hundemüde, dass ich mich wie ein Obdachloser quer über alle Stühle legte und schon zu weinen begann, weil ich so fix und fertig war, dass ich nur noch endlich ins Bett wollte. Irgendwann kam sie dann endlich mit einem Rollstuhl und brachte mich nach oben, und ich konnte endlich in mein heiß ersehntes Bett. Die Schwester, die mich zuvor auch nach unten gebracht hatte, meinte, schlafen, schlafen und nur noch schlafen. Essen können Sie später noch. Und genauso war es auch. Ich war an dem Tag todmüde. Irgendwann habe ich dann auch mal was gegessen.

 

Danach habe ich nur noch geschlafen.

 

Am Morgen bekam ich dann ein gutes Frühstück. Die Frau, die mit mir im Zimmer war, war mittlerweile auch etwas gesprächiger geworden. Sie erzählte mir, dass sie 130 Kilo gewogen hätte, und dass man ihr einen Magenbypass gelegt hätte. Daher sei nun ihr ganzes Gesicht und auch die Lieder ziemlich schlaff geworden, und daher hätte man das gestrafft. Einen Teil würde die Krankenkasse übernehmen, den Rest müsse sie zahlen. Ich finde diese Vorgehensweise der Kassen ziemlich unlogisch, denn die Straffung wird bezahlt, aber das hochnähen wieder nicht. Ich finde das alles etwas merkwürdig und kurios. Aber das ist eben typisch Deutschland.

 

Danach erzählte mir die Frau noch, dass sie eine Brille hätte, und dass ihre Tochter kurzsichtig sei, und man ihr die Hornhaut gelasert hätte. Ich war die ganzen Tage ziemlich mit der Orientierung  beschäftigt und vor allem dmait, mir die Topographie  des Zimmers einzuprägen  und lief daher ziemlich unsicher hin und her, um die Toilette zu suchen oder mein Bett. Die Frau erzählte mir in allen Varianten und in jedem Detail, dass ihre Tochter sich nur noch in ihrer eigenen Wohnung zurecht gefunden habe, und dass sie im Dunkeln nicht in einer anderen Wohnung hätte schlafen können.  Das Lasern sei wie ein Leben davor und ein Leben danach.  Ich hatte ihr zuvor noch erzählt, dass ich  nierentransplantiert bin, weil wir es ja  von ihrer  Magenverkleinerung  hatten, was ja wirklich  auch ein  großer  Eingriff  ist, der viel  an  Erleichterung bringt.  Da kann ich mir schon vorstellen, dass dies ein Leben  davor und eines danach  bedeutet. Ich kann mir aber nicht erklären, warum gerade mir, welche die Leute herumtapern sehen, und die sich überall anstößt und verläuft, jeder erzählt, dass er kurzsichtig ist, eine Brille hat, eine Lesebrille braucht, und dass sein Leben durch eine Laseroperation der Hornhaut so arg verändert wurde. Ich finde das nachgerade taktlos, denn ich wäre froh, wenn ich noch eine Brille tragen könnte. Jeder hat zwar auch sein Problem, aber nicht gerade ich, die ich schwer mehrfachbehindert bin, muss mir diese Geschichten anhören.

Am Morgen hatte ich mich noch sehr gut mit der Putzfrau unterhalten, eine Griechin. Alle waren dort sehr freundlich, von der Putzfrau bis zu den Ärzten. Am Vormittag war noch Visite, und die Ehefrau meines Augenarztes hat sie vorgenommen. Sie versprach mir, die Transportscheine für das Taxi mitzubringen. Außerdem bat ich Sie, mir den Linsenpass für das andere Auge noch zu schicken, denn damals ist der mir irgendwie durch die Lappen gegangen. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt, bis ich den Linsenpass für das linke Auge dieses Jahr bei dieser  OP bekam, aber das muss es wohl schon damals gegeben haben. Die Griechen erzählte mir, dass es nachmittags Kaffee und Kuchen gibt, und dass es auch eine Terrasse gibt, auf der ich in der Sonne sitzen könnte. Ich war aber so müde von der Operation, dass ich noch zu nichts Lust hatte. Erst am späten Nachmittag habe ich dann mal angefangen, etwas Musik und Hörbuch zu hören.  auf jeden Fall war das Essen hervorragend. Es gab Königsberger Kloppse mit Kapernsauce, und ich hätte am liebsten noch den ganzen Teller ausgeleckt. So etwas Gutes hatte ich in einem Krankenhaus noch niemals gegessen. Am Nachmittag brachte mir die Schwester einen Kaffee und zwei verschiedene Stück abgepackten Kuchen. Ich klingelte später noch mal und bat um eine weitere Tasse, und sie hätte mir auch noch mal Kuchen gebracht, aber ich hatte schon zwei verschiedene Stücke. Ich fand das wirklich total schön, und auch die Schwester erwähnte noch mal die schöne Terrasse, aber ich war einfach zu müde.

 

Am nächsten Morgen ging ich wieder zur Visite, aber leider hatte die Ärztin die Transportscheine vergessen. Da ich diese sowieso erst bei der Kasse einreichen musste, nachdem ich zu Hause war, und da der Taxifahrer mir sowieso nur eine Quittung ausschreiben musste, und ich erst einmal direkt bei ihm bezahlte, brauchte ich die Transportscheine sowieso noch nicht. Sie schrieb sich das dann auf, und später bekam ich auch die Transportscheine zugeschickt. Ich war etwas enttäuscht, denn sie hatte später dann auch  noch vergessen, mir den Linsenpass zu schicken.  Einen OP Bericht bekam ich nicht sofort mit, man würde diesen mir später zusenden. Dies ist nie erfolgt. Als ich dann später nachfragte, da meine Augenärztin   ja schließlich auch den Bericht brauchte, hieß es, ich müsse schriftlich mit Unterschrift eine Entbindung von der Schweigepflicht senden, sonst würde ich keinen Bericht erhalten. Ich argumentierte, dass ich den Bericht ja zu meinen Händen bekäme, und dass ich ihn ja dann an den weiterreichen könnte, an den ich wollte. Daher hätte ich nicht eingesehen, jetzt noch mal per Post oder per Fax eine Schweigepflichtentbindung zu unterschreiben, und meine Einwilligung per E-Mail müsste genügen. Später hat dann die Vertretung meiner Augenärztin, die mich während deren Urlaub betreute, mir angeboten, dass ich eine Schweigepflichtentbindung von dieser Praxis für beide Seiten unterschreiben könnte, und dass sie diese für mich an  meine  Operateure faxen würden, da  das für mich leichter sei. Danach bekam ich dann einen Zweizeiler von der (mit-)operierendenAugenärztin mit dem Text, am soundsovielten wurden sie an rechten Auge operiert, wir haben diese und jene Linse benutzt, am soundsovielten wurden sie am  linken Auge operiert, wir haben diese und jene Linse benutzt, ich hoffe, das reicht ihnen als Info. Das fand ich etwas strümpfig , so nach dem Motto, ich hoffe, Sie sind jetzt endlich zufrieden. Einen OP Bericht habe ich niemals erhalten, ist mir jetzt eigentlich auch egal.

 

Die Griechin versprach mir, noch mal in mein Zimmer zu kommen und verabschiedete sich noch mal extra. Später sah ich sie dann noch mal im Aufzug.

 

Eine der Schwesternhelferinnen kam zu mir, um nachzusehen, dass ich nichts vergessen hatte. Wir machten dann aus, dass ich  in der Zeit, bis das Taxi kommt, ins Foyer gebracht würde. Sie machte das auch und bot mir noch mal eine Tasse Tee und  ein Glas Wasser an. IN dieser Augenklinik haben sie sehr viele Teesorten. Ich fand das sehr spannend und probierte einen sehr exotischen aus, ich habe zwar vergessen, welchen, aber es schmeckte gut. Die Schwestern waren sehr hilfsbereit und halfen mir auch immer, mein Essen herzurichten oder Sachen zu schneiden. Ich dachte schon, beim nächsten Mal, egal, was gemacht wird, lasse ich mich in einer Augenklinik aufnehmen, denn dort haben die Schwestern am meisten Verständnis für Menschen mit Seheinschränkungen .

 

Die Schwesternhelferin brachte mich dann nach unten, und dort wurde dann das Taxi bestellt, welches mich dann zum Bahnhof bringen sollte. Ich gab der Schwester noch ein Trinkgeld mit der Bitte, es in die Kaffeekasse zu tun, da ich sehr zufrieden war. Am Bahnhof angelangt kostete die Fahrt 10,80 EUR, und ich fragte ihn, ob er mich noch zum Infopoint bringen könnte, da ich von dort aus dann zum Zug gebracht würde. Er bejahte dies, und ich gab ihm 11,50 EUR, denn zwölf Euro wären mir etwas zu viel gewesen. Schlagartig änderte sich sein Verhalten, und er wurde unfreundlich und ruppig, denn 0,70 EUR Trinkgeld waren ihm zu wenig. Ich fragte ihn, ob er meine Reisetasche hätte, denn ich wollte nicht schon wieder, dass sie im Auto bleibt, und er noch mal zurück muss, wie dies bei der Ankunft in der Klinik passiert war. Er gab mir aber keine Antwort. Als ich ihn noch mal fragte, raunzte er mich an, das hab ich Ihnen doch schon gesagt. Dann schaffte er mich zum Infopoint und ging grußlos davon. Selbst wenn ihm das Trinkgeld zu wenig war, finde ich es nicht professionell, dies so deutlich zu zeigen.

 

Auch die Heimfahrt verlief reibungslos. Ich bekam einige Augentropfen, und das Schema war für mich etwas unverständlich, aber zu Hause habe ich dann unter dem Lesegerät noch einmal alles genau durchgelesen. Es waren auch Augentropfen auf dem Therapieplan, die ich nicht verordnet bekam, und die ich aufgrund meiner Niereninsuffizienz gar nicht hätte nehmen können. Nevaphenac, ein nicht steroidales Antiphlogisticum , das so ähnlich wirkt wie Diclofenac, hätte der Niere geschadet. Ich hatte dem Operateur auch mehrfach gesagt, dass ich bereits oral Cortison einnehme, da er mir nämlich auch noch Cortison Augentropfen verordnet hatte. Er meinte, das sei egal, das seien ja nur Augentropfen. Die wirken aber zu einem großen Teil auch systemisch, was ich leider feststellen musste. Das Cortisonschema verlief so, dass man dann nach sechsmaligem Tropfen eine Woche später noch fünfmal, dann vier mal usw. tropfen müsste. Die erste Woche waren es fünf Augentropfen plus eine Salbe, die aber denselben Inhaltsstoff hatte. Ich schaffte es ganz gut, die Tropfen ins Auge zu bringen, ohne jedes Mal mit der Flasche das Auge zu berühren, denn das birgt ja schließlich ein Infektionsrisiko. Für die ersten Tage bekam ich noch eine Klappe mit, die ich beim Duschen oder beim Haarewaschen aufsetzen sollte. Eine dieser Klappen habe ich noch da, denn die Schwester hatte mich gut damit versorgt.

 

Zu Hause musste ich dann auch noch zur Augenärztin, und ich stellte fest, dass mein sehen sich von fünf auf 10 % verbessert hatte. Damit war ich sehr zufrieden. Ich konnte wieder wesentlich schärfer sehen, und auch die Farbschleier waren etwas besser geworden. Man hatte mir schon während der Operation gesagt, dass man von dem grauen Star nicht alles hat rausbekommen, sonst hätte das Risiko bestanden, dass der Kapselsack kaputt geht. Dies nennt man einen primären Nachstar, wie mir meine Ärztin dann erklärte. Der soll dann später noch  gelasert werden. Ich kam leider immer nur bis zur Zahl Nummer 9, weiter habe ich es nie geschafft. Aber immerhin, die Prognose des Arztes, mehr Licht und eine bessere Orientierung, waren eingetreten.

 

Zunächst hatte ich Mühe, die mittlerweile taktilen Orientierungspunkte durch wiederum visuelle zu ersetzen, weil ich dann auf einmal die taktilen Punkte nicht mehr fand. Jetzt, da ich wieder mehr sah, überlief ich dann die Bodenindikatoren oder verpasste die Treppe mit dem Metallrost, wobei aber das sehen noch nicht ausreichte,  die taktilen Punkte völlig zu ersetzen. Am Anfang war ich somit sogar noch mehr orientierungslos als zuvor. Daher war ich etwas enttäuscht. Das hat sich dann aber  mit der Zeit  gegeben.  Das Lesen unter dem Lesegerät war wesentlich besser, sodass ich meine Post viel schneller sortieren konnte,  wenn ich auch nicht die ganze Seite schaffe, so kann ich jetzt zumindest doch entscheiden, was wert ist, eingescannt zu werden, und was man getrost wegwerfen kann.

 

Die Besuche bei der Augenärztin wurden in immer größeren Abständen durchgeführt, und langsam konnte ich auch die Cortison Augentropfen ausschleichen. In der Zeit hatte ich extrem großen Appetit, was bei Cortison  eine häufige Nebenwirkung ist. Da ich aber sowieso nie  satt wurde, und nur die Gefahr bestand, ewig zuzunehmen, dachte ich mir, dann kannst Du es auch gleich lassen, und ich habe daher aufgegeben, so viel zu essen. Außerdem stieg mein Blutdruck, da ja das zusätzliche Cortison den Blutdruck erhöhte. Immer noch habe ich öfter mal Blutdruckspitzen, und die Abstände zwischen den Ausreißern werden immer geringer, und die hohen  Phasen werden immer länger. Ich hoffe, dass das nicht eine langfristige Nachwirkung des Cortisons ist.

 

Zwischendurch war ich dabei der Vertretung meiner Augenärztin, da diese in Urlaub war. Diese Augenärztin war total nett, sie hatte über WhatsApp ein Signal wie ein Zugpfeifen von ihrer Mutter bekommen und erzählte mir, dass diese ihr jeden Morgen ein Signal schickt, dass es ihr gut geht, da ihr das wichtig ist zu wissen, dass alles in Ordnung ist, und da es der Mutter wichtig ist, dies mitzuteilen. Sie hat mir auch gesagt, dass die Chefin gut befreundet ist mit der Ärztin, die den Laser macht, und dass sie einmal bei deren Vater ein Praktikum gemacht hatte, und die beiden sich daher auch privat kennen. So etwas ist immer gut im Bezug auf die Terminvergabe. Am 11. Dezember habe ich wieder einen Termin. Mittlerweile hat sich das sehen wieder verschlechtert, denn natürlich haben sich die Zellen, die noch übrig waren, weiter geteilt, und auch bei der ersten Operation hatte ich schon nach zwei Wochen wieder einen Nachstar. Der kann jetzt schon bald gelasert werden, damit die Sicht wieder besser wird. Ich bin aber gespannt, was dann beim Sehtest herauskommt, wenn sich jetzt wieder der Graue Star gebildet hat. Ich hoffe, dass nach dem Laser dann alles wieder so gut ist wie unmittelbar nach der Operation. Das war bei der Operation am anderen Auge  vor 10 Jahren ja genauso. Für mich sind fünf Prozent  auf  einen Visus von  insgesamt 10 % schon ein Gewinn, denn das ist das Doppelte von dem, was ich zuvor sah, wenn auch das Gesichtsfeld natürlich nicht größer wird, und das Augenflimmern und die Farbschleier nicht völlig verschwinden.  Jetzt sind die Farbschleier  wieder viel stärker, aber nach dem Lasern gehen sie vielleicht sogar wieder etwas zurück. Daher habe ich oft Mühe, das Jammern auf hohem Niveau von manchen Leuten zu verstehen.

 

Insgesamt war ich mit diesem Krankenhausaufenthalt sehr zufrieden, und ich hatte noch nie erlebt, dass durchgehend alle Schwestern und das gesamte Personal so nett waren. Das war einmal eine schöne Erfahrung. 

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