Sonntag, 23. Dezember 2018

Zauberknöpfe aus dem Nähkästchen oder aus dem Schneider


Bei der Hochzeit meines Neffen hat meine Mutter mir eine schöne blaue Wildlederjacke geschenkt, die sie nie getragen hatte, die aber schon älter war. Leider habe ich meine schöne braune Wildlederjacke wegwerfen müssen, weil sie  ein Loch hatte und abgetragen war. Die hatte ich schon fast 30 Jahre, aber da man Wildleder nur selten anziehen kann, weil es entweder zu warm, zu kalt oder zu nass ist, hatte ich sehr lange an ihr. Die Jacke hatte ich damals aus dem Secondhandshop, in dem meine Mutter gearbeitet hat, weil es ein Wohlfahrtsladen vom  katholischen Frauenbund war. Damals habe ich mir die Jacke beim Schneider etwas ändern lassen, zum Beispiel den riesengroßen Kragen etwas verkleinern lassen. Die Jacke erhielt bereits Kultstatus, da ich sie so lange getragen hatte, und weil sie mir etwas zu groß und zu lang war. Sie sah an mir fast aus wie ein alter Wildledermantel. Ich fand das einfach toll. Aber leider habe ich sie nun mal jetzt wegwerfen müssen, ich habe sie wirklich zum Container getragen mit viel Wehmut und dort eingeworfen.

 

Nun hatte ich die  Jacke meiner Mutter, die mir aber etwas zu groß war. Die Länge stimmte nicht, und die Taschen waren so weit unten, dass ich die Arme eines Schimpansen gebraucht hätte. Somit dachte ich mir, wenn ich die Jacke in der Mitte etwas kürzen lasse, kommen die Schöße etwas nach oben, und die Taschen somit auch, und die Jacke ist insgesamt kürzer und kleiner. Dann könnte ich sie mir auch noch etwas enger nähen lassen. Die Knöpfe waren aus blauem Plastik, das sah ziemlich altbacken aus, das musste auf jeden Fall geändert werden.

 

So ging ich mit meiner spanischen Bekannten zum Schneider. Ich hatte zuvor nicht dran gedacht, die Schneiderin anzurufen und nachzufragen, ob sie auch Wildleder nähen kann. Meine Spanierin hatte mir diese Schneiderei empfohlen, bei der ich schon mal mit einer Jacke war, und damals war ich recht zufrieden. Die Spanierin selbst hatte auch etwas dorthin zu tragen, und somit gab sie erst ihre Sachen ab, und danach erfuhren wir, dass leider meine Jacke dort nicht zu ändern war, weil sie keine  Ledermaschine  hat. Ich habe mich daran erinnert, dass ich noch eine andere Schneiderin kannte, die mir mal einen Flicken auf eine Jeans genäht hatte. Sie hatte zuvor auch Handtaschen bei mir geändert, aber mit dem Flicken auf der Jeans  war ich unzufrieden. Sie hatte den Flicken innen hinein genäht, er war aber so riesengroß geraten, dass es aussah, als trüge ich unter der Jeans eine Bandage. Somit wollte ich da eigentlich nicht mehr hin, aber wegen der Wildlederjacke dachte ich, da gehe ich noch mal hin. Meine Spanierin hatte dann auch noch eine andere Sache zu nähen, und es stellte sich heraus, dass sie wesentlich günstiger war als die andere Schneiderin. Die war nämlich obendrein auch noch äußerst geschäftstüchtig, und als die Spanierin sie fragte, ob sie denn eine Anzahlung nehmen würde, behauptete sie, sie könne nicht rausgeben, die Spanierin müsse das ganze Geld jetzt schon auf einmal bezahlen. Ich hatte dem Luder kein Wort geglaubt, ich habe schon gemerkt, dass sie unbedingt das ganze Geld auf einmal wollte. Da hätte sie auch ehrlich sein können und sagen, tut mir leid, ich habe schlechte Erfahrungen gemacht, bitte zahlen Sie gleich den ganzen Betrag. Aber den Trick, dass sie gerade kein Geld zum Wechseln hatte, habe ich ihr keine Minute abgekauft. Somit ist sie bei mir auf der Sympathieskala um einige Punkte nach unten gerutscht, auf Deutsch, da gehe ich dann nicht mehr hin. Die Spanierin meinte dann auch noch etwas vorwurfsvoll, hättest Du vorher dort angerufen und gefragt, ob sie Wildleder machen kann, dann hätten wir gleich gewusst, dass es nicht geht, dann wären wir gleich zu Deiner Schneiderin gegangen, und ich hätte gleich alles billiger bekommen. Aber macht nichts, fügte sie dann noch etwas gönnerhaft hinzu. Das ist mir ganz schön aufgestoßen, denn schließlich war sie hierdurch mich an eine günstigere Schneiderin gekommen, und ich kann nicht an alles vorher schon denken. Mir fällt  es  ohnehin schon immer extrem schwer, im Vorhinein   dran  zu denken, dass  jemand dies oder jenes  nicht  hat, oder dass  dieser oder  jener Laden  dann und dann geschlossen hat etc.  Ich kann solche Verallgemeinerungen  und Sicherheitsvorkehrungen nicht treffen  , da mir solche Überlegungen nicht in den  Sinn kommen. Denn  ich käme  mit meinem limitierten Verstand erst gar nicht auf den Gedanken, dass eine Schneiderin KEINE  Ledermaschine hat, da ich erst gar nicht auf die Idee käme, dass man eine spezielle Maschine braucht, oder dass es unterschiedliche Geräte für unterschiedliche Stoffe und Materialien überhaupt gibt. Ich weiß nicht, wie neurotypische Menschen  auf  diese  Überlegungen so spontan kommen. Ich fahre da jedes Mal wieder  aufs  Neue ein…..

 

Die andere Schneiderin schaute sich die Jacke an und meinte, man müsse sie nicht enger nähen, wenn man alles nach oben ziehen würde, könne die Jacke auch so bleiben. Sie könne das für insgesamt 35 EUR machen, und ich könne dann noch die Knöpfe ändern lassen. Wir suchten wunderschöne Knebelknöpfe aus, die aussahen wie Elfenbein und prima zu der Jacke passten und ihr eine elegante Note verliehen. Ich freute mich schon sehr auf die Jacke, die schon am Freitag fertig sein sollte.

 

Am Freitag verabredeten wir beiden uns wieder, um unsere Kleider abzuholen. Die Sachen der Spanierin waren fertig, aber meine Jacke  war noch nicht gemacht, es würde nun doch etwas länger dauern.   Der Laden war uns beiden sehr sympathisch, denn die Schwiegertochter der türkischen Schneiderin kam aus Algerien, und so konnte ich meine schlechten Französischkenntnisse wieder etwas aufbessern. Allerdings gingen wir dann schnell ins englische über, denn Englisch spreche ich fließend, mit dem französischen ist es bei mir schnell zu Ende gegangen. Die Jacke sollte dann am Montag drauf fertig sein.

 

Als wir am Montag kamen, bin ich total erschrocken. Die Knebelknöpfe waren senkrecht hin genäht worden. Sie waren auf der einen Seite etwas dicker und gingen dann Kegelförmig zu, und eigentlich hätte man das breite Ende nach links nähen müssen, sodass man dann mit dem spitzen Ende zuerst durch das Knopfloch kommt. Die Schneiderin hatte noch gesagt, ich soll ausprobieren, ob die Knöpfe passen, ehe sie sie hinnäht. Das war der Fall gewesen, so dachte ich mir nichts Böses, als ich die Jacke abholen wollte. Ihr Sohn hatte sie genäht. Ich traute mich nicht mehr zu sagen, dass die Knöpfe obendrein auch noch senkrecht hin gemacht waren, da ich nie auf die Idee gekommen wäre, dass man Knebelknöpfe überhaupt senkrecht hinnäht, da ich  einfach voraussetzte,  dass man Knebelknöpfe  immer waagrecht verwendet. Ich kann schlecht beurteilen, was man bei anderen Leuten voraussetzen kann, und was man ihnen besser vorher  sagt. Ich dachte, vielleicht hat er sich dabei was Bestimmtes gedacht, und es gehört senkrecht  hin und  vielleicht passen sie halt einfach überhaupt nicht durchs Loch, ob senkrecht  oder waagrecht.

 

Somit bat ich, dass wir andere Knöpfe hin machen, denn die Knöpfe passten ja offensichtlich nicht, was mich extrem wunderte, denn sie hatten bei der Probe ja  gepasst. Ich dachte, eventuell haben sie gar versehentlich noch einmal die gleichen Knöpfe in einer anderen Größe genommen.  Diese passten jedenfalls nicht durch,  das war alles, und das  verblüffte mich nun sehr. Die Schneiderin meinte, sie müsse aber etwas dafür verlangen, wenn sie die Knöpfe ändert. Außerdem fanden wir dann noch heraus, dass die Taschen ebenfalls blaue Plastikknöpfe hatten, die zur Zierde dort auf genäht waren, die zuvor aber niemand bemerkt hatte.  Bei der  Anprobe hatte ich noch extra  gefragt, ob  an  den Ärmeln  oder sonstwo  noch  Knöpfe  seien, die geändert  werden müssten, aber  da hieß  es, nein, nur die an der Knopfleiste seien da, sonst keine anderen.  Jetzt meinte die Schneiderin, da hätten wir wohl beide nicht aufgepasst. Ich suchte mir also braune Knöpfe aus Leder aus, die auch gut zu der Jacke passten, aber nur die zweite Wahl waren. Jeder Knopf kostete vier Euro, und sie gab mir das Geld für die anderen Knöpfe nicht zurück mit der Begründung, die Jacke sei schwerer zu nähen gewesen als erwartet, denn es sei ja Wildleder gewesen, das hätte sie zuvor nicht gewusst, und sie hätte gedacht, es sei Kunstleder. Als ob die Härte  des Materials dann anders wäre, und außerdem  ist sie  ja der Profi und hätte das  erkennen müssen.  Somit musste ich jetzt noch einmal 19 EUR zahlen. Die Jacke  war nun insgesamt schon bei 60 EUR, denn 35 EUR hatte das nähen zuvor gekostet, fünf Euro waren die Summe für die fünf Knöpfe, einen hat sie mir geschenkt, jetzt mussten wir aber noch mal neue Knöpfe kaufen und noch mal die Nährarbeit zahlen, sodass ich bei insgesamt 59 EUR ankam. Ich war sehr enttäuscht und sauer, dass ich schon wieder kommen  musste, um die Jacke dann mit  den  Lederknköpfen abzuholen.    Ich sagte daher , da wir jetzt schon  so oft  da waren, wollte ich, dass  mir die Jacke nun  nach Hause geliefert  würde. Da meinte sie, ja , das  ginge, aber  dann müsse ich nun erst recht  die 19 Euro für die Änderung  der Knöpfe zahlen, wenn man es mir auch noch liefern sollte.

 

Ich hatte mich schon mit den Lederknöpfen abgefunden, ich dachte, so schöne Knöpfe wie ich sie wollte, wären halt im doppelten Wortsinn doch eine Nummer zu groß für mich gewesen.

 

Die Spanierin und ich waren dann zusammen auf einem Konzert, und fürsorglich hat sie mir die Jacke abgenommen. Auf einmal stieß sie einen Schrei aus und meinte, die Knöpfe, die ich mir ausgesucht hätte, seien in der Innentasche der Jacke. Sie lachte schallend los, und sie meinte, sie habe in der Jacke getastet und sich gewundert, was ich denn in der Innentasche hätte, und dabei sei ihr aufgefallen, dass die Tasche voll war, sowohl mit den Knöpfen, die  ich  von der alten Lederjacke vor dem Wegwerfen abgetrennt hatte, weil man sie vielleicht noch mal brauchen kann, außerdem waren die blauen Kunststoffknöpfe in der Jacke, und da war auch eine Tüte mit den sechs zuvor gekauften und ausgesuchten Knebelknöpfen, die ursprünglich an die Jacke hin genäht werden sollten. Wir beide kamen überein, dass sie wahrscheinlich doch die falschen Knöpfe benutzt hatten, als der Sohn sie annähte. Wir mussten die ganze Zeit lachen, und alle Leute mögen sich wohl gewundert haben, warum wir die ganze Zeit so herum kicherten und alberten. Die Spanierin meinte, sie würde mit mir dort hingehen und mit denen ein Wörtchen reden, damit sie mir umsonst noch einmal die schöneren Knöpfe hinnähen würden. Außerdem wäre ich ja  am Freitag bereits da gewesen, als sie noch nicht fertig war, und da hätte man mir ja auch  mal sagen können, passen Sie auf, die  Knöpfe, die  Sie wollten, gehen  nun doch nicht, wollen Sie vielleicht andere aussuchen. Dann hätten wir das alles nicht gehabt.

 

Wir kamen also dorthin, und ich erklärte der Schneiderin den Sachverhalt. Ihr Mann hatte mir ja die Jacke sogar nach Hause gebracht, somit wollte ich ihm sowieso noch fünf Euro Trinkgeld geben, was ich im  Eifer des Gefechts damals vergessen hatte. Er war noch so nett gewesen, mir ein Paket beim Nachbarhaus abzuholen, dass dort für mich hinterlegt war, und ich wusste ja nicht, wo ich klingeln muss,  da ich die Klingelschilder ja  nicht lesen kann. Somit hatte er für mich dort geläutet und das Paket gebracht. Ich war gerade mit dem Taxi von einer Veranstaltung gekommen und hatte Glück, dass der Schneider mich antraf, denn er hatte sich zuvor nicht angekündigt bzw. wollte eigentlich  am Freitag kommen und  stand schon  am Mittwoch vor der Türe. Somit freute ich mich, dass die Jacke und mein Paket da waren, da ich einen großen Küchenwecker für blinde bestellt hatte, dieser hat einen Magneten für den Kühlschrank, ein dünnes aber  sehr großes Zifferblatt, dicke Zahlen, die man sowohl ertasten als auch lesen kann, und somit kann ich nun perfekt die Zeit einstellen. Diese fünf Euro Trinkgeld  für ihren Mann wollte ich nun der Schneiderin geben und dann gleich gut Wetter machen, damit sie mir die Knöpfe noch einmal umtauscht. Ich argumentierte  nämlich damit, dass hier die richtigen Knöpfe in der Tüte waren, und dass offenbar die falschen Knöpfe verwendet worden seien, und dadurch hätten sie eben jetzt nicht durch die Löcher gepasst. Da zog sie dann aus ihrer Zauberkiste genau die gleichen Knöpfe hervor und meinte, die sein auch nicht kleiner und nicht größer, die Knöpfe, die sie und  ihr Sohn in der Tasche vergessen hatten, hätten die gleiche Größe wie die, die sie vorher angenäht hatten, und die nicht durchgepasst hätten. Wenn ich also doch nun diese langen Knebelknöpfe wollte, würden sie wieder nicht passen. Ich meinte, das kann nicht sein, bei der Probe haben sie ja  gepasst, Sie müssen daher noch eine weitere Größe haben, denn warum haben dann die, die ich mir ausgesucht hatte, und die in der Tasche versteckt waren, gepasst, wohingegen die anderen, die ihr Sohn hingemacht hatte, nicht durchs Loch gingen. Sie meinte, wir haben nur diese eine Größe. Ich blieb aber steif und fest bei meiner Meinung und sagte, hätten sie die richtigen Knöpfe verwendet, hätte es geklappt, es war der Fehler des Schneiders, er hat die Knöpfe in der Tasche vergessen, die jemand von ihnen dort zur Aufbewahrung hin gepackt hätte, damit sie angenäht würden, und somit sei es auch sein Fehler, und so müssen Sie es auch kostenlos umändern. Meine Spanierin war mittlerweile natürlich umgekippt, die zuvor so energisch Erklärt hatte, mir zu helfen. Sie hatte mir noch gepredigt, ich sei immer so geduldig, und ihre Tochter sei genauso, und sie dagegen würde aber schon den Leuten Dampf unterm  Hintern machen. Nun war ich diejenige, die fest geblieben war, aber das kenne ich ja von jedem, alle tun immer so Und tönen, dass sie so mutig seien, und dass ich mich nicht trauen würde, dass sie aber  den   Leuten schon Zunder geben würden, aber sobald dann die Situation der Situationen kommt, knicken  sie ein und versagen. Ich blieb dann dabei und sagte, ich bestehe darauf, dass die Knöpfe umgeändert werden, und zwar kostenlos. Die Schneiderin meinte, damit werden sie aber nicht glücklich werden, denn sie passen nicht durchs Loch. Da schlug dann  die Spanierin vor, sie soll doch mal einen Knopf probehalber vor allem waagerecht hinnähen und mit dem Faden etwas mehr Spiel lassen, und dann könne man ja testen, ob es geht, und wenn es mit dem  einen Knopf  funktioniert, könne man alle Knöpfe ändern. Wir gingen in der Zwischenzeit etwas spazieren, und ich meinte, warum sie denn auf einmal umgefallen sei. Sie habe ja nicht alles verstanden, es sei alles so schnell gegangen. Ich hätte ja nicht alles übersetzt, was natürlich nicht stimmte. Im Nachhinein glaube ich aber, es ging der Schneiderin nicht darum, dass sie es nicht kostenlos machen wollte, sondern sie hatte wirklich die Befürchtung, dass die Knebelknöpfe wieder nicht hinpassen. Als wir zurückkamen, passte der Knopf perfekt, denn es lag wahrscheinlich wirklich nur daran, dass ihr Sohn sie damals senkrecht hin genäht hatte, und damals hätte ich einfach drauf bestehen müssen, dass sie waagerecht angenäht werden. Da mir aber damals die wahre Ursache nicht wirklich klar war, ob es nun an der falschen Position oder der falschen Größe liegt, hatte ich mich nicht getraut, darauf zu bestehen. Nun wurden also alle Knöpfe in der richtigen Lage hin genäht und mit etwas Fadenspiel, sodass ich sie gut schließen kann. Die Lederknöpfe waren nämlich auch extrem dick und groß gewesen, außerdem waren sie  sehr klobig, sodass sie auch kaum durch die Löcher passten. Die Löcher waren wahrscheinlich mittlerweile auch etwas ausgedehnter. Ich gab der Schneiderin noch fünf Euro, denn die beiden Knöpfe an der Tasche hatte sie ja damals nicht mit angenäht, und die musste ich ja dann auch noch kaufen, denn da hatte ich ja nur die Lederknöpfe bezahlt. Sie wollte mir die Lederknöpfe wieder zurückgeben, aber ich sagte, mit denen kann ich jetzt nicht mehr viel anfangen. Somit hatte sie doch ein gutes Geschäft gemacht. Schließlich hatte sie 65 EUR bekommen, zuzüglich der fünf Euro Trinkgeld, weil ihr Mann damals die Jacke ja gebracht hatte, und sie konnte die Lederknöpfe erneut verkaufen, die ja nur einmal kurz getragen worden waren. Somit war ich insgesamt mindestens 5-6 mal beim Schneider, nur, um eine Jacke umändern zu lassen.

 

Man mag jetzt denken, das ist nicht viel, das kann jedem mal passieren. Aber bei mir passiert das bei fast jeder Transaktion, sodass, wenn man diese Ereignisse hochrechnet und potenziert, das Leben mindestens fünfmal so mühevoll ist. Ich weiß nicht, inwieweit ich mir hier selbst im Wege gestanden war, aber am Anfang hätte ich einfach drauf bestehen müssen, dass die Knöpfe senkrecht sind aber waagerecht  hingehören. Es war zumindest richtig, auch wenn die Schneiderin es gut gemeint hatte, dass ich darauf bestanden hatte, dass ich die Knöpfe aus der Innentasche bekomme, denn hätten sie diese gleich  korrekt benutzt, sie waagerecht hin genäht, und wäre dann der Knopf nicht durchs Loch gegangen, wäre es wirklich meine Schuld gewesen. So aber  war es ja obendrein  wegen  dem Senkrechten auch noch ein  Nähfehler, und dass man bei Knebelknöpfen etwas mehr Spiel am Faden lassen muss, damit die Knöpfe nicht so  eng  und steif am Leder  sind, hätte sie eigentlich selbst sehen müssen.  Ich wollte  ihr noch sagen, dass sie dann bei  den Taschen  die  Knebelknöpfe, die sie nur zur Zierde aufnähen muss, kein Spiel  amFaden lassen muss, damit sie nicht herunterbaumeln. Aber  die Spanierin meinte, ich solle doch der Professionalität  der Leute  etwas mehr  vertrauen. Wohin das  geführt hat, hatte ich ja gesehen.

 

Endlich konnte ich dann das gute Stück  abholen  und  auch tragen. Der Ersatzknopf, den ich eigentlich auch bezahlt hatte, fehlte. Vielleicht waren die Knöpfe , die wir bei  dem  Konzert in der Innentasche gefunden hatten, gar nicht  gleich dort  hingepackt worden, sondern   es waren die, die er  gegen die Lederknöpfe  eingetauscht hatte, nämlich die, die er senkrecht  hingemacht hatte, und die daher nicht gepasst hatten, und er  musste sie mir daher  mitgeben, weil  sie ja von mir bezahlt waren.  Da kamen wir nicht drauf, weil  die  Chefin ja  gesagt  hatte, dass sie mir die fünf Euro  für die ersten Knöpfe  nicht mehr  geben könnte, weil  das Nähen  bei echtem Wildleder  schwerer war als  vorher geahnt. Somit mussten wir annehmen,   dass es  die waren, die  wir als  allererstes ausgesucht hatten, und die  in der Innentasche  geparkt und dort vergessen wurden.  Alle hatten aber auf jeden Fall dieselbe Größe, es lag wirklich  nur an der Art, wie sie  beim ersten Mal  hingenäht worden  waren.   Für die  Mühen und das Geld hätte ich fast eine neue Jacke bekommen. Ich hoffe nur, dass sie wieder 30 Jahre hält, so wie es die alte getan hatte, und dass sich dann der ganze Aufwand gelohnt hat. Zumindest ist nun auch wieder mit diesem Objekt eine Kampfgeschichte verbunden, somit ist mir die Jacke jetzt auch nicht mehr fremd, und ich habe sie jetzt sozusagen eingeweiht und  sie mir zu Eigen gemacht, im wahrsten Sinne des Wortes.

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