Montag, 17. August 2020

Küche, Kisten, Kästen und Co.

Schon vor Corona wollte ich ja eine neue Küche haben. Das Problem in meiner Küche ist, dass der alte Herd, ein alleinstehendes Gerät, nur 50 cm misst. Die heutigen Herde sind aber standardmäßig 60 cm breit. Und ich möchte ja eine Arbeitsplatte, die die gesamte Länge der Kochzeile abdeckt. Sodass nur die Ausschnitte für Herd und Spüle heraus schauen, um alles besser sauber machen zu können. Nun habe ich zwischen dem Herd und seinen angrenzenden Teilen Stangen mit Silikon gemacht, damit nicht das ganze Wasser hinunter läuft oder Speisen dazwischen hinunterfallen. Das sieht nicht sonderlich schön aus, zur Not geht es, aber es ist auch nicht sehr sauber gemacht worden. Die Spüle ist 80 cm breit, und ich möchte keine mit nur 60 cm. Spülen mit 70 cm gibt es offenbar nicht. Ich meine, dass meine Assistentin und ich eine bei der großen schwedischen Möbelfirma gesehen hatten, aber sie behauptet, die hätte 80 cm gehabt. Nun dachte ich mir, ehe ich lauter einzelne schränke kaufe, ist es billiger, gleich eine ganze Zeile zu kaufen. Wir haben jetzt auch eine sehr schöne gefunden. Aber es kamen immer wieder Anlässe, die meinen Plan zurückwarfen. Leider waren die Rollowickler ja doch teurer als geplant. Bisher habe ich die Rückzahlung noch nicht erhalten, nachdem ich die falschen Rollowickler mithilfe meiner Assistenz an den Händler zurückgeschickt hatte. Angeblich sollte mir das auf meiner Kreditkarte gutgeschrieben werden. Aber zwischendurch hat das Geldinstitut die Zusammenarbeit mit meinem Kreditkartenbetreiber aufgekündigt, und ich habe eine neue Kreditkarte bekommen. Dummerweise hatte ich mit meiner anderen Assistentin diese bereits bei PayPal eingerichtet. Ich hatte vergessen, dass ja noch das Geld auf die alte Kreditkarte gebucht werden sollte. Auf der Kreditkartenabrechnung war nichts zu sehen. Wir haben dann mit PayPal einen Chat begonnen. Denn die andere Assistentin hatte die Transaktionsnummer nicht mehr gefunden. Nachdem wir aber einen Screenshot der E-Mail von PayPal in den Chat kopiert hatten, hat sie dann gesehen, dass ich über einen Gastzugang bestellt hatte, da das ja meine Assistentin für mich gemacht hatte. Somit konnte sie den Vorgang dann endlich finden. Angeblich könne das noch bis zu 30 Tagen dauern, und es sei dann egal, ob es auf die alte oder auf die neue Kreditkarte gebucht wird. Das würde von PayPal automatisch auf die Kreditkarte gebucht, die vorhanden ist. Somit Waren Meine Selbstvorwürfe, Die Karte Zu Früh Bei PayPal Gewechselt Zu Haben, Gar Nicht so sehr begründet. Ich hoffe, dass das Geld noch kommt. Denn auf der Kreditkarte ist ein annähernd gleichwertiger Betrag, der abgebucht werden muss. So würde es sich genau auf 0 ausgehen. Das wäre natürlich praktisch. Mittlerweile ist mir einer meiner Küchenschränke, und zwar einer von denen, die ich erst bei meinem Einzug im Jahre 2017 neu gekauft hatte, zusammengefallen. Ich muss jetzt jedes Mal aufpassen, wenn ich die Schubladen herausziehe oder eine der Schranktüren öffne. Es ist also wirklich höchste Zeit, eine neue Küche zu bekommen. Die Markierungen auf meinem Herd fallen auch jetzt langsam alle ab. Ich habe versucht, das Geld zusammen zu sparen. Aber ich schaffe es irgendwie nicht, über die 2000er Marke zu kommen. Nun rief auch noch eine Hilfsmittelfirma an, dass sie ja alle 5 Jahre den Betrag für mein Lesegerät erhalten, da wir mit der Kasse einen Wartungsvertrag ausgemacht hatten. Sie fragten mich, ob ich das Lesegerät denn überhaupt noch benutzen würde. Ich meinte, es sei für mich immens wichtig. Selbst wenn ich keine langen Strecken mehr unter dem Lesegerät schaffe, muss ich doch manchmal einen Blick auf ein Schriftstück werfen können, um zu wissen, was das genau ist, ist das wichtig, oder kann das weg. Außerdem muss ich ja, wenn ich jemandem ein Fax schicke, wissen, wie herum ich das Schriftstück auf das Fax legen muss. Da gibt es ja zahlreiche Möglichkeiten, entweder vorne oder hinten auf dem Kopf, oder vorne oder hinten richtig herum. Dann kann es auch im Querformat sein, dann dasselbe Spiel, es steht auf dem Kopf, ist aber auf der richtigen Seite, es ist richtig herum, aber man sieht die Rückseite. Ich tue mir da noch mal besonders hart, die richtige Möglichkeit zu finden. Ich muss immer erst alle falschen Möglichkeiten durchprobieren. Ich glaube schon, dass das mit meinen Zusatzbehinderungen zu tun hat. Es gibt auch viele blinde, die mittlerweile mit ihrem Handy den Text fotografieren und sich vorlesen lassen. Hierfür gibt es einschlägige Programme. Ich habe ein kostenloses, denn ich komme so schlecht damit zurecht, dass das für mich keine Investition wert wäre. Wenn ich das Schriftstück erst auf den Scanner lege, habe ich dasselbe Spiel. Ein Scanner kann zumindest schon mal Schriftstücke einlesen, die auf dem Kopf stehen. Aber da ist noch immer das Problem mit dem Hochformat und dem Querformat und der Vorderseite und der Rückseite. Das Problem wäre nur mit einem Duplex-Scanner zu lösen, das steht aber nicht dafür. Das würde sich wirklich nicht lohnen. Außerdem kann ich meine Sachen unter dem Lesegerät unterschreiben. Denn dann kann ich noch sehen, wo ich den Kugelschreiber ansetzen muss. Ich habe auch kleinere Formulare darunter schon ausfüllen können. Und ich kann sehen, ob meine Adresse aus dem Fenster im Briefumschlag herausschaut. Das ist immens wichtig. Somit wäre es schrecklich, wenn man mir das Lesegerät wegnehmen würde. Kurz schon vorab, ich hatte noch Glück, die Sachbearbeiterin, die normalerweise für mich zuständig ist, ist gerade im Urlaub. Am Telefon war ein ganz lieber Herr, der sich nur mal kurz erkundigte, ob ich das Lesegerät noch nutze, und der ist dann weiter genehmigt hat. Die Firma hatte im Jahre 2016 vergessen, den erneuten Antrag zu stellen. Daher war ich im Glauben, dass denen das Gerät zu alt ist, und dass sie es daher nicht mehr beantragen und auslaufen lassen. Die hätten mir das Ding aber weggenommen, wenn jetzt die Kasse es nicht weiter finanziert hätte, und mir dann ein anderes verkauft. Ich hatte damals noch zusätzlich ziemlich viel Geld für das Gerät bezahlt, da ich ein etwas luxuriöseres Modell genommen hatte. Auf Arbeit hatte ich nämlich eines, dass man mit dem PC koppeln kann. Dann kann man einen Knopf drücken, um zwischen Lesegerät und Computerbildschirm hin- und her zu schalten. Sonst hätte man 2 riesengroße Bildschirme auf dem Schreibtisch. Wenn man ein nützliches Glied dieser Gesellschaft ist, wird einem das auch finanziert. Aber nur zum Vergnügen zu Hause wird einem das natürlich nicht zugestanden. Hätte ich also dieses Lesegerät verloren, hätte ich mir ein stinknormales klobiges Gerät hinstellen können, das einen eigenen Bildschirm hat, und bei dem man das Lesegut unter eine Kamera legt, über der dann der große Monitor hängt. Dann muss man auch noch zwischen Lesegerät und Computer hin- und her schauen, und bei einem sehr eingeschränkten Gesichtsfeld ist das ziemlich mühsam. Oder ich hätte wieder viel Geld für ein gleichermaßen hochwertiges Modell ausgeben müssen. Man wollte mir sogar ein gebrauchtes Gerät anbieten, aber ich meinte, dann kann ich ebenso gut dieses Gerät behalten, an welches ich bereits gewöhnt bin, und dann eben eine kleine Ablösesumme dafür entrichten. Dann wäre ich aber von meinem Ziel einer neuen Küche wieder etwas Weg gerückt. Meine Betreuerin meinte dann, kaufen Sie einfach die Küche, wenn es wirklich soweit kommt, werden wir eine Lösung finden, dass sie das Geld für das Lesegerät bekommen. Viel kann es ja nicht mehr sein, was sie da bezahlen müssen. Das Gerät von der Arbeit ist baugleich mit meinem Gerät zu Hause. Ich hätte das Gerät von der Arbeit sogar damals mit nach Hause nehmen können, um es zu Hause weiter zu verwenden. Kein Hahn hätte danach gekräht. Aber es war leider nicht mit meinem Computer kompatibel. Ich rief dann damals beim Arbeitsamt an, um nachzufragen, ob sie es wiederhaben wollten. Die waren gar nicht mehr daran interessiert, mussten es aber der Form halber eben abholen. Es ist nicht erlaubt, Geräte zu veräußern, die einem nicht persönlich gehören. Das Gerät ist Eigentum des Integrationsamtes oder eben des jeweiligen Kostenträgers, der es einem finanziert hat. Ich war ziemlich sauer, dass dieses Gerät einfach zu Hause nicht funktionieren wollte. Daher musste ich mir damals eben das baugleiche Modell für zu Hause bei einer anderen Firma kaufen, da hat es einen anderen Namen. Weiß der Geier, warum es dann funktioniert hat. Das Gerät ist mittlerweile 14 Jahre alt, und ich muss meine Auflösung am Computer ziemlich niedrig halten, damit das sogenannte Bildschirm splitting oder das Umschalten zwischen PC-Bildschirm und Lesegerät überhaupt noch gelingt. Aber ich bin dieses Gerät gewohnt, es ist auf meine Bedürfnisse eingestellt, ich kenne mich damit aus, ich bin damit zufrieden, und die Auflösung ist mir herzlich egal. Meine Assistentin stellt sie sich um, wenn sie am PC arbeitet, sonst bekommen Sehende nicht alles auf den Bildschirm. Für mich arbeitet ja die Sprachausgabe, und ich kann ja mit Bewegungen durch bestimmte Tastenkombinationen auf dem Bildschirm navigieren. Wenn wir den PC ausschalten und wieder hochfahren, ist alles wieder wie zuvor. Ich habe ja schließlich den PC-Wächter, was verhindert, dass ich versehentlich einmal auf eine falsche Taste gerate, weil ich eben Probleme mit dem Tippen habe, und dann etwas verstelle, bei dem ich da nicht mehr wüsste, wie ich es wieder richtig zurückstellen kann. Daher ist das sehr beruhigend, so einen PC-Wächter zu haben. Zuvor Musste Ich Sehenden Immer Sagen, Bitte Nichts Verstellen, sonst kann ich nicht mehr damit arbeiten. Jetzt können Sie daran herum stellen, was immer sie wollen, ich starte den PC neu, und alles ist wieder wie neu. Der Preis dafür ist natürlich, dass ich bei jedem Update meinen Hilfsmittelversorger kontaktieren muss, damit er sich auf den PC draufschaltet, den PC aufschließt, danach können wir, wie er sagt, daran herum spielen, wir rufen ihn dann wieder an, er macht den PC wieder zu, und alles ist fertig. Dann starten wir das Ding neu, und alles geht wieder wie zuvor. Drum bin ich sehr froh, dass ich auch das Lesegerät behalten konnte, und jetzt könnte der Küche bald nichts mehr im Wege stehen. Die Arbeitsplatte haben wir auch schon ausgesucht. Mit dem Aussägen der Ausschnitte für Spüle und Herd und mit Lieferung kostet alles zusammen nur 150 €. Wir hatten echt einmal Glück, es gab eine Arbeitsplatte von einer Länge von 2,96 m für um die 90 €, und wenn dann die 16 cm, die sie zu lang ist, abgesägt werden, kostet mich das nichts. Eine Maßanfertigung hätte wesentlich mehr gekostet. Die Wandabschlussleisten habe ich auch schon ausgeguckt. Die Kosten aber noch mal einiges, denn die Ecken und Verschlusskappen sind immer so in den Päckchen sortiert, dass man prinzipiell zu wenige davon hat. Daher muss man dann die teuren Päckchen kaufen, und der Rest landet in einer Kiste mit Montageresten. Leider ist mir Dragon auch noch abgelehnt worden. Dragon selbst habe ich ja schon ewig. Aber es beißt sich immer mit meinen Programmen, die zur Vergrößerung da sind, oder die den Bildschirm auslesen. Außerdem verkanntet es sich immer mit Outlook. Eine Hilfsmittelfirma hat hierzu Skripte entwickelt, die dies zum einen verhindern, und zum anderen alles vorlesen, was man diktiert. Man weiß zwar selbst, was man sagt, aber man weiß ja nicht, ob Dragon es richtig verstanden und hingeschrieben hat. Ich könnte das natürlich auch über die Braillezeile kontrollieren. Aber die Braillezeile zeigt fieserweise immer genau den Ausschnitt, in dem das Wort gerade nicht ist, und das zu korrigierende oder zu kontrollierende Wort ist immer am Ende und am Umbruch. Eine Zeile, die man von der Kasse bekommt, hat immer 40 Zeichen. Eine normale Bildschirmzeile hat aber mindestens 60 Zeichen. Daher kann es oft passieren, dass man genau das am Umbruch ertastet, somit weiß ich nie, ob das Wort richtig geschrieben ist. Mit Dragon ist das etwas einfacher, denn man kann einen Befehl erteilen, um das Wort aus zu lesen. Da ich erst seit 2010 die Punktschrift kann, und da ich nicht schon als Schülerin mit der Braillezeile gearbeitet habe und damit groß geworden bin, ist mir Computerbraille nicht sonderlich vertraut. Hier gibt es einige Sonderzeichen. Die Blindenschrift hat normalerweise 6 Punkte, am Computer sind aber 8 Punkte. Denn der Punkt Nummer 7 und der Punkt Nummer 8 zeigen bestimmte Sachen an, die normalerweise vor dem entsprechenden Zeichen stehen, aus Platzgründen dann eben nicht dort sein können. Dadurch verändern sich dann einige Buchstaben, die dann auf der Braillezeile wieder anders dargestellt werden. Oder manche bekommen dann ein Sonderzeichen, damit man weiß, dass es sich um einen Buchstaben und nicht um eine Zahl mit einem Zahlenzeichen handelt. Ein Zahlenzeichen ist normalerweise immer vor der Zahl, aber das geht ja beim Computer nicht. Das kann jemanden wie mich, die damit nicht großgeworden ist, schon ziemlich verwirren. Die mathematischen Schriftzeichen kenne ich sowieso nicht. Ich nutze die Blindenschrift, um Bücher zu lesen. Und es ist wichtig, die Punktschrift zu können, um seine Rechtschreibung nicht zu vergessen, oder um neue Wörter in ihrer Schreibweise kennen zu lernen. Vieles hört man in den Nachrichten, weiß aber nicht, wie es geschrieben wird. Sehende können das ja am Fernseher mitlesen, wenn die dementsprechende Grafik gezeigt wird. So habe ich mich einmal bei meiner Arbeit unsterblich blamiert, als ich Istambul mit N geschrieben habe, da ich das Wort immer so gehört hatte, und da ich es einfach nach Gehör geschrieben habe. Normalerweise habe ich eine sehr gute Orthographie. Aber einige Wörter werden im Englischen auch anders geschrieben als im Deutschen, zum Beispiel Gorbatschow, Kenia, Bagdad o. ä. Da ich manchmal was auf Englisch oder was auf Deutsch lese, bin ich in den Zeiten, als ich noch Schwarzschrift lesen konnte, dann auch häufig durcheinander gekommen. Daher bin ich da nicht so sicher in der Rechtschreibung. Drum Ist Es Ganz Gut, Auch Als Blinde Nicht Zur Funktionellen Analphabetin zu werden. Vor meiner Dialysezeit konnte ich noch recht lange und ausdauernd tippen. Man hat sich aber auch damals schon immer über meine zahlreichen Tippfehler beklagt. Meine Mutter hat mir neulich auch erzählt, dass sie so gerne Stenolehrerin geworden wäre, aber als Nebenfach hätte sie Schreibmaschine belegen müssen, und sie hatte sich mit dem Tippen immer schwergetan. Ich glaube, solche Dinge liegen bei uns in der Familie. Sie hat auch erzählt, dass sie als Kind immer meinte, schlecht zu hören. Der Ohrenarzt habe aber nichts festgestellt. Genauso ging es mir ja auch. Als ich dauernd nachfragte, was mir jemand sagt, hat sie mich zum Ohrenarzt gebracht. Der meinte, ich hätte ein erstklassiges Gehör. Ich vermute, dass dies auch mit ADHS oder Wahrnehmungsstörungen zu tun hat. Durch die Dialyse und den damit verbundenen Dialyseshunt ist insbesondere die linke Hand ziemlich schwach geworden. Ich meine, auch mein Bruder hätte mir erzählt, dass er, seitdem er einen Shunt hat, sich beim Klavierspielen etwas schwerer tut. Insgesamt hatte ich ja mit der Motorik immer schon große Schwierigkeiten. Ich kriege alles kaputt, kann alles zerlegen, drücke bei allem zu fest zu, oder lasse alles fallen. Ich kann zum Beispiel Gegenstände nicht in ein Loch stecken, zum Beispiel geht der Schlüssel nicht in Schlüsselloch, und wenn ich als Kind den Stift in eine Kapsel stecken wollte, habe ich mir zuvor erst einmal die Fingerspitzen voll gemalt, bis ich den Stift in der Kapsel hatte. Ich kann auch keine Kerze anzünden, da die Flamme immer neben dem Docht landet. Sogar bei einem Anzünder für blinde gelingt mir das nicht. Das ist allerdings ziemlich schwer. Das ist ein Bogenfeuerzeug. Es wird ein elektrischer Strom erzeugt, wenn man einen Knopf drückt, sodass sich ein Lichtbogen bildet. Wenn man in diesem Lichtbogen, also zwischen die beiden Pole etwas hält, sollte das dann in Flammen aufgehen. Wenn also jemand, der nicht sieht, dass Ende dieses Feuerzeug so platziert, dass der Gegenstand zwischen den beiden Enden ist, und dann auf den Knopf drückt, kann er eine Kerze anzünden. Es bedarf also keiner Augen-Hand-Koordination. Da ich immer geschielt habe, dachte ich zunächst, es läge daran. Aber wenn ich mit einem Gegenstand nicht zurechtkomme, bei dem man gar nichts sehen muss, muss es ja noch etwas anderes sein, was hier nicht ganz stimmt. Ich habe auch große Mühe, Knöpfe zuzumachen. Entweder verknöpfe ich mich von vorneherein, oder ich komme mit dem Knopf nicht durch das Loch, dass ich immer ein Stück Stoff vor das Loch legt, da ich es nicht schaffe, den Knopf in der einen Hand zu halten, das Loch in der anderen, und dafür zu sorgen, dass sich die Knopfleiste nicht umknickt und somit das Loch verlegt. Ich habe als Kind sehr lange gebraucht, bis ich gelernt habe, Schuhe zu binden. Auch heute noch trage ich nur Schuhe mit Klettverschluss oder Schuhe, in die man nur rein schlüpfen muss, da bei mir alle Schnürsenkel aufgehen. Wenn man tagsüber hundertmal mit solchen Herausforderungen konfrontiert ist, wird man irgendwann auch ungeduldig und genervt. Dann wird man dauernd beschuldigt, ungeduldig zu sein. Man bekommt dann eine Charakterschwäche angedichtet, die andere auch hätten, wenn sie in derselben Situation wären. Es wäre also eine riesengroße Entlastung für mich, wenn meine motorischen Schwierigkeiten endlich anerkannt würden. Hier gibt es noch mehrere Beispiele, was mir alles angedichtet wird, weil man meine Situation nicht würdigt. Ich würde so schnell in Panik geraten usw. Wenn mir etwas kaputt geht, oder wenn Dinge nicht ankommen, wenn Briefe nicht sehr zeitnah beantwortet werden, oder wenn ich kaputte Geräte geliefert bekomme, werden alle vorherigen Situationen in mein Gedächtnis zurückgerufen. Das gebrannte Kind scheut das Feuer. In der Traumaforschung würde man das Trigger nennen. Die Aussicht, wieder so einen Kampf zu haben, das gleiche Ding noch mal zu bekommen, oder etwas ähnliches, mit dem ich zurechtkomme, versetzt mich tatsächlich in schiere Panik. Ich habe ja auch die dementsprechenden Vorerfahrungen, die die anderen gar nicht ermessen können. Selbst ein verlorener Kartoffelscheler würde mich in schiere Verzweiflung stürzen, da es diesen wahrscheinlich nicht mehr gibt. Somit könnte ich nie wieder Kartoffeln schälen. Ich brauche auch einen Geldbeutel mit 4 Fächern, da ich sehr lange brauche, um die Geldscheine taktile auseinander zu halten. Die meisten Geldbeutel haben nur 2 Fächer. So Müssen Die Blinden immer 2 verschiedene Arten von Scheinen in ein- und dasselbe Fach geben. Die meisten kommen damit zurecht. Nun gibt es einige wenige Geldbeutel mit 4 Fächern. Aber deren Verschluss ist sehr kompliziert. Denn es sind Geldbeutel für Kellner. Damit komme ich dann auch wieder nicht zurecht. Es ist also sehr schwer, einen Geldbeutel zu finden, der 4 Fächer hat, und den ich aufbekommen und auch wieder schließen kann. Hätte ich jetzt nur einen Arm, wäre das jedem plausibel, wie frustrierend das ist. Ich habe jetzt einen, aber der sollte möglichst lange halten. Der Druckknopf ist selbst für Menschen ohne motorische Probleme bei diesem Geldbeutel recht schwer zuzumachen. Denn in dem Geldbeutel ist ziemlich viel drin, Karten, Ausweise etc., sodass sich der Druckknopf ziemlich wert. Aber besser als nichts. Den anderen Verschluss für Kellner bekomme ich gar nicht erst zu. Wegen all dieser Schwierigkeiten habe ich mich ja einmal an das Zentrum seltene Erkrankungen gewandt, und in diesem Zusammenhang hat ja ein Genetiker meinen Gendefekt festgestellt. Mit diesem Gendefekt bin ich dann zu einem Experten für meine Formen von Krankheitsbildern. Er hat mir dann schriftlich bescheinigt, dass ich tatsächlich durch diesen Gendefekt möglicherweise motorische Probleme habe, dass also meine Schwierigkeiten durchaus mit meinem Gendefekt zu tun haben könnten. Nun brauchte ich ja das Rezept für Dragon. Ich bin also erst einmal zum Neurologen, der hat aber keine Diagnose auf das Rezept geschrieben. Er war einfach der Annahme, dass es sich um ein blinden Hilfsmittel handelt, daher war er sehr begeistert von meiner Idee, Dragon zu nutzen. Ich dachte, er hätte vielleicht das mit der Motorik schon drauf geschrieben. Die Krankenkasse rief mich aber dann an, die Dame von der Hilfsmittelabteilung wollte ja genau wissen, wie viel ich tippen kann und wie viel nicht. Um mich hier nicht irgendwie um Kopf und Kragen zu reden, fragte ich sie, welches Rezept sie denn bräuchte. Sie meinte, sie bräuchte eine Diagnose, denn mit blinden Hilfsmitteln sei ich ja gut eingedeckt. Ich habe also die Stellungnahme des Experten zu meiner Hausärztin mitgenommen. Die Hausärztin ist neu in dieser Praxis. Die alte ist in Rente gegangen. Die neue Hausärztin hat dann die Stellungnahme durchgelesen und fand in Windeseile den Passus mit den motorischen Schwierigkeiten. Sie stellte mir also ein Rezept aus und meinte, gerne. Ich habe dann das Rezept eingescannt und per E-Mail an die Dame geschickt, das Original folgte danach. Um meine Problematik und die Komplexität meiner Erkrankung zu untermauern, schickte ich ihr noch als Anlage die Stellungnahme zum einen des Genetikers und zum anderen des Experten für meine Form von Erkrankungen. Es hieß dann, es sei jetzt alles zu medizinischen Dienst weitergeleitet worden. Also war ich schon mal einen Schritt weiter. Mitten in meiner Pechsträhne mit der Frage um das Lesegerät, dem kaputten Schrank, dem kaputten Echoconnect, dem Ärger mit den Medikamenten und den falschen Rollowicklern und dem kaputten Schlüsselfinder rief dann eben auch noch der Hilfsmittelversorger an und meinte, er habe eine elektronische Nachricht erhalten, Dragon sei abgelehnt worden. Meine Betreuerin las mir dann die sozialmedizinische Stellungnahme des medizinischen Dienstes vor. Auf die motorischen Schwierigkeiten sind sie nicht eingegangen. Als ich später dann selbst die Stellungnahme las, hatten sie sich nur auf das Rezept des Neurologen bezogen. Ich weiß nun also nicht, ob das Rezept meiner Hausärztin überhaupt angekommen war. In der Stellungnahme hieß es, ich sei ja nicht geistig eingeschränkt, ich könne telefonieren, ich sei mit blinden Hilfsmitteln eingedeckt, hätte eine Braillezeile, ein Lesegerät, und es gäbe ja noch Rundfunk und Fernsehen. Was all das allerdings damit zu tun hat, wie ich offizielle Briefe tippen kann, wenn ich mich zum Beispiel an die Krankenkasse wende, oder wenn ich die Rechnung einer professionellen Zahnreinigung an die Zahnzusatzversicherung einreiche, habe ich nicht ganz verstanden. Es gibt Stellen, an die man sich nicht telefonisch wenden kann. Man kann nicht alles telefonisch regeln, denn sonst bekommt man auch keine schriftliche Antwort. Es gibt auch Freunde, die vorzugsweise E-Mails schreiben und nicht unbedingt über WhatsApp kommunizieren wollen. Ich Manche können auch gar nicht über WhatsApp kommunizieren, und manchmal muss man eben auch eine Mail schreiben. Es entlastet mich enorm, nach all diesen Herausforderungen über den Tag nicht auch noch tippen zu müssen. Bisher war das immer fast zum Auswachsen, wenn ich meine E-Mails danach korrigieren wollte. Denn das Programm sprang überall hin, und wenn ich am Ende weiterschreiben wollte, stand der Cursor noch irgendwo in der Mitte, und ich schob das zuvor Geschriebene einfach vor mir her. Die Kommandos wie „wach auf“ oder „geh schlafen" wurden oft nicht richtig umgesetzt, sodass ich, wenn mich jemand anrief, hinterher in mein Schreiben unser ganzes Gespräch hinein diktiert hatte. Auch musste ich alles hundertmal neu schreiben, denn es lohnte sich nicht immer, Dragon einzuschalten, wenn ich nur 3 Sätze schreiben wollte, da es so umständlich war, dieses Programm zu starten, weil es sich dauernd mit Outlook gebissen hat. Es hat sogar neulich ein Freund gefragt, das sieht ja toll aus, was hast du denn gemacht, es sind ja gar keine Tippfehler mehr drin. Das hat schon eine gewisse Signifikanz. Gut, dass ich es schon mal testen kann, dass es tatsächlich funktioniert. Denn die Finanzierung von Dragon würde jetzt auch erheblich mit meiner Küche kollidieren. Zum einen ist das schon allein ein Aspekt In Bezug Auf Hilfen Für Blinde, denn auch in der Küche wollte ich ja einen Induktionsherd. Denn ein Induktionsherd ist sicherer, da er wirklich abgeschaltet ist, wenn man die Küche verlässt und den Topf wegnimmt. Zum anderen brennt nichts ein, wenn etwas daneben kleckert. Aber da ich einfach auf keinen grünen Zweig komme, habe ich mich jetzt um entschieden und nehme einen ganz normalen Herd mit Glaskeramik. Da spare ich noch mal 250 €. Normalerweise gibt es sogar Knöpfe, die von einer Hilfsmittelfirma am 3-D Drucker angefertigt werden, wenn sie das Modell des Herdes kennen, und bei denen man die Symbole dann schon direkt auf dem Knopf abtasten kann. Nun leiste ich mir für 47€ ein Universalkit, mit dem man alle Herde bekleben kann. So macht man eben seine Abstriche. Es wäre jetzt etwas übertrieben, sich die sprechenden Knöpfe dieser Firma zu gönnen, die ja auch noch in der Entwicklung sind. Außerdem sind sie nicht sehr laut, sodass man sie dann gar nicht hören würde, wenn etwas in der Pfanne brutzelt. Aber schick ist das schon. Muss aber nicht sein. Die Genehmigung von Dragon würde auch bedeuten, dass man nun endlich meine motorischen Schwierigkeiten anerkennt. Jahrelang bin ich der Ungeschicklichkeit, Ungeduld, Frustrationsintoleranz, psychischen Schwäche und ähnlicher Attribute geziehen worden. Ich hatte so sehr gehofft, dass ich endlich mal rehabilitiert werde, wenn herauskommt, dass ich nicht nur einfach zu deutsch doof, ungeschickt, schwach, faul und schnell aus der Ruhe zu bringen bin. Letzteres stimmt zwar, aber viele Menschen sind mehr oder weniger impulsiv, außerdem habe ich eine ADHS, und bei dem, was sich bei mir an Stress angesammelt hat, wäre es ein Wunder, wenn das nicht so wäre. Schließlich können andere ja auch Holzhacken oder Joggen gehen, um sich ab zu reagieren. Ich muss immer mit angezogener Handbremse durchs Leben laufen, denn bei der kleinsten ausladenden Bewegung schlage ich irgendwo dagegen, und wenn ich auch nur einen Schritt schneller gehe, stoße ich mich oder Falle hin. Das war schon als Kind so. Ein wildes Temperament wohnt in einem nicht dafür ausgestatteten behinderten Körper. Die Selbstbeherrschung muss man erst einmal lernen, indem man zahlreiche Schrammen, Löcher oder Knochenbrüche und Ähnliches erlebt. Ich habe mich jetzt an unsere Rechtsabteilung gewendet, bisher habe ich noch nichts gehört. Ich kann nur hoffen, dass sie den Fall annehmen. Ich hoffe auch, dass man damit keine schlafenden Hunde weckt. Denn die Frage, braucht ein Blinder überhaupt einen PC, oder kann er sich nicht anders behelfen, würde er damit wieder neu aufgerollt. Vielleicht ist sie aber auch schon so hinreichend beantwortet, dass die Juristen das im Handumdrehen abschmettern können. Vielleicht ist einem die Thematik der Mehrfachbehinderung aber auch zu heiß. Ich werde gerne mal überall abgewimmelt. Ich habe bei diesem Arzt angerufen, der sich mit meinem Krankheitsbild auskennt, und er hat zurückgerufen, nachdem ich seine Sekretärin gebeten hatte, dass er mich anrufen möge. Er meinte aber, er würde sich schädigen, wenn er mir hier etwas konkretes schreibt, es sei doch schließlich für die Kasse plausibel, dass meine Problem mit der Motorik von meinem Gendefekt herrühren. Ich würde außerdem mich selbst schädigen, wenn ich ein Gutachten von ihm erbitten würde, da das so aussehe, als ob ich mir hierfür einen Spezi irgendwo aus Deutschland suchen würde. Wenn er halt nun mal der einzige ist, der sich damit auskennt oder einer der wenigen, was soll ich anderes machen? Dafür soll es doch angeblich ein Netzwerk meiner Erkrankungen geben, da es hier so wenige gibt, die etwas darüber wissen. Aber für mich lehnt sich doch kein Mensch aus dem Fenster. Er hat mich dann zur Achse verwiesen, der Allianz chronisch seltene Erkrankungen. Dort habe ich hingeschrieben, und zunächst erhielt ich nur eine E-Mail, ich solle mich doch an die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung in meiner Stadt wenden. Viel Erfolg, alles Gute usw. Ich habe dann wütend zurück geschrieben, dass ich mich nicht schon wieder von einem zum anderen schieben lasse. Ich habe ihr noch einige ziemlich wütende Takte dazu erzählt. Eine ehemalige Schulfreundin rief mich nämlich an, sie hat psychische Probleme. Während der Coronakrise hat sie aber ein von ihr selbst aufgesetztes Attest zu ihrer Psychiaterin gebracht, damit sie keine Maske tragen muss, und damit sie während der Ausgangssperre raus darf. Die Psychiaterin hat ihr dann sogar noch einiges dazu geschrieben, dass sie verantwortungsvoll mit ihrer Erkrankung umginge und für niemanden eine Gefahr darstellen würde, sprich also niemanden anstecken würde. Ich war schon ziemlich sauer, denn manche Menschen können ihre Neurosen pflegen, denen wird alles geschrieben, für die wird alles getan, für die würde sich jeder aus dem Fenster lehnen und sich verwenden, wohingegen man mich einfach im Stich lässt. Ich war vom 3. März an wegen meiner niedrigen Leukozyten in der Wohnung eingesperrt, durfte nur zum Arzt, und als am 23. April es wieder möglich war, mit einer Begleitung rauszugehen, hat man sich geweigert, da man bei mir ja die 1,50 m Abstand nicht einhalten kann. Somit hätte ich noch länger zu Hause bleiben müssen als alle anderen. Und ich war ja schon viel früher unter Ausgangssperre gestanden wegen meiner vorherigen gesundheitlichen Probleme als alle anderen. Dennoch wurde ich hingestellt, als hätte ich einfach nur kein Durchhaltevermögen. Ich finde schon, dass man mir mit dieser Beurteilung massives Unrecht tut. Daraufhin hat dann die Dame bei mir angerufen und gemeint, wenn ich mich abgeschoben gefühlt hätte, täte es ihr leid. Ich erzählte ihr dann meine ganze Geschichte, und sie meinte, sie würde mir jetzt helfen, und es täte ihr leid, dass sie das so formuliert hätte, im Alltag fehle halt oft die Sensibilität. Ich glaube, es fehlt eher an dem Bewusstsein, dass ich tatsächlich Hilfe brauche. Viele denken, wenn sie einem eine Adresse geben, haben Sie einen geholfen. Sie hat mir jetzt versprochen, die Ärztin dort zu fragen, ob die einen Kollegen kennt, der mir in meiner Nähe helfen könnte. Es meldet sich aber jetzt keiner mehr. Die Rechtsabteilung meldet sich nicht, ich habe dort noch mal angerufen, mein Fall sei untergegangen, man würde mich noch mal anrufen. Es ist nichts passiert. Alle anderen Menschen werden mit offenen Armen empfangen, bei mir schließen sich alle Türen. Bei allen Bedürftigen geht jemand mit, hockt sich stundenlang mit ihnen auf die Bank in Ämtern, begleitet sie weiß Gott wohin, und ich muss dauernd kämpfen, um die Leute für mich zu mobilisieren. Keiner hat genug Arsch in der Hose, sich mal für mich zu verwenden und Zivilcourage zu zeigen. Ich glaube, dass mir gar niemand glaubt, dass ich diese Probleme habe. Ich werde einfach überall irgendwie abgelehnt, es ist wie verhext. Da es nicht so eindeutig ist, hat keiner den Mut, zu mir zu stehen. Ich bin auch sozial zu geringwertig, als dass man sich hier für mich einsetzen würde. Wegen jemandem wie mir verliert man doch nicht sein Gesicht. Und man würde es vielleicht noch nicht mal verlieren, denn schließlich habe ich ja wirklich was. Die Zeit wird wohl nie kommen, in der ich endlich verstanden, erlöst, rehabilitiert und entlastet werde.

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