Montag, 2. August 2021

Wenn alles klappt, dann ist das kurzweilig

Vor einigen Wochen hatten wir bei unserem Basar ein Angebot, dass jemand ein Vorlesegerät abgeben würde. Eigentlich habe ich einen Scanner, mit dem man auch Bücher einlesen kann, welche man dann auf einer Speicherkarte aufheben und sich den Text mit einem anderen Gerät, dem Handy oder einem anderen Gerät mit Text-to-speech-engine vorlesen lassen kann. Aber es ist ein Flachbettscanner, und es ist umständlich, das Buch dann jedes Mal umzublättern, das Buch dann wieder draufzulegen, eine neue Seite im Programm zum Lesen einzustellen usw., bis das ganze Buch gelesen ist. Und außerdem muss man immer den PC anhaben, und ich muss an meinem Arbeitsplatz sitzen. Daher dachte ich mir schon länger, ein Vorlesegerät wäre schön, es ist ebenso aufgebaut wie ein Scanner, man legt ein Buch darunter, lässt sich die beiden Seiten vorlesen, blättert ganz normal um, lässt sich die nächsten Seiten vorlesen, und dann kann man ein ganzes Buch wie ein sehender lesen. Dann brauche ich nicht mehr darauf zu achten., ob es dieses Buch nun in einer für mich zugänglichen Form gibt, sondern ich kann jedes Buch kaufen. Normalerweise gibt es schon sehr viele Bücher als eBooks, aber bei manchen Büchertischen nach Vorträgen gibt es doch einmal Bücher, die in elektronischer Form wahrscheinlich nicht zu haben sind. Es gibt ein moderneres Vorlesegerät, welches aber auch nur dann funktioniert, wenn es an einen PC angeschlossen ist. Es hat auch einen USB-Anschluss, man kann Bücher auf einen Stick ziehen und sie sich dann an einem anderen Gerät vorlesen lassen. Aber man braucht wieder eine Scansoftware, mit der man dann umgehen können muss, und die nur über den Computer funktioniert. Ich habe schon mit meiner jetzigen Scansoftware genug zu tun, wenn ich einmal ein paar Wochen nicht gescannt habe, muss ich alles wieder in Erinnerung rufen. Und dann klappt es manchmal nicht mit dem Einzug oder was auch immer. Es gab aber früher Geräte für diejenigen, die ein geschlossenes Vorlesesystem haben möchten, ohne sich mit dem PC herumärgern zu müssen. Diese älteren Vorlesegeräte sind offenbar nicht mehr im Handel erhältlich. Daher hat es mich gefreut, dass man so ein altes Gerät noch aus 2. Hand privat kaufen kann. Daher rief ich sofort bei der Frau an. Es stand eigentlich dort, dass das Gerät kostenlos sei, aber sie hat etwas von 90 € gesagt. In Anbetracht der Tatsache, dass diese Geräte normalerweise mehrere 1000 € kosten, habe ich lieber nichts gesagt. Sie meinte, sie würden mir das Gerät gegen eine Gebühr von 90 € zuzüglich Porto zusenden. Ich habe mich riesig gefreut, das es geklappt hat. Denn ich habe schon häufiger bei dem Basar etwas ins Auge gefasst, und hinterher war es entweder schon weg, oder es war doch nicht das, was ich wollte. Daher habe ich mich sehr gefreut. Am nächsten Tag rief sie aber an, dass sie sich getäuscht hätte, denn sie hätte in einer anderen Liste angegeben, es kostet 90 €, aber für Selbstabholer sei es kostenlos. Und sie wollten nur jemanden, der es selbst abholt. Ich sagte, jetzt habe ich mich so gefreut, jetzt will ich nicht schon wieder enttäuscht werden. Ich zahle die 90 €, ich kann nicht so weit fahren, und ich zahle auch das Porto und die Versicherung. Ich dachte, warum machen die so einen Umstand daraus, es ist doch nur ein Scanner, man muss ihn doch nur einpacken. Vor einem Jahr hat mir jemand ein Faxgerät zugeschickt in einer riesengroßen Kiste, und er hat noch nicht mal was dafür verlangt. Damals war mein Faxgerät mitsamt meinem PC in Reparatur, und daher brauchte ich dringend ein Ersatzfax. Jemand von unserem Radiosender hat nachgefragt bei Facebook, und somit hat jemand mir ein Fax zugeschickt. Daher dachte ich, so schwer kann das doch nicht sein. Und ich dachte auch, es ist ja nicht mein Problem, wenn sie auf der falschen Liste nachschaut. Am nächsten Tag rief sie an, sie würden mir die Kontonummer zusenden, ich könne das Geld überweisen, das Portomitversicherung kostet 22 €. Es wären also insgesamt 112 € zu bezahlen. Ich sagte zu und wartete auf die E-Mail mit der Kontonummer. Nach einer Weile kam dann ein normaler Brief, in dem die Kontonummer stand. Ich überwies das Geld, und ein paar Tage später kam der Postbote mit einer riesengroßen Kiste an, die er mir netterweise in mein Wohnzimmer schleppte. Ich dachte nicht, dass das Teil so groß sein würde. Nach einigen Tagen kam dann meine Assistentin, die dann schon lachen musste, da das Gerät in einem Karton von Kärcher eingepackt war. Als wir es herausgehoben hatten, bin ich schon ganz schön erschrocken. Es ist ein riesengroßer Brummer, und einige merkwürdige Plattenladen noch daneben. Leider gab es keine Gebrauchsanweisung dazu. Wir mussten erst einmal Platz schaffen, um das riesengroße Trumm irgendwo aufstellen zu können. Danach haben wir es eingesteckt und eingeschaltet. Die Stimme ist wirklich merkwürdig. Sie klingt wie bei NVDA, einem kostenlosen Screenreader. Das Gerät muss aus den späten achtzigern oder frühen neunzigern sein. Eine Freundin hatte mir noch gesagt, sie hat auch so ein Gerät von Kurzweil, und es klingt sehr gut, und es funktioniere sehr anständig. Ich fand die Stimme wirklich merkwürdig. Es gibt eine Tastatur, die mittels eines Spiralkabels wie bei einem alten Telefon an das Gerät angeschlossen ist. Die Tastatur hat einen Magneten, sodass man sie in dem Fach des Geräts befestigen kann. Das ist mir aber nicht gelungen. Es gibt eine Hilfetaste, mit der man alle Funktionen der gesamten Tasten lernen konnte. Den Speicher konnte man auch löschen. Ich wollte also nun einige Seiten einscannen und lesen. Als ich das Papier einlegte, quiekte eine Zwergenstimme, also eine höhergestellter NVDA-Screen wieder: „die Seite ist in der Warteschleife!“ Es klang wie bei Peter Ustinov in quo vadis, der Nero gespielt hat. Ich dachte mir, welche Warteschleife, da ist doch gar nichts drin, ich möchte doch nun erst das 1. Blatt ein scannen. Ich drückte mehrfach die Vorlesen-Taste, aber immer wieder kam diese Zwergenstimme, „die Seite ist in der Warteschleife!“ Ich war schon ganz verzweifelt, und irgendwann, als ich noch mal drückte, wurde das Papier dann vorgelesen. Allerdings war das nie wirklich vollständig. Ich konnte allerdings mit den Tasten in dem Dokument navigieren, man konnte immer ein Wort, eine Zeile oder einen Buchstaben nach vorne oder zurückgehen. Ich habe dann auch immer schön den Arbeitsspeicher wieder gelöscht, nachdem ich die Seite aus dem Gerät genommen hatte. Außerdem ist die Glasplatte schräg angebracht, sodass ich jedes Mal ganz schnell den Deckel zumachen musste, damit die Seite nicht ganz hinunterrutschte, wo keine Glasplatte mehr gewesen wäre. Ich fragte mich auch, was das denn mit den Platten sollte. Von diesen Platten hat meine Freundin auch nichts gewusst, sie sagte, das habe sie noch nie gehört. Meine Assistenz meint, das ist dafür, um das Gerät abzudunkeln, wenn man ein dickeres Buch darunter legt, da in den neunziger Jahren die Scanner noch nicht so gut gearbeitet haben und sehr empfindlich auf Licht oder andere Störungen dieser Art reagiert haben. Das Gerät ist sauber, aber es wirkt so, als sei es jahrelang bei einer Person herumgestanden. Es ist irgendwie etwas merkwürdig anzufassen. Es riecht auch komisch, obwohl es wirklich komplett sauber ist. Aber es ist einfach alt. Ich dachte mir, mit diesem Gerät kann man nun wirklich keine Bücher lesen. Es dauert mindestens 1 Minute, bis das Dokument vorgelesen wird, und die Hälfte davon sind dann nur irgend welche kryptischen Zahlen und Buchstaben. Daher dachte ich mir, ich werde jetzt jemanden von unserem Verband holen, der sich das anschaut. Ich rief also dort an, aber der Mann, der dafür zuständig ist und Hausbesuche machen kann, war auf Urlaub. Jetzt rief er bei mir an, da man ihm Bescheid gegeben hatte, dass ich ihn brauchte. Er wird nun am 4. August um 10:30 Uhr vormittags zu mir kommen. Vielleicht kann er noch etwas aus diesem Gerät herausholen. Ich habe ihm schon kurz das Problem geschildert, vielleicht findet er noch eine Gebrauchsanweisung. Vielleicht kann man auch die Stimme umstellen, vielleicht kann man den Arbeitsspeicher etwas anders einstellen, oder vielleicht kann man die Warteschleife auch mal löschen. Vielleicht sind da noch alte Dokumente drin, die zuvor nie raus gelöscht wurden, und die noch darauf warten, eingelesen zu werden. Wenn das alles nichts hilft, wandert dieses Teil stante pede direkt zum Recyclinghof und wird dort per Taxi hin expediert. Schade, das war ein übles Lehrgeld. Ich hoffe, dass wir noch etwas damit anfangen können. Notfalls würde ich mir aus eigener Tasche ein modernes Vorlesegerät dieser Art kaufen, damit ich im Wohnzimmer gemütlich Bücher lesen kann. Dann läuft es vielleicht so, wie ich es mir mit einem solchen Gerät zuvor auch vorgestellt hatte. Ich frage mich, wie man früher mit so einem Gerät klargekommen war. Vielleicht deshalb, weil man es einfach nicht anders kannte. Im Moment begnüge ich mich einfach mit Hörbüchern, Punktschriftbüchern oder eBooks, die bereits vorhanden sind. Die Herangehensweise von Blinden ist nicht immer die, hier ist ein interessantes Buch, das kaufe ich mir, sondern, was gibt es im Katalog? Aber es wird schon sehr viel und schnell aufgelesen, sodass wir auch ganz schnell Zugang zu zeitgenössischer Literatur haben. Aber manchmal möchte man eben auch Dinge lesen, die nicht im allgemeinen Handel erhältlich sind, oder die Zettel, die ganz schnell einmal ins Haus geflattert kommen, und die einen vielleicht interessieren könnten. Ich könnte sie auch unter das Lesegerät legen, aber mir fehlt die Kraft, eine ganze Seite mit den Augen zu lesen, und immer den Anfang der Zeile wiederzufinden, wenn ich mit dem Kreuztisch bis zum Ende gefahren bin. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, mit dem Handy eine ganze Seite ein zu scannen, aber da erwischt man manchmal nicht alles. Dies wurde mir bei der Erstbenutzung meines Kaffeeautomaten zum Verhängnis, denn ich hatte einige Zeilen nicht erfasst, die wichtig gewesen wären, zum Beispiel, dass man kein Pulver in den Schacht einfüllen darf, wenn das Gerät ausgeschaltet ist. Darüber habe ich in einem anderen Eintrag berichtet. Jetzt muss ich erst mal abwarten, was aus dem Gerät wird, aber langweilig ist der Kurzweil nicht, kurzweilig allerdings auch nicht. Auf jeden Fall ist er so oder so nicht der schnellste. Aber ich wäre traurig gewesen, wenn es nicht geklappt hätte mit dem Kauf. Ich wusste ja nicht, dass das Gerät noch so altmodisch ist. Vielleicht kann man ja noch etwas machen, und der Mann von unserem Blindenverband schafft es, es noch etwas zu „frisieren“. Ich hätte auch ein schlechtes Gewissen, das Gerät einfach wegzuwerfen, da ich es vielleicht jemandem vor der Nase weggeschnappt hatte, der es unbedingt gewollt und auch benutzt hätte, daher sollte ich es vielleicht noch einmal anbieten. Aber zum Wanderpokal sollte es ja auch nicht werden. Es ist auch umständlich, es immer wieder zu verschicken, obwohl ich den Kärcher-Gattung noch habe. Ansonsten hat das Ding seine Tage gesehen, obwohl ich normalerweise schon dafür bin, Sachen auch noch weiter zu benutzen, und sie nicht gleich wegzuwerfen, wenn man noch etwas damit anfangen kann. ja, wenn.

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