Samstag, 9. Mai 2009

Hundetraining erste Etappe

Es ging los am 5. Mai, ausgerechnet am Protesttag der Gleichstellung Behinderter. Wird es klappen? Fenja erkannte mich gleichwieder. Meinen Begleiter bellte sie an, da er sich spontan über sie beugte, und sie sich nicht von jedem gleich anfassen lassen will, das ist ja auch verständlich, das wollen wir ja auch nicht. Dann durfte ich gleich die Kenndecke anlegen. Es ging relativ leicht. Dann ging es los zum Spazierengehen. Sie sollte erst im Fuß neben mir laufen. Es ist sehr verwirrend mit den Kommandos. Bei Fuß setzt sie sich neben mich, dann muß ich nochmals Fuß sagen, damitsie auch losläuft. Wenn ich stehen bleibe, sollte sie sich erneut hinsetzen, mit Fuß geht es wieder weiter. Wenn sie an eine Treppe oder einen Bordstein kommt, muß ich sagen: "fein, Bord", damit sie auch weiß, für was sie gelobt wird. Dann muß sie sich aber nicht erneut setzen, denn sie zeigt ja den Bord an, und es geht mit Fuß wieder weiter. Sie läuft an der Flexileine und wickelt sich auch mal um mich herum. Wenn ich zu spät an der Leine ruckele, hat sie ihr Werk schon vollbracht, und ich kann mich nur mit einer Drehung aus der Leine befreien, das sieht aus wie ein Tanz. Wenn ich zu früh ruckele, meint die Trainerin, sie sei doch nun ganz gut mit gelaufen. Dann soll ich sie rufen, mit "HIiiiieeeer". Wenn sie kommt, soll sie mich anstupsen, dafür muß ich die Hand in Schnauzenhöhe vor dem Körper bereit halten. Wenn sie sich setzt, kriegt sie eine Belohnung. Wenn sie sich nicht setzt, gibt es nichts. Wenn sie sich setzt, ich sie belohnt habe, und sie dann wieder ohne Erlaubnis aufsteht, muß ich an der Leine ruckeln, um sie zu korrigieren, dann gibt es fürs Sitzen nichts, denn sonst würde sie jedesmal einen Fehler machen, um dann nach der Korrektur was zu bekommen. Mir fällt es sehr schwer, da genau zu differenzieren, mir ist das zu komplex. Mit "lauf" ist sie wieder frei, sie kann dann tun und lassen, was sie will. Das heißt, wenn ich weiter gehe, steht es ihr auch frei, einfach sitzen zu bleiben. Gehe ich zu schnell weiter, heißt es, ich solle mir Zeit lassen, bleibe ich zu lange stehen, soll ich einfach weiter gehen, wie man es macht, ist es zunächst mal verkehrt. Ich kann nicht so gut einen Mittelweg finden.

Die Kenndecke ließ sich am zweiten Tag schlechter anlegen, da sie dauernd herumlief. Wenn man ihr Kommandos im Haus gibt, ist dies nicht richtig, da sie ohne Aufheben mit "lauf" wiederum in diesem Kommando verharren muß, daher soll man dann wiederum neutrael Wörter gebrauchen. Am zweiten Tag ging dieser Spaziergang schon besser. Da war dann der Trainer dabei, der mir vorschlug, ich solle sie schon loben, sobald sie beim "hier" zu mir eindreht, denn man lobt sie für ihre Entscheidung, ihr Spiel oder ihre Freizeit zu unterbrechen, und dann kommt sie auch schneller und motivierter zu einem, weil man sie schon auf ihrem Weg zu mir her lobt. Das leuchtet ein.

Später ging es dann zur Trockenübung. Die Trainerin hielt das Führgeschirr, und ich sollte mit ihr laufen, als sei sie der Hund. Ich bekam die leichten Kurven gar nicht mit und lief weiter gradeaus, während der Bügel schon schräg stand. Nachdem das etwas besser lief, legte ich das Geschirr der Führhündin an. Dann sagte ich "voran", und ich dachte, ich kann ja nicht gleich losstapfen sondern muß erst mal warten, ob sie sich in Bewegung setzt. Da ich stehen blieb, fühlte sie sich ausgebremst und blieb ihrerseits wieder stehen. So blibe auch ich stehen. Sie hatte aber mittlerweile begriffen, daß ich laufen wollte und lief wieder los, ich war aber ja stehen geblieben, so blieb auch sie wieder stehen. So ging das mindestens 10 Minuten lang. Dann "pendelten" wir uns ein, und wir konnten eine Weile miteinander laufen. Ich bekam auch die sanften Seitenschwenke von ihr mit. Sie geht sehr zart und macht nur ganz sachte Bewegungen, die ich sehr schwer mitbekomme. Beim Linksdreh muß ich schneller sein, da ich ja außen bin in der Kurve, beim Rechtsdreh ist es dann wieder nicht so schlimm. Außerdem muß ich schnell reagieren, wenn sie stoppt, und das ist auch schwierig. Ich darf sie nicht anschieben, ich darf sie aber auch nicht ausbremsen. Wie soll ich das nur hinkriegen? Wann genau muß ich den ersten Schritt nach dem Kommando "voran" tun, damit ich ihr nicht in die Hinterläufe trete? Ich befürchte, das wird für mich sehr schwer, wenn überhaupt machbar, da ich wenig Intuition, wenig Gespür für Timing und wenig Fähigkeiten für Bewegung habe. Natürlich kapiert das mal wieder keiner, und das wird als meine Ausrede gewertet. Ausreden hat man nur dann, wenn man was für andere tun soll und nicht will. Ich tue das ja für mich, und ich würde mich ja ins eigene Fl eisch schneiden, wenn ich mich mit Bewegungsproblemen rausreden würde. Wäre ich taub oder schwerhörig, wäre es ein konkretes Problem, aber so eine motorische Teilleistungsstörung kann man nicht messen.

Ich bin schon zu oft gescheitert: beruflich, mit Umschulungsmaßnahmen, mit anderen Projekten, mit Bewerbungen etc. Ich kann ein weiteres Scheitern nicht verkraften. Ich versuche, mein Leben zu gstalten und och etwas aus dem bißchen zu machen, was meine extrem eng gesteckten Begrenzungen mir lassen. Was soll ich mit de Rest meines Lebens anfangen, wenn nichts mehr klappt, ich nichts mehr Neues lernen kann, und kein Projekt, das ich in die Hand nehme, sich verwirklichen läßt? Nur das Fernsehen, essen, sch lafen und zur Dialyse gehen und warten, bis die Lebenszeit rum ist, ist kein Leben.

Zu Hause trauen sie mir das mit dem Hund nicht zu und raten mir nur ab. Ich habe leider nicht das Glück, ermutigt zu werden. Sie sagen, ich soll den Hund zurückgeben, wenn es nach acht Tagen nicht klappt. Wenn ich sage, daß es schwierig ist, sagt niemand: Das schaffst Du schon, Du hast schon ganz andere Dinge geschafft. Sie sagen: Siehste! Gell! So viele andere Dinge habe ich ja auch noch nicht geschafft, als daß man mir etwas zutrauen könnte.

Wenn dies hier scheitert, probiere ich nichts mehr. Auch wenn mir immer vorgeworfen wird, ich gebe zu schnell auf, niemand kann ermessen, was ich schon alles probiert habe, und wie oft ich gescheitert bin. Jeder andere würde da auch irgendwann aufgeben. Nur andere scheitern nicht ganz so oft, auch wenn sie immer behaupten, es ginge uns allen gleich, und jeer hätte dieses Problem. Das sagen ernsthaft Leute, die einen Beruf haben, die schon viele Projekte in ihrem Leben verwirklcihen konknten. Dann heißt es immer, wie es innen aussieht, wisse ich ja auch nicht, es sei nur der äußere Schein bei diesen Leuten, die vermeintlich alles schaffen. Bei mir ist der äußere Schein schon so, daß ich nicht viel schaffe, und innen sieht es dementsprechend verwüstet und verwahrlost aus, wenn man keine ERfolgserlebnisse hat.

Ich bitte nur, daß dies klappt, und daß ich wieder mal sehen kann, daß auch ich einmal ein Erfolgserlebnis haben kann. Die Schmach, daß dann alle recht hatten bei uns zu Hause, will ich mir nicht antun. Andererseits darf und muß ich aufgeben, wenn es nicht klappt, da es dem Hund sonst nur schadet. Sie gewöhnt sich an mich und muß dann doch wieder zu einem anderen Frauchen. Gut, daß ich noch einen Rückzieher machen kann, wenn es nicht klappt, das wäre schlimm, wenn es dann kein Zurück mehr gäbe. Aber ich hoffe, das ist ichtnötig. Irgend erwas muß doch auch ich mal können!

Keine Kommentare: