Dienstag, 24. Dezember 2013

Von der Schippe gesprungen

Am Montag, den 2. Dezember, habe ich verschlafen. Der Grund war, dass mich niemand geweckt hat. Ich habe einen vierbeinigen Wecker, der aber auf einmal nicht mehr funktioniert hat. Schon am Sonntagabend hat er mir nicht wie sonst entgegen gemaunzt um sein „Gute Nacht“abzuholen. Schon das machte mich stutzig. Am Montag, als er dann sein Frühstück nicht einnehmen wollte, und gar nicht erst reagierte, organisierte ich also schnell ein Taxi, um mit ihm zur Tierärztin zu fahren. Die Tierärztin stellte fest, dass seine Schleimhäute blass rosa waren. Sie gab ihm eine Infusion mit Elektrolyten in der Hoffnung, dass seine Nieren dadurch gespült würden. Sie meinte, er könne etwas Giftiges gefressen haben,, aber er könne auch Zucker haben, Nierenprobleme oder etwas mit der Leber. So nahm sie bei ihm Blut ab, denn er hatte seit Sonntagabend auch gar nichts gefressen, was überhaupt nicht seiner Natur entspricht. Die Werte sollten am Dienstagnachmittag bei ihr vorliegen. Am Dienstagmorgen schien er wieder ganz normal zu sein und fraß auch wieder. Meine Helferin meinte aber, dass die Katze etwas krank aussehe. Am Dienstagnachmittag rief ich also an, und die Sprechstundenhilfe fragte, wie es im ginge. Ich hatte den Eindruck, dass er sich wieder erholt hätte. Auch sie bestätigte dies, da in den Blutwerte nichts zu sehen war. Wir vermuteten also, dass er wirklich etwas gegessen hatte, was ihm nicht bekommen war. Als ich am Abend fern sah, hörte ich immer ein seltsames Ticken, und ich dachte, vielleicht stört mich die Uhr heute besonders. Ich maß dem keine größere Bedeutung mehr bei. Als ich den Fernseher ausschaltete, hörte ich, dass Jakob beim Atmen raschelte. Außerdem ging sein Atem sehr schnell. Ich rief also bei der Tierärztin an und hörte Ihren Anrufbeantworter ab, auf dem die Notfallnummer der Tierklinik angegeben war. Als ich dort anrief, ging nur der Anrufbeantworter hin. So sah ich mich gezwungen, doch bei der Tierärztin privat anzurufen, deren Nummer Sie ebenfalls auf Ihrem AB hinterlassen hatte. Sie war sehr freundlich, meinte aber, er habe wohl nur etwas Falsches gefressen. das störte mich etwas, denn so häufig kann er sich nicht an falschen Dingen vergriffen haben. Bei der Anamnese, an die sie sicher noch erinnern hätte müssen, hätte sie etwas mehr Verdacht schöpfen müssen. Sie meinte, vielleicht hat er auch eine Bronchitis, und wenn ich Angst hätte, könne ich ja mal in die Tierklinik fahren. Die Tierklinik ginge abends nicht mehr ans Telefon, sondern man müsse direkt hingehen. Ich überlegte hin und her, ob ich ihn jetzt noch um 11:30 Uhr in die Klinik fahren sollte, oder ob ich doch noch warten könnte, um dann am nächsten Tag zur Tierärztin zu gehen. Ich dachte, wenn es etwas Harmloses ist, dann schicken die mich wieder nachhause, und ich bin beruhigt, wenn es jedoch etwas Gravierendes ist, habe ich wenigstens gleich gehandelt. Ich bestellte also ein Taxi, wobei ich Jakob problemlos in die Katzenkiste verfrachten konnte, da er so laut röchelte, und da er sich kaum noch bewegen konnte, und ich somit leichtes Spiel hatte, ihn zu finden. In der Tierklinik hörte ihn die Ärztin ab und meinte, es sei etwas Größeres. Da sie Wasser in der Lunge vermutete, musste er geröntgt werden. Ich durfte sogar assistieren, bekam eine Bleischürze, und hielt Jakob in der angegebenen Position fest. Tatsächlich hatte er Wasser in der Lunge, und da diese scharf umrissen war, war ein Thorax-Erguss wahrscheinlich. Die Tierärztin schlug vor, in dazu behalten, um ihn in eine Sauerstoff-Box zu stecken. Normalerweise darf kein Kunde mit in den Bereich, wo sie steht, aber ich durfte mir die Sauerstoff-Box anschauen. Die Ärztin steckte ihn hinein und schloss die Türe. Er ließ dies mit sich geschehen, da er wirklich nach Atem rang und mit sich selbst zu beschäftigt war, dass er mein Fortgehen gar nicht registrierte. Am nächsten Tag bekam ich den Anruf, dass er Herzrhythmusstörungen habe, dies sei festgestellt worden, als ein Hund in der Nähe war, und er solche Angst hatte, dass sein Herz lauter schlug, so dass man die Herztöne besser wahrnehmen konnte. Da er zu dick ist, konnte man keinen Herz-Ultraschall ordentlich durchführen, da er außerdem auch ein sehr dichtes Fell hat. Es lag der Verdacht nahe, dass er einen Pleura-Erguss hat. Ich musste also einer Lungen-Punktion zustimmen, um abzuklären, ob eine bakterielle Infektion vorlag. Die Frage war nun: war sein Herz einfach wegen des altersschwach geworden, oder steckte eine Herzmuskelentzündung der hinter, oder gar Krebs? Ich war sehr aufgeregt, und ich hatte den ganzen Tag Angst, so dass ich an der Dialyse fast eine Panikattacke bekommen hatte, da ich glaubte, in dieser Sekunde hätte er sein Leben verloren. Als ich am Abend anrief, sagte mir die Tierärztin, man habe zumindest keinen Eiter in der wässrigen Flüssigkeit gefunden, die sie punktiert hatten. Das bedeutete, dass er zumindest keine Herzentzündung hatte. Die Cytologie zur Abklärung von Krebszellen stand noch aus. Die Tierärztin meinte, dass ich ihn bereits am Freitag abholen könne, aber das Ergebnis der Cytologie müsse noch zehn Tage auf sich warten lassen. So dachte ich, wenn ich Ihn diese zehn Tage noch habe, bin ich dankbar, und wenn ich ihn länger habe, umso mehr. Am Donnerstag habe ich mich mit einem Bekannten getroffen, und wir wollten ihn eigentlich im Krankenhaus besuchen. Da er aber am Freitag bereits entlassen werden sollte, wollte die Tierärztin ihm den Stress nicht antun, mich zu sehen und dann wieder den Abschied erleben zu müssen. So beschlossen wir, etwas durch die Stadt zu bummeln. Dabei verknackste ich mir meinen Fuß der Art, dass ich am Abend nicht mehr auftreten konnte, und auf einem Bein hüpfend von den Sanitätern aus der Wohnung geholt werden musste. Da ich nicht einmal mehr in der Lage war, alleine die Türe zu öffnen, musste mein Nachbar mit einem Schlüssel kommen, um die Türe für die Sanitäter aufzusperren. Im Krankenhaus verordnete mir der Arzt stützen, und meinte, nach dem Röntgenbild handele es sich um eine Prellung. Aber er meinte, da ich ja aufgrund meiner Blindheit mit dem Stock gehen müsse, müsse ich eventuell in Kurzzeitpflege, da ich ja nicht laufen könne, wenn ich nicht mit den Krücken hantieren könne. Ich versuchte, mit einer Krücke und dem Blindenstock aufzustehen, was mir aber nicht gelang. So entschied er, dass ich eine Nacht im Krankenhaus bleiben müsse. Nun war Isidor ganz allein, Jakob war im Krankenhaus, und dass Frauchen nun auch. Ich sollte eigentlich ein Schmerzmittel direkt über die Vene erhalten, aber vor so etwas fürchte ich mich, und so verweigerte ich die Einnahme. Der Arzt meinte, er müsse vor der Krankenkasse meinen Aufenthalt rechtfertigen, da ich ja nur eine Prellung hätte, und man normalerweise dann nicht im Krankenhaus bleibt. Da er aber meine Panik vor der Schmerzmittelinfusion sah, ließ er es bleiben. Ich bekam eine schmerzlindernde Salbe und einen Verband. Am nächsten Tag konnte ich schon wieder mit den Stützen laufen. So beschloss ich, mich selbst zu entlassen, und die Ärztin stimmte zu. Am Abend rumpelte ich also mit den Krücken durch die Wohnung. Isidor wollte laufend rein und raus. Ohne Jakob war es einfach schrecklich, denn der Boss fehlte uns sehr. Am nächsten Tag klingelte das Telefon, und ich rannte aus dem Bett. Es stellte sich heraus, dass es bereits 9:30 Uhr war, und ich hatte wieder einmal mangels vierbeinigem Wecker verschlafen. Als ich merkte, dass ich ohne Krücken herumrannte, beschloss ich, Sie nun wegzulassen. Die Schmerzen sind nahezu weg, und es wird noch sechs Wochen dauern, bis die Prellung verheilt ist. Ich rief also in der Tierklinik an, und sagte, dass ich nun heute, am Samstag, Jakob um 10:30 Uhr abholen würde. Als ich dort ankam, führte man mich in ein Behandlungszimmer, wo Jakob bereits in seiner Box auf mich wartete. Anfangs war er sehr scheu und ließ sich auch von mir kaum anfassen, ohne einen Buckel zu machen. Ich hatte schon Angst, dass er sauer sein könnte, da ich ihn dort abgegeben hatte. Die Tierärztin meinte aber, er wisse ja, dass im geholfen würde. Darüber war ich mir nicht ganz sicher, da er ja ein Tier ist, und den Zusammenhang zwischen für ihn unangenehmen Behandlungen und seiner Besserung des Zustandes nicht unbedingt versteht. Als wir heimfuhren, krächzte er wie ein Rabe, denn sein Miauen wird langsam immer härter. Zuhause fremdelte er noch etwas, aber bald war er wieder ganz der Alte. Ich sollte ihm Tabletten geben, und da ich sehr vergesslich bin, und die Einnahme wegen des Einschleichens recht kompliziert war, ließ ich die Ärztin alles auf mein Diktiergerät sprechen. Zu Hause führte ich dann die Medikation weiter durch. Ich sollte eine Woche später mit Jakob wiederkommen. Diesmal stellten wir uns dem Chef der Klinik vor. Der hörte ihn ab und meinte, sein Herz ginge wie ein Uhrwerk. Ich war sehr stolz und freute mich, dass es ihm wieder so gut geht. Der Arzt meinte, in vier Wochen müsse ich mich noch einmal bei meiner Haus-Tierärztin mit Jakob vorstellen. Er über antwortete mir auch die Regelung der Dosierung der Medikamente. Er traute mir zu, zu hören, wenn Jakob wieder röchelte, und dann soll ich die Medikation wieder erhöhen. Nun sind wir von drei auf zwei Wassertabletten gegangen. Je nach Atemgeräusch darf ich nun auf zwei ein halb oder drei erhöhen. Außerdem bekommt er noch ACE-Hemmer, um sein Herz zu stärken. Es bleibt noch zu berichten, dass, als ich Jakob abholte, die Ärztin mir mitteilte, dass die Cytologie auch schon da sei, und Jakob keinen Krebs hat. Gott sei Dank war die Zelluntersuchung negativ. So kann ich mit Jakob noch einige Jahre leben, und er ist noch einige Jahre bei mir. Er ist wieder ganz wie früher, im Gegenteil, er ist sogar wieder so, wie er vor einem Jahr war. Ich vermute also, dass es ihm das ganze Jahr 2013 bereits schlecht gegangen ist. Er hat sehr häufig erbrochen, wobei gar nichts herauskam, und ich habe ihm Magensäurehemmer gegeben, die ich von der Tierärztin hatte. Die habe ich nun einfach weggelassen, und er erbricht so auch nicht mehr. Das bedeutet, dass das Erbrechen wohl auch von seiner Herzerkrankung herrührte. Er ging gar nicht mehr raus, so dass ich dachte, dass er vielleicht einfach alt wird und keine Lust mehr hat. Jetzt geht er wieder für einige Minuten nach draußen, wobei er zuvor nur einmal den Kopf aus der Tür gesteckt hatte. Ich hoffe, dass wir ihn noch lange haben, und dass er noch lange bei mir bleiben darf. Jakob lebt mit mir, Isidor lebt bei mir. Zu meiner 14-jährigen Katze habe ich eben einen ganz anderen Bezug. Er klaut wieder Futter bei Isidor, ist gierig und weckt mich früh, damit ich ihm etwas zu Fressen gebe. Allerdings muss er Diät einhalten, weil er zu dick ist. Zuvor habe ich ihm Zellulose mit Wasser gemischt, um das Futter etwas mehr erscheinen zu lassen. Diese Sauerei wird mir nun aber zu viel, und ich gebe ihm einfach weniger Nassfutter. Denn ich muss ja darauf achten, dass er seine Tabletten frisst. Wenn zu viel von der Zellulose übrig bleibt, habe ich keinen Überblick mehr. Der Vorteil, einen gefräßigen Kater zu haben, ist der, dass er mühelos Tabletten frisst. Ich brauche die Tabletten nur über sein Futter zu streuen, die ich zuvor lediglich halbiert habe, und er schlingt sie mit dem Futter gierig hinunter. Wenn eine Tablette übrig bleibt, rufe ich ihm zurück, und wenn er sie schön frisst, bekommt er drei kleine Bröckchen Trockenfutter. Er soll dafür belohnt werden, dass er noch einmal zurückkommt und die Tablette aufnimmt. Dann verbindet er das Zurückkommen mit etwas Positivem. Bisher klappt das sehr gut. Ich muss nur aufpassen, dass Isidor nicht an Jakobsfutter kommt, denn sonst würde sein Kreislauf zusammenbrechen wegen der Entwässerungstabletten. Außerdem darf Jakob nicht an Isidors Futter, da er sonst zu viel vom Trockenfutter frisst. Isidor wiederum darf nicht an Jacobs Nassfutter, da er es geradewegs wieder herauskotzt, oder da er Durchfall davon bekommt, und dann der ganze Scheiß an seinem Fell um den Po herumklebt. Ich bin so froh, dass Jakob dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist. Nicht auszudenken, wenn ich am Abend nicht mit ihm in die Tierklinik gefahren wäre. Nun sitzt er da und maunz und stupst mich an, da es fast Mittagessenszeit ist. Nicht nur sein Herz ist wie ein Uhrwerk.

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