Donnerstag, 28. Juli 2016

Krankenhaus mit Drehtüre

Ich war gerade mal zwei Wochen von meiner Reha zu Hause, als ich eine Sommergrippe bekam. Dies mag daran gelegen haben, dass ich von meinen vier Assistenten nur eine hatte, die trotz ihrer Grippe zu mir kam und mir half, da sie merkte, dass ich alleine nicht klar kam. Wir hatten zwar alle Vorkehrungsmaßnahmen getroffen, die ich nach Erkundigung bei meinem Transplantationszentrum erhalten hatte, aber dennoch steckte ich mich an. Ich hoffte noch, dass ich nicht ins Bett müsste, sondern, dass die Grippe so an mir vorüber ziehen möge. Als ich dann feststellte, dass dies nicht der Fall war, ging ich zu meiner Hausärztin, da ich befürchtete, sonst über das Wochenende ohne medizinische Versorgung dazustehen, oder dass ich am Wochenende zum Notdienst müsste. Es war aber leider die Hausärztin dar, die erst ein paar Jahre in der Praxis ist, und die, so scheint es mir zumindest, nicht ganz so viel Ahnung hat. Ich erklärte ihr, dass meine Leukozyten gesunken seien, was sich diese Woche erfahren hatte. Außerdem sagte ich ihr, ich sei transplantiert, ich bräuchte wahrscheinlich auch ein Antibiotikum. Aber sie fand nichts und meinte, ich solle mich halt ins Bett legen und darauf achten, nicht im Durchzug zu liegen, obwohl es ja jetzt sehr warm sei. Ich solle also nur ein Fenster öffnen und keine zwei gegenüberliegenden und mich eben auskurieren. Dort ging ich dann noch auf die Toilette, und das war wahrscheinlich mein Verhängnis. Ich lag das ganze Wochenende im Bett, und es ging mir nicht sehr gut. Ich hatte wenig Hunger, und daher aß ich fast nichts, nahm aber dennoch pflichtgemäß meine Tabletten. Am Samstagabend stellte ich fest, dass ich Durchfälle bekam, woraufhin ich dachte, vielleicht vertrage ich die Tabletten auf nüchternen Magen einfach nicht. Ich erbrach dann auch wieder mal einige meiner Medikamente und rief bei meiner Transplantationszentrale an, wo ich operiert wurde, und eine Ärztin sagte mir, ich solle das Medikament einfach noch mal nehmen, wenn es nicht besser würde, ich Fieber bekäme, oder meine Erkältung schlimmer würde, sollte ich in die Klinik fahren. Am Montag darauf wog ich nur noch 46,5 kg, hatte also von Samstag auf Sonntag von 50,5 auf 49,2 kg abgenommen, und am Montag waren es eben schon 4 l, die mein Körper verloren hatte. Wann immer ich etwas trank, musste ich sofort auf die Toilette, und es lief nur noch Wasser heraus, es war nichts Festes mehr dabei. Außerdem erbrach ich, sobald ich, die ich es vor Durst nicht mehr aushielt, einen großen Schluck Mineralwasser zu mir genommen hatte. Am Montagmorgen erbrach ich auch meine Medikamente. Ich war aufgrund der gesunkenen Leukozytenzahl gebeten worden, mich in der Transplantationsambulanz zu Blutabnahme vorzustellen. Bei dieser Gelegenheit bat ich darum, unbedingt mit einem Arzt sprechen zu können. Es war der Oberarzt des Transplantationszentrums, der in Personalunion auch der Leiter der nephrologischen Abteilung und der Dialyse im städtischen Klinikum war. Er schickte mich sofort ins Krankenhaus und ließ mir die Wahl, ob ich entweder in das städtische Krankenhaus gehen wollte, dass in der Nähe der Transplantationsambulanz war, oder ob ich gleich in die Transplantationszentrale ins Uniklinikum wollte. Ich empfand es für ausreichend, in den Nephrologie des städtischen Klinikums zu gehen, zumal ja nun keine Operation hinsichtlich einer Transplantation mehr anstand, und die Nierenabteilung des städtischen Klinikums genauso viel Ahnung hatte, wie man mit einer transplantierten bei Durchfällen umgeht. Nun war die Frage, wie ich dorthin kommen sollte, denn es war nur ein Katzensprung, zu Fuß konnte ich aber aufgrund meiner Blindheit und aufgrund meines derzeitigen Zustandes nicht gehen, und ein Krankenwagen wäre übertrieben gewesen. So rief ich meinen Taxifahrer an und fragte, ob er mich die kurze Strecke zwischen Transplantationsambulanz und Klinikum fahren würde. Er war aber zu weit weg, wobei sich die Anfahrt für ihn nicht lohnte. So riefen wir ein anderes Taxi, und als der schon kam, fragte er sofort nach dem Transportschein. Ich erklärte ihm, dass ich alles selbst zahlen würde, ich bräuchte aber dann eine Quittung, um Quittung und Beförderungsschein bei der Kasse einzureichen, um mein Geld wieder zu bekommen. Als wir mit dem Aufzug hinunterfuhren, um ins Taxi zu steigen, meckerte er schon herum, dass dies eine kurze Strecke sei, und dass er mich nicht direkt vor den Haupteingang fahren könne, das sei verboten, und er wisse nicht, wo die Station sei, auf die ich gehen sollte. Der Arzt hatte mir nämlich gesagt, dass ich nicht über die Notaufnahme sondern direkt auf die Station gehen sollte. Dann moserte er herum, wenn er mich nun auf Station brächte, würde ihn keiner das zahlen, was nach meinem Aussteigen auf der Uhr übrig war. Mir platzte dann irgendwann der Kragen, und ich sagte ihm, er solle halt eine pauschale für die Zeit berechnen, in der er mich auf Station bringt, ich würde ihm auch ein gutes Trinkgeld geben, schließlich sei dies ein Notfall, und es gäbe doch schließlich auch noch irgend so etwas wie Menschlichkeit! Auf den Vorschlag ging er ein und verlangte elf Euro. Ich gab ihm einen Euro Trinkgeld und bat ihn, mir eine Quittung auszustellen. Es war erst 11:00 Uhr, aber es war extrem heiß. So schleppte er mich unter der Pergola durch die pralle Sonne zum Haupteingang. Dort brachte er mich lediglich zur Information und ließ mich abrupt dort stehen. Das war also die ganze Hilfe, die er für zwölf Euro leisten konnte. An seiner Stelle hätte ich die Fahrt, die nicht mehr als fünf Euro hätte kosten dürfen, berechnet zzgl. 3 Euro für das Hinbringen , und als Fahrer hätte ich eine so hilflose und kranke Person auch direkt auf Station gebracht. Später erfuhr ich von einer Taxifahrerin, dass es einen Aufzug von der Notaufnahme gibt, er hätte mit mir, ohne mich durch die pralle Sonne zu schleppen, zur Notaufnahme gehen können, um dann dort durch zu laufen, um mich auf Station zu bringen. Außerdem meinte sie, sie selbst würde genauso handeln wie ich, und sie fand es unmöglich, wie der Fahrer sich verhalten hatte. Als ich meinem Taxifahrer erzählte, was vorgefallen war, verteidigte er den Kollegen nur und meinte, der könne doch nichts für die pralle Sonne, er dürfe dort nicht hinfahren, und wenn es ein Notfall gewesen wäre, hätte ich halt mit dem Krankenwagen fahren müssen. Er sei jetzt schließlich auch menschlich und würde mich vom Krankenhaus abholen und nach Hause fahren. Da hielt ich ihm schon vor, dass es vom Krankenhaus nach Hause ein größeres Stück sei, als von der Transplantationsambulanz zum Krankenhaus, und sich diese Strecke nach Hause ja auch viel mehr lohnt. Das habe nichts mit Menschlichkeit zu tun. Schließlich verdient er ja auch etwas daran, wenn auch die Krankenkassen nicht mehr so viel zahlen, als wäre es eine ganz normale Fahrt. Als ich vor der Information stand, rief der Mann hinter dem Schalter einen Dienst an, der mich auf Station bringen sollte. Ich spürte, dass ich extremen Durst hatte, und merkwürdigerweise wollte ich unbedingt eine Limonade, was normalerweise nicht das Getränk meiner Wahl ist. Ich konnte auf einmal kein Mineralwasser mehr sehen, ich hätte es bestimmt wieder erbrochen. Ich hatte eine richtig große Gier nach einer Limonade. Zum Glück zeigte der Mann, der mich auf Station bringen sollte, dass er ein Herz hatte, und brachte mich zum Kiosk, wo es zwar keine Zitronenlimonade mehr gab, und ich mich daher mit einer Orangenlimonade zufrieden gab. Wahrscheinlich hat der Körper unbedingt eine Limonade gebraucht. Auf Station bekam ich ein Einzelzimmer, das war bereits mit dem Arzt so abgesprochen, da ich isoliert werden musste. Schließlich wusste man ja noch nicht, was ich hatte. Merkwürdigerweise hatte ich an diesem Tag auf einmal keinen Durchfall mehr. Ich dachte schon, das sei der Krankenhaus-Effekt, jetzt, wo man da ist, hat man nichts mehr. Die Schwestern, Ärzte und Pfleger kamen mit Mundschutz und Handschuhen herein. Die Ärztin war sehr lieb, und als ich ihr sagte, dass ich auch husten hätte, fragte sie, ob ich eine Röntgenaufnahme meiner Lunge machen lassen wollte. Diese ist dann, vorweggenommen, nicht erfolgt. Sie fragte auch, ob ich schon einmal eine Magen-Darm-Spiegelung habe machen lassen, und ich sagte ihr, dass ich im Jahre 2011 schon einmal eine Magenspiegelung hatte. Darüber habe ich auch in diesem Blog berichtet mit dem Titel „drei Magengeschwüren mit einem Namen“. Ich war nicht sonderlich erpicht darauf, eine Darmspiegelung zu bekommen. Die Magenspiegelung hatte ich damals bei vollem Bewusstsein miterlebt, da ich Angst hatte, ein Schlafmittel zu bekommen, wo ich dann vielleicht halb wach war, da man mir sagte, man erlebt zwar alles mit, vergisst es aber gleich wieder. Das schien mir damals sehr unheimlich. Gegen Abend kam dann meine Helferin, die sich bereit erklärt hatte, bei meinem Nachbarn den Schlüssel abzuholen und meine Tasche zu packen und sie mir in die Klinik zu bringen. Als sie kam, erzählte sie mir, dass der Nachbar nicht sonderlich begeistert war, dass er sich wegen des Schlüssels mit ihr vor meiner Wohnung treffen sollte, weil er auch unterwegs war, und dass er ihr erzählte, dass er sich meiner angenommen hätte und gerne eine gute Tat vollbringt. Das war mir doch unangenehm, schließlich dachte ich, er tut dies, weil wir einfach gute Nachbarn sind. Ich dachte nicht, dass er dies nur macht, um einen Fensterplatz im Himmel zu bekommen. Sie räumte dann meinen Schrank ein, da ich zu kaputt war, hatte ich doch eine Sommergrippe und zusätzlich eine Darmgrippe. Die erste Zeit schlief ich nur, mir war alles egal, am liebsten hätte ich nur noch im Bett gelegen. Am nächsten Tag bekam ich kein Frühstück, da ein Ultraschall des Abdomen gemacht werden sollte. Als ich mit dem Rollstuhl zum Ultraschall gefahren wurde, schimpfte die Assistenzärztin, dass man ihr nicht Bescheid gegeben hätte, dass ich ansteckend sei. Ich war zu der Zeit noch der Ansicht, dass ich lediglich die Tabletten schlecht vertrug, da ich kaum etwas gegessen hatte, denn ich hatte schon häufiger Durchfall auf die vielen Medikamente bekommen. Ihr Kollege, ein anderer Assistenzarzt, schaute mich an und meinte, ich sähe sehr gesund aus, er könne sich nicht vorstellen, dass ich eine Infektion hätte, und ich erklärte ihm ebenfalls, was ich vermutete. Da entschied er, den Ultraschall bei mir zu machen, ansonsten hätte man mit dem Gerät an mein Bett fahren müssen. Nun war ich ja schon mal da, da konnte ich auch gleich die Untersuchung machen lassen. Bei der Untersuchung stellten sie fest, dass die Darmschlingen ziemlich mit Wasser gefüllt waren. Immerhin war nun etwas gefunden worden, sodass ich nicht einfach nur als verrückt oder psychisch dastand, was sonst häufig der Fall ist. Der Oberarzt kam noch hinzu und schaute sich die Sache an. Er fragte mich, ob ich schon einmal eine Magen-Darm-Spiegelung gehabt hätte, und er würde gerne eine machen, da man nicht alle Viren oder Bakterien im Blut nachweisen könnte sondern direkt im Darm nachschauen müsse, inwieweit sie im Darmbereich schaden angerichtet hätten. Immerhin hatte ich ja eine Niere, deren Spender das Cytomegalievirus gehabt hatte, welches jetzt auch in der neuen Niere bei mir sitzt . Es könnte sein, dass trotz vorbeugender Medikation mit Valganzyklovir das Virus bei mir ausgebrochen sei, man könne dies nicht unbedingt im Blut sehen sondern müsse den Darm direkt untersuchen. Ich war nicht sonderlich begeistert, aber sicherheitshalber musste ich diese Prozedur nun über mich ergehen lassen. Wir unterhielten uns auch über mein viel zu hohes Kalzium, denn mitten in der Nacht hatte mich ein Arzt geweckt, um Blut abzunehmen, wobei ich schon mehrfach gestochen worden war. Bei mir ist nur die rechte Hand verfügbar, um Blut abzunehmen, da es eine Religion ist, nicht am Shunt Blut abzunehmen. Auf Reha hatten sie das getan, alle Venen, aus denen Blut kam, waren willkommen. Mir war das Recht, schließlich hat man ja während meiner Dialysezeit auch immer den Shunt angestochen. Das tat weniger weh, als immer wieder nur dieses kleine Areal an Venen zum Stechen zur Verfügung zu haben. Ich hatte bereits einen Zugang gelegt bekommen, da ich ja aufgrund meines rapiden Gewichtsverlustes Flüssigkeit zugeführt bekommen musste, und der Arzt hatte mitten in der Nacht eine Infusion mit Kochsalzlösung und einem harntreibenden Mittel gelegt, um das Kalzium auszuschwemmen. Der Oberarzt fragte mich, ob ich schon mit einem Chirurgen hinsichtlich einer Entfernung der Nebenschilddrüsen gesprochen hätte. Meine Freundin hatte mir bereits jemanden empfohlen, eine tüchtige Ärztin, die Schilddrüsen herausnimmt, mit der wollte ich Kontakt wegen der Nebenschilddrüsen aufnehmen. Ich sagte ihm, dass noch 1 Szintigramm der Nebenschilddrüsen Ausstand, dies aber erst gemacht werden konnte, sobald wir das Schilddrüsenszintigramm vom Nuklearmediziner zugeschickt bekommen hätten. Da seien wir noch dran, das dauert wohl noch eine ganze Weile. Als ich wieder auf dem Zimmer war, hoffte ich auf ein Frühstück, aber dann kam der Pfleger mit einem Getränk und eröffnete mir, dass ich ein Abführmittel trinken müsse, da am nächsten Tag eine Magen-Darm-Spiegelung geplant sei. Die Flüssigkeit schmeckte nach Zitrone, ich hätte es mir schlimmer vorgestellt. Ich solle nun viel trinken, möglichst jede Stunde ein Glas. Daran hielt ich mich. Auf einmal kam die nette Schwester herein und meinte, die Spiegelung sei verschoben worden, ich dürfe zu Mittag essen. Ich war gerade dabei, die Suppe zu löffeln, als der Pflege herein stürmte und meinte, Stopp, ich solle nicht weiter essen, die Suppe dürfe ich noch haben, aber man würde die Magendarmspiegelung doch am nächsten Tag machen, nun hätte ich ja schon das erste Glas des Abführmittels getrunken. In Krankenhäusern ist ja oft so ein Hin und Her, da die Kommunikation nicht immer optimal läuft. Immerhin freute ich mich über die gute Suppe. Und um 17:00 Uhr kam dann der nächste Becher mit dieser Flüssigkeit. Die Ärztin wollte noch kommen, um mich über die Untersuchung aufzuklären. Sie kam und erzählte mir das Übliche, man könne Verletzungen erleiden, allergisch gegen das Material sein usw. Ich entschied mich dafür, dieses Mal ein Schlafmittel zu nehmen, da ich Angst hatte, dass der Schlauch, den man zum hinten rein Gucken einführen würde, ziemlich schmerzhaft war. Sie erklärte mir, dass man während der Untersuchung schläft, und dass die meisten Patienten danach noch den ganzen Tag pennen. Ich sagte ihr, dass ich wahrscheinlich bald alle Untersuchungen, die es gibt, durchgemacht hätte. Sie meinte, und das mit 48 Jahren. Man könne nur Mitgefühl mit mir haben, aber nun hätte ich schon so viel überstanden, das würde ich jetzt auch noch schaffen. Immerhin zeigte mal jemand Mitgefühl, und ich stellte fest, dass die Ärztin schon merkte, dass ich einiges mitgemacht hatte. Am Abend wurde dann geschaut, und das, was hinten rauskam, glich in seiner Farbe einem Camillentee, erklärte mir die Krankenschwester. Ich hatte die ersten 2-3 Tage eine sehr engagierte und nette und liebe Krankenschwester, die sehr oft nach mir schaute. Zu Beginn brauchte ich jemanden, der mir meine Medikamente erklärt, da einige Tabletten anders aussahen als bei mir Zuhause, und da ich mit den Schalen der Dosetten Schwierigkeiten habe, weil mir die Tabletten beim Zugreifen häufig herausfallen. Daher wurden die Tabletten, die ich das nächste Mal einnehmen sollte, immer in einen kleinen Plastikbecher geschüttet, wo ich sie bequem auf meine Hand geben konnte. Außerdem musste ich wieder dieses Pilzmittel für den Mund einnehmen, da mein ganzer Mund schneeweiß war. Ich kann einfach kein Medikament absetzen, alles kommt wieder. Zudem hatte ich ja immer wieder eine Infusion mit harntreibende Mittel, wobei ich nicht alleine auf die Toilette konnte, da ich als blinde Frau mit einem Infusionsständer nicht um das Bett herum gekommen wäre. So musste ich schon während der Infusion mindestens zweimal klingeln, da ich extrem eilig auf Toilette musste. Das Pilzmittel wollte ich auch von der Schwester verabreicht haben, da sie die Pipette besser füllen kann als ich. Außerdem schenkten sie mir häufig Wasser ein oder brachten mir einen neuen Wasserkrug. Daher hatten die Schwestern mit mir sehr viel zu tun. Gott sei Dank blieb es mir erspart, diese Flüssigkeit, auch wenn sie nicht furchtbar schmeckte, ein drittes Mal einzunehmen. Ich hatte immer noch Durchfall aufgrund der Erkrankung, aber nun kam auch noch das Abführmittel hinzu. Zum Glück sagte mir der Pfleger, ausnahmsweise dürfe ich meine Zitronenlimonade, die mir meine Assistentin mitgebracht hatte, auch trinken, normalerweise sei das nicht erlaubt. Am Abend kam schon wieder ein Arzt, um mich zu stechen. Es ist jedes Mal schlimmer, da immer weniger Möglichkeiten übrig bleiben, so bestand ich darauf, dass am Zugang Blut abgenommen werden sollte, oder, dass man mich in die Armbeuge stechen möge. Normalerweise ist dies nicht zulässig, da man den Arm schonen muss, falls ich noch einmal zu Dialyse müsste, und der alte Shunt nicht mehr funktionieren würde. Dann dürften die Venen nicht allzu sehr verstochen sein. Mir war dies aber egal, schließlich funktionierte mein alter Shunt noch, den ich, wenn die Niere ein Jahr gehalten hat, sowieso Weg operieren lassen möchte. Dies hat nicht nur Gründe der Optik, sondern es ist auch besser fürs Herz, da dieses 20 % mehr arbeiten muss, wenn ein Shunt besteht. Am nächsten Tag holte man mich schon um ungefähr 8:30 Uhr, nachdem man mir erst gesagt hatte, es würde 11:00 Uhr werden, dann hieß es 9:30 Uhr, und nun war es eben noch früher. Das konnte mir nur recht sein, normalerweise ist es umgekehrt, man bekommt einen Termin und muss dann noch stundenlang warten. Ich wurde mit dem Bett zum Aufzug gebracht, wo wir nach oben fuhren. Dort wartete ich noch eine Weile, bis ich dann zur Schlachtbank geführt wurde. Ich stieg aus dem Bett und legte mich auf die Liege. Die Schwestern waren sehr nett, und schon wurde das Beruhigungsmittel angehängt, nachdem ich noch den Rachen mit einem Betäubungsspray eingesprüht bekommen hatte. Eine der Schwestern meinte, dass es mir nun schummrig werden würde, und dass ich nun einen Rausch bekäme. Ich merkte noch gar nichts und sagte , dass alles noch ganz normal sei. Auf einmal war ich weg. Als ich aufwachte, lag ich auf dem Rücken, und der Schlauch war immer noch im Po. Meine einzige Sorge war, dass sie die Magenspiegelung vielleicht noch nicht durchgeführt hatten, und mir dies nun auch noch ohne Betäubung bevorstand. Aber ich wurde beruhigt, sie waren schon wieder auf dem Rückweg. Ich war hellwach und bekam alles mit. Da ich sehr empfindliche Schleimhäute habe, wie der Arzt meinte, spürte ich es jedes Mal, wenn er eine Gewebeprobe nahm. Dann wurde mir ein Pflaster auf das Bein geklebt, es wurde irgendein Schuss gemacht, so hieß es zumindest laut Kommando, und dann wurde das Pflaster wieder abgenommen. Es war eine Elektrode, um etwas zu veröden. Ich erfuhr, dass ich einen Polypen hatte, der nicht zu bluten aufhören wollte, und so wurde ein Clip gesetzt. Der Arzt gab immer wieder die Richtung an, in die der Schlauch gehen sollte. Er sagte, etwas zurück, und ich freute mich schon, und schon sagte er wieder, noch mal vor. Irgendwann fragte ich, wie lange das noch dauern würde, und er meinte, gleich sei es fertig. Das sagte er aber mehrmals, und ich erinnerte mich, dass ich diesen Arzt schon einmal bei der ersten Magenspiegelung hatte, wo er es genauso machte . Daher meinte ich dann ganz frech, gleich sei ein dehnbarer Begriff. Da mussten alle lachen. Nach einer längeren Prozedur, mehreren Gewebeproben und der Entnahme des Polypen ging der Schlauch endlich aus meinem Po heraus. Wie ich von der Liege wieder ins Bett kam, weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich, dass ich draußen wartete, bis man mich abholte und zurück auf mein Zimmer brachte . Ich war hellwach, aber einige Dinge blieben jedoch nicht gut in Erinnerung. Die Ärztin kam herein und berichtete mir, man habe sowohl im Magen als auch im Darm einige Entzündungen gefunden. Man wisse aber noch nicht, was das sei, und ich befürchtete schon, dass ich vielleicht obendrein auch noch Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa hätte. Ich wollte es gar nicht aussprechen. Irgendwann kam dann die nette Schwester herein und meinte, ich hätte Rotaviren. Warum mir dies die Ärztin nicht gleich gesagt hatte, weiß ich nicht. Im Nachhinein habe ich aber in dem Arztbrief gelesen, man hatte die Rotaviren in der Stuhlprobe gefunden. Diese konnte man erst am Dienstag entnehmen, da ich ja seltsamerweise am Montag, als ich eingeliefert wurde, urplötzlich keinen Durchfall mehr hatte, dieser sich aber ab Dienstag wieder zeigte. Ich war noch etwas daneben, konnte auch den Stuhl mit meinem Schlafanzug nicht finden, da ich wahrscheinlich doch noch mehr durcheinander war, als ich es mir eingestanden hatte. So hatte ich anstatt Rotaviren verstanden, dass ich einen Norovirus hätte, und das verbreitete ich dann auch gleich am Handy, als ein Bekannter von mir anrief. Später erklärte mir die Schwester, es seien Rotaviren. Die seien nicht ganz so schlimm wie das Norovirus. Man bekäme sie von kleinen Kindern, auch ältere Leute könnten sie bekommen sowie Menschen, deren Immunsystem unterdrückt sei. Das war ja bei mir der Fall. Ich war zumindest erleichtert, dass man etwas gefunden hatte, wenn man auch nichts dagegen tun konnte. Diese Viren sollten einfach von selbst ausheilen. Ich war aber immer noch isoliert, und ich hatte mit der Ärztin ausgemacht, dass ich am Sonntag heimgehen wollte. Später kam sie dann und meinte, es würde Montag werden. Denn sie wolle noch das Blutbild abwarten, sodass der Oberarzt entscheiden konnte, ob ich gehen dürfe oder nicht. Am Donnerstag, einen Tag nach der Spiegelung, kam dann ein Pfleger , dem ich versucht hatte zu erklären, dass ich bestimmte Medikamente, die auf dem Medikamentenplan für abends eingeteilt waren, zur Nacht nehme, da sie dann bis zum Morgen wirken konnten. Das hatte die nette Schwester sofort begriffen und hatte auch mit entschieden, ob wir bestimmte Blutdruckmedikamente weglassen konnten, da mein Blutdruck endlich einmal normal war, weil ich ja so stark dehydriert war. So tat sie bestimmte Medikamente, die ich ihr angab, in die Abteilung für nachts. Dieser Pflege hatte das nicht begriffen, und als dann auch noch eine abgepackte Tablette offen erschien, behauptete er, ich hätte diese selbst aufgemacht, und ich hätte ihm gesagt, ich wolle sie später nehmen. Ich erklärte ihm, dass sich das ausschließlich auf das Advagraf bezogen hatte, da ich dieses pünktlich um 10:00 Uhr am Morgen nehmen muss, weil es alle 24 Stunden genau zur selben Zeit eingenommen werden muss. So ging es eine Weile hin und her, und irgendwann bekam ich dann die richtigen Medikamente sortiert , den Rest packte ich dann selbst um. Ich wunderte mich nur, warum der sonst so freundliche Pfleger etwas unfreundlicher war, und warum er mit mir solche Streitereien anfing, wann welches Medikament wohin muss, und dass ich das und jenes nicht gesagt hätte. Ich hatte schon am Vortag etwas zu Mittag erhalten, da ich nach der Darmspiegelung schon sehr wach gewesen war. Ich hatte aber nur wenig essen können. Am Donnerstagnachmittag kam dann eine Schwester und stellte mir mein Tablett mit dem Essen auf den Tisch. Als ich sie fragte, was es denn zu Mittag gäbe, da ich ja eine Orientierungshilfe auf dem Tablett brauchte, meinte sie, ich solle halt nachschauen. Ich war ziemlich brüskiert und traute mich nicht, ihr zu sagen, dass ich blind sei und Hilfe bräuchte. Draußen erklärte man ihr dann, was ich mit hörte, dass ich ja blind sei. Als es dann zur Übergabe kam, hörte ich meinen Namen, und auf einmal schloss der Pfleger die Tür. Ich hörte nur, dass er der Schwester, die Mittagsschicht hatte, erklärte, dass ich behindert sei, und dass man mir bei diesem und jenem helfen müsse. Ich schnappte noch irgendetwas auf nach dem Tenor, dass ich wahrscheinlich gar nicht so blind sei, und dass ich doch viel mehr alleine könnte, und ob ich wirklich so schlecht sehen würde. Das schockierte mich sehr. Ich erzählte das am Telefon meiner Schwester und auch anderen Leuten, die natürlich nur wieder das Pflegepersonal verteidigten, diese wüssten doch nicht, welche Augenkrankheit ich genau hätte. Ich bleibe aber auf dem Standpunkt, dass man mich hätte fragen können, warum ich das oder jenes sehen kann, damit ich mich wenigstens verteidigen kann, wenn solche Verdächtigungen im Raum stehen. Außerdem kann ich von einem ausgebildeten Pfleger oder einer gelernten Pflegerin erwarten, dass sie zumindest kapiert, dass man als blinde nicht automatisch ganz blind ist, denn ich hatte Ihnen ja erklärt, dass ich noch etwas sehen kann, da ich am Anfang danach gefragt wurde. Es gab später noch einige, denen ich das erzählte, die entsetzt waren und zumindest meinen Ärger und meine Traurigkeit darüber verstanden, dass man mir sozusagen Simulantentum vorwarf. An diesem Tag waren die Schwestern insgesamt besonders unfreundlich. Am Abend brachte mir eine das Essen und berichtete dann draußen, sie habe beobachtet, dass ich tatsächlich nur geradeaus schaue, somit bestätigte sie, dass ich wohl tatsächlich blind sein müsse. Danach waren sie auch wieder freundlicher. Ich kann mir das nur so erklären, dass ich angab, dass mir etwas Bestimmtes aufgefallen sei. In der Toilette war nämlich eine schwarze Schicht, wobei ich dachte, das sei eine Schutzschicht, oder eine Einlage, damit man die Proben besser entnehmen könne, obwohl man mir ja eine Bettpfanne auf die Schüssel gesetzt hatte, damit man die Proben leichter entnehmen konnte. Da hatte ich die sehr engagierte Schwester gefragt, was das Schwarze in der Toilette sei, und sie antwortete etwas verlegen, das seien Alterserscheinungen der Kloschüssel. Am nächsten Tag war die Toilette auch heller. Der Kontrast war zuvor so scharf, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es sich tatsächlich um Alterserscheinungen handelte, und dass es wahrscheinlich ein Missverständnis gab, da irgendetwas als Einsatz in der Toilette war, dass so einen starken Kontrast hatte, dass ich es erkennen konnte. Denn ich sehe nun wirklich nicht mehr gut genug, um irgendwelche Gebrauchsspuren an einer Toilettenschüssel zu erkennen. Wahrscheinlich hat die Schwester dies den anderen erzählt, wodurch dann der Verdacht aufkam, ich sei doch nicht blind. Natürlich verstehe ich, dass die Menschen nicht wissen, dass es Augenkrankheiten gibt, wo man ein stark eingeschränktes Gesichtsfeld hat, dennoch aber die kleinsten Details einer Sache erkennen kann. Dies war bei mir früher so, aber auch im Zentrum habe ich mittlerweile jetzt einen so schwachen Visus, dass ich auch im Zentrum sehr wenig sehe. Am Freitag wurde ich häufiger mal gefragt, ob ich denn bereits Stuhlgang hatte. Außerdem wurde ich häufig auch mal gefragt, ob noch Durchfall da sei. Gott sei Dank war das nicht mehr der Fall. Am Freitag brachte mir wieder die Schwester das Essen, die mir einfach das Tablett hingestellt hatte und meinte, ich könne doch schauen. Dieses Mal brachte sie mir Hähnchen mit Reis, und sie sagte mir sogar, was auf dem Teller war. Als Ich sie fragte, wo denn der Nachtisch und wo der Salat stünde, meinte sie, ich solle das selbst ausprobieren. Ich sagte ihr, dass ich doch blind sei, da meinte sie, das wisse sie ja. So hätte ich mit der Gabel erst einmal in den Nachtisch und dann in den Salat stechen müssen, wenn ich nicht weiß, welches welche Schale ist. Oder umgekehrt, ich hätte erst mit dem Löffel im Salat herumgestochert und dann wäre ich damit in den Nachtisch gegangen. Zum Glück konnte ich ertasten, dass aus dem Salatschälchen einige Blätter herausstanden. Und ich konnte den Nachtisch erkennen, es war ein roter Kompott. Dennoch fand ich das ziemlich ärgerlich, dass sie mir nicht einfach sagen konnte, wo was steht. Übrigens hatte ich zu Beginn, als ich gefragt wurde, wo ich denn Hilfe bräuchte, genau dies angegeben, nämlich, dass ich Hilfe brauche, mich auf dem Essenstablett zu orientieren, wo was steht. Am Freitagabend wollte dann die Schwester die Infusion anhängen, aber die Vene war geplatzt. So musste noch einmal neu gestochen werden. Ich war mittlerweile wirklich schon verzweifelt, da man leider nur die rechte Hand nehmen wollte, an der linken sei ja der Shunt, daher wolle man hier nicht stechen. So musste der Arzt geholt werden, der dann wieder eine Nadel setzen musste, um einen neuen Zugang zu legen , und ich war schon ziemlich verzweifelt und sauer, dass schon wieder diese Prozedur über mich kommen würde. Ich glaube, ich hatte in meinem Leben weniger menschliche als medizinische Körperkontakte. Als der Arzt kam, fragte er mich, wie es mir denn gehe, und ich sagte ihm, das interessiert wahrscheinlich sowieso keinen. Er meinte, doch, er wolle wissen, wie es mir geht. Ich sagte ihm, körperlich gut. Da meinte er, niemandem gefällt es im Krankenhaus. Ich sagte ihm, dass das mit dem Krankenhaus nichts zu tun hätte. Ich meinte, er könne doch wenigstens mal nachfragen, was los sei. Er behauptete natürlich, er hätte erst einmal mich ausreden lassen wollen, er hätte dann schon noch gefragt. Ich sagte ihm, dass ich zwei Schritte vor und zwei Schritte zurück gehe, dass es einfach nicht weitergeht, und dass ich es langsam nicht mehr aushalte, dass man mich dauernd sticht, mir dauernd weh tut, und dass ich so viele Baustellen hätte. Da meinte er nur, ich hätte doch schon so viel geschafft, ich solle noch mehr Geduld haben. Ich sagte ihm, dass irgendwann die Geduld auch einmal ausgeht, und dass ich schon zuvor viele Misserfolge gehabt hätte, und dass es mir daher besonders schwer fällt, wenn es jetzt nicht klappt. Da meinte er, ich hätte doch nun genug Geduld bewiesen, daher könne ich jetzt so weitermachen. Ich hätte doch jetzt eine neue Niere, da seien die Karten doch jetzt wieder neu gemischt. Ich war total verzweifelt, und er meinte, er würde der Ärztin Bescheid geben, dass sie den Sozialdienst für mich bestellt. Das ginge aber am Wochenende nicht, da sei keiner da, auch kein Seelsorger. Ich klagte der Schwester mein Leid, aber die meinte nur, sie könne ja auch nichts dafür, sie könne auch nichts daran ändern. Ich sagte ihr, aber aussprechen wird man es doch wohl noch dürfen. Sie habe keine Zeit, sie müsse jetzt gehen. Ich rief beim Krisendienst an und bat um einen Rückruf, sobald man wieder da sei. Denn es war nur der Anrufbeantworter dran gegangen. So rief ich bei der Telefonseelsorge an und hatte Glück, die Frau meinte, das sei schrecklich, und es täte ihr selbst in der Seele weh. Sie würde mit Menschen so arbeiten, dass sie sich mit ihnen freut, wenn es besser wird, und mit ihnen weint, wenn es schlimmer wird. Ich sagte ihr, dass ich so jemanden auch gerne hätte, und ob ich mir auch so etwas wünschen dürfte. Da meinte sie, ja, wünschen dürfe man sich alles, sie könne sich schließlich auch einen Lottogewinn wünschen. Das fand ich ziemlich abwertend, es ging mir darum, ob mein Wunsch, auch so etwas zu kriegen, legitim sei. Sie meinte, sie selber würde so arbeiten, ob andere das tun, könne sie ja schließlich nicht wissen. Zumindest unterhielten wir uns dann noch eine Weile, und sie wünschte mir, dass ich Glück hätte und so jemanden finden würde. Am Samstagmorgen schmierte mir zu meiner Überraschung die Schwester, die mir zuvor mit dem Tablett nicht geholfen hatte, mein Brötchen, da ich auf der Toilette etwas länger brauchte. Mir Ging es schon etwas besser, aber ich war schon traurig und sauer, dass mir überhaupt niemand half, oder dass es nicht einmal in solchen Krisensituationen eine Hilfe gibt. Ich sagte nämlich zu der Schwester, die am Abend zuvor keine Zeit für ein kleines Gespräch hatte, was würden Sie denn tun, wenn ich mich jetzt umbringen würde? Da meinte sie, sie würde lediglich einen Psychiater anrufen, der würde dann sagen, was man mir spritzen muss. Kommen würde da jetzt auch keiner, notfalls würde man mich einfach in die Psychiatrie stecken. So etwas wäre natürlich auch keine Hilfe. Am Samstagnachmittag wollte ich raus, da ich mich schon besser fühlte, und ich wollte eigentlich in der Cafeteria einen Eiskaffee trinken oder einen Cappuccino. Regelmäßig bekam ich noch zwei mal am Tag Infusionen mit einem harntreibenden Mittel, um das Calcium noch auszuschwemmen . Aber ich dachte mir, ein Cappuccino in Ehren kann keiner verwehren, zumal ich mich ja ansonsten sehr streng an die calciumarme Diät hielt. Die Schwester meinte, man würde am Nachmittag den Pfleger fragen, der Dienst hat, und der würde mich dann wahrscheinlich schon rauslassen, solange ich keine fremde Toilette benutzen würde. Der Pfleger kam und meinte, auf keinen Fall dürfe ich raus. Er habe mit der Ärztin gesprochen, ich sei noch in Isolation. So war ich schon etwas enttäuscht, dass ich jetzt, da es so schönes Wetter war, im Bett liegen musste, da es mich richtig nach draußen drängte. Am Nachmittag rief dann ein Bekannter von mir an, dem ich schon Nachhilfe in Englisch gegeben hatte, er wolle mich am Sonntag besuchen. Auch bat ich eine Freundin von mir, mich anzurufen, da ich jetzt wirklich einen Freund brauchte. Zuvor hatte ich mit einer selbstbetroffenen Frau SMS geschrieben, aber ich fand nicht viel Verständnis bei ihr, sie meinte, es würde mir doch nichts helfen, wenn man mich bemitleidet. Sie habe Juckreiz, sie müsse damit kämpfen, das käme von der Dialyse, und sie hätte viel geweint. Ich sagte ihr, ich hätte auch Neurodermitis, aber ich habe nie geweint, zumal mich sowieso keiner getröstet hätte. Zumindest konnte ich ihr Nachtkerzenöl empfehlen. Es macht überhaupt keinen Sinn, anderen Menschen klarzumachen, wie es mir geht, kein Mensch versteht das. Ich sagte ihr, unsere Unterhaltung per SMS hätte überhaupt keinen Sinn, und wenn sie sowieso nur glaubt, dass ich Mitleid will, sollten wir den Kontakt hier erst einmal auf Eis legen. Meine Freundin hat mich dann zumindest Gott sei Dank unterstützt, und sie hat mir Verständnis gezeigt. Leider war sie noch auf einem längeren Ausflug, so konnte ich erst am Sonntag mit ihr sprechen. Als abends der Pfleger das Essen austeilte, fragte ich ihn, ob es auch Suppe gäbe. Da meinte er, das müsse man extra bestellen. Er empfahl mir, die Suppe lieber zum Mittagessen zu nehmen, da sie abends schon kalt sei. So bat ich ihn, eine Suppe für mich zu bestellen, und er meinte, er habe für mich eine große Suppe bestellt. Darauf freute ich mich schon sehr. Ich nahm an, dass es sich hier um eine Vorsuppe handelt, und dass ich auch ein schönes Hauptgericht bekomme. Am Sonntag freute ich mich auf ein Stück Kuchen, aber leider war die Freude umsonst, es gab keinen. Ich dachte, ich würde jetzt zu Mittag ein richtig schönes Essen bekommen. Schließlich war ja Sonntag. Als die Schwester das Essen austeilte, standen bei mir nur zwei kleine Töpfe mit Suppe darauf. Ich fragte sie, wo denn mein Hauptgericht bliebe, und sie meinte, ich hätte doch nur eine große Suppe bestellt. Ich hatte mich schon gewundert, warum der Pfleger eine große Suppe bestellt hatte, dachte aber, vielleicht meinte er es besonders gut mit mir, und wenn ich die Suppe nicht schaffen würde, könnte ich ja dann den Rest stehen lassen und mich dem Hauptgericht zuwenden. So fragte ich sie, als eben kein Hauptgericht auf dem Tablett war, ob sie etwas für mich nachbestellen könnte. Sie meinte, das ginge nicht. Ich war wirklich in Tränen aufgelöst, zumal ich tagelang wegen meiner Infektionen und wegen der Untersuchungen nicht essen durfte und seit Samstag endlich wieder richtigen Appetit hatte. Außerdem fand ich es traurig, dass eine Schwester, die sieht, wie sehr ich abgenommen hatte, und wie dringend ich etwas zu Essen nötig hatte, nicht das Herz hat, mir zumindest ein paar Scheiben Brot zu bringen oder sich Mühe zu geben, nachzuschauen, ob vielleicht ein Gericht übrig geblieben war. Schließlich rief ich selbst an der Pforte an und bat, mich mit der Küche zu verbinden. Ich sagte denen, dass ich schwerstmehrfach behindert sei, dass ich schweren Durchfall gehabt habe, tagelang nichts richtiges essen konnte und nun endlich Hunger hätte, dass aber aufgrund eines Missverständnisses nur Suppe gekommen sei, und die Schwester behauptet hatte, man könne keine Hauptspeise mehr nachbestellen. Die Frau in der Küche meinte, dass dies selbstverständlich ginge, und das aber nun der Dienst, der die Hauptspeise bringen könnte, nicht mehr da sei, da dies nur bis 12:30 Uhr möglich sei. Sie würde aber auf Station anrufen und die Schwester bitten, das zu Recht gestellte Essen in der Küche abzuholen. Ich hörte, dass draußen das Telefon klingelte. Ich wartete und wartete, aber kein Essen kam. Da dachte ich, vielleicht hat die Schwester es abgelehnt, in die Küche zu gehen, um mir eine Hauptspeise zu holen. Somit rief ich nochmals bei der Küche an, wobei mir dann die Frau von der Küche sagte, die Schwester sei bei ihr genauso unfreundlich gewesen, und das sie die Küche nicht verlassen dürften, ihre Kollegin aber Verständnis hätte und etwas Luft, daher würde sie, falls alle Stricke reißen, mir das Hauptgericht selbst bringen. Das fand ich total nett. Da fragte ich einmal vorsichtig an, ob es wirklich so sei, dass die Schwester kein Essen nachbestellen könne, oder ob das schon ginge. Da meinte die Frau von der Küche, das ab 12:30 Uhr die Schwester das Essen selbst verständlich noch bekäme, sie müsste es aber selbst holen. Die Schwestern würden aber an solche Dinge nicht denken. Ich konnte ja nicht so direkt fragen, ob die Schwester nur einfach keine Lust gehabt hatte, oder ob es an der Küche liegt, und es wirklich stimmt, dass man nichts mehr nachholen kann. In dem Moment informierte mich die Frau von der Küche am Telefon, dass das Essen gerade abgeholt worden sei. In dem Moment ging auch die Türe auf, und die Schwester knallte es mir auf den Tisch, wobei ich der Frau am Telefon mitteilte , dass das Essen nun da sei. Die Schwester hatte das Tablett abgestellt, ohne mich zu fragen, ob ich Hilfe bräuchte und rauschte wieder nach draußen ab. Es war ziemlich schwierig, den Teller auf dem Tablett zu mir heranzuziehen, da ich erst einmal einige Umbauarbeiten leisten musste, um die der vorstehenden Schüsseln beiseite zu schieben. Ich hätte das Tablett nicht drehen können, sonst wäre es womöglich noch runtergefallen. So hatte ich die Schwester verärgert, aber ich fand, dass sie es verdient hatte, vorgeführt zu werden, denn die Frau von der Küche hat genau verstanden, was los war. Vorweggenommen sei schon mal, dass die Schwester am nächsten Tag wieder ganz normal war und mir, als ich Heim fuhr, sogar noch eine ganze Tube Wundsalbe mit gab, da ich sie brauchte. Dennoch finde ich so ein Verhalten ziemlich blöd. Um ungefähr halb drei Uhr kam dann der bekannte von mir, der sich mit Mundschutz, Handschuhen und Papierschürze verhüllen musste, und nachdem wir uns eine Weile unterhalten hatten, bat ich ihn, mir ein Eis und einen Cappuccino zu bringen. Er hat mich sogar dazu eingeladen. Der Kaffee kam zwar aus dem Becher, aber er schmeckte doch ganz gut. Er musste dann auch relativ schnell wieder weg, obwohl ich ganz gerne noch etwas Unterhaltung gehabt hätte. Aber dennoch war ich froh, dass er mich besucht hatte. Am Abend war der Pfleger wieder da, der mir die große Suppe bestellt hatte. Ich erzählte ihm von dem Missverständnis, dass nur zwei Schalen Suppe gekommen seien aber kein Hauptgericht, und er behauptete, er habe mich doch gefragt, ob ich eine große oder eine kleine Suppe wollte, und bei der großen Suppe gibt es kein Hauptgericht. Später kam er dann herein und erklärte mir, dass es am Computer gelegen habe, denn wenn man ein Diätessen bekommt wie ich zum Beispiel die calciumarme Kost, gibt es automatisch keine Suppe. Das lässt der Computer nicht zu. Daher kam zu den beiden Schüsseln Suppe eben kein Hauptgericht. Das läge daran, dass in der Suppe zu viel Kochsalz sei. Ich erklärte ihm, dass Kochsalz aus Natriumchlorid bestünde, es sich bei mir aber um eine calciumarme Diät handele, da ich schließlich meine Elemente kennen würde. Ich meinte dann noch so halb im Scherz, man sollte doch denen, die für diese Bestellungen zuständig seien, noch einmal Nachhilfe in Chemie und Biologie geben. Zumindest fand ich diese Praxis ziemlich idiotisch. Am nächsten Tag sollte ich ja entlassen werden, wobei mir noch immer nicht klar war, ob das jetzt so laufen würde oder nicht. Die Ärztin sollte noch einmal zu mir kommen, aber man hörte nichts von ihr. Mittlerweile rief mich der Krisendienst zurück und meinte, ich könne doch mit dem Sozialdienst des Krankenhauses sprechen. Meine Absicht war es nämlich, den Ärzten klarzumachen, dass ich noch andere Baustellen hätte, und dass sie vielleicht mehr Verständnis für meine Ungeduld und meine Verzweiflung haben könnten, wenn sie einen gewissen Hintergrund von mir hätten. Da hat eben der Krisendienst vorgeschlagen, das könne doch der Sozialdienst übernehmen. Ich rief also selbst dort an, da ich mir nicht sicher war, ob die Ärztin das nun gemacht hatte. Dort sagte man mir, die Ärztin habe schon eine Eingabe gemacht, aber man wisse nicht, ob heute noch Zeit sei. Die Schwester war zuvor gekommen, um mir das Mittagessen zu bringen, und ich war schon ganz verzweifelt, da ich wieder einmal sehr lange gewartet hatte, bis jemand kam, um mich mitsamt dem Infusionsständer zur Toilette zu bringen, weil ich dann auch irgendwann Schmerzen bekomme, und da ich noch immer nicht Bescheid wusste, ob ich nun gehen dürfe oder nicht. Die Schwester meinte, sie habe mir dies doch deutlich gesagt, wobei ich erwiderte, dass ich ihr erklärt hatte, dass das noch nicht sicher sei, schließlich habe man ja die Isolation noch nicht aufgehoben. Sie meinte, ich solle mir halt das herauspicken, was mir am besten gefällt, wobei ich ihr sagte, dass ich so viele Informationen bekommen hätte, die Isolation sei aufgehoben, sie sei doch nicht aufgehoben, ich dürfe Heim, ich müsse erst auf das Ergebnis der Stuhlprobe warten, da ich erst am Samstag eine abgeben konnte. Dann hieß es wieder, ich könne heute nach Hause, dann wieder, ich müsse noch einen Tag warten. Ich hatte also den Sozialdienst der Klinik gebeten, falls sie an diesem Montag vor meiner Entlassung nicht mehr kommen könnten, dass sie mich zu Hause anrufen mögen. Tatsächlich kam noch eine Frau vom Sozialdienst, der ich kurz mein Anliegen schilderte, und sie schlug vor, dass ich mit der Psychosomatik über das Problem sprechen sollte, damit dort jemand vielleicht mit den Ärzten über meine soziale Situation rund um meine Erkrankung sprechen könnte. Sie würde die Ärztin darum bitten, dass sie einen Auftrag an die Psychosomatik gibt. Ich fürchtete schon, dass da wieder nichts draus würde, und ich weiter allem nachlaufen müsste. Mittlerweile war die Ärztin einmal gekommen, sie hatte mir den Medikamentenplan kurz erklärt und die aktuellen Werte. Als ich sie auf den Sozialdienst angesprochen hatte, meinte sie, sie müsse da noch nachfragen, kam aber nicht mehr. Somit war der Sozialdienst gekommen, nachdem ich mit einer Frau dort telefoniert hatte. Nachdem die bestellte Frau dann da war, kam die Ärztin aber auch nicht mehr. Ich zog mich an und bestellte mein Taxi, und als dieses kam, sagte ich, wir würden jetzt gehen, egal, den Arztbrief könne ich ja später noch bekommen, wenn das so lang dauert. Zuvor hatte man mir gesagt, dass es noch eine Weile dauern würde, aber als der Taxifahrer da war, waren auf einmal urplötzlich alle Papiere fertig. So gab mir also diese Schwester vom Sonntag noch die Wundsalbe mit, der Taxifahrer hatte seinen Taxischein und ich meinen Arztbrief. Wir fuhren nach Hause, und ich erklärte dem Taxifahrer, der eine Woche zuvor nicht extra von weit her kommen wollte, um mich diese kurze Strecke von der Transplantationsambulanz ins Krankenhaus zu fahren, dass der andere Taxifahrer ziemlich hin gelangt hätte mit dem Preis. Er nahm den anderen Kollegen aber in Schutz, und als ich ihm sagte, es gebe doch noch sowas wie Menschlichkeit, meinte er, er sei doch jetzt auch menschlich, er würde mich ja jetzt schließlich nach Hause fahren. Wobei aber der Nachhauseweg wesentlich länger ist, und er ja schließlich auch was dafür kriegt. Da ich glaubte, dass die Frau vom Sozialdienst wahrscheinlich nicht tätig geworden war, rief ich selbst bei der Psychosomatik an, um einen Termin auszumachen. Erst im September hätte man wieder einen Termin frei. Am nächsten Tag rief mich tatsächlich die Station an und sagte, ich hätte bereits am Montag den 25. einen Termin bei der Konsiliarärztin, das sei eine spezielle Ärztin, die nur für Leute mit Nierenerkrankungen zuständig sei. So konnte ich also den anderen Termin aus der Psychosomatik für September wieder absagen. Leider waren bei der Entlassung noch Viren im Stuhl nachweisbar, das hat man mir dann auch mitgeteilt, als man mich wegen des Termins mit der Psychosomatik anrief. Ich solle in zwei Wochen noch einmal einen Test machen, es könne sein, dass ich Dauerausscheiderin für Rotaviren werden würde, und dann müsse ich auf öffentlichen Toiletten immer aufpassen, das wäre dann noch eine zusätzliche Einschränkung. Dann gab man mir noch die aktuellen Medikamente durch, wobei ich dann am nächsten Tag schon zur Transplantationsambulanz ging und am Freitag darauf schon wieder in die Uniklinik zum Inhalieren musste. Im Moment habe ich am Tag ungefähr zwei Arzttermine. Es gibt kaum noch einen Tag, wo ich nicht zum Arzt muss. Nun, da ich zu Hause bin, sind die Durchfälle wiedergekommen, aber nicht zu stark. Ich hoffe, dass sie wegbleiben. Ich kann auch nur noch hoffen, dass ich nicht zur Dauerausscheiderin von Rotaviren werde. Ich war noch ziemlich geschwächt, aber ich wollte unbedingt nach meiner Heimkehr einen Cappuccino trinken gehen, da ich vergessen hatte, dass ich selbst im Kühlschrank noch Milch hatte. Tatsächlich war die Maschine, die den Cappuccino macht in der Bäckerei kaputt. Als ich fragte, ob es Eiskaffee gäbe, hieß es, man habe keine Gläser mehr. Ich bekam dann den Eiskaffee in einem Cola Glas, aber er schmeckte furchtbar, er war total klumpig. Hinterher stellte sich heraus, dass ich noch eine Milch im Kühlschrank gehabt hätte. Die Woche nach dem Krankenhausaufenthalt war ziemlich anstrengend, da ich ja auch noch erkältet war, und als ich am darauffolgenden Donnerstag ziemlich viel zu tun hatte, wäre ich fast zusammengebrochen, weil ich keine Luft mehr bekam. Daher kam dann jemand von unserem Blindenverband, der mir half, die Wäsche noch vollends einzuräumen. Nun bin ich schon wieder etwas auf dem Damm, wenn auch der Husten noch nicht ganz weg ist, und ich noch zum Röntgen musste, um sicherheitshalber nachzuschauen. Das wollte man eigentlich im Krankenhaus machen. Auch wollte man im Krankenhaus ein Szintigramm der Nebenschilddrüsen machen, dies wurde aber von der nuklearmedizinischen Abteilung abgelehnt, da man Ansteckungsgefahr befürchtete, obwohl ich ja eigentlich dort nur mit der Kamera um den Hals gefahren bekommen hätte. Nun muss ich diesen Termin auch noch zu Hause machen. Ich hoffe, dass ich jetzt so schnell nicht mehr ins Krankenhaus muss, und sich die Drehtüre endlich einmal von außen schließt. Im Oktober muss ich ja dann noch die Nebenschilddrüsen heraus operiert bekommen, und ich hoffe, dass ich bis dahin von Krankenhäusern erst einmal Ruhe habe.

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