Sonntag, 13. Mai 2018

Das nächste Auge Bitte !


Nachdem ich im September 2008 mein rechtes Auge am grauen Star operieren ließ, habe ich mich jetzt entschlossen, auch das linke operieren zu lassen. Ich habe zehn Jahre gewartet, denn das linke Auge ist mein besseres (gewesen). Ich hatte erst das schlechtere machen lassen, da ich dachte, wenn da was schief geht, hast Du nicht allzu viel zu verlieren. Mein heiliges Auge, da wollte ich damals noch keinen ranlassen. Während meiner Dialysezeit haben meine Augen so stark geflimmert, dass ich sowieso fast nichts sehen konnte. Jetzt, da das Augenflimmern etwas, minimal, besser wurde, habe ich gedacht, ich wage jetzt diesen Schritt. Es ist wirklich ein Wagnis, zumal ich von zwei verschiedenen Leuten gehört habe, dass ihr Auge bei einer Operation am Grauen Star verloren ging. Mittlerweile ist aber das linke Auge so schlecht, dass es fast schon wieder egal wäre, wobei ich natürlich nicht weiß, wie es denn wirklich ohne dieses linke Auge wäre. Mit dem rechten habe ich früher überhaupt nichts anschauen können, da ich zwar damit sehen konnte, das Auge aber so schwach war, das es mir schon schlecht wurde, wenn ich es nur einsetzte, was man  wohl Amblyopie  nennt. Früher hat dieses Auge dann geschielt, weil es dann, weil es eben vom Gehirn ausgeschaltet wurde, einfach nach oben rechts abgewandert war. Das habe ich mir in einer kosmetischen Operation 1998 richten lassen. Ich habe auch Übungen mit  dem Finger zur Konvergenz gemacht, bei  denen der Finger immer  näher  kommt, um beide Augen  dazu  zu bringen, dass sie  auf diesen  Punkt schauen, damit das rechte Auge nicht, wie man mir damals  vage prognostiziert hatte,  zwischen drei Monaten und 30 Jahren wieder nach oben abwandern würde, wenn der Augenmuskel sich wieder verlängert und ausleiert. Das ist zum Glück nie passiert, dank des guten Professors aus Heidelberg, der das damals operiert hatte. Da ich aber jetzt dauernd das rechte Auge benutzt habe, hat sich diese Gefahr sowieso nie ergeben, denn es war ja laufend im Einsatz und hatte keine Zeit, sich selbst irgendwo in  einer Ecke zu parken. Und mittlerweile war es so gut geworden, da das andere ja durch  die Cataract im Verhältnis ziemlich schlecht geworden ist. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mit dem rechten Auge mal unter dem Lesegerät ein paar Buchstaben entziffern würde. Das dauert 2 Minuten lang, bis ich ein Wort gelesen habe, aber immerhin reicht es aus, um zu erkennen, um welchen Brief oder welche Art Post es sich handeln könnte. Das meiste, wenn ich sehe, dass es besonders wichtig ist, wird dann sowieso eingescannt.

 

Auf der linken Seite ist nun der Nebel so  dicht, dass ich mich entschlossen habe, es zu versuchen. Einer meiner rein ökonomischen Gründe war auch der, dass ich das Lesegerät über kurz oder lang wahrscheinlich von meinem Schreibtisch bannen muss. Das Schlaf-Arbeitszimmer ist extrem klein,  so dass ich mich  beim  Umziehen  häufiger  an  der Tischecke anstoße, und dass das Bett  wie  in  einem Alkoven eingepfercht ist. Daher überlege ich mir dauernd, den Schreibtisch etwas zu verkürzen, also die Schreibtischplatte kleiner sägen zu lassen und den Rest der  Platte dann als Konsole zu benutzen, weil  ich da jetzt ein hässliches Brett zu liegen habe, auf dem meine ganze Peripherie vom Computer wie Kartenleser oder USB-Hubs drauf liegen. Ich dachte, entweder das linke Auge wird jetzt, dann kann ich das Lesegerät wieder mehr einsetzen, oder es wird nicht, dann würde ich es endlich weg geben. Es ist aus dem Jahre 2006 und würde sowieso niemandem mehr dienen können, da es normalerweise zu keinem der heutigen PCs mehr kompatibel ist. Bei mir geht es noch halbwegs, wenn man auch nicht mehr problemlos zwischen Bildschirm und Computer hin- und herschalten kann. Man kann auch den Bildschirm teilen zwischen Lesegerät und Computer, das würde sogar noch funktionieren. Aber mit meinem Gesichtsfeld und meinen sie vermögen würde mir das nicht mehr viel bringen. Somit dachte ich mir, das ist jetzt ein guter Zeitpunkt, diesen lästigen Schleier vielleicht für immer loszuwerden, oder eben das Risiko einzugehen, dass das Auge ganz und gar verschwindet. Dann hätte ich immer noch das rechte, welches mittlerweile ganz gut trainiert ist.

 

Somit habe ich mich entschieden, wieder zu dem Opera Tür zu gehen, der mir 2008 bereits den  grauen  Star  am rechten Auge entfernt hatte. Damals meinte er, ich verspreche Ihnen nichts, wenn sie nach dem rechten Auge nicht wiederkommen, kann ich sie natürlich am linken nicht operieren. Als er das Auge operiert hatte, stellte sich ein kleiner Erfolg ein. Aber nach zwei Wochen hatte ich schon einen nach Star, der dann nach zwei Monaten gelasert wurde. Danach kehrte das Sehvermögen nie wieder so schön wie unmittelbar nach der OP zurück. Aber etwas besser  wurde  es schon, und durch die konsequente Nutzung dieses rechten Auges konnte ich ein bisschen schärfer damit sehen. Somit dachte ich mir, ich versuche jetzt, dem Ganzen noch eins drauf zu setzen und das linke Auge zu machen.

 

Das Augenflimmern ist noch nicht weg, ich sehe immer noch alles in verschiedenen Farben, und manchmal flimmert es noch ziemlich stark. An guten Tagen ist es aber schon so, dass ich recht gut durchschauen und immerhin mit der rechten Seite recht viel erkennen kann.

 

Somit machte ich einen Termin, und ich erhielt relativ zeitnah einen. Ich musste in  eine  andere Großstadt  in der Nähe fahren, und danach ging es noch mit der S-Bahn weiter in  eine Kleinstadt in der Umgebung. Ich fragte mich, ob der Arzt sich noch an mich erinnert oder nicht. Wahrscheinlich hat er noch nie einen Patienten gehabt, der nach zehn Jahren kam, um sein anderes Auge machen zu lassen. Die meisten lassen sich ja den grauen Star unmittelbar nach der Operation des einen Auges dann auch im anderen entfernen.

 

Die Fahrt war problemlos, wenn ich auch etwas auf die Umsteigehilfe warten musste, denen zuerst das falsche Gleis genannt wurde, und daher kamen sie etwas spät. Sie hatten ein kleines Fahrzeug dabei, mit dem sie mich zum S-Bahnhof fuhren. Der ist etwas tiefer gelegt genau auf dem selben Hauptbahnhof.

 

In der S-Bahn war eine Schulklasse mit einem Jungen im Rollstuhl. Als diese ausstiegen, blieb noch eine Frau im  Wagen, die ebenfalls mit dieser Klasse unterwegs war. Als ich in der Kleinstadt angekommen war, wo ich raus musste, erkundigte ich mich, wo der Taxistand sei. Die Frau bot mir an, mich zu Bushaltestelle zu begleiten. Ich sagte ihr, dass ich aber dann, sobald ich ausgestiegen wäre, nicht weiter kommen würde. Tatsächlich fuhr sie die ganze Zeit mit, stieg zusammen mit mir aus, und wir fanden auch den Augenarzt. Sie brachte mich noch in den ersten Stock und ging erst dann, als sie mich bei der Rezeption abgeliefert hatte. Ich fand das wunderbar, dass es noch solche Menschen gibt. Ich wünsche ihr, dass ihr im Leben viel Gutes widerfahren wird. Sie war ziemlich gut sensibilisiert, was Behinderung angeht, da sie ja diesen Rollstuhl fahrenden Schüler hatte. Sie war Schulbegleiterin und unterstützte ihn in der Regelschule.

 

Beim Augenarzt angekommen musste ich nicht sonderlich lange warten, hatte aber auch durchgegeben, dass um 18:11 Uhr mein Zug bereits wieder nach Hause fahren würde. Der Termin war um 16:30 Uhr. Zunächst wurden die Augen gemessen, damit man die Dioptrienzahl sehen würde. Danach kam ich zum Arzt rein. Wenn er überrascht gewesen wäre, dann muss er es ziemlich gut verborgen haben, denn er nahm das alles ziemlich selbstverständlich. Ich wusste auch nicht, ob er mich wieder erkannt hat. Er schaute sich meine Augen an und wunderte sich, dass sich noch kein Nachstar gebildet hatte, und ich erklärte ihm, dass dies bereits nach zwei Wochen der Fall war, und dass man ihn zwei Monate nach der OP dann schon weg gemacht hätte. Auf meine Frage, ob ich denn den grauen Star am linken Auge wegmachen lassen sollte, meinte er, er könne schon selbst nicht mehr durchschauen, und bei blinden Augen würden häufig Tumoren entstehen oder anderer Ärger, den dann auch der Arzt nicht mehr sehen könnte, wenn dieser graue Nebel bestünde. Daher alleine schon wäre es ratsam, den Star wegmachen zu lassen. Vor der ärztlichen Untersuchung war noch die Untersuchung der Sprechstundenhilfen, wo sie mein Sehvermögen testen wollten. Dies geschah unter denkbar ungünstigsten Bedingungen. In einem ziemlich stark abgedunkelten Raum hielt mir eine Frau die Finger vor die Augen und fragte, wie viel ich denn davon noch sehen würde. Ich erklärte ihr zunächst mal, dass ich Retinitis pigmentosa hätte, nachtblind sei und ein kleines Gesichtsfeld hätte, und dass ich so ihre Finger unmöglich erkennen könnte, die  ich  ja erst mal finden  musste. Dann hielt sie mir eine Tafel hin, wobei ich erst mal klarmachen musste, dass ich die Tafel erst mal in meinem  Gesichtsfeld finden müsste. Wenn ich mal etwas in meinem kleinen Fokus drin habe, kann ich noch relativ viel erkennen. Dann hielt sie mir ihre Finger vor die Tafel, und dann sollte ich noch einige Buchstaben lesen, wobei mit meinem linken Auge nur noch schwarzer Vogeldreck zu erkennen war. Ich erklärte ihr dann, dass sie am rechten Auge auch noch mal die Hand davorhalten sollte, denn dann könnte ich zumindest einmal vor dem weißen und sehr hellen Hintergrund ihre Finger erkennen. Ich konnte mit rechts aber sogar noch einige Buchstaben und Zahlen lesen, und somit erübrigte sich der Test mit der Hand. Ich sehe eigentlich noch wesentlich mehr als das, was dort herausgefunden wird, da die Seetests meistens unter Bedingungen abgehalten werden, unter denen ich sowieso nichts erkennen kann. Demnach wäre ich ja dann ganz blind.

 

Der Arzt erklärte mir dann, dass die Kasse einige der Untersuchungen nicht übernehmen würde. Ich kam ziemlich durcheinander und hab erst mal gar nichts kapiert. Ich erklärte ihm, dass ich unterwegs sei und deshalb nicht unbedingt weit getropft werden wollte, da ich ja dann auch sehr blendungsempfindlich sei. Ich verstand dann irgendwie aus diesem ganzen Chaos heraus, dass die Messung meiner Linse mit dem Laser gemacht werden konnte, und dass dies , je  nach Genauigkeit  der Ermittlung  der Brechkraft entweder mehr  als  ca. 200 oder etwas mehr als  100 EUR kosten würde, und dann käme noch eine Untersuchung des Augenhintergrunds dazu, eine sogenannte optische Kohärenztomographie, OCT, die auch von der Kasse nicht bezahlt würde. Die würde dann noch mal 95 EUR kosten, insgesamt wäre ich dann bei 214 EUR. Denn bei mir  sei es nicht notwendig, die Brechkraft  so  genau zu ermitteln, und man wolle mich ja  nicht  total  ökonomisch  ruinieren, daher  wäre  die günstigere Variante  bei mir ausreichend, und  daher koste der Laser  nur  119 Euro.  Ich hab dann überhaupt nicht mehr kapiert, was jetzt genau eigentlich untersucht wird, und bei welcher Untersuchung jetzt genau weit getropft werden muss, und bei was dann doch wieder nicht. Ich unterschrieb dann, dass ich die Kosten übernehmen würde und steckte auch gleich meine EC-Karte in den Kartenleser der Praxis, und die 214 EUR wurden sogleich abgebucht. Dann habe ich irgendwie kapiert, dass es sich um ähnliche Untersuchungen handelt, die 2008 schon mal gemacht wurden, bei welchen die Linse vermessen wird, damit der Arzt die richtige Größe bestellen kann. Damals hatten wir mit dem Ultraschall versucht, die Größe zu messen, wobei ich mich nicht mehr erinnern konnte, ob ich damals weit getropft wurde oder nicht. Der Ultraschall hat damals wegen  dem Nystagmus nicht geklappt, daher mussten wir es mit dem Laser machen, den ich auch damals  schon selbst zahlen musste. Damals habe ich dann den Arzt gebeten, mir ein Attest  zu schreiben, dass es leider mit dem Ultraschall nicht geht, und ob die Kasse daher den Leser übernehmen könnte. Das hat damals problemlos geklappt. Irgendwann kam ich dann drauf, dass es dieses Mal wieder genauso sein würde, und ich fragte, ob man nicht erst einmal den Ultraschall probieren könnte, denn man wüsste jetzt nicht, ob es bei diesem Auge vielleicht doch mit dem billigeren Verfahren von der Kasse klappen würde. Sie haben mich aber nicht verstanden und haben den Arzt gefragt, und dieser gab immer nur durch, ich solle erst mal den Leser probieren. Ich erklärte, den Leser müsste ich gar nicht versuchen, der klappt ja sowieso, es ginge darum, erst mal zu versuchen, ob es nicht mit der Kassenvariante vom Ultraschall gehen würde. Aber sie setzten mich gleich vor den Leser. Ich fragte dann, ob das jetzt das Ultraschallgerät oder das mit dem Laser sei, und sie meinte, es funktioniert mit Licht. Ich glaube, die hat  mich selbst  nicht verstanden. Es gibt ja Licht, das nicht unbedingt Laser ist, und ich wusste dann gar nichts mehr, was  es jetzt  genau war. Ich fragte, ist das jetzt das Gerät, welches ich zahlen muss, und sie meinte etwas  durcheinander, ich glaube nicht. Hinterher hieß es dann, es war genau dieses. Als ich dann beim Arzt drinnen war, hatte ich drum gebeten, dass er mir wiederum dieses Attest schreibt, dass es mit dem Ultraschall nicht geht, denn wenn es auf der rechten Seite damals nicht geklappt hat, würde es wegen meinem Augenzittern auf der linken Seite wahrscheinlich auch nicht geklappt haben. Das wurde mir dann ein paar Tage später zugeschickt.

 

Außerdem hatte der Arzt noch angeordnet, dass ein Gesichtsfeld gemacht wird. Das hat mir fürchterlich gestunken, denn bei mir ist im Gesichtsfeld so gut wie gar nichts mehr messbar. Ich kann noch nicht mal mehr die Prüfmarken erkennen, die man fixieren muss, um dann, sobald man an der Peripherie einen Punkt auftauchen sieht, ein Signal abzugeben. Vielleicht hätte ich die Prüfmarken gefunden, wenn irgendjemand mit dem Stift darauf  geklopft hätte, damit ich es anhand der Richtung höre, dann hätte ich in die richtige Richtung geguckt. Vielleicht war aber auch die Prüfmarke nicht kontrastreich genug, zumindest konnte ich sie nicht fixieren. Es sollten dann irgendwelche Lichter aufleuchten, bei denen ich drücken müsste. Ich sagte dem Arzt zuvor schon, dass das Gesichtsfeld nicht messbar sei, aber er meinte, setzen Sie sich einfach mal ganz  cool davor, dass machen Sie einfach mal, dann haben wir wenigstens eine Grundlage. Somit saß ich erst einmal mit einem Glas vor dem einen Auge vor  dem Gerät, und mein linkes Auge wurde  und das andere zugehaltengetestet. Dann wurde das Glas weggenommen, und das linke Auge wurde ohne Glas getestet, das gleiche geschah dann rechts, erst mit und dann ohne Glas. Die Gläser wurden ermittelt, als man die Dioptrien gemessen hat. Ich saß also ungefähr eine Viertelstunde nutzlos vor einem Gerät herum, ohne auch nur einmal drauf zu drücken. Einmal flackerte irgendein Lichtpunkt auf, und ich dachte, es sei im Gerät, wusste aber nicht, ob das vielleicht auch einfach nur ein Lichtpunkt vor meinem Auge war, den ich einfach nur gesehen habe, weil meine Augen flimmern. Ich finde Gesichtsfeldsmessungen immer fürchterlich, sie sind schrecklich anstrengend, und die Augen Tränen, und heraus kommt gar nichts.

 

Ich hatte früher einen wunderbaren alten Augenarzt, der hat mir einfach nur ein kariertes Blatt vorhalten lassen, und die Sprechstundenhilfe fragte, wie viele der Kästchen können Sie noch erkennen. Ich sagte vier, und damit waren sie dann zufrieden. Sie fragten noch, ob die Kästchen irgendwie schief oder wellig sein, und ich sagte nein, und das war dann die Gesichtsfeldsmessung. Alles andere macht bei mir sowieso keinen Sinn mehr. Heute würde ich wahrscheinlich noch nicht mal des Papier mit  den  Kästchen erkennen.

 

Danach kam ich dann zu dieser optischen Kohärenztomographie, die der Arzt selbst durchführte. Ich musste in ein Gerät schauen, wobei einmal auf der linken Seite ein rotes Kreuz war, welches ich fixieren musste, und das ganze wurde dann rechts wiederholt.  Meine Augen tränten  schon ganz  schön, aber  was sein muss, muss halt eben sein. Dann war der Augenhintergrund abgetastet, aber der Arzt meinte, wegen des grauen Stars könne man nicht sehr viel erkennen.

 

Danach wurde ich noch mal in sein Zimmer gebeten, und er meinte, jetzt würden wir Tacheles reden. Ich  hatte die ganze Zeit schon befürchtet, dass  ich zu  spät  gekommen war, und  wegen der fortschreitenden Netzhautdegeneration  eine Star-Op sinnlos sei, da vom Auge  nicht  mehr  viel übrig wäre.  Er sagte mir aber, dass er mir zur Operation raten würde, dass ich mir aber nicht allzu viel versprechen sollte. Leider würde das Charles-Bonnet-Syndrom, also das Augenflimmern und die Farben vor den Augen nicht besser werden, das hat er mir schon gleich gesagt.  Das wundert mich,  denn  der  Neurologe  Charles Bonnet hat  das  zum ersten Mal bei seinem Vater  beobachtet, der ja genau  eben  einen grauen Star hatte.  Aber bei mir  ist ja  netzhautmäßig  noch  eine Menge  los,  was  das  Augenflimmern  verursacht. Dazu hab ich ja  auch  einen  Beitrag hier geschrieben.

 

Ich würde wahrscheinlich mehr Licht wahrnehmen und eine bessere Orientierung haben, mehr wahrscheinlich nicht. Aber immerhin wäre das schon eine Menge. Vielleicht könnte ich dann mit dem linken Auge auch wieder am Lesegerät mehr erkennen. Das hatte ich ihn erst gar nicht gefragt, aber nachdem es rechts schon geht, dürfte es links dann wieder erst recht gehen.   Somit hat er mir dann die Risiken und Nebenwirkungen vorgelesen und mich sozusagen aufgeklärt, was aber so schnell ging, dass ich fast nichts verstand. Ich hatte das Ganze aber schon sowieso mal irgendwann gehört, daher war mir das egal. Er meinte, nur in 5 % könne man das Auge verlieren, und bei mir wäre kein größeres Risiko als bei jedem anderen auch. Meine Augenärztin hat mir damals abgeraten und gemeint, es macht sowieso keinen Sinn mehr, und außerdem würde bei einer Operation des grauen Stars ein Risiko einer Netzhautablösung oder sonst etwas bestehen. Jetzt möchte ich es einfach versuchen und hoffen, das klappt.

 

Mittlerweile war das Taxi schon dar, welches ich auf 17:50 Uhr bestellt hatte, damit wir nicht noch Zeit verlören, das Taxi erst rufen zu müssen. Durch die Fragen, die ich zuvor noch hatte, ob nun Laser oder Ultraschall, wobei die Sprechstundenhilfen mehrmals ins Arztzimmer gegangen waren, muss wohl ziemlich viel Zeit vergeudet worden sein, und auch durch diese nutzlose Gesichtsfeldsmessung, die mir sowieso schon zuwider war. Aber was sein muss muss eben sein.

 

Zuerst wollte man mir das, was ich unterschreiben sollte, mitgeben, und ich musste es dann im Original einschicken. Dann habe ich aber gleich vor Ort unterschrieben und bekam eine Kopie davon mit mitsamt einer Aufklärung. Das waren dann so viele Papiere, dass ich hinterher völlig durcheinander war. Zuhause habe ich dann alles ein gescannt und durchgelesen. Als ich den Arzt fragte, wann denn nun der Operationstermin sei, meinte er, ihr Taxi wartet schon, dazu haben wir jetzt keine Zeit mehr, und weg war er. Die Sprechstundenhilfen meinten, ich solle ihnen eine E-Mail schreiben, um sie daran zu erinnern, dass wir einen Termin ausmachen. Dies habe ich mittlerweile getan aber noch nichts gehört.

 

Die Frage ist ja auch, ob ich nach der Operation dann eine Nacht in der Klinik bleiben könnte, denn der Arzt hat in einer Augenklinik Belegbetten. Als ich noch zur Dialyse ging, kam ich an einem Tag an, machte dann am Vormittag die Dialyse, wurde am Nachmittag operiert, übernachtete dann noch einmal und fuhr dann nach Hause. Dieses Mal gäbe es wahrscheinlich nicht wirklich eine Indikation, mich dort zu behalten. Aber ich würde eine andere Art der Narkose kriegen. Während der Dialysezeit durfte ich keine Betäubungsspritze ins Auge kriegen, da ich Blutverdünner zur Dialyse brauchte, und das hätte einen riesengroßen Bluterguss am Auge ergeben. Daher bekam ich damals nur betäubende Tropfen ins Auge. Eigentlich wollte man mir noch eine Beruhigungsspritze damals geben, aber ich hatte zu viel Angst, weil ich es nicht mag, halb bewusstlos und halb wach zu sein. Der Arzt war damals etwas verärgert und meinte, sie werden Schmerzen haben. Ich spürte die Operation aber nur in etwa wie beim Zahnarzt, weh hat es aber nicht getan. Er war damals ganz erstaunt, dass ich das so gut durchgehalten hatte. Ich erinnere mich noch, dass er literweise Wasser über meinen Kopf geschüttet hat, warum weiß ich nicht. Vielleicht war ich aber doch etwas benommen. Auf jeden Fall war hinterher mein Schlafanzug von oben bis unten durchnässt. Ich glaube nicht, dass das mein eigener Angstschweiß gewesen ist. Vielleicht hat er das wegen des Augenzitterns gemacht, keine Ahnung. Meine Oma hat nach  ihrer  Star-Op steif und fest behauptet, während der Operation am Grauen Star hätte man ihr einen Strohhut aufs Gesicht gestülpt, darin wäre eine Röhre gewesen, und durch diese Röhre hätte man sie operiert. Wer weiß, was man während einer Betäubung so alles denkt. Mir hat damals auch nicht viel ausgemacht, dass man mir ein Tuch über den ganzen Körper samt Gesicht gelegt hatte, denn am Kinn war ein Halter angebracht, der das Tuch auf Abstand hielt, und  obwhohl  es von  weitem  wie  ein  dickes  Leintuch aussieht, was ich damals auf  Videos im Internet  noch erkennen konnte, ist es von  Nahem nur wie ein Tüllvorhang . Außerdem konnte ich durch mein gutes linkes Auge noch durchsehen, während das rechte damals operiert wurde. Das Licht blendete, und er meinte, schauen Sie gleich rein, dann sind sie einmal geblendet, und das war's. Als  dann nach  der OP die Lampe ausgeschaltet wurde, sah ich alles schwarz und rief damals ganz entsetzt, ich bin blind. Aber er meinte, nein, sie sind einfach nur geblendet, das vergeht wieder. Bei meinem guten linken Auge würde ich das nicht haben wollen, dass ich nur durch ein Loch in einem Tuch durchschauen könnte. Außerdem habe ich ja jetzt keine Blutverdünnung mehr, und daher kann er mir eine Betäubungsspritze ins Auge geben. Während dieser Spritze würde man mich wahrscheinlich mal kurz ausschalten, ich würde eine kleine Narkose kriegen. Jetzt hatte ich nicht mehr so viel Angst davor, da ich ja schon einmal eine Darmspiegelung hatte, bei der man mir auch eine kurze Narkose mit Dormicum gab. Damals hatte man mir zunächst gesagt, man würde einfach nur alles vergessen. Das fand ich komisch, denn ich wollte nicht einfach verwirrt sein. Bei meiner ersten Magenspiegelung hatte ich mir daher überhaupt keine Narkose geben lassen, da ich mehr Angst davor hatte, verwirrt zu sein, als davor, dass man mir einen Schlauch in den Magen schieben würde. Da aber beim zweiten Mal oben und unten reingeschaut werden würde, habe ich mich für die kurze Narkose entschieden. Es war damals so, als würde ich mal kurz Einschlafen vor dem Fernseher und dann wieder aufwachen, und der Film sei noch weiter gegangen. Ich war natürlich viel zu früh aufgewacht, da bei mir Medikamente häufig nicht gut wirken, und meine einzige Sorge bestand darin, dass sie unten schon reingegangen waren, und sie waren aber zum Glück schon damals auf dem Rückzug, und daher war ich beruhigt. Das ließ sich dann gerade noch aushalten bis zum Ende. Daher habe ich auch jetzt keine Angst bei der Vorstellung, dass ich kurz mal aus geknipst werde, eine Spritze ins Auge bekomme und dann wieder wach werde. Bestenfalls wache ich nach der ganzen Prozedur auf, wenn nicht, dann wache ich wahrscheinlich auf, während sie schon bei der Operation selbst sind. Ich hoffe nur, dass sie dasselbe Mittel verwenden wie bei der Darmspiegelung, weil ich dann nur einfach einschlafe. Es gibt welche wie  Ketanest oder Phentanyl, bei denen man dann verwirrt ist, bei denen einem schummrig wird, oder wo man dann schlimme Träume hat. Dann bekommt man wieder Dormicum, damit man die schlimmen Träume wiederum vergisst. Davor hätte ich furchtbar Angst. Vollnarkose finde ich nicht so schlimm, denn da ist man ganz weg, und das war's dann. Aber so halb  und halb, wo man mal halb da ist, zeitweise wach  und zeitweise nicht, finde ich entsetzlich. Aber ich werde mich halt jetzt mal drauf einlassen.

 

Und nach einer solchen Narkose könnte ich dann nicht mehr am  selben Tag  noch bis nach Hause fahren, das wäre zu riskant. Meine Mutter meinte, damals habe man ihnen verboten, sogar mit Begleitung mit dem Zug zu fahren, man hatte ihnen förmlich ein Taxi aufgedrängt, dessen Kosten sie dann bei der Kasse einreichen konnten und erstattet bekamen. Außerdem wurde ihnen die Gewährleistung abgenommen, dass zwei Tage jemand da sei, der dem Patienten zur Hand ginge, da man sich die erste Zeit nicht bücken darf. Ich hatte also in meiner E-Mail auch nachgefragt, ob ich dann im Krankenhaus eine Nacht bleiben könnte, und ob ich dann erst am nächsten Tag heimfahren könnte. Ich könnte ja am Tag der Operation am Vormittag nüchtern anrücken, mich dann gleich umziehen für die Operation, und dann könnte ich eine Nacht schlafen und am nächsten Tag nach Hause fahren. Ich hoffe, dass die Kasse das übernimmt, wenn nicht, glaube ich, dass eine Nacht im Krankenhaus sicher nicht mehr als 60-100 EUR kosten wird. Damals war eine total nette Schwester dar, Schwester Karin, die den Namen meiner Freundin hatte, und ich mochte sie wirklich gern. Sie war echt lustig, und sie hat mir sogar einen Cappuccino gemacht, da es keinen Kaffee mehr gab. Den hatte sie sogar vom Schwesternzimmer, er schmeckte zwar scheußlich, aber es war echt lieb von ihr gewesen. Vielleicht ist sie sogar noch dort. Das würde mir gefallen, aber sie war schon etwas älter.

 

Ich hoffe, dass sie die Operation irgendwann im Juli oder August machen, denn jetzt fahre ich erst noch mal in den Schwarzwald, und danach möchte ich mal nach Bregenz fahren, wo unsere Familie ursprünglich mal herkam. Und dann hoffe ich, dass ich mein Auge nicht verliere, und dass alles gut geht. Und ich hoffe auch, dass ein kleiner Erfolg für mich drin ist. Und vielleicht krieg ich ja auch was von meinem Geld von der Untersuchung von der Kasse zurück. Wenn nicht, dann wäre es es wert, wenn ich zumindest einen kleinen optischen Zugewinn  hätte.

 

Der Taxifahrer verlangte dann natürlich das Doppelte, weil er so lange gewartet hatte, somit hatte ich den Preis, den ich durch die Begleitung dieser lieben Frau gespart hatte, wieder drin. Zum Glück erreichten wir noch die S-Bahn, und ich wurde auch am Hauptbahnhof abgeholt und wieder in den Zug nach Hause gesetzt. Wir konnten noch ein Leberkäsebrötchen erstehen und eine große Flasche Mineralwasser, und da natürlich mein Abteil wieder am Ende des Zuges war, rannten wir, die Umsteigehilfe und ich, wie mit  dem Teufel im Leib den ganzen Bahnsteig entlang. Aber wir haben es geschafft. Zuhause bin ich dann gut angekommen und mit der U-Bahn wieder in meine Wohnung gefahren. Vielleicht geht das ja irgendwann noch besser, wenn mein damaliges besseres Auge wieder mein Zukünftiges besseres wird.

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