Montag, 21. Mai 2018

Gute Nacht , gut verkabelt


Da ich ja häufig Schlafstörungen habe, nachts raus muss und dann nicht wieder einschlafen kann, und da ich dann am nächsten Morgen tot müde bin, weil ich kurz vor dem Wecker dann doch noch kurz eingeschlafen bin, und da ich tagsüber  bei Nicht-Aktivität  sehr  schnell  einnicke, habe ich an einer Telefonkonferenz über non 24 teilgenommen. Dort wurde erklärt, dass blinde, Sehbehinderte aber auch sehende zuweilen einen gestörten Schlaf-wach-Rhythmus haben. Denn die Netzhaut hat Zellen, die lichtempfindlich sind, die aber nicht für das Sehen zuständig sind, die das Licht dann aber an einen  Knotenpunkt weiterleiten, wo sich die Seebahnen kreuzen. Dieser Punkt leitet das Lichtsignal dann wieder an die Zirbeldrüse weiter, und dort wird dann Melatonin produziert, und auch sonst der Schlaf-wach-Rhythmus geregelt. Von diesem Knotenpunkt aus wird dann auch gesteuert, dass die ganzen Organe dementsprechend des Tag-nach-Rhythmus'  arbeiten. Denn nachts bewegt sich einiges, und auch wenn das Gehirn scheinbar ruht , ist es ziemlich aktiv. Manche Organe arbeiten auch nachts mehr. Bei manchen Leuten ist diese Lichtweiterleitung aber gestört, und daher wird die Funkuhr nicht immer wieder neue justiert. Normalerweise hat man einen Rhythmus von 24 Stunden, aber jeder Mensch weicht ein paar Minuten davon ab. Im Normalfall wird dies aber, analog einer Funkuhr, durch das Licht und durch diesen Kern über  der Sehbahnkreuzung gesteuert. Wenn dies nicht möglich ist, läuft man sozusagen frei, indem man dann 24 Stunden plus oder 24 Stunden minus den Tag verbringt, so dass sich der Zeitpunkt, an dem man einschläft, immer weiter nach vorne oder nach hinten verschiebt. Diese Abweichungen sind so minimal, dass man erst nach ein paar Monaten  bis  hin zu einem halben Jahr halb um die Uhr herum ist, dann aber müde ist, wenn die anderen wach sind, aber nicht einschlafen kann, während alle anderen friedlich schlafen. Da man aber den normalen sozialen Tagesrhythmus mitmachen muss, ist man dann zu bestimmten Zeiten weniger leistungsfähig. Denn eigentlich sollte man sich zu dieser Zeit im Tiefschlaf befinden. Da man aber die ganze Nacht nicht gut geschlafen hat, ist man außerdem tagsüber abgeschlagen. Hierfür gibt es jetzt ein neues Medikament, welches aber zunächst nur für blinde zugelassen ist. Im Schlaflabor sollte bei mir getestet werden, ob eventuell andere Faktoren für meine Schlafstörungen verantwortlich sind. Im Jahr 2008 war ich schon einmal im Schlaflabor, damals gab es aber diese Diagnose namens non 24 noch nicht. Die Krankheit gab es natürlich schon, aber noch nicht die Erkenntnis darüber. Somit wurde man zu dieser Zeit häufig einfach in die Schublade psychisch gesteckt. Da ich mich durch diesen Vortrag am Telefon angesprochen fühlte, der durch einen Telefonservice organisiert wurde, der irgendwie mit dieser Pharmafirma zusammenhängt, die dieses Medikament entwickelt hat, habe ich mich sogleich mit diesem Service in Verbindung gesetzt. Dort hat man mir dann Adressen in meiner Umgebung gegeben von Ärzten, die sich mittlerweile auf dem Gebiet dieser Art von zirkadianen Schlaf-wach-Rhythmusstörungen weitergebildet haben. Irgendjemand muss auch wohl mal einen Nobelpreis dafür erhalten haben, da er Näheres darüber herausfand, wie unser Tagesrhythmus und unser Schlaf-wach-Rhythmus funktioniert. In diesem Zusammenhang hat man eben auch raus gefunden, dass einige Sehende dieses Problem auch haben können. Denn das Licht, das man sieht, ist zwar auch ein Faktor, wie auch die Töne, die man um sich herumhört oder den Lärm, aber entscheidend ist das Licht, welches eben durch diese intrinsischen lichtsensitiven retinalen Ganglienzellen an  diesen sogenannten subchiasmatischen  Nukleus (SCN) weitergeleitet wird, wobei diese  Zellen  meines Wissens  eben aber nicht für die bewusste Wahrnehmung von Licht oder  für das Sehen zuständig sind. Das blinde sozusagen frei laufen, habe ich schon in den neunziger Jahren im Radio gehört. Ich kenne auch einige blinde mit Schlafstörungen. Die haben schon länger Melatonin oder andere ähnliche Präparate bekommen. Früher hieß es immer, Du siehst noch, Du kannst das nicht haben. Jetzt aber weiß man eben, dass sogar Menschen, die normal sehen, dies haben können, und mein Sehvermögen ist ja näher an der Blindheit als an einem normalen Sehvermögen dran. Meine Vermutung ist, dass bei Menschen, die erblinden, vielleicht die Netzhaut mit schuld ist, und dass daher dann auch diese besagten Sinneszellen mit untergehen. Die können halt dann auch bei sehenden einfach so mal kaputt gehen, ohne, dass andere Augenerkrankungen vorliegen.

 

 

 

Seit längerem muss ich  zur  Messung meiner Aktivität eine Uhr tragen, die die Bewegungen und den Puls misst, damit man sieht, wann ich geschlafen habe, und wann ich wach bin. Ich hatte diese Uhr schon einmal sechs Wochen, aber die letzten zwei Wochen waren unbrauchbar, da ich ja so lange krank war und nur im Bett lag. Somit war die Auswertung nicht repräsentativ für meinen normalen Tagesablauf. Daher haben wir dann noch einmal einen Durchgang von sechs Wochen gemacht. Während dieser Zeit hatte ich auch zwei Termine für zwei Übernachtungen im Schlaflabor. Zum Glück fiel ein Tag auf den Abgabetermin dieser Uhr, denn da die Uhr ziemlich viel messen kann, sind die Batterien alle zwei Wochen leer, und ich musste eine neue Uhr mit vollen Batterien abholen und die andere ins Klinikum zurückbringen. Dies war jedes Mal recht umständlich, denn die Kasse zahlt ja keine Krankenfahrt, nur, um etwas abzugeben und etwas anderes abzuholen. Daher musste ich immer jemanden organisieren, der die Uhr dorthin bringt und eine neue für mich holt, da ich persönlich zu dieser Prozedur nicht anwesend sein musste. Wir haben also, da die Schwester, die das normalerweise organisiert, in Urlaub war, schon im Vorhinein besprochen, dass jemand von den medizinisch-technischen Assistentinnen im Schlaflabor die Uhr in die psychiatrische Ambulanz zurückbringen muss, wo eine andere Frau die Vertretung dieser Schwester innehaben würde. Das Schlaflabor selbst hat noch keine solchen Aktimeter , daher bekommen Sie sie vom psychophysischen Labor der Psychiatrie. Das Schlaflabor gehört ja indirekt auch zu Psychiatrie. Natürlich gibt es auch Schlafstörungen, die nichts mit der Psyche zu tun haben, wie zum Beispiel Schlafapnoe, also Atemaussetzer, rastlose Beine (RLS), periodisch rastlose Beine (PLMS) oder irgendwelche Atemwegserkrankungen. Da ich ziemlich häufig Probleme mit den Nebenhöhlen habe, hatte ich den Verdacht, eventuell im Schlaf Atemaussetzer zu haben. Daher dachte ich, es wäre sinnvoll, dies auch mit abklären zu lassen, denn eventuell hätte man ja etwas dagegen unternehmen können. Es muss ja nicht gleich die befürchtete Atemmaske sein, vielleicht würde die Operation ausreichen, wo man die Nebenhöhlen wieder befreit, oder wo man sonst irgendetwas strafft oder kürzt. Da dachte ich mir, ich bin gespannt, was alles herauskommt, eine Diagnose kriege ich in jedem Falle, sei es nun non 24 oder etwas anderes, oder gar nichts, aber vielleicht wird auch eine Lichttherapie helfen, da ich im Jahre 2008 ein Gerät hierfür gekauft hatte. Nach meinen vielen Schlafprotokollen und dieser Uhr würde ich dann wieder mit Lichttherapie beginnen. Ich habe das Gerät jetzt schon bei mir in die Küche gestellt, denn es ist egal, ob man direkt hinein sieht, Hauptsache, man schaltet es für eine halbe Stunde an, während man im Raum ist. Das finde ich sehr praktisch, denn am Morgen halte ich mich ziemlich lange in der Küche auf.

 

Am Montag den 7. Mai sollte ich mich um 19:00 Uhr im Schlaflabor einfinden. Die Leute dort empfingen mich sehr freundlich. Zuvor hatte ich noch einen Vortrag in unserem Beratungszentrum für blinde über die Erkennung von Geldscheinen angehört, daher war ich ziemlich im Stress, denn ich musste noch nach Hause und meine Tasche packen, die Medikamente vorbereiten, etwas zum Abendessen mitnehmen, da es um 19:00 Uhr dort wahrscheinlich nichts mehr geben würde, noch ein paar E-Mails schreiben, um den Leuten wie  Freunden und Verwandten  und Familie  kurz  Bescheid zu geben, und vieles mehr. Auf einmal war es 18:30 Uhr, die Taxifahrerin stand vor der Tür, die Tasche war fast gepackt. Ich stopfte noch den Rest hinein, schnappte mir das Vollkornbrötchen und den Leberkäse, den ich mitnehmen wollte, verschloss die Tasche und setzte mich ins Taxi. Die Taxifahrerin hatte alle Mühe, das Schlaflabor zu finden, welches bei uns auf dem Klinikgelände extrem versteckt ist. Eine sehr nette medizinisch-technische Assistentin empfing mich dort und brachte mich in mein Zimmer. Als ich 2008 das erste Mal dort war, waren sie auch die erste Übernachtung sehr freundlich. Als ich dann zur zweiten Nacht kam, hatte sich das Blatt aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen auf einmal gewendet. Ich fürchte, dass dies auch heuer wieder so sein würde. Bis jetzt war sie noch nett, sie brachte mir auch einen Pfefferminztee, damit ich mir mein Abendbrot machen konnte. Denn ich wollte meine mitgebrachten Habseligkeiten nicht trocken herunter schlucken. Dann musste ich noch unterschreiben, dass ich diese Nacht im Schlaflabor verbracht hatte, damit sie auch wirklich abrechnen konnten, ich reichte ihr mein Kärtchen und das Befreiungskärtchen, damit ich keine Zuzahlungen leisten müsste, da ich dieses Jahr zum Glück noch nicht im Krankenhaus war. Ich war aber durch die Zahlung von einem einmaligen Betrag für das ganze Jahr von den Zuzahlungen befreit worden und hatte das dementsprechende Kärtchen. Ich steckte sämtliche Abspielgeräte wie mein Notizgerät Namensmilestone oder mein Android Handy in Steckdosen hinein, packte meine Tasche aus und schrieb noch meine restlichen E-Mails. Um 9:00 Uhr sollte ich dann verkabelt werden.

 

Zuvor putzte ich mir noch schnell die Zähne, zog mich  zur Nacht um und machte mich bettfertig und legte mich hin. Es kam dann eine andere medizinisch-technische Assistentin und erklärte mir, dass sie die Kabel jetzt schon einmal fixieren würde, dass die Hauptverbindung zum Computer aber erst um 22:00 Uhr gelegt würde. Ich bekam an jedem Bein zwei Elektroden, um die Beinbewegungen zu messen, und dann legte man mir um den Bauch eine Art Geschirr an, was mich an ein Führgeschirr für Katzen erinnerte oder für kleine Hunde. Dies musste sie mehrmals um meinen Leib wickeln, da es für sehr große Personen ebenfalls gedacht war. Daran wurden auch einige Elektroden befestigt, ein kleines EKG wurde angelegt, und dann erhielt ich noch einige Elektroden auf dem Kopf. Diese wurden mit einer Graspaste fixiert, damit sie nachts nicht abrutschen würden. Das hatte ich schon einmal erlebt, daher wusste ich, dass ich mir jedes Mal die Haare würde waschen müssen, da dieses Zeug nur in extrem eingeweichtem Zustand wieder aus den Haaren zu entfernen ist, ohne sich selbst zu skalpieren. Am Kinn wurde ebenfalls eine Elektrode angebracht, da dort der Muskeltonus am besten zu messen ist, wie weit der Muskel angespannt ist oder nicht, dieser  am Kinn würde sich wohl  am meisten entspannen. Somit konnte man die Muskelspannung dort am besten ermitteln. Links und rechts von den Augen bekam ich auch Elektroden, um die schnellen Augenbewegungen während der Traumphase zu messen. Eine Elektrode wurde an  einem Auge etwas höher und eine am  anderen etwas weiter unten im jeweils äußeren Augenwinkel festgeklebt. Den Grund dafür sollte ich dann später erfahren. Auf die Stirn wurde ebenfalls eine Elektrode geklebt, und hinten am Hinterkopf wurde auch eine angebracht. Ganz genau kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich war ziemlich verkabelt. Alles wurde ganz gekonnt an meiner Schlafanzugsauce fixiert, damit ich noch die Möglichkeit hatte, auf Toilette zu gehen. Dann hängte man mir ein Kästchen um den Hals, in das dann die Kabel gesteckt wurden, die von den Elektroden an meinen verschiedenen Körperteilen abgingen. Ein Loch wurde freigelassen, dort würde dann das Hauptkabel zum Hauptcomputer hineingesteckt werden.

 

Ich legte mich noch etwas hin und hörte einen Hörfilm, der leider dann doch ohne Audiodeskription war. Ich hatte mir in weiser Voraussicht einige Filme heruntergeladen, denn ich habe eine App, mit der man Aufnahmen machen kann, die man dann in einer klaut abhören kann. Diese werden binnen kürzester Zeit, 2-3 Tagen, gelöscht, aber man kann sie sich zuvor herunterladen, wenn man weiß, dass man sie später anhören möchte. Außerdem habe ich ja im Krankenhaus kein WLAN, das würde also ziemlich teuer werden.

 

Um 22:00 Uhr kam dann die MTA und schloss den Hauptstecker an. Dieses Mal war es so, dass ich Bescheid geben musste, wenn ich auf Toilette wollte, früher konnte man einfach den Stecker ziehen und mit den ganzen Kabeln auf Toilette gehen, aber die Stecker mussten wohl laufend kaputtgegangen sein, daher ist man davon abgekommen. Ich bekam noch etwas ganz ekelhaftes, nämlich eine Nasenbrille. Es wurden zwei kleine Stäbchen in meine Nase gesteckt, die mittels eines Bügels an den Ohren befestigt wurden. Diese Stäbchenrochen unheimlich ekelhaft, denn sie waren aus Silikon. Außerdem hatte ich das Gefühl, Schnupfen zu haben. Hiermit sollte der Atem in der Nase gemessen werden. Zu Anfang bekam ich Panik, ich fing an, vermehrt Luft zu holen, und es fing an, überall zu kribbeln. Das Zeug roch entsetzlich, und ich hatte fast schon Panik. Ich dachte, das werde ich niemals dulden.

 

Zur gewohnten Zeit nahm ich dann meine Medikamente ein, denn schließlich will man ja seinen normalen Rhythmus beibehalten, sonst ist die Messung auch für die Katz. Die Medikamente müssen sowieso in ihrem Abstand so gehalten werden, denn schließlich haben sie ja immer dieselbe Wirkung.

 

Dann schaltete ich mein Handy ab und legte mich schlafen. Ich konnte sehr gut auf einer Seite liegen, und ich merkte nur, dass ich mich während der Nacht ein paar Mal drehte. Aber ich schlief erstaunlich gut. Die MTA hatte mir geraten, wenn ich tagsüber müde werden würde, auf keinen Fall ins Bett zu gehen, denn dann würde ich am nächsten Tag müde genug sein, um die zweite Nacht besonders gut zu schlafen. Die meisten älteren Herrschaften können die erste Nacht nicht schlafen, dann würden sie sich am Tag drauf für  ein-zwei Stunden hinlegen und könnten danach wieder nicht schlafen. Wenn sie aber wach blieben und der Versuchung wieder stünden, wären sie abends so müde, dass sie die zweite Nacht ziemlich fest schlafen würden. Falls also mal jemand der Leser und Leserinnen hier in Schlaflabor muss, dies sei also mein guter Rat. Ich schlief aber erstaunlich gut. Das hat mich sehr gefreut.

 

Am nächsten Morgen wurde ich schon um 5:00 Uhr geweckt, denn die  Aufzeichnungen waren beendet. Ich durfte aber noch etwas im Bett liegen bleiben, denn das Frühstück sollte erst um 8:00 Uhr kommen. Ich durfte am Tag zuvor sogar bestellen, was ich möchte. Als ich das erste Mal im Jahre 2008 da war, gab es nur abgepackten Käse und etwas Marmelade. Daher hatte ich für den zweiten Tag einen vegetarischen Brotaufstrich mitgenommen, der sehr gut nach Leberwurst schmeckt. Den hatte ich in den Kühlschrank legen lassen und mehrfach darum bitten müssen, dass sie ihn mir dann  zum Frühstück  auch bringen. Daher entstand wahrscheinlich damals der Unmut, als ich die zweite Nacht im Jahre 2008 dort war. Dieses Mal sollte es Wurst und Käse geben, zwei Brötchen und Marmelade. Ich stand ungefähr um 7:30 Uhr auf. Zuvor hatte ich den Leuten mehrfach eingeschärft, dass sie bitte um 8:15 Uhr unbedingt kommen mussten, meine Uhr abzuholen, damit die Vertretung der Krankenschwester in der Psychiatrie diese Uhr in Empfang nehmen konnte. Denn die Schwester hatte dieser Vertretung genau diesen Termin genannt. Sonst würde diese durcheinander kommen. Tatsächlich kam auch um 8:15 Uhr jemand und nahm die Uhr mit. Ich konnte zuvor noch duschen, leider war die Dusche nicht auf dem Zimmer, aber die Damen waren sehr hilfsbereit. Als ich 2008 zum ersten Mal da war, haben sie mir beim ersten Mal die Dusche auch gezeigt, am zweiten Tag meinte aber eine, jetzt wissen Sie doch schon, wo sie ist. Dann ließ man mich einfach im ganzen Haus herumirren, bis ich irgendwann bei der Ambulanz gelandet war. Damals hatte ich ebenso lange Haare wie jetzt, und ich musste auch die ganze Paste aus den Haaren bekommen. Als ich damals um einen Fön bat,  hörte  ich, wie die eine mich lächerlich machte und zu ihren  Kolleginnen meinte, als die andere sie fragte, was will sie denn jetzt, sie will einen Fön für ihre langen Haare. Das hatte ich noch so am Rande mitbekommen. Daher war ich vorsichtig, noch mal um einen Fön zu bitten. Ich hatte aber am Tag zuvor gefragt, ob sie einen hätten, prinzipiell hätten sie schon einen. Da es aber im Gegensatz   zu  vor 10 Jahren, wo der  Termin im Januar war, diesmal  schon warm genug war, ließ sich die Haare an der Luft trocknen.

 

Die Ärztin hatte den Termin extra so gelegt, dass ich zu dem Zeitpunkt in Schlaflabor kommen würde, an dem sie auch wieder aus ihrem Urlaub zurück wäre. Seltsamerweise war sie dann doch nicht da. Ich nahm das so hin und dachte, besser so, dann komme ich wenigstens schneller wieder nach Hause. Nachdem ich dann die neue Uhr mit frischen Batterien wieder in Empfang genommen hatte, bestellte ich mein Taxi und wurde auch pünktlich abgeholt.

 

Zuhause angekommen klingelte dann schon meine Assistentin, die ich gebeten hatte, mit mir zum Baumarkt zu fahren, um eine 3 m lange Wandabschlussleiste wieder zurückzubringen, die wir nicht gebraucht hatten. Ich war stinksauer, denn ich bekam 27 EUR für diese Wandabschlussleiste zurück, obwohl ich für drei Wandabschlussleisten A 3 m und eine A 60 cm sowie für vier Packungen mit Ecken und Endstücken sowie einer Feuchtraumsteckdose insgesamt Ca. 130 EUR bezahlt hatte. Da dachte ich schon, dass die 3 m Stange etwas mehr kosten würde, und ich mehr rausbekäme. Dann brauchte ich aber noch zwei linke und zwei rechte Endstücke, und in jeder Packung sind nur ein linkes und ein rechtes en Stück. Daher musste ich für je acht Euro noch mal zwei Packungen kaufen, macht zusammen 16 EUR, und so erhielt ich nur elf Euro zurück.  Da war die Brühe teurer als die Brocken. Das sind reine Wegelagerer, die packen extra so wenig in die Tüten, und von den  anderen Teilen hat man dann zu viel. Man müsste eigentlich ein Tauschgeschäft anleiern, wo alle ihre überflüssigen Teile zusammenlegen. Jetzt habe ich einen Haufen  Innenecken und Außenecken übrig, mit denen ich nichts mehr anfangen kann, aber ich bin acht Euro losgeworden pro Packung. Das ist schon so einkalkuliert. Geplante abzocke.

 

Nach meinem ärgerlichen Besuch im Baumarkt habe ich dann noch eine Übersetzung angefertigt, die auch schon wie jeden Monat auf mich wartete. Am  Nachmittag  kam die andere Assistenz ohne Auto , damit wir dann in der Stadt eine neue Brieftasche kaufen würden. Denn meine alte hielt bereits 30 Jahre und war ziemlich ramponiert, so das die Papiere schon rausquollen. Wir kauften eine sündhaft teure mit lebenslanger Garantie, aber die hat jetzt so viele Fächer, dass ich jetzt wirklich gut zurecht komme. Da ich mir ja immer merken muss, wo ich alles reingesteckt habe, weil ich es ja nicht sehen kann, betrachte ich so eine Brieftasche als mein Hilfsmittel. Ich möchte mir daher nicht alle 4-5 Jahre eine neue kaufen müssen, wo ich mich dann wieder  umgewöhnen muss. Daher darf diese Brieftasche ruhig etwas teurer sein. Sie fühlt sich aber auch schön an und hat eine schöne Farbe. Der Umwelt zuliebe benutze ich keine Plastiktüten sondern kleine Netze, in die ich das Obst und Gemüse packe, dass ich im Supermarkt einkaufe. Da sind aber so kleine Stopper dran, wo man auf der Seite drauf drückt, um sie hoch und runter zu bewegen. Diese Stopper sind so klein, dass ich nicht damit zurecht komme. Eine meiner Helferinnen hat sämtliche dieser Stopper von ihren Jacken abgemacht, aber sie hatte keine mehr. Somit riet sie mir, in einem größeren Kaufhaus oder in einem Outdoorgeschäft welche zu besorgen. Wir haben tatsächlich noch die letzten beiden ihrer Art, nämlich sehr große Stopper gekriegt. Ich hoffe, dass die noch mal wieder geliefert werden. Das sind oft Kleinigkeiten, an denen es hängt, und auf die man achten muss. Somit hatten wir dann alles besorgt, wir gingen dann noch zum Becker und kauften etwas für mein Abendessen im Schlaflabor. Zuhause bestückten wir dann gleich die neue Brieftasche, so das ich gleich anfing, auswendig zu lernen, wo ich was hin gepackt hatte.

 

Nachdem  meine Assistentin weg war, ging es wieder in Schlaflabor. Ich hatte meine Reisetasche und auch meine Pflegeutensilien alle dort gelassen, denn ich würde ja sowieso wieder ins selbe Zimmer kommen. Dieses Mal war ich auch pünktlich fertig, und es kam wieder dieselbe Taxifahrerin, sodass ich ihr auch zeigen konnte, dass ich mich dieses Mal bemüht hatte.

 

Wieder wurde ich freundlich empfangen. Ich hatte dieses Mal die Sachen vom Becker dabei, und ich bekam wieder den allabendlichen Pfefferminztee und wieder eine Karaffe mit Wasser.

 

Um 21:00 Uhr begann wieder die Verkabelung. Dieses Mal war ich angenehm überrascht, denn es kam ein Auszubildender mit, und eine andere medizinisch-technische Assistentin erklärte ihm genau, warum was wo hingehört. Somit konnte ich etwas mithören. Es gibt eben auch das PL MS, das bedeutet periodisches Beinbewegung Syndrom. D.h., dass man eben nur ab und zu rastlose Beine hat, was dann auf einen Sauerstoffmangel hindeutet. Ich hatte auch in der letzten Nacht eine Sauerstoffsättigung an den Finger gesteckt bekommen. Dann erklärte sie ihm, wo welche Elektroden hinkommen. Die Fachbegriffe wie  Mastoid  oder  okzipital   oder  REM kannte ich ja, da ich ja medizinische Fachübersetzerin bin und kurzzeitig angefangen hatte, eine Ausbildung zur Physiotherapeutin zu machen, die ich aber dann aufgrund meiner Mehrfachbehinderung besser abgebrochen habe. Die Körperteile sind mir aber noch gut erinnerlich, auch die Knochen und die Muskeln und die Stellen am Kopf, die sie erwähnt hatte. Warum werden also am Auge die Elektroden auf der einen Seite höher und auf der anderen Seite niedriger angebracht? Sie erklärte, dass während der REM-Phase (rapid eye movement) die Augen gegengleich nach oben und nach unten gehen, ich dachte immer, man würde mit den Augen rollen. Somit merkt man, dass ein Auge oben und das andere unten ist. So hatte ich es zumindest verstanden. Ich stelle mir das merkwürdig vor, das muss Aussehen wie  eine Wippe. Ich fragte sie, ob man den nicht auch mit den Augen rollen würde, und sie erklärte mir, dass dies höchstens in der ein Schlafphase passiert, da die Augen dann noch einen Punkt suchen, an dem sie zur Ruhe kommen. sie erklärte ihm dann noch, wie man bei übergewichtigen Patienten das Schienbein findet, indem man die Fußspitzen anzieht. Das musste ich mehrfach tun, obwohl ich ja zum einen nicht übergewichtig bin, und obwohl ich an einer Zehe dauernd Gelenkschmerzen habe. Aber davon sagte ich nichts, ich wollte ja auch nicht stören. Und sie waren ja auch alle sehr freundlich. Das habe ich dann schon mal kurz ausgehalten. Ich wurde wieder genauso verkabelt, und dieses Mal roch die Silikonbrille nicht so furchtbar. Ich hatte mich auch in der ersten Nacht schon dran gewöhnt. Irgendwann bemerkte ich sie gar nicht mehr. Erstaunlich, wie schnell sich der Mensch an etwas gewöhnen kann. Ich legte mich wieder hin, und um 22:00 Uhr kam sie, um den Hauptstecker anzuschließen. Ich hörte auch, dass eine Kamera mitlaufen würde, um aufzuzeichnen, welche Bewegungen ich machen würde. Manche Patienten wandeln im Schlaf umher, oder sie bekommen epileptische Anfälle oder strampeln mit den Beinen. Manchmal musste ich auf Toilette, dann klingelte ich. Als ich dann wieder von der Toilette zurück kam, machte ich extra faxen, wo ich dachte, dass die Kamera sein würde. Zum Beispiel hob ich die Arme, winkte, verbeugte mich kurz, legte mich ins Bett und hob noch einmal wie bei einer Show die Arme. DA kam ein Medizinstudent oder dergleichen Nachtwache rein und meinte, ich hab sie schon gesehen, warten Sie  etwa schon lange? Und ich sagte nein, ich wollte nur Spaß machen. Das fand er dann auch lustig. Ich war ganz beeindruckt, dass man dann die ganze Nacht gefilmt wird. Daher habe ich da manchmal extra in die Kamera gewinkt, hallo, seht ihr mich auch. Ich bin gespannt, welche Bilder sie da aufgenommen haben.

 

Am nächsten Morgen war dann die Ärztin dar. Um 5:00 Uhr wurde ich wieder abgeklemmt, und wieder musste ich meine Haare waschen. Ich fragte nach einem Fön, aber es hieß, es gebe keinen, daher dachte ich, dann lass ich die Haare eben wieder an der Luft trocknen. Auch dieses Mal wurde ich wieder zu Dusche geführt und wieder abgeholt. Ich konnte auch gleich meine neu erworbenen Badelatschen einweihen. Ich zog mich an, bekam wieder ein gutes Frühstück, dieses Mal war eine Kiwi dabei. Beim letzten Mal hatte ich eine Banane. Die Kiwi packte ich ein, da ich aufgrund meiner Behinderung mir schwertue, eine Kiwi zu essen. Ich brauche immer jemanden, der sie mir schält, oder ich muss sie auslöffeln, und das geht dann so schwer, dass ich mich überall eingesaut  hätte. Hinterher klebt  dann alles, und die Schale liegt irgendwo zerfleddert herum, und die halbe Kiwi klebt noch in der Schale drin . Das hätte ich jetzt zu unappetitlich gefunden. Zuhause kaufe ich nur selten Kiwi, nämlich nur dann, wenn genügend Zeit ist, mir die Kiwi zuzubereiten. Zum Beispiel schält meine spanische Sprachpartnerin mir immer eine Orange und schneidet sie, da ich selbst eine Orange nicht schälen kann. Mit dem Messer schaffe ich es nicht, und mit den Fingernägeln bekomme ich unter den Fingerkuppen fürchterliche Schmerzen, da die Schale regelrecht unter die Nägel treibt. Daher genieße ich solche besonderen Früchte immer ganz bewusst. Der Teufel ist , was  solche  technischen Dinge angeht, manchmal im Detail. Ich nahm  die Kiwi  mit  und  war aber auch wirklich froh, dass ich so ein gutes Frühstück erhielt.

 

Die Ärztin kam auf mein Zimmer und erklärte mir, dass nichts Nennenswertes herausgekommen sei. Lediglich dann, wenn ich auf dem Rücken liegen würde und träumen würde, sozusagen in der REM-Phase sei, was äußerst selten in Rückenlage vorkäme, da ich sowieso Seitenschläferin bin, würden kleine Atemaussetzer auftreten. Dies könne man aber noch nicht mal Schlafapnoe nennen, es sei nicht der Rede wert. Dies könne daran liegen, dass der Unterkiefer etwas weiter hinten sei, und dass daher der Zungengrund erschlaffen und etwas nach hinten fallen würde. Ich fürchtete, dass ich aufgrund meiner Nebenhöhlen vielleicht Probleme hätte, aber sie meinte, die Nebenhöhlen wären nicht ausschlaggebend. Die würden meistens keine Probleme machen im Schlaf. Ich glaube, wenn man Probleme mit den Nebenhöhlen hat, macht man nachts den Mund auf, daher haben viele Leute morgens einen trockenen Mund. Dazu gehöre ich auch, oder ich wache auf und fange zu Husten an. Wahrscheinlich hat man dann irgendwelchen Staub eingeatmet, da man nicht durch die Nase sondern durch den Mund atmet. Ich hätte mal fragen müssen, ob ich geschnarcht habe, aber sie haben bei den Patienten die Mikrofone ausgeschaltet, da sie meinten, es würde sie stören, wenn die ganze Nacht jemand schnarcht. Wenn man sich vorstellt, dass diese Leute vielleicht 5-10 Patienten überwachen und dann einen Schnarchchor vor sich haben. Das stelle ich mir äußerst lustig vor.

 

Nun ging es darum, hatte ich noch genügend Lichtwahrnehmung, um das neue Medikament noch nicht zu bekommen, oder würde ich schon blind genug sein, damit mir es verordnet würde. Die Frage war auch, habe ich nun non24 oder nicht. Im Schlaflabor war ja lediglich herausgekommen, dass es zumindest nichts anderes war. Nun sollte noch die Phase von sechs Wochen mit dieser Uhr und die dazugehörigen Schlafprotokolle ausgewertet werden. Ich wandte ein, dass man die Verschiebung des Rhythmus überhaupt nicht feststellen kann, da wir ja aus sozialen Gründen gezwungen sind, den normalen Alltag mitzumachen. Ich bin der lediglich unterschiedlich müde. Ich merke es aber daran, wann ich muss und wann nicht, denn auch der Darm hat ja seinen Rhythmus. Nicht, dass man den ganzen Tag nichts anderes zu tun hätte, aber es ist auffällig, dass dies manchmal am Abend und manchmal am Morgen ist. Die Ärztin meinte, sie sei jetzt auf einem Kongress gewesen, der auf der Sight City in Frankfurt stattgefunden hätte, wo sich alle Forscher trafen, die dieses Thema bearbeiten, und da sei einer ihrer Kollegen gewesen, der sich speziell diesem Thema der Darmaktivität im Zusammenhang mit zirkadianen Rhythmusstörungen widmet. Denn nicht nur der Schlaf ist ja ein Anzeichen dafür, wie der Tagesrhythmus läuft, sondern auch alle anderen Funktionen.

 

Die Ärztin meinte, dieses Medikament sei extrem teuer, daher müsse man genau prüfen, ob jemand wirklich schlecht genug dafür sehen würde. Ich hatte ihr schon gesagt, dass ich gesetzlich blind sei, aber die Frage war eben, geht die Krankenkasse in diesem Falle nach der gesetzlichen Blindheit oder nach den Vorgaben, dass die Grenze eben bei 5 % liegt? Denn das Medikament wurde ja erst an einer bestimmten ausgewählten Gruppe getestet, und für alle anderen gibt es ja keine aussagekräftigen Daten. Daher würde die Kasse sich schwertun, diese Behandlung zu zahlen, wenn es hierfür keine relevanten Daten gebe, dass das Medikament bei Menschen, die besser sehen, genauso wirkt. Sie kam also von diesem Kongress zurück, indem sie meinen Fall eben vorgestellt hatte, mit der Frage, kann diese Frau das Medikament schon kriegen, ja oder nein. Sie meinte, alle Leute, die sie bisher erlebt hatte, seien Grenzfälle, da man eben diese Krankheit schlecht diagnostizieren kann, weil wir ja nicht unserem Schlafbedürfnis nachgeben sondern  genau wie alle anderen auch  aufstehen und  Schlafen gehen. Aber in meinem Falle käme eben dazu, dass ich noch Lichtwahrnehmung hätte. Ich sehe zwar mehr als 5 %, habe aber dafür ein Gesichtsfeld von unter 5°. Dann kam die Ärztin ganz erstaunt   mit  der Neuigkeit und meinte, ein Kollege habe ihr gesagt, dass ich doch den Blinden gleichgestellt sei. Überraschung, Überraschung. Ich sagte ihr, dass ich ihr genau das bereits gesagt hätte. Aber es bleibt immer noch die Frage offen, ob sich die Finanzierung nach den Kriterien der gesetzlichen Blindheit richtet, oder ob hier lediglich die Menschen das Medikament kriegen, die ähnliches Sehvermögen haben wie die Testpersonen. Ich sagte, ich könnte ja das Medikament mal selbst bezahlen und sehen, ob es wirkt. Das wäre aber unbezahlbar. Ich schlug vor, dass ich dann vielleicht eine Probepackung haben könnte. Man muss das Medikament aber eine Zeit lang genommen haben, damit man weiß, ob es auch wirkt. Ich gab der Ärztin meine Simulationsbrille, die mein Mobilitätslehrer einmal für mich gebastelt hatte. Dafür haben wir eine bereits vorgefertigte Brille aus Pappe genommen, die hat Fenstergläser mit 10 %. Die sind aus Plastik. Da haben wir dann Pappe draufgeklebt mit  einer Öffnung  in  der Mitte , die so eng ist wie mein Gesichtsfeld, dass vorne eben nur ein kleiner Lichtpunkt sichtbar ist. Da ich eben dieses komische Farbsehen habe wegen  der Flimmerskotome, haben wir ein Auge mit rosa Folie und ein Auge mit grüner Folie beklebt. Das simuliert etwa mein Sehvermögen. Wenn mich jemand fragt, kann ich ihm immer diese Brille geben. Diese Brille habe ich eben auch der Ärztin gegeben, und sie meinte, das ist ja wirklich wenig. Sie wird aber mal nachfragen, ob ich vielleicht eine Probepackung erhalten kann. Sie meinte aber immer wieder, sie haben ja noch Lichtwahrnehmung. Als ich ihr zu  bedenken gab, dass die Krankheit ja auch bei sehenden vorkommen kann, meinte sie, das ist aber sehr unwahrscheinlich. Ich sagte ihr, dass es bei mir aber umso wahrscheinlicher sei, da ich ja weit weg von Normalsehenden bin. Und je schlechter man sieht, umso höher wird ja die Wahrscheinlichkeit, dass man es haben könnte. Jetzt wird sie aber erst mal die Ergebnisse der Aktigraphie  und die  Schlafprotokolle auswerten. Sie wird mir dann Bescheid geben. Denn wenn es überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass eine Schlaf-wach-Rhythmusstörung vorliegt, muss man sich ja über das Medikament gar nicht mehr unterhalten. Mittlerweile habe ich auch von dem mich   betreuenden  Pfleger des telefonischen Service erfahren, dass das Medikament nur bei komplett Blinden, also bei sogenannten Vollblinden oder Schwarzblinden ausprobiert wurde, und dass die Leute noch nicht mal 5 % sehen konnten. Das Medikament sei für keine andere Gruppe zugelassen. Als ich ihn fragte, ob ich es dann gar nicht bekommen könnte, meinte er, das sei die Entscheidung der Ärztin. Daraufhin sagte ich ihm, dann ist es also doch zugelassen, sonst könnte sie ja nicht entscheiden, ob ich es kriege. Da meinte er, nein, es ist nur für Menschen mit kompletter Blindheit zugelassen. Daraufhin sagte ich ihm, dann kann die Ärztin das ja auch nicht entscheiden, wenn es sowieso für mich nicht zugelassen ist. So ging das eine Weile hin und her, ich konnte einfach seine beiden Aussagen nicht zusammenbringen: das Medikament ist nur an Vollblinden ausprobiert worden und daher auch nur für diese zugelassen, aber ob ich es kriege, ist die Entscheidung der Ärztin. Das ist zu hoch für mich. So fragte ich ihn, wenn es nicht zugelassen ist, und die Kasse es daher nicht zahlt, kann es die Ärztin mir dann trotzdem verschreiben, und ich muss dann halt selbst zahlen? Da meinte er, so einfach ist es auch wieder nicht. Er meinte, ich solle mich damit nicht beschäftigen, das würde meinen Genesungsprozess verhindern. Ich dachte mir, was hat jetzt meine Beschäftigung  mit dieser Frage mit einer Genesung zu tun, wenn die Erkrankung nicht psychisch ist sondern körperlich? Und ich wusste gar nicht, dass ich schon am genesen war. Wir waren doch erst noch bei der Suche nach einer Diagnose. Zumindest sind wir so verblieben, dass ich jetzt auf einen Termin bei der Ärztin warte, sie mir dann die Ergebnisse mitteilt, man wird dann überlegen, wie es weitergeht. Sie hat mir am Anfang schon erzählt, dass sie eine Patientin hätte, die non 24 hat, und die mit Lichttherapie arbeitet. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, habe ich jetzt während der ganzen Zeit der Schlafprotokolle keine Lichttherapie gemacht. Zuvor habe ich sie auch nur sporadisch angewandt. Sobald ich die Uhr abgegeben habe, werde ich vielleicht mal mit der Lichttherapie beginnen.

 

Eines werde ich auf jeden Fall tun, ich werde meine eigene Armbanduhr dann auf die linke Seite stecken, denn da ist jetzt die andere Uhr. Ich habe meine Uhr immer rechts getragen, da diese Uhr aber sehr fragil ist, die ich mir gekauft habe, worüber ich bereits berichtet habe, habe ich entschieden, meine Uhr wieder links zu tragen. Denn mit dieser Uhr stoße ich dauernd irgendwo an, und die nimmt das sofort übel und geht nicht mehr und spricht stundenlang nicht mehr mit mir. Daher muss ich mich wieder umgewöhnen. Jahrelang habe ich meine eigene Uhr immer rechts getragen, daher konnte ich dann die Uhr, die die Aktivität misst, auf der linken Seite tragen. Das werde ich ab jetzt ändern, da  ich  rechts zuviel  mache, und die Uhr laufend  wo anstößt. Ich hoffe, dass dann meine hochempfindliche Uhr nicht dauernd bei jedem Stoß wieder kaputt geht, da ich links ja weniger mache. Vielleicht kann ich dann auch wieder besser schlafen, lach.

 

Nun bin ich bestimmt gespannt, wie es weitergeht. Alles in allem war ich sehr zufrieden im Schlaflabor, es war sehr interessant. Ich habe auch die zweite Nacht ganz gut geschlafen. Die Ärztin meinte, dafür, dass ich verkabelt war, hätte ich ganz gut geschlafen. Sie konnte das ja auch anhand des EEGs erkennen. Ich würde gerne mal solche Auswertungen sehen, oder ich würde gerne mal eine Nacht die Monitore beobachten, aber das scheint ziemlich langweilig zu sein. Sie setzen nachts auch Medizinstudenten ein, da diese billiger sind als medizinisch-technische Assistenten. Das ist zumindest die Vermutung des einen Mediziners, der mich am Morgen dann abgestöpselt hatte. Der ist noch Student, aber er lernte dadurch auch eine Menge. Es war zumindest ziemlich schwierig, jedes Mal dieses Katzengeschirr wieder abzubekommen. Da sie es mehrfach um mich herumwickeln  mussten, hatte der, der es abmachen musste, eine ziemliche Mühe, den Kampf mit diesem Geschirr aufzunehmen. Insgesamt habe ich zu Hause auch nicht besser oder schlechter geschlafen als im Schlaflabor. Vielleicht geht diese Phase auch wieder weg, nach meiner Transplantation habe ich auch eine Zeit lang  anfangs wesentlich besser geschlafen. Während der Dialysezeit hatte ich am Ende massivste Schlafstörungen. Ich bin jede Nacht aufgewacht, musste auf Toilette, und dann war die Nacht vorbei. Ich konnte nur 3-5 Stunden schlafen. Ich habe so darunter gelitten, dass ich fast keine Lebensqualität mehr hatte. Das ist dieses Mal nicht so schlimm.

 

Als ich damals diese massiven Schlafstörungen hatte, sagte die Ärztin damals an der Dialyse, ich sei zu gut ausgeruht. Daher würde ich wohl nachts schlecht schlafen, da ich tagsüber nicht viel machen würde. Meine Mutter meinte das gleiche, man sieht, welche Vorurteile die Leute haben. Du tust ja den ganzen Tag nichts, Du gehst ja auch nie raus,  DU kommst ja nicht weg, daher schläfst Du schlecht. Dabei sitzt sie wesentlich mehr Zuhause als ich. Ich weiß nicht, welches Bild die Menschen von mir haben, aber diese Rückmeldungen spiegeln die Attribute wider, welche man mir zuschreibt.

 

Als ich neulich mit dem Taxifahrer fuhr , der mich öfter schon ins Schlaflabor gebracht hatte, als ich  mit der  Ärztin  Termine hatte, meinte er, ich hatte sie schon so oft gefahren, sie haben so ein verrücktes Leben, sie machen so viel, sie sind so viel unterwegs, kein Wunder, dass sie nicht schlafen können. Da haben wir es ja, jedes Mal ist es ein anderer Grund, meine Krankheiten sind es nicht, es ist lediglich mein Verhalten. Da aber die einen sagen, ich mache zu wenig, die anderen wiederum sagen, ich mache zu viel, kann ja wohl beides nicht ganz stimmen.

 

Wenn ich den Leuten erzähle, dass ich ins Schlaflabor  gehe, weil ich schlecht schlafe und eventuell non24  habe, kommt immer der Spruch, dann müsste ich das auch haben, ich wache auch nachts immer auf und kann dann nicht mehr einschlafen, sobald der Wecker klingelt, habe ich tief und fest geschlafen, das geht jedem so. Ich schlafe auch nicht mehr als 3-5 Stunden. Ich denke dann immer, was für eine faule Sau bin ich doch, alle anderen Menschen haben  dasselbe wie ich, reißen sich aber zusammen und rennen trotzdem zur Arbeit, obwohl sie kaum geschlafen haben. Und  ich  bin  wegen  meiner  Krankheiten  voll erwerbsgemindert, wo  doch alle dieselben  Symptome haben. Da habe ich die Leute mal drangekriegt. Als wir mit einer Gruppe  vom Blindenverband mal in der U-Bahn unterwegs waren, und wieder jemand so einen Spruch abgelassen hat, habe ich ganz laut gefragt, wer schläft hier 7 Stunden und mehr? Da die Leute den Zusammenhang der Frage nicht wussten, riefen alle ich, und ich sagte, da siehst Du es. Es geht also nicht jedem so. Man würde ja auch zu einem Alzheimer-Patienten nicht sagen, ich bin auch ab und zu vergesslich, dann hab ich auch Alzheimer. Als ich an der Dialyse war, fragte mich mal ein ganz besonders dummer Mensch, was ist denn das, und ich erklärte es ihm, und da meinte er, dann muss ich wohl auch an die Dialyse, das sollte ich das auch mal machen. Ich kann nur jedem einen guten Schlaf wünschen und hoffen, dass es ihm nicht genauso geht. Bei mir ist es zeitweise sehr gut, aber zeitweise ist es katastrophal. Und dem möchte ich aber auf den Grund gehen, und wenn es Möglichkeiten gibt, das zu verbessern, warum nicht. Abwarten und durchschlafen.

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