Samstag, 29. Mai 2021

Click and Meet

Schon einmal hatten wir ja das aufregende Erlebnis, das ich mit einem Termin zum Einkaufen musste, als ich den Rahmen für ein Gemälde machen ließ, welches meine Schwester von ihrer Katze gemacht hat, die einen Vogel auf einem Baum beobachtet hat. Das Gemälde hat sie mir zugeschickt, und da es den langen Weg aus dem Ausland zu mir gemacht hat, und sie noch einige andere Dinge mitgeschickt hatte, waren einige Löcher in dem Leinen. Es sollte also professionell gerahmt werden. Das war schon aufregend, dann bei einem Geschäft anzurufen, um einen Termin für einen Einkauf zu buchen. Das war ein kleiner Laden mit einer älteren richtigen Handwerkerin. Das hat alles auch prima geklappt. Damals hab ich dann vor lauter Freude folgendes gereimt: Ich hab ein Stelldich ein beim Mann von Obi Ja das lob I mir ja so sehr! Denn komm ich sonst in'n Laden von dem Obi, ja dann tob i, denn der ist leer. Komm ich ums Eck, dann ist er weg, in sein'm Versteck, die Kundschaft kümmert ihn 'nen Drec! Doch heut hab ich ein Stelldichein beim Obi, die Baumarktphobie ist nun passé. Denn kaum bin ich im Laden von dem Obi, dann ruft man Tobi, dass ich ihn seh. Bin ich dann weg, ist er ums Eck, in sein'm Versteck, doch das nun kümmert mich 'nen Dreck. Denn ich hatt' mein Stelldichein beim Mann vom Obi, und jetzt tob i vor lauter Freud!!! Das hätte ich jetzt auch über jeden anderen Laden singen können. Nur es hat sich halt so schön gereimt. Obi denotiert also auch alle anderen Möbelläden, Baumärkte oder Großmärkte dieser Art. Nun war es wieder mal soweit, ich brauchte einen neuen Klodeckel, denn ich wollte einen mit Soft-Close, der mir nicht aus der Hand gleitet und auf die Brille oder mir auf die Finger schlägt. Ich hatte einen von einem Baumarkt, der war aber relativ schnell kaputt. Das Dekor war schon ab, und die Schrauben lösten sich, und die Bremsen versagten, sodass der Deckel jedes Mal gnadenlos nach unten krachte. Ich brauchte außerdem noch ein schönes großes Glas, in das ein Kilo Kaffeebohnen reingeht für meinen Vollautomaten. Man hatte mir empfohlen, einmal in einem Geschäft zu suchen, welches auch ziemlich viel Kleinkram hat. Beide Dinge würde ich also dort finden. Ich schaute im Internet, und ich fand auch die Homepage. Ich wurde sofort aufgefordert, mir ein Datum auszusuchen. Nach ein paar Versuchen gelangte ich dann auch zu der Stelle, wo ich mir ein Zeitfenster buchen konnte. Es sollte dann eine E-Mail mit einem Strichcode an mich gehen. Das geschah leider nicht. Daher probierte ich es noch ein 2. Mal, dann kam zum Glück die E-Mail mit dem heiß ersehnten Strichcode. Ich wollte noch wissen, ob es ein Testzentrum auf dem Gelände gibt, den es stand etwas davon in einem kleinen Absatz unter den Informationen zur Hygiene. Ich fand aber mal wieder nichts. Daher rief ich dort an, aber dort wurde ich dann wieder auf die Homepage verwiesen. Auf der Homepage gab es eine Liste mit all den Zweigstellen deutschlandweit. Ich tippte also auf meinen Ort, und dort hieß es wieder, unter diesem Link hier unten gibt es Informationen, wo es Testzentren auf dem Gelände gibt. Also tippte ich dort drauf und landete wieder bei der Liste, die alle Filialen deutschlandweit anzeigte. Ich tippte also wieder auf meine Stadt und landete wieder auf der vorherigen Seite. Durch meine kognitiven Schwierigkeiten drehe ich mich gerne mal immer im Kreis, da ich dann, mangels abweichendem Denken nicht auf die passende Idee komme, wie ich daraus komme. Meine Assistentin meinte übrigens, sie habe mich jetzt 4 Jahre nicht gesehen, denn ich habe jetzt wieder jemanden, die ich lange nicht hatte. Und ihr sei aufgefallen, dass ich geistig schon etwas nachgelassen hätte. Ich hätte früher bestimmt nicht so lange mit einer Homepage gekämpft. Außerdem hätte ich dauernd auf meinen Einkaufszettel geschaut, als wir in der Drogerie waren. Das hätte ich früher auch nie gemacht. Und ich hätte zehnmal nachgeguckt, ob ich beim Tischdecken auch nichts vergessen hätte, das wäre mir früher auch nicht so ergangen. Es sei ihr also schon aufgefallen, nicht nur, weil ich jetzt ausdrücklich gefragt hätte. Denn ich äußerte schon auch von mir aus, dass mein Gehirn irgendwie nicht mehr richtig funktioniert. Sonst hätte sie vielleicht auch gar nichts gesagt. Daher war ich schon etwas schockiert, allerdings sind ja auch alle Internetseiten anders. Dennoch merke ich, dass ich größere Schwierigkeiten habe als andere Behinderte. Auch wenn die Seite als barrierefrei ausgewiesen ist, schaffe ich es trotzdem nicht. Das bedeutet, eigentlich müsste ich es können, aber es liegt an anderen Schwierigkeiten, warum es nicht klappt. Konkret kann man sagen, wenn jemand keine Arme hat, nicht hört oder nicht sieht, kann man dies einfach ersetzen, oder auch nicht so einfach. Aber wenn man komplex schwer mehrfach behindert ist, weiß man nicht genau, woran es liegt. Man kann ja nicht für jede kognitive Beeinträchtigung oder jede Verarbeitungsstörung eine eigene Homepage machen. Außerdem müsste dann jemand die Zeit haben, sich hinzusetzen, um zu analysieren, woran genau es liegt, oder wo mein Denkfehler ist. Meine Assistentin fand zumindest mühelos heraus, dass es zwar ein Testzentrum auf dem Gelände gab, dass sie aber keine Lust hatte, dort an zu stehen, und sich daher einen Tag vorher testen lassen wollte. Ich bin ja schon zweimal geimpft, daher brauche ich nur den Impfpass, wenn ich irgendwohin möchte. Die Assistentin fand auch heraus, dass es in unserer Filiale kein Zeitfenster geben würde. Wir konnten also so lange bleiben, wie wir wollten. Denn wir hatten das Problem, dass ich um 10 kommen konnte, sie hätte erst um 10:15 Uhr Einlass gefunden. Ich hätte aber nicht alleine dort herumlaufen können. Ich hätte höchstens mit ihr warten können, da dies ja nicht von meinem Zeitfenster abgezogen werden konnte, weil es keines gab. Wir hofften aber dennoch darauf, dass man Menschlichkeit walten lassen würde, und wir zusammen rein könnten. Am nächsten Morgen wurden wir also mit dem Taxi abgeholt, da ich bei meiner Taxifahrerin, mit der ich auch zusammen in der Theatergruppe war, schon einen Wunsch geäußert hatte. Ihr Chef musste dann aber jemanden anderen schicken, da sie es nicht schafften. Als wir also dann bei dem Gelände ankamen, fing uns schon ein Wachmann ab und erklärte uns, dass wir unsere Papiere hier und da und da zeigen müssten, und dass wir separat halten sollten. Wir fragten ihn dann, wie es gehandhabt würde, da meine Assistentin ja als meine Begleitperson mit hinein müsste, aber erst eine Viertelstunde später ihren Termin hatte. Er meinte, wenn es dumm kommt, müssen sie eben getrennt rein. Ich dachte, das ist wieder mal so typisch deutsch. Als wir dann an diesem Kontrollposten waren, gelang es mir wie immer nicht, den Strichcode in meiner E-Mail anzuzeigen. Jedes Mal, wenn ich mit der Bahn fahre, und der Schaffner meinen Strichcode kontrollieren will, wird der Strichcode entweder nicht hell, oder er zeigt sich nicht. Sobald der Druck weg ist, und der Schaffner weitergeht, klappt es mühelos. Wenn ich ein Päckchen aufgeben will, muss ich immer den Strichcode ausdrucken, denn es klappt nicht, dass ich den Code bei der Annahmestelle vorzeigen kann. So war es natürlich auch diesmal. Wenn ich unter Stress bin, gelingt mir nichts mehr. Ich sagte also dem Mann beim Einlass, dass ich schwerst behindert bin, das nehme ich schon auch ganz unumwunden in meinem Fall für mich in Anspruch, und er merkte auch, dass ich große Schwierigkeiten hatte. Wir zeigten ihm meinen Impfpass, meine Assistentin zeigte ihm ihren Test, und ich hatte für den Notfall auch noch die Papiere vom Impfzentrum mit einem Strichcode dabei. Aber der Kontrolleur begnügte sich mit dem Impfpass. Er ließ uns mühelos und anstandslos durch, nachdem er dann ein Formular für mich ausfüllte, weil das mit dem Strichcode ja nicht geklappt hatte. Wir gingen also hinein, und es war wie immer schwierig, mit den Masken vor dem Gesicht durch die Serpentinen zu laufen, die man absolvieren muss, damit man ja auch alles mitnimmt, Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer, könnte man ja alles kaufen wollen. Meine andere Assistentin nannte das immer Zwangssteuerung. Irgendwann kamen wir dann tatsächlich zu einer Küche, auf der genau das Glas stand, welches ich brauchen konnte. Wir schleppten es jetzt noch nicht mit herum, aber wir merkten uns die Stelle. Dann kamen wir zu einer Verkäuferin, sie war sehr ruhig, freundlich, sie hatte scheinbar den Überblick über das gesamte Sortiment. Sie erklärte uns in aller Ruhe, dass die Klodeckel unten im Erdgeschoss in der Badeabteilung seien. Sie beschrieb uns genau den Weg dorthin. Sie wusste genau, dass 2 verschiedene Klodeckel angeboten wurden. Wir waren wirklich erstaunt. Als wir hin kamen, fanden wir genau das, was ich suchte. Ich dachte, in Anthrazit, aus Holz, und dann mit Soft-Close, das wäre es. Es wurde ein schwarzer und ein grauer Deckel aus Holz mit genau dieser Funktion angeboten. Der Graue paste haarscharf, ich dachte, der ist es. Wir gingen dann weiter und fragten, wo die Klodeckel nun zu haben wären. Tatsächlich war es nur 3 Schritte um die Ecke, und da gab es sogar noch 3 verschiedene Farben. Aber ich wollte ja den grauen, und der war sogar noch da. Wir fragten dann noch nach dem Glas, wir mussten nicht noch mal in die Küchenabteilung, wo wir so eines gesehen hatten, dass ich wollte. Zum Glück, bei dem Kleinkram war es auch dabei. Das Glas konnte man mit 2 Deckeln haben, einem aus Bambus und einem aus Glas. Ich nahm gleich beide, wer weiß, welcher besser geeignet sein würde. So billig würde ich sowieso kein Glas mehr bekommen, und für den Preis war das wirklich ideal. Ich habe dann noch einige Leckereien mitgenommen, zum Beispiel sehr gute Plätzchen mit Zimt in einer Dose, und die kann ich dann auch für Weihnachtsplätzchen oder andere Dinge benutzen. Inhalt samt Dose kostete nur 4 €. Das kriegt man auch nicht überall. Meine Lieblings-Knusper-Brot-Schiffchen haben wir zwar nicht gefunden, aber wir waren mehr als zufrieden. Alle waren total nett, locker und entspannt. Es war wenig los, man konnte wirklich gut herumlaufen. Wir brauchten auch überhaupt nicht lange, selbst ein Zeitfenster hätte genügt. Am Ausgang wurden wir freundlich verabschiedet. Wir riefen dann unser Taxi, und es ging heimwärts. Der Klodeckel ließ sich dann auch sehr rasch und mühelos montieren. Er macht sich wunderbar in meinem Bad, denn meine Möbel sind aus hellem Holz, die Vorleger sind orange und rot, die Vorhänge sind rot, der Boden ist schwarz. Es sieht also wirklich sehr edel aus. Und das Material ist angenehm warm. Wenn das immer so laufen würde, könnte ich das oben gereimte Lied noch öfter singen. Nur an ihrem Internetauftritt und der wirklich ein-eindeutigen Barrierefreiheit müssten noch einiges getan werden. Ich glaube, wäre ich die Testperson, würde es hinterher bestimmt jeder können. Ich finde, nach Corona könnte das mit den Terminen ruhig so beibehalten werden. Wenn wir dann alle geimpft sind, fällt ja schon mal die Testpflicht weg, dann gibt es eine Hürde weniger, und man hat einen entspannten Einkauf.

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