Sonntag, 8. September 2013

Zahn

Nun ist das Gröbste überstanden, und ich komme wieder zum Bloggen. Vor einigen Wochen hatte ich Kieferschmerzen und ging zum HNO, da ich meinte, es könne eine Kieferhöhenentzündung sein. Er fand nichts. Also ging ich zum Zahnarzt und ließ dort nachforschen, ob es eventuell in diesem Bereich ein Problem gibt. Der Zahnarzt fand ein kleines Loch, röntgte alles, bevor wir es mit Compositfüllung schlossen, wobei ich mir die Panoramaaufnahme statt der Einzelzahnaufnahme aussuchte, was im Nachhinein ein Fehler war. Er fand nichts im Röntgenbild. Also beschloß ich, zum Neurologen zu gehen, da es eine Trigeminusneuropathie sein könnte. Die Neurologin schickte mich zum MRT, und ich hatte furchtbar Angst, da es obendrein auch noch mit Kontrastmittel gemacht werden sollte. Meine Helferin ging mit, damit sie mir die Hand auf die Füße legen konnte, die aus der Röhre herausschauen, da ich erfahrungsgemäß dann nicht solche Angst haben würde. Es klappte alles, und ich merkte nicht mal, wann das Kontrastmittel kam. Die Ergebnisse erhielt ich dann einen Tag später. Eine Gefäßschlinge sei etwas nah am rechten Trigeminus, und das sei eigentlich kein Problem, aber wenn man Schmerzen hat, dann könne also die Ursache hier liegen ,müsse aber nicht. Ich solle mich mal bei einem Hirnchirurgen erkundigen, ob man das gegebenenfalls entfernen lassen könne. Da ich ja schon irgendwann transplantiert werden wollte, wollte ich hier keine zweite Baustelle eröffnen und fand, daß es nicht dafür steht, hier eine Hirn-OP machen zu lassen. Das fand die Neurologin auch. Ich spürte aber, daß bei meinem Zahn immer noch was nichtstimmte und sagte es ihr auch. Sie meinte etwas begütigend: "Aber wenn man doch im Röntgenbild nichts sieht, dann kann da auch nichts sein." Ich dachte, es gibt Dinge, die man auch mit Geräten nicht sehen kann, und die trotzdem da sind. Ich ging später wieder zu meinem Zahnarzt, um eine professionelle Zahnreinigung durchführen zu lassen. Ich erwähnte, daß ich immer noch Zahnschmerzen hatte, und daß es beim Zubeißen ein komisches Gefühl gäbe, und daß es seltsam schmeckt, daß ich also Eiter vermute. Er schaute sich alles an und meinte. "DER ist durch!" Der Zahn war der Länge nach gespalten, da er eine sehr große Füllung hatte. Ich sagte ihm, daß ich damals wollte, daß er diesen Zahn aufbohrt, denn die kleine Füllung, die er mit Composit gemacht hatte, war wohl an einem anderen Zahn. Damals traute er sich nicht, weil er meinte, dann könne er jeden Zahn der Reihe nach aufbohren, weil der Schmerz schlecht zu lokalisieren war. Er meinte aber nun, wenn man den Zahn aufgebohrt hätte, hätte man auch nicht mehr machen können, klar, muß er ja sagen. Ich hätte wohl zweimal ungünstig zugebissen, einmal sei der Zahn also innen gebrochen, beim zweiten Biß dann außen, wo man es dann auch sehen konnte. Man habe dies im Röntgenbild nicht sehen können, weil die Panoramaaufnahme irgendwie von einer anderen Seit eher kommt. Dachte ich es mir doch. Ab nun sagten alle Ärzte, mit denen ich zu tun hatte, daß es klar sei, daß es viele Dinge gibt, die man im Röntgenbild auch nicht gleich sehen kann. Zuvor bedeutete man mir quasi, daß ich plemplem sei, weil ich am Röntgenbild gezweifelt hätte, und daß man da nichts sähe, also auch da nichts sein könne. Warum hat man dann zuvor nicht an die Variante gedacht, bei der man im Röntgenbild nichts sieht? Ich wurde also zum Kieferchirurgen geschickt, da sich der Zahnarzt nicht zutraute, den Zahn heil rauszubekommen. Es könne zwischen 5 Minuten und einer Stunde dauern. Ich hatte furchtbar Angst. Eine meiner Helferinnen ging mit. Der Arzt war richtig witzig. Er fragte mich, ob ich denn bald eine Niere bekäme. Als ich ihm sagte, daß ich schon lange warte, meinte er, ich solle mal ein paar Leuten ein Motorrad schenken, damit sie einen Unfall bauen. Das fand ich so lustig, daß ich die ganze OP nicht mehr so schwer nahm. Ich liebe schwarzen Humor. Der Arzt war selbst mal schwer krank, daher hatte er diesen Galgenhumor. Übrigens ist es auch veraltet, daß man nach einer Zahn-OP keine Milchprodukte zu sich nehmen dürfe, das wäre sogar gut für die Mundflora, da der PH-Wert angehoben würde und die Mundflora damit nicht mehr so sauer wäre. Das sei wie bei Pilzinfektionen. Ich genoß also mein Joghurt hinterher und alles andere, was mir nicht wehtat beim Kauen. Die Betäubung war ein Klacks, das ging mit dem Computer, der den Kolben der Spritze elektronisch gesteuert herunterdrückte. Die letzte der drei Spritzen spürte ich kaum noch. Die Betäubung wirkte auch sofort, man mußte gar nicht ewig warten. Es war zwar alles pelzig, aber es war nicht so taub, daß man sich wie bei einer Gesichtslähmung fühlt. Der Arzt nahm eine Zange, die ältere, sehr nette Helferin hielt meinen Kopf dagegen, der Arzt meinte, daß es jetzt mal knackt, und schon war der ganze Zahn mit einem RATSCH draußen! Der Arzt war selbst erstaunt, daß der Zahn WIRKLICH gespalten war, offenbar, weil er so ohne Weiteres an einem Stück herauskam. Ich fand den Arzt sehr geschickt. Er meint, daß ich ein Implantat haben könne, und daß kein Kieferaufbau nötig sei. Der Zahnarzt wollte mir eine Brücke machen, da muß man aber dann die Nachbarzähne abschleifen, und das will ich nicht. Bei der Brücke verdient der Zahnarzt mehr, beim Implantat verdient der Kieferchirurg mehr. Daher rät mir der eine zu dem, der andere zu dem. Ich erwäge eine Drittmeinung von einem Neutralen einzuholen, der gar nichts dran verdient. Ein Implantat ist mir schon lieber. Preislich hält es sich die Waage, da bei der Brücke drei Kronen notwendig sind, und die Kasse ja sicher auch nur einen Festbetrag übernimmt. Beim Implantat muß man dieses zahlen, aber die Krone übernimmt dann wohl größtenteils die Kasse. Mitte Oktober kann ich mir dann ein Implantat machen lassen, das ginge dann genauso flott und geschmeidig wie das Herausoperieren, das müsse dann 4 Monate einheilen, dann könne ich die Krone bekommen. Da freu ich mich schon drauf, wenn ich dann im Frühjahr 2014 endlich wieder auf beiden Seiten kauen kann! Die Backe war nach der OP furchtbar dick, ich dachte schon, es sei was schiefgegangen, aber es lief alles nach Plan. Ich spülte mit Kamille, das half am besten, daß die Schwellung wieder abnahm. Ich schrieb der Neurologin noch eine Mail, daß es nun doch der Zahn war, und daß man dies auf dem Röntgenbild nicht sehen konnte. Ich schrieb: "Ich bin mehr als mein Röntgenbild!" Diesen Satz sollten sich alle Ärzte über ihren Schreibtisch hängen! Es gibt immer Sachen, die man mit Geräten nicht sofort sieht, an die ein guter Arzt aber denken muß! Nicht alles, was man nicht sofort erkennt, ist daher nicht vorhanden. Ich hoffe, daß die Neurologin das gelernt hat, und daß sie beim nächsten Patienten mehrgleisig denkt und dann auch solche Möglichkeiten mit in Betracht zieht. Jeder Arzt sollte dies tun. Ich bin froh, daß alles gut verheilt ist, und hoffe, daß die nächste Etappe genauso nach Plan läuft! Und ich hoffe, daß die anderen Zähne gefälligst drin bleiben! Dies ist der erste Zahn, den ich verloren habe, seit dem mein Gebiß als Jugendliche reguliert wurde. Wir werden alle nicht jünger!

Keine Kommentare: