Sonntag, 8. Oktober 2017

Keine Nierenbiopsie, dafür Armbiopsie


Da ja bei mir die Leukozyten gesunken waren, haben wir das Medikament abgesetzt, welches als Nebenwirkung eine Verringerung der Anzahl von Leukozyten hat. Das hat aber zur Folge, dass die Niere weniger gut geschützt ist, und dadurch ging das Kreatinin in die Höhe, so auf 1,5. Bei der ein-Jahres-Biopsie kam ja eine grenzwertige Abstoßung heraus, wobei dann eines der Medikamente erhöht wurde. Das Kreatinin hatte sich vorher ja endlich wieder gefangen. Da es sich nun wieder gesteigert hatte, beschloss mein Arzt, mich nun doch ins Krankenhaus zu einer Nierenpunktion zu schicken. Am Mittwoch den 13. September sollte es soweit sein. Am Freitag zuvor hatte er mich angerufen, um mir zu sagen, dass er mir die Aufklärung als E-Mail zuschickt, die sollte ich ausdrucken und unterschreiben und dann am Mittwoch den 13. ins Krankenhaus  mitnehmen. Es war ziemlich umständlich gewesen, ein Rezept für die Ergotherapie und die Physiotherapie ab dem 13. September zu bekommen, da diese normalerweise nur zehn Tage gültig sind, und die Ärztin extra auf das genaue Datum ausstellen musste. Ich hatte bei der Anmeldung erst versehentlich anstatt des Rezeptes das Formular für die Befreiung von der Zuzahlung dabei, und es war ziemlich umständlich, dann das Rezept noch zu kriegen, da es mit den Faxen Probleme gab. Daher war ich schon etwas verärgert, dass leider kein anderer Termin möglich war. Ich ließ mir aber dann eine Bescheinigung geben, dass ich aufgrund eines akuten Notfalles am 13. ins Krankenhaus musste, da es ja nicht anders ging. Es war dann recht umständlich, das Rezept wieder auf den 20. umzustellen, aber das überließ ich dann der Ergotherapie und Physiotherapie .  Um 8:00 Uhr spätestens sollte ich mich am 13. einfinden.

 

Als ich dort ankam, wurde zunächst einmal Blut abgenommen. Das war mir noch vom letzten Mal in Erinnerung. Dann kam ein Arzt, mit dem ich schon einmal über meine Grunderkrankung gesprochen hatte, und bei dem ich erstaunt war, wie viel er über meine Erbkrankheit wusste, und wie sehr er sich mit der Materie befasste. Er meinte, er habe eine Bitte an mich, ob ich den bereit wäre, mir am Arm eine kleine Biopsie machen zu lassen. Er habe das bereits fünfmal an sich selbst ausprobiert, um die passende Stelle am Arm zu finden, wobei dies dann international so gemacht wurde. Ich sagte ihm, ich sei nur unter der Bedingung bereit, dass ich auch die Ergebnisse erfahren würde. Ich hatte schon einmal an einen Forscher geschrieben, der mittlerweile in den USA ist, da ich über ein Forschungsprojekt eine Blutprobe an ihn gesendet hatte, um ihm eine Frage zu stellen,  und da hatte ich keine Antwort erhalten. Er versprach mir, mich auf jeden Fall auf dem Laufenden zu halten. Ich habe ja eine Erkrankung, bei der die Zilien, Flimmerhärchen , die sehr viele Dinge im Körper bestimmen, wie zum Beispiel auch die Anordnung der Organe, und die auch in sehr vielen Organen vorkommen, defekt sind. Daher sind auch die Außensegmente meiner Sinneszellen kaputt sowie die Nierenkanälchen. Es können auch die Nebenhöhlen und die Atemwege betroffen sein, und daher kommt es auch zu den anderen Schwierigkeiten wie Gleichgewichtsproblemen usw. Ich habe mich bei diesem Arzt beklagt, dass die Ärzte meine Symptome meistens als psychisch hinstellen, und dass sie nie auf die Idee kommen, dass ich vielleicht Symptome habe, die bisher noch nicht erforscht sind. Normalerweise würde man bei jedem anderen Patienten sagen, ihr Krankheitsbild ist noch so unbekannt, da kann es durchaus sein, dass sie diese oder jene Beschwerden haben. Er meinte,  die Ärzte würden langsam aufgeschlossener, früher sei dies leichter gewesen, man habe einfach gesagt, die Augen und die Nieren sind betroffen, und das war's. Und man hat ein bestimmtes Krankheitsbild mit bestimmten Erscheinungsformen und Symptomen einer bestimmten Erkrankung mit einem bestimmten Namen zugeordnet. Heute weiß man, dass ein-  und dasselbe Gen, je nachdem, welche Stelle an diesem Gen verändert ist, verschiedene Erkrankungen machen kann. Er klebte mir ein Betäubungspflaster auf die Stelle, die nachher herausgeschnitten werden sollte, damit ich nicht zu viel spüren würde. Dann sollte ich 20 Minuten dieses Pflaster drauf lassen.

 

Mittlerweile wurde ich in mein Zimmer gebracht, in dem eine sehr angenehme und nette Frau war, die sofort bemerkte, dass ich fast blind bin. Sie erklärte mir, dass sie mit Verena Bentele, der schwer Behindertenbeauftragten des Bundes zusammenarbeitet, und dass sie Mitglied des Bundestages sei und sie sei Regierungsrätin und würde mit Andrea Nahles zusammenarbeiten. Ihren Nachnamen verriet sie mir nicht, sie meinte, der sei zu kompliziert. Ich hatte ihn dann später ein paar Mal gehört, ich glaube, die wollte einfach nicht, dass sie bekannt wird.

 

Irgendwann kam der Arzt vorbei, um das Pflaster zu entfernen und die Biopsie vorzunehmen. Trotz der Betäubung tat es immer noch sehr weh. Ich meinte trocken, die Betäubung hätten sie sich auch sparen können. Aber es sei für einen guten Zweck, und ich musste noch unterschreiben, dass das Gewebe aufbewahrt und zu Forschungszwecken verwendet werden dürfte.

 

Irgendwann kam dann jemand und meinte, meine Blutwerte seien dar. Der Arzt meinte, es sei ein Kreatininwert von 1,37 ,  und da sei es an der Grenze, man müsse nicht unbedingt punktieren. Ich sagte ihm, dieser Meinung sei ich übrigens auch, ich könne ja dann wieder gehen. Er sagte mir, er würde noch mit meinem Nephrologen sprechen, denn der muss ja einen Grund gehabt haben, mich hierher zu schicken. Ich erklärte ihm, dass mein Arzt befürchtete, wenn das Kreatinin jetzt besser sei, und man mich laufen ließe, würde es bestimmt wieder hochgehen, und man würde dann sowieso punktierenmüssen. Er meinte, ich solle jetzt erst einmal das Gespräch abwarten. Nach einer Weile kam dann eine Schwester mit einem Tablett und sagte, ich dürfte Essen. Ich fragte sie, ob ich nach Hause dürfte, da meinte sie, nein, ich würde am nächsten Tag punktiert.

 

Ich war am Boden zerstört, denn wenn ich am Donnerstag den 14. punktiert würde, könnte ich am Freitag den 15. September nicht zu Hause sein, wo ja die Schlüsselübergabe mit der Vermieterin stattfinden sollte.

 

Ich hatte schon mit Mühe und Not jemanden organisiert, der am Donnerstag den 14. einen Handwerker unseres Vereins reinlassen sollte, der weiter an meiner Wohnung arbeiten würde. Es war ein Bekannter, der früher mit mir an der Dialyse war, und der ebenfalls etwas von diesem Handwerker wollte. Er wäre extra zu mir ins Krankenhaus in die nächstgelegene Stadt, wo ich war, gefahren, hätte sich dort den Schlüssel abgeholt, hätte den Handwerker eingelassen, wo aber dann der Schlüssel hingekommen wäre, hatten wir noch nicht ganz besprochen. Es wäre also ein Chaos geworden, wenn ich erst am Donnerstag punktiert worden wäre. Ich war in Tränen aufgelöst, als der Arzt hereinkam. Ich sagte ihm, er könne mich auch gleich einweisen, ich würde verrückt werden. Ich erklärte ihm meine Situation, und er meinte, man könne doch mit ihm reden. Ich sagte nämlich, das Kreatinin würde am nächsten Tag auch nicht anders, warum würde man dann gerade mal einen Tag warten, um zu entscheiden, ob ich punktiert würde oder nicht, dann könne man es auch gleich heute machen oder in ein paar Wochen. Schließlich war es ja nicht lebensnotwendig sondern grenzwertig. Da meinte er, wir sind die Guten, mit uns kann man reden, sie können auch in drei Wochen wiederkommen. Daraufhin wurde ich noch zum Ultraschall geschickt, um zu schauen, ob nichts Anatomisches los war, zum Beispiel ein Stau im Harnleiter, oder ob vielleicht etwas sichtbar wäre, dass behandelt werden müsste. Im Ultraschallraum waren einige Ärzte zusammen, auch der, der mich während der Transplantation geschallt hatte, und der der erste war, der den Ultraschall nach der Operation vorgenommen hatte. Ich konnte mich noch sehr gut an ihn erinnern, da er so nett war. Er erklärte mir, dass man sich entschieden hätte, mich auch erst in ein paar Wochen zu punktieren, da ich ja jetzt unbedingt nach Hause musste, und man habe damit gerechnet, dass ich gar keine Aufklärung dabei hätte, da es normalerweise nicht üblich sei, seine Aufklärung per E-Mail zu erhalten und unterschrieben mitzubringen. Man habe nun mit meinem Arzt gesprochen, und der sei für eine Punktion, aber man könne es auch noch in ein paar Wochen machen. Hätte ich jetzt ein Kreatinin von 1,6 gehabt, wäre es sinnvoll gewesen, zu punktieren, daher war es kein Fehler, dass ich gekommen war. Ich war erst einmal erleichtert, und der Ultraschall ergab auch nichts gefährliches. Somit durfte ich nach Hause.

 

Mein Nephrologe hingegen gab mir eine andere Version der Sache , da man wenig Zeit hatte, weil erst  Blut abgenommen worden war, wollte man am nächsten Tag erst punktieren, und daher hätte man mich nach Hause geschickt. Ich glaube, man hatte einfach nicht damit gerechnet, dass ich die Aufklärung schon dabei hatte, man wollte mich vielleicht an diesem Tag erst aufklären und sowieso erst am nächsten Tag punktieren. Ich hatte ja die Punktion schon einmal durchgemacht und war daher schon aufgeklärt. Ich muss allerdings gestehen, dass ich am Tag zuvor noch einmal schnell auf Station anrief und nachfragte, ob ich nüchtern bleiben musste oder nicht, da ich dies vergessen hatte.

 

Bei der Blutabnahme eine Woche drauf am 20. kam zum Glück heraus, dass das Kreatinin wieder bei 1,23 war, und zur Sicherheit wollte man dann am 4. Oktober wie geplant noch einmal Blut abnehmen, da die Punktion auf den 6. Oktober veranschlagt gewesen war. Meine Theorie, die ich auch den Ärzten unterbreitete, war die, dass ich, da ich wegen der Leukozyten Myfortic solange reduzieren musste, Probleme bekommen hatte, und die Niere mir dies übel genommen hat. Sie meinten, das könne wohl sein, aber dennoch müsse man punktieren, wenn das Kreatinin hochginge. Nachdem ich ja das Medikament Myfortic, das ich während  meiner Erkrankung bis auf die Hälfte reduzieren musste, ab dem 6.  September wieder etwas erhöhen konnte, war das Kreatinin sowieso wieder gesunken. Somit hatte sich wohl diese Theorie bestätigt.

 

Da die Leukozyten wieder im Normbereich waren, durfte ich dann das Medikament ab dem 20. wieder voll einnehmen, und am Mittwoch den vierten war die nächste Blutabnahme. Und da war das Kreatinin zu meiner größten Freude auf 1,09 gesunken, sodass mein Arzt beschloss, die Punktion abzusagen.

Mein Blutdruck war in der Zwischenzeit auch etwas gestiegen, und ich musste ein paar Mal ein Medikament, dass ich nur bei Bedarf nehmen soll, einnehmen. Wenn der Blutdruck recht niedrig war, hatte mein Arzt immer gesagt, ich solle mit den Medikamenten ruhig spielen, wenn der Blutdruck zu niedrig wäre, wäre das auch nichts. Als dann der Blutdruck kletterte, meinte er, sie haben ja ab und zu mal die Medikamente weggelassen. Darauf entgegnete ich, jetzt aber nicht mehr, da er ziemlich hoch war. Da meinte er, ja, aber davor. Das klang so, als ob er mir dies zum Vorwurf gemacht hätte, dass der Blutdruck jetzt gestiegen sei, weil ich die Medikamente nicht regelmäßig eingenommen hätte. Beim nächsten Mal, wenn er mir wieder sagt, ich solle ruhig mit den Medikamenten spielen, dann werde ich dies nicht machen. Egal, wie niedrig der Blutdruck wird, dann nehme ich sie ein. Unter spielen verstehe ich sowieso, dass man damit Klötzchen baut oder vielleicht irgendwelche Bildchen legt. Aber ich wusste schon, dass er damit meint, dass ich variieren darf, je nachdem, wie hoch oder niedrig der Blutdruck ist, da ich als erfahrene Blutdruckpatientin gut damit umgehen kann. Da ich sowieso viermal ein Blutdruckmittel einnehmen muss, messe ich viermal, und wenn der Blutdruck unter 115 ist, lasse ich das Medikament schon auch mal weg. Im Sommer ist es durchaus vertretbar, denn sonst würde der Kreislauf viel zu sehr absacken. Ich glaube aber, der Blutdruck hat sich auch wieder gefangen. Wahrscheinlich lag das daran, dass wir das Cortison etwas erhöht hatten, zum Ausgleich, weil sie eine Zeit lang eines der Immunsuppressiva, eben dieses Myfortic reduziert hatten. Aber da ich das Cortison wieder normal einnehme, hat sich wahrscheinlich alles wieder reguliert.

 

Beim nächsten Mal weiß ich ja, wie die Niere reagiert, und dass sie nicht so damit einverstanden ist, wenn Medikamente reduziert werden. Während der Schilddrüsen-OP musste ich ja auch Myfortic reduzieren, und das hat sie mir auch krummgenommen. Aber insgesamt ist sie eine sehr starke Niere. Sie hält schon ganz schön was aus und steckt ganz schön was weg. Neulich hab ich schon wieder eine Erkältung ausgebrütet und war wirklich in Panik, dass dieser ganze Rattenschwanz jetzt wieder von vorne losgeht. Ich hatte aber Glück, die Erkältung ist an mir vorbei gezogen. Am Wochenende hat mich ein Freund besucht, der meinte, er sei sterbenskrank, er dürfe eigentlich gar nicht raus. Prompt fiel er mir um den Hals, und ein paar Mal hat er auch gehustet und geschnieft, ich hoffe, dass ich nichts abgekriegt habe. Es ist schwierig, den Leuten zu erklären, was für mich so eine Erkältung bedeutet. Als ich wegen der im Ausbrüten  begriffenen Erkältung so in Panik war, haben wir telefoniert, und er meinte, ich solle doch die Grippe nicht zu hoch hängen, und seine Freundin meinte, das sie psychisch bedingt, und es würde schon wieder vorbeigehen. Die wenigsten verstehen, dass ich so einen Rattenschwanz nicht dauernd haben kann. Das muss sich zwar nicht jedes Mal so auswachsen, aber die Möglichkeit besteht eben. Ich bin aber froh, dass ich dieses Mal um das Krankenhaus herumgekommen bin. Während meines Umzugs hat mir das nämlich gerade noch gefehlt, und es ist einiges durcheinandergeraten.

 

Ich sagte dann meinen Bekannten, dass ich jetzt doch da sei, dass er nicht kommen müsste, um den Wohnungsschlüssel zu holen, dass ich jetzt den Handwerker selbst reinlassen könnte. Wenn er aber wollte, könnte er gerne zum Frühstück kommen, Brot, Schinken und Ei sei da, und dann könnte er, wenn der Handwerker kommt, direkt mit ihm sprechen. Aber wieder wurde mir ein Strich durch die Rechnung gemacht. An dem Morgen erhielt ich dann eine WhatsApp des Handwerkers, sein Vater sei verstorben, er könne nicht kommen. Er würde sich bei mir wieder melden. Somit habe ich dann meinen Bekannten auch wieder abgesagt, aber wir führten ein ausgiebiges Telefonat. Da kann man planen, was man will, am Ende ist man doch immer wieder dazu angehalten und darauf angewiesen, so schnell wie möglich um zu disponieren.

 

Aber nun war ich für die Vermieterin bereit, alles konnte stattfinden. Ich hatte nämlich zuvor nachgefragt, ob sie notfalls bereit wäre, den Termin auf Montag oder Dienstag zu verschieben. Meine Betreuerin arbeitet am Freitag nicht und meinte, ich solle alle meine Termine so legen, dass ich nie am Freitag Termine hätte, an denen sie anwesend sein müsste. Das ist leichter gesagt als getan. Die Vermieterin hatte sich gerade mal dazu breitschlagen lassen, am Samstag zu kommen, aber meine Einwände, dass ich auch am Samstag vielleicht nicht aus dem Krankenhaus hätte raus sein können, wenn ich einen Cortisonstoß gekriegt hätte, hat sie auch nicht registriert und einfach nicht mehr geantwortet. Selbst wenn ich am Montag oder Dienstag noch in der Klinik gewesen wäre, hätte dann meine Betreuerin an meiner statt hingehen können. Mein Sozialpädagoge darf solche Termine alleine nicht wahrnehmen, da er kein gesetzlicher Vertreter ist, somit hätte dies auch nichts genützt. Es wäre also wirklich nur der Freitag der 15. infrage gekommen. Da hat er sich angeboten, mich zu begleiten, aber nur, wenn ich selbst auch dabei wäre, was ja dann auch zum Glück der Fall war. Wie dies alles ausgegangen ist, kommt im nächsten Blogeintrag.

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