Sonntag, 11. August 2019

Ärger rund ums Handy


mit meinem Handy kann ich alles machen, WhatsApp, Facebook,  Einträge in meinem Kalender, Musikhören, Podcasts abonnieren, meine Medikamente und meine Blutdruck- und Gewichtskurve verwalten, E-Mails verschicken, alle Nachrichtendienste nutzen, Geschäfte in meiner Nähe suchen, Öffnungszeiten abfragen, das Wetter erfahren, meine Bankgeschäfte erledigen, sogar Text einscannen und mir vorlesen lassen, herausfinden, wo der nächste Geldautomat ist, der mit meiner Bank in einem Netzwerk zusammengeschlossen ist, den Strichcode von Produkten erkennen und die  Umweltschädlichkeit  von Produkten  erfahren, Hörbücher hören, ich Fahrkarten kaufen, Fahrpläne lesen, waren im Supermarkt bestellen, und vieles mehr.

 

Nur eines kann mein Handy nicht, nämlich Telefonate entgegennehmen, da es eine intelligente Anrufverwaltung hat, die leider nur einen IQ von 30 besitzt. Ich kann zwar hinaus rufen, sowohl mit den Tasten als auch vom Telefonbuch aus, als auch durch ein sprechen der einzelnen Ziffern, aber sobald jemand anruft, bin ich verloren. Zum Glück habe ich eine Flatrate, sonst würde ich mich dumm und dämlich zahlen beim  Zurückrufen. Aber das Hinaus rufen klappt dann auch nicht, denn dann blockiert das Handy. Irgendwie spürt dieses Ding, dass ich unter Stress stehe, und dann  verhakt es sich komplett. Manchmal schaltet es sich dann sogar aus. Ich werde dann fast verrückt, da ich weiß, der Anrufer wartet jetzt und glaubt womöglich, dass ich gar nicht da bin oder ihm nicht sprechen wollte. Dann stehe ich da und rufe: „ich kann nicht abnehmen. „Würde ich jetzt drei Zentner wiegen, würde ich auf der Straße stehen und rufen, dass ich nicht abnehmen könnte, würde man das anders verstehen.  Da  alle Smartphones  nur  über  den  Bildschirm  Telefonate   entgegennehmen lassen, gibt es also  kein Handy, mit dem  man  abnehmen kann….

 

Da mir das mit der Zeit zu viel Stress verursacht hat, habe ich beschlossen, mir ein altmodisches Tastenhandy zu besorgen, aber eine Rückkehr zur Taste würde mir als Kapitulation erscheinen. Denn jeder sagte mir, Du bist doch viel zu jung für ein Tastenhandy. Die anderen Funktionen, die ich oben aufgezählt habe, möchte ich ja weiter nutzen können. Somit habe ich mich erkundigt, es gibt die Möglichkeit, zwei SIM-Karten für die gleiche Nummer zu haben, was man Multisim nennt.

 

Wenn ich am Morgen aufstehe, ist meine Feinmotorik noch wesentlich schlechter, sodass ich dann meine Blutdruckwerte und mein Gewicht, die ich aufgrund meiner Transplantation dokumentieren muss, überhaupt nicht eintragen kann. Das machte mich zuweilen so wütend, dass ich mit der Faust heftig gegen das Handy klopfte. Das hat dem Handy wahrscheinlich auch nicht sehr gut getan. Auch der Fingerabdrucksensor hat nicht mehr richtig funktioniert. All dies machte mich total wütend und hilflos.

 

Wir stellten dann fest, dass wahrscheinlich das Silikon der Handyhülle ausgeleiert   war, und daher warf ich die alte Hülle weg und bestellte eine neue. Auf einmal merkte ich, dass der Deckel von meinem Handy hinten abgegangen war und etwas  Weg stand. Ich dachte, das käme  davon, dass es jetzt keine  schützende  Hülle mehr   hatte, das kann man doch sicher mühelos kleben. Irgendwann hörte ich dann auch die  Meldung, dass die Temperatur des Handys zu hoch war, so nahm ich es vom Netz.

 

Die Batterie meiner Wanduhr war wieder leer, so kam mein technisch versierter bekannter vom Tauschring. Ich bat ihn, das Gehäuse des Handys wieder zusammen zu kleben. Er schaute hinein und meinte, der Akku sei dick geworden, ich müsse unbedingt einen Spezialisten aufsuchen. Somit fragte ich im Handy nach, gab das Modell an, erhielt Auskünfte, welcher Händler in meiner Nähe war, und wann er geöffnet hatte. Das konnte das Handy alles noch leisten. Ich fuhr also sofort mit dem Taxi hin.

 

Als ich dort ankam, erklärte mir der  Spezialist, dass aufgrund von Altersschwäche sich Elektrolyte in dem Lithium Akku bilden, dadurch entstehen Gase, der Akku wird dick, und wenn dann jemand etwas heftig gegen die Handtasche schlägt oder im Gewühl jemand dagegen Haut, könnte es eine Stichflamme geben, die sofort Verbrennungen dritten Grades verursacht. Ich hatte also Glück, hätte ich noch einmal auf das Handy geklopft,  wäre mir wahrscheinlich eine Stichflamme ins Gesicht geschossen. Somit ließ ich das Handy dort, damit er den Akku austauscht, was nur 50 EUR kostete. Beim Ursprungspreis des Handys war das relativ günstig, und es lohnte sich noch, obwohl das Handy „schon „drei Jahre alt ist. Ein neues wäre  mir jetzt zu teuer gewesen, zumal ich mir ziemlich viele neue Dinge angeschafft hatte, und meistens dann wertvolle Sachen kaputtgehen, wenn man all sein Erspartes ausgegeben hat.

 

Ich fragte den Spezialisten, ob es auch eine SIM-Karte gibt, die mit derselben Nummer in zwei Handys einzulegen ist. Er meinte, ja, dass hieße Multisim, und dann würden beide Handys auf einmal klingeln. Somit rief ich also bei meinem mobilen Anbieter an, und man erklärte mir, ich müsse aus meinem Smartphone die SIM-Karte entfernen lassen, ich bekäme dann zwei ganz neue SIM-Karten, eine Haupt-SIM und eine neben-SIM . Die könnte ich dann in das Oma-Handy, wie ich es nannte, einlegen lassen. Ich dachte mir, das ist praktisch, denn wenn ich das Handy abhole, kann er ja gleich die Haupt-SIM einlegen. So bat ich den Mobilfunkbetreiber, mir die Karte bis Dienstag zu schicken, denn dann würde das Handy wieder flott sein, da der Akku dann erneuert worden wäre, und ich hätte gleich jemanden, der  mir die  neue  SIM  einlegt.

 

Am Dienstag rief dann auch der Spezialist an und meinte, das Handy sei fertig, ich könne es jetzt abholen. So schaute ich in meinem Briefkasten, tatsächlich, beide SIM-Karten waren da. Ich jubelte schon innerlich, aber jetzt zwar noch eine Hürde zu nehmen, ich musste beim Mobilfunkbetreiber anrufen, damit ich die Geheimzahlen für die beiden SIM-Karten sowie die PUK erfahren würde. Ich bezweifelte, dass man mir am Telefon diese geheimen Daten mitteilen würde. Aber als ich das Hotline Kennwort angab, erklärte mir der Mann am Ende der Leitung, er müsse das noch über den Computer heraussuchen. Er konnte mir zumindest schon sagen, welches die Hauptkarte und welches die neben Karte sein würde. Als er aber dann versuchte, die Geheimzahl herauszufinden, streikte der Computer bei dem Mobilfunkanbieter. Ich dachte, das kann doch jetzt wirklich nicht sein, jetzt hat alles so gut geklappt, und jetzt muss Luzifer noch mal eingreifen.  Der Call-Center-Mitarbeiter bat mich, in 3 Stunden wieder anzurufen. Das Problem war nur, dass ich dann nicht zu Hause sein würde, und ohne die PIN könnte ich mein Handy, um dort anzurufen, damit ich genau diese PIN erfahren würde, ja gar nicht nutzen, um bei ihm  anzurufen. Und jetzt hätte ich jemanden, der mir  die Karte einlegt, und  macht das jetzt was,  wenn man die Karte ohne  PIN  einlegt? Er meinte, ich könne mir jetzt die SIM-Karte ruhig einlegen lassen, wenn ich nur jetzt die Möglichkeit hätte, und ich könne dann das Handy erst mal ausschalten, und sobald ich es einschaltete, würde ich dann gebeten, die PIN einzugeben. So fuhr ich mit dem Taxi zu dem Handy-Spezialisten, und der legte die neue SIM-Karte ein. Er gab mir die alte Karte in einem kleinen Tütchen mit. Ich klagte, dass ich doch dauernd diese Probleme hätte, und mir immer der Teufel einen Strich durch die Rechnung macht. Da meinte er, ihm ging es ja genauso, er habe eine Rückzahlung über 10.000 EUR an Steuern erwartet und nur 4000 erhalten. Da dachte ich, das ist wirklich Jammern auf hohem Niveau. Mein Taxifahrer meinte, er wäre froh, wenn er überhaupt etwas zurückbekäme. Und ich wäre froh, wenn überhaupt mal irgendwas funktionieren würde.

 

Ich rief dann schon nach 1 Stunde bei dem Mobilfunkanbieter an und meinte, ich müsse dann weg, daher müsste ich jetzt schon die PIN wissen. Der andere Mann konnte dann trotz der Computerprobleme die beiden Geheimzahlen herausfinden, und er gab mir alles sofort. Ich traute mich aber noch nicht, jetzt sofort das Handy einzuschalten, um die PIN einzugeben. Das war auch gut so, denn in der E-Mail, die ich später lesen sollte, hieß es, man solle 1 Stunde warten. Wahrscheinlich dauert es so lange, bis das Handy tatsächlich freigeschaltet ist.

 

An diesem Tag ging ich mit einer Kollegin aus unserer Theatergruppe zu einer mobilen Bürgerversammlung. Dort ging es um das Thema Inklusion, und wir wurden zu verschiedenen Einrichtungen gefahren, wo Behinderte ein Café betreiben, Pflanzen züchten oder den Honig von Stadt im kann schleudern oder von Obstbauern das Obst entgegennehmen, um Saft daraus zu machen. Diese Stelle fanden wir besonders schön, denn es gab einen Laden, den wir leider nicht besuchen konnten, denn der Wagen rollte wieder. Der Wagen war ein Bus unserer Verkehrsgesellschaft, denn eigentlich hatte meine Bekannte mich für die Fahrt mit der Rikscha angemeldet. Da ich aber sehr schnell reisekrank werde, und schon einmal die Erfahrung hatte, mit einer Rikscha über Pflastersteine zu fahren, lehnte ich ab. Es hätte noch Motorräder mit Beiwagen, Tandems  und Fahrräder gegeben. Die Rollstuhlfahrer  fuhren dann bei uns mit dem Bus. Der Bus war riesengroß, es gab aber höchstens 5-7 Passagiere.  Wir wurden zu einer  Stolperfalle für Rollstuhlfahrer  geführt, wo es eine Diskussion  mit  unseren  Stadträten  gab. Denn  es müssen die  Belange von  Rollstuhlfahrern, Blinden, Fußgängern  und Fahrradfahrern  gleichermaßen  im Blick behalten werden.  Danach ging es noch zu einer  Vorzeigehaltestelle, wo wir über den Zustand vieler  anderer  Haltestellen  debattierten. Am Ende wurden wir dann noch zu einer Behindertenwerkstatt gefahren, wo wir dann noch das Theaterstück einer inklusiven Theatergruppe an hörten, und danach endlich gab es ein kaltes Buffet, da mir der Magen schon am Boden hing. Wie wir nach Hause kamen, mussten wir selbst herausfinden, zum Glück habe ich ja die Taxischeine.

 

Zuhause angekommen schaltete ich dann das Handy ein, und ich war so aufgeregt, dass ich mich dauernd vertippte. Irgendwann hat es dann geklappt, und ich war in der Lage, die neue PIN einzugeben. Mein Handy verlangt dann auch noch ein Kennwort, damit ich es entsperren kann, und irgendwann schaffte ich auch das. Somit konnte ich dann erleichtert meiner Kollegin von der Theatergruppe eine WhatsApp schicken, dass alles geklappt hat, das Handy wieder geht, und ich gut zu Hause angekommen war.

 

Am nächsten Tag fiel der Mobilfunk wieder aus, und ich war total erschrocken. Nachdem ich es aber dann wieder  aus- und nochmals angeschaltet hatte, ging auch der Mobilfunk wieder.

 

Am nächsten Tag ging ich zu einem weiteren Experiment, dass im Rahmen der Forschung bezüglich virtueller Realität für blinde an unserer technischen Hochschule gemacht wurde. Mittlerweile war nämlich das Oma-Handy auch schon angekommen. Ich war nicht in der Lage, die SIM-Karte dort einzulegen oder den Akku in das Fach zu stecken, da ich noch nicht mal den Deckel abheben konnte. So dachte ich, der Student, der uns und unsere Reaktionen auf all diese Experimente untersucht, könne das ja für mich machen. Das hat er dann auch getan. Er hat mich dann mal mit seinem Handy angerufen. Leider klingelte erst das Oma-Handy, ich hätte aber kaum Zeit gehabt, abzuheben, bevor das Handy  zu klingeln  aufhörte, und das Smartphone zu klingeln anfing. Als ich dann zu Hause war, rief ich noch mal von meinem Festnetz auf meinem Handy an,  da haben beide parallel geklingelt. Ich hoffe nun, dass das klappt. Der Ton des Oma-Handys ist laut und schrill, wahrscheinlich ist der für Schwerhörige alte Menschen eingestellt. Man kann hören, was man an Zahlen eintippt, aber die Menüs sind nicht mit Sprache unterlegt, sodass ein Sehender mir das alles einstellen muss. Nachdem es sich ja nur um ein Zweithandy handelt, und ich damit nur abheben oder abnehmen will, ist mir das egal, die Hauptsache, der Klingelton ist halbwegs erträglich, ich kann meine Telefonate beantworten, und ich kann dann auch mal das Smartphone zum Laden zu Hause lassen, wenn ich nur ganz kurz unterwegs bin. Heutzutage traut man sich ja gar nicht mehr, ohne Handy aus dem Haus zu gehen, ich frage mich, wie wir das früher ausgehalten haben.

 

Ich hoffe, dass dann, wenn es drauf ankommt, der Einsatz des Tastenhandys funktioniert, und diese Lösung halbwegs brauchbar ist. Gott sei Dank ist der ganze Ärger rund ums Telefon jetzt vorbei. Der Spezialist sagte mir noch, ich solle das Smartphone immer zwischen 20 und 100% laden, denn das Handy würde Strom verbrauchen, nur, um immer wieder nachzufragen, wie voll es wäre. Vielleicht schont das auch langfristig den Akku, und er bläht sich nicht wieder auf, wenn ich das Handy nicht dauernd am Netz habe, wie ich es früher gemacht habe, in der Annahme, dass ich dann nicht dauernd nachladen muss. Die Befürchtung, draußen zu sein und dann kein Handy zu haben, weil der Akku leer war, wird sich ja jetzt sicher zerschlagen, wenn ich zwei Handys habe. Bei dem altmodischen Handy hört man allerdings nicht, ob der Akku voll ist, aber wahrscheinlich muss man es nur einmal die Woche laden, weil es ja ein altmodisches Tastentelefon ist.

 

Jetzt hoffe ich, dass alles funktioniert, und meine theoretischen Überlegungen in der Praxis umsetzbar sind. Und ich hoffe, dass mein Smartphone sich nicht wieder aufbläht, und dass bald die neue Hülle kommt.  Rund um den Versand  gibt es dann sicher auch wieder  eine Menge  an  Dingen zu berichten. Denn das Ding kommt  irgendwo aus China  und braucht  für seine Reise nach Europa  mehrere Wochen.

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