Sonntag, 11. August 2019

Mit LIDAR und LASER auf dem Kopf


Vor einigen Tagen kam wieder eine Anfrage von unserer technischen Hochschule, die einen sehr aufgeschlossenen Professor hat, der sich sehr für die Orientierung und Mobilität Blinder zu interessieren scheint. Außerdem gibt es dort einen Doktoranden, der ziemlich viele Studenten betreut, die ihre Masterarbeit über Umsetzung von Bildern in Töne, Sonifikation, oder Umsetzung von Objekten  oder geometrischen Figuren in virtuelle Realität zum  Ertasten schreiben.

 

Somit fragte ein Student an, ob wir bei einem Experiment mitmachen wollten, bei dem es darum ging, mithilfe eines Zeilenscanners den Abstand zu Hindernissen zu erkennen.

 

Natürlich wollte ich wieder dabei sein, denn das wirft ja auch jedes Mal Berichte für unsere Radiosendung ab. Mittlerweile können wir schon eine ganze Reihe daraus machen, denn ich war in der Tretmühle, und ich hatte einen Datenhandschuh an, über all diese Dinge habe ich hier in diesem Blog auch berichtet.

 

Ich wurde also abgeholt, wobei sich dieses Mal die Fahrt ziemlich umständlich gestaltete, da unsere Straßenbahn im Moment wegen Bauarbeiten auf den Schienen nicht durchfährt. Aber irgendwie bin ich dann doch angekommen, und der Student stand schon da, um mich abzuholen.

 

Als wir dann in dem Büro waren, erklärte er mir den Ablauf des Experiments. Ich würde zwei verschiedene Brillen aufgekommen, bei einer würde sich die Frequenz ändern, das bedeutet, der Ton würde höher, je näher man sich auf ein Hindernis zubewegt. Bei dem anderen Versuch würde der Ton lauter, es würde sich also die Amplitude ändern, je näher man dem Hindernis kam. Man wollte herausfinden, inwieweit die Umsetzung von Bildern in Töne für blinde hilfreich bei der Orientierung sei.

 

Ich bekam die Gegenstände schon einmal aufgesetzt, um mich daran zu gewöhnen. Ich sollte dann in zwei verschiedene Räume gehen, in dem einen Raum sollte ich das eine Gerät ausprobieren, in dem anderen das zweite. Ich würde dann jeweils drei Modelle in die Hand bekommen, die man mit einem 3-D Drucker ausgedruckt hatte, und ich sollte das richtige Modell für  den  jeweiligen Raum identifizieren.

 

Zunächst einmal wurde mir ein Helm aufgesetzt, der fürchterlich vibriert. Auf diesem Helm befand sich ein Laser, der mehr als 1000 mal die Sekunde sich einmal um sich selbst drehte. Die Vibration war am Anfang recht unangenehm, aber ich habe mich dran gewöhnt und mich zusammengerissen. Normalerweise mag ich solche Vibrationen nicht, aber immerhin habe ich auch eine elektrische Zahnbürste. Den Helm konnte ich unten nicht zumachen, aber ich habe genügend Haare auf dem Kopf, sodass er gut hielt. Ich ging also auf die Wand zu, und da ich recht musikalisch bin, konnte ich mir die Tonhöhen auch merken, und somit konnte ich den Raum, in dem wir uns zunächst befanden, um das Experiment zu erklären, schon einmal etwas erkunden.

 

Danach wurde mir eine hollow-Brille aufgesetzt, die für diese Zwecke umgebaut worden war. Sie saß etwas unbequem auf der Nase, und der Ton wurde lauter, je nachdem, wie weit ich von einer Wand entfernt war. Man musste aber darauf achten, dass, sobald man einen Schritt zur Seite tat, das System etwas hinterherhinkte, sodass es eine Weile dauerte, bis man den genauen Abstand über Töne angezeigt bekam. Dies fiel mir aber nicht sonderlich auf, wahrscheinlich war ich nicht sonderlich schnell. Die Brille wurde dann hinten etwas angepasst, um sie auf dem Kopf zu halten. Ich hatte aber nicht bemerkt, dass die Brille nicht mit ihrer Mulde für die Nase auf meinem Nasenrücken saß, sondern ich hatte sie irgendwie schief aufgesetzt, was mir aber erst nach dem Experiment auffiel.

 

Wir gingen dann mit all den Gerätschaften hinüber, wobei der Student noch einen Laptop mitschleppen musste, denn Helm und die Brille. Er erklärte mir, dass die Brille normalerweise das Programm in sich selbst hat, er  es aber irgendwie noch auf den Computer leiten musste, damit alles objektiv und wissenschaftlich auszuwerten war. Bei dem Helm sendete das rotierende Objekt einen Laserstrahl Richtung Wand, und dieser wurde dann mittels Radar wieder reflektiert, um den Abstand zu ermitteln. Dies wurde dann alles an den Computer geschickt, und dort befand sich ein Programm, das so eingerichtet war, dass es Abstände in Tonhöhen wiedergab. Dies wurde dann an einen Lautsprecher geschickt, der die Töne von sich gab. Bei der Brille wurde ein Laser an die Wand geschickt, und das Programm befand sich bereits in der Brille, und von dort wurden auch die Töne generiert  und   auch gleich an die Ohren abgegeben. Um aber alles korrekt auswerten zu können, so hatte ich es irgendwie verstanden, wurde die Information noch einmal auf den Computer geleitet. Ich war dann schon so geistig am Limit, dass ich diese Erklärungen nicht mehr wirklich ganz verstanden hatte. Ich hoffe aber, dass sie halbwegs stimmig sind.

 

Zunächst einmal kamen wir in den ersten Raum, und da ich ja noch einen kleinen Sehrest habe, konnte ich zumindest erkennen, wo die Fenster waren. Dann ging ich los, und ich merkte schon anhand der Akustik, dass in dem Raum die Wände einmal weiter und einmal näher auseinander waren. Anhand der Tonhöhen konnte ich feststellen,  wie weit ich von der Wand weg war, aber auch so merkte ich, wann ich mich der Wand näherte, denn man kann, auch wenn man selbst auf eine durchsichtige Scheibe zuläuft, nicht wirklich dagegen Rennen, da man das vorher schon spürt und automatisch stoppt. Ich durfte auch die Hände und die Füße benutzen, und unten hervorstehende Gegenstände hat  der Student mir dann angezeigt, denn das Gerät kann ja immer nur eine Zeile lesen, und man müsste dann den Kopf nach oben halten, um weiter oben oder weiter unten befindliche Gegenstände auszumachen. Denn es wurde ja immer nur eine Zeile gescannt. Den Raum hatte ich relativ schnell erfasst, dessen Form, dessen Eigenheiten, und wie er gebaut war. Somit konnte ich das Modell relativ schnell aussuchen, besser gesagt ich hatte nur die L-förmige Struktur erkannt, habe aber nicht bemerkt, dass ein Modell an der falschen Seite die Fenster hatte, wohingegen es nur ein Modell gab, welches die Fenster an der korrekten Seite hatte. Denn ich hatte vergessen, auch die Längsseite der L-Modelle einmal sorgfältig ab zu tasten. Danach sollte ich bewerten, wie praktisch das System war. Ich schlug vor, vielleicht eine App zu programmieren, die man auf seinem Smartphone hätte, sodass man nur das Smartphone mitnehmen müsste, und anstatt des Helms mit dem oben rotierenden Propeller könnte man sich um die Brust ein Kästchen hängen, weil dort die Vibration nicht so störend ist wie am Kopf. Dann hätte man auch noch gleichzeitig eine schöne Massage. Dann würde das Ganze etwas kleiner werden. Sonst könnte man es ja gar nicht mitnehmen, denn mit einem Helm auf dem Kopf und einem Gegenstand, der sich darauf dritte, würde man aussehen, als käme man vom Mars.

 

Danach gingen wir in einen anderen Raum, wo ich dann diese Hulu-Brille ausprobieren sollte. Wahrscheinlich hatte meine Konzentration schon nachgelassen, denn ich verfüge über ein extrem schlechtes Arbeitsgedächtnis und auch über sehr geringe Ressourcen. Somit war ich dann schon etwas mehr durcheinander, und der Raum hatte auch wesentlich mehr Türen. Irgendwann hatte ich diesen Raum auch verstanden, und nach etwas längerer Zeit konnte ich dann auch das richtige Modell auswählen. Dann haben wir festgestellt, dass ich die Brille ganz falsch auf der Nase hatte, und sie wäre wesentlich komfortabler zu tragen gewesen, hätte ich sie gleich richtig aufgesetzt. Durch meine zahlreichen Operationen an der Nase war ich dort auch extrem empfindlich. Auch hier machte ich dann einige Vorschläge, man könne zum Beispiel auch Knochenleitkopfhörer benutzen, damit man den Straßenverkehr auch noch hört, und man könnte die Brille wesentlich kleiner machen und sie auch wieder mit einer App auf einem Handy verbinden. Ich schlug auch vor, dass die Probanden nicht immer zuerst in den einen und dann in den anderen Raum geführt würden, denn wenn die Konzentration nachlässt, würde man dann immer mit einem der Hilfsmittel schlechter zurechtkommen, was dann das Ergebnis  verfälscht, weil sich ja die körperlichen  Bedingungen  mittlerweile  geändert hätten. Man sollte also immer mal die Brille in dem einen und den Helm in dem anderen Raum testen, oder man sollte immer mal mit dem einen Raum und mal mit dem anderen beginnen, um die Gegenprobe zu machen. Ich glaube aber, dass er gar nicht mehr so viele Probanden braucht, um das noch berücksichtigen zu können. Wir machten dann noch einige Fotos, die ich bei Facebook eingestellt habe. Ich finde es lustig, solche futuristischen Dinge auf dem Kopf oder an den Händen zu haben, und mich in diese Welten zu begeben, und mich einmal auf so ein spannendes Experiment einzulassen. Es fühlt sich an, als würde man eine Reise in die Zukunft machen. Ganz die Journalistin.

 

Leider ergab sich auch wieder ein Wermutstropfen, denn während des Interviews stellte ich mit Schrecken fest, dass sich etwas an meine Mikrofon gelöst hatte, sodass der Kopf des Mikrofons nur noch an seinem Kabel hing , aber die Aufnahme hat trotzdem noch geklappt. Der Student, der zuvor Tontechniker war, meinte, in Kürze würde das Kabel abreißen, da das schützende Teil, welches vorher darum herum war, wohl abgegangen war. Die Verbindung bestand noch, aber ohne den Schutz würde das Kabel nicht länger halten. Im Moment gehen wieder ziemlich viele Dinge kaputt. Auch meine Regenjacke hatte sich während der starken Regengüsse in den letzten Tagen zersetzt, und meine Schuhe gehen an den Spitzen kaputt, jetzt auch noch das Mikrofon. Materialermüdung, warum ist bei mir das Material immer so besonders müde? Ich werde mir bald ein neues Mikrofon beschaffen müssen, ehe das alte ganz kaputt ist, damit ich nahtlos ein neues Mikrofon habe. Leider gibt es beim Milestone, den ich als Aufnahmegerät benutze, nur drei passende  und geeignete Mikrofone. Ich hoffe, dass ein Händler bei mir in der Nähe dieses Ding auftreiben kann.

Ich bin  gespannt, ob dem Professor noch weitere interessante Dinge einfallen. Eines weiß ich aber sicher, sobald der erste elektronische  Führhund auf den Markt kommt, bin ich eine der ersten, die ihn ausprobiert. Egal, ob ich dazu nach Finnland reisen muss, wo der Prototyp gerade hergestellt wird, oder noch weiter. Dann werde ich auch wieder in unserer Radiosendung berichten. Da ich ja laut meines Mobilitätslehrers und gemäß einer führende Trainerin, die sowohl  Begleithunde für blinde als auch für Autisten ausbildet, nicht für einen Blindenhund geeignet bin , muss ich darauf warten, bis ein elektronisches Modell entwickelt wird. Ich hoffe, dass ich das noch erleben werde.

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