Sonntag, 21. März 2010

Die Irgendwann-mal-Liste oder wie schön es ist, seine lang anstehenden Vorhaben anzugehen

Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, endlich mal all die Sachen zu erledigen, die ich schon immer mal tun wollte, aber für die im Alltagsrhythmus doch immer keine Zeit ist.

So habe ich nun endlich all meine CDs, DVDs, Videos und CD-ROMs gekennzeichnet, da ich nun wirklich die Aufschriften fast gar nicht mehr lesen kann. Da ich ja das persönliche Budget beantragt habe, um eine Helferin zu bekommen, habe ich das gleich auf die Liste der Dinge gepackt, die ich von einer solchen Helferin haben will. Der Bezirk meinte aber, dass solche Dinge wie Beschriftungen nichts mit Eingliederungshilfe zu tun haben, und dass dafür ja der Blindenbund zuständig sei. Somit bin ich also damit zu den Zivis und zum Rehalehrer des Blindenbundes gegangen, wobei die Zivis vier Euro pro Stunde kosten, während der Rehalehrer umsonst ist. Sie teilten sich die Arbeit gut auf. Zunächst einmal musste ein passendes Etikettiersystem her. Schon letztes Jahr hatte ich probiert, all meine o.g. Sachen zu beschriften. Erst hatte ich einen Aufsatz für mein Notizgerät gekauft, womit man RFID-Tags lesen konnte. Aber das Ding war nicht so nach meinem Geschmack und nicht ideal für meine Bedürfnisse. Die Etiketten waren zu groß, zu empfindlich, es dauerte ewig, bis man mal hörte, was auf dem Etikett war, und zeitweise kam gar nichts. Ärgerlich war auch, dass manche RFID-Tags diselbe Nummer hatten, so dass man auf zwei Etiketten nur dasselbe aufspielen konnte, bzw, dann eben nur ein Etikett nutzen konnte, das andere konnte man dann wegwerfen. Es half mir die Frau, für die ich schon öfter was übersetzt hatte. Das alles durften wir dann nochmals machen, und zwar aus folgendem Grund: Während meines Urlaubes in der Schweiz 2008 hatte ich mein Diktiergerät kaputt gemacht, (Siehe Landschlacht – Ein toller Urlaub) . Das Gerät schickte ich ein, wusste aber mal wieder nicht, dass man die Datei mit den Etikettenaufsprachen besser auf dem PC gesichert hätte. Zurück kam dann ein Diktiergerät, das in seiner Sprachführung auf Italienisch losplapperte. Als ich das reklamierte, schickte man mir die deutsche Software. Man hatte mein Gerät beim Reparieren verwechselt oder mir gleich ein neues Gerät gegeben, ohne, dass ich das wusste. Somit waren all meine Etikettenaufsprachen dahin! Wir mussten alles nochmals machen. Als Trostpflaster bekam ich schweizer Schokolade, da das Diktiergerät aus der Schweiz ist. Aber dennoch kamen immer wieder dieselben Probleme, die Etiketten waren schnell kaputt, waren zu groß und gaben oft gar nichts mehr von sich.

Daher dachte ich, Du könntest auch ein Dymoband nehmen und Punktschrift darauf machen. Damit hatten wir bei einigen älteren CDs bereits angefangen, um mich zum Lesen der Punktschrift zu motivieren, damit ich an meine Musik ran kam. Viel half das nicht, denn meine Feinmotorik wird auch durch Motivation nicht besser. Ich kann aber dennoch die CD-Beschriftungen und sogar Medikamentenbeschriftungen in Punktschrift lesen. Habe jetzt sogar einen Punktschrift-Wandkalender, wobei das mühevoll aber dennoch gut geht. Leider entpuppte sich die Variante mit dem Dymoband daher als unpraktisch, da ich die Schutzfolie vom Dymoband nicht abbekam, damit die klebrige Schicht zugänglich war. So bestellte ich eine Rolle mit in gewissem Abstand aufgeklebten Etiketten. Die sind aber sehr dünn, daher wollte ich es erst gar nicht versuchen, sie in eine Punktschriftmaschine einzuspannen. Auch kamen Etiketten auf einem Bogen, aber es gab keinerlei Angriffspunkt, wo man die Etiketten abziehen kann, da sie keinen Zwischenraum von Etikett zu Etikett haben. Solche Kleinigkeiten werden mir zum Hindernis. Eine Punktschriftmaschine, die sogar aus zweiter Hand noch einiges kostet, hatte ich auch noch nicht. Es gibt nicht viele, die ich bedienen kann, da ich Probleme habe, das Papier einzuspannen, und schon gar nicht zu reden von einem Dymoband oder einer Rolle. Eine Prägezange, wo das Dymoband eingespannt wird, ist ebenfalls umständlich, da man beim Beschriften den Zeiger immer zu dem entsprechenden Buchstaben drehen und dann drücken muß. Da säße ich ewig an meinen CDs, DVDs etc. Ich hörte von einem neuen Etikettierstift, der ebenfalls mit Aufsprache funktioniert. Nach Erkundigungen über andere Systeme, die ebenfalls nicht für mich in Frage kamen – bei einem musste man immer den PC anlassen, das andere kostet 3000 Euro und dient auch noch zum Lesen der Strichcodes auf Lebensmitteln, wobei man es nur unter dieser Bedingung von der Kasse verordnet bekommt mit viel Kampf obendrein --- entschied ich mich also für dieses von einem Blindenversand angebotene Gerät. Mittlerweile gibt es da noch ein billigeres aus England, aber darüber weiß ich nichts. Die Etiketten waren durchnumeriert, so dass es nur einmal vorkam, dass eines doppelt war und daher weggeworfen werden musste. Das Gerät ist mit einem USB-Anschluß versehen, womit man es an den PC hängen kann, und auch das Laden geht hierüber. Man hält das Gerät in Form eines Stiftes an ein Etikett, dabei gibt es einen Ton von sich. Dann drückt man auf Aufnahme und sagt beispielsweise: „Reinhard Mey – Alles geht“. Das gerät spielt den Text vor, so dass man weiß, dass es aufgenommen hat. Hält man den Stift dann irgendwann wieder an dieses Etikett, hört man wieder: „Reinhard Mey – Alles geht“. So verfährt man, bis alles beschriftet ist. Es gibt auch feste Chips, auf die man Etiketten aufkleben kann. Der Nachteil der Etiketten ist nämlich, dass sie nicht mehr heile abzuziehen sind. Auf dem Chip bleiben sie dann, und den Chip selbst kann man mit Leukoplast an einem Lebensmittel festmachen, das Etikett besprechen, und wenn die Dose leer ist, darf man halt nicht vergessen, den Chip abzuziehen und aufzuheben, um das darauf klebende Etikett bei Gelegenheit wieder zu überspielen. Wenn etwas auf dem Etikett drauf ist, gibt das Gerät einen Warnton, aber man kann es dennoch überspielen, wenn man möchte. Diesmal habe ich alles sofort von meinem PC-Mann auf den PC spielen lassen, damit mir das nicht nochmals passiert, dass alles verloren geht. Nun ist dies vollbracht. Es gibt auch waschfeste Etiketten. Bald kommt der Rehalehrer, und wir beschriften alle meine Tiefkühlsachen mit Hilfe der Chips, da ich diese auch nicht immer auseinander halten kann.

Weil der Rehaman schon mal da war, haben wir dann auchgleich meine Wohnung ausgemistet und alles rausgeworfen, was ich nicht mehr brauche: CDs, Disketten, Bücher, Stoffe etc, alles, was ich wohl nie mehr nutzen werde, aber was man halt dennoch aufhebt, weil man denkt, man könne es irgendwann mal brauchen. Das ging sogar sehr schnell.

Dann habe ich mich noch an eine größere Sache herangewagt, die ich schon immer im Hinterkopf hatte, aber an die ich mich nicht so rangetraut habe. Ich habe mir ein 3,5-Klinkenkabel „zweimal Männchen“ gekauft, um es an mein Diktiergerät und eine externe Audioquelle anzuschließen. Man kann nämlich mit meinem Diktiergerät auch analoge Tonträger in digitale umwandeln. Man muß nur etwas umständlich am Diktiergerät den Kopfhörerausgang mit drei gleichzeitigen Tastendrucken in einen Line-in-Eingang verwandeln und dann eben aufnehmen, was man angeschlossen hat. Ich habe eine große Kiste mit 12 Kassetten eines Hörbuches, das ich zwar sehr interessant finde, dessen Format mir aber schon lange ein Dorn im Auge war, und welches ich gerne auf einem etwas kompakteren Tonträger speichern wollte, nämlich auf CD. Ich setzte mich also tatsächlich hin, nachdem ich von der Firma nochmals die Gebrauchsanweisung als Word-Dokument erhalten hatte, nahm die notwendigen Umstellungen vor und nahm auf. Das Ganze geht nur in Echtzeit, und daher muß man schon ziemlich lange sitzen und aufpassen wie ein Schießhund, wenn die Kassette um ist, und man sie wenden muß. Das verpasste ich einige Male. Aber das Hörbuch war interessant, und es war schön, es mal wieder zu hören. Es ging sehr schnell, obwohl es teilweise 90er und wohl auch 60er Kassetten waren. Da ich gerade bei einem Radioprojekt für Blinde mitmache, habe ich gelernt, mit audacity zu schneiden. So hängte ich das Di ktiergerät nach vollendeten Aufnahmen, die ich sogar kapitelweise und noch kleiner gemacht habe, und spielte die einzelnen MP3-Dateien mit audacity ein. Dann suchte ich die störenden Stellen wie „ENDE SPUR EINS KASSETTE ZWEI BLABLABLA“ und schnitt sie, so gut es ging, heraus und exportierte das Ganze dann wieder in eine gleichnamige MP3-Datei. Dazu hatte mir der PC-Mann noch so ein Lame-Ding herunter geladen. Ich bin noch nicht ganz damit fertig, da es sehr umständlich ist. Aber wenn man jeden zweiten oder dritten Tag drei-vier Dateien macht, wird man auch fertig, und der Berg wird kleiner. Von 37 Dateien sind schon 29 fertig.

Dasselbe will ich dann noch mit einem anderen Hörbuch aus drei Kassetten machen, nun bin ich ja geübt. Dann möchte ich noch ausprobieren, eine DVD abzuspielen, und dabei das Kabel zwischen Kopfhörerausgang des Fernsehers und Eingang des Diktiergerätes zu klemmen, um mal einen Hörfilm auf MP3 zu wandeln. Denn einige Blinde haben keinen DVD-Player und brauchen ja nur die Ton-Datei. Man bekommt auf eine CD unendlich viele M P3-Hörfilme. Dafür habe ich mir jetzt endlich mal wieder einen DVD-Player gekauft. Der erste, den ich wollte, war ja mal wieder nichts, und ich musste ihn umtauschen. Aber nun habe ich endlich einen super DVD-Player mit Blu-Ray, der auch alle gebrannten und gekauften normalen DVDs abspielt. Der erste wollte nur die Kauf-DVDs schlucken, und ich will nicht immer alles kaufen sondern brenne auch viel.

Und ein großes Vorhaben sind wir nun endlich auch angegangen, es ist ins Rollen gekommen. Da ich ja wieder einen Wasserschaden hatte und so ein blödes Trocknungsgerät im Bad ertragen musste, hat meine neue Helferin gemeint, dass wir doch mal nach einer anderen Wohnung suchen könnten. Als dann auch noch die Verwaltung zum dritten Mal wechselte, niemand weiß, wo ich jetzt meine Stromrechnung für das Trocknungsgerät einreichen soll, da niemand weiß, wer der neue Verwalter ist, war ich nun REIF und habe sofort meine Betreuerin angerufen. Die beantragt jetzt einen Wohnberechtigungsschein. Wir haben bei drei Wohnungsbaugenossenschaften ein Online-Formular ausgefüllt, bei zweien werden wir persönlich vorbeischauen. Vielleicht klappt es dann auch mal mit einer neuen Wohnung.

Es haben sich schon wieder viele neue Vorhaben auf der Irgendwann-mal-Liste hinten angestellt, wie eben das mit den DVD-Aufnahmen auf MP3, ein Umzug usw.

Ich bin aber so froh, dass ich das alles jetzt mal angegangen bin, denn es bleibt immer im Hinterkopf und unbewusst nagt es doch immer an einem. Wenn der Berg dann zu groß wird, dann läuft man Gefahr, zu kapitulieren und zu sagen, das wird ja doch nichts. Wenn man es aber mal geschafft hat, diese aufgeschobenen Dinge anzugehen, dann ist man doch ganz schön erleichtert und froh, so was geschafft zu haben.

Der Etikettenleser ist wirklich super, ich profitiere wirklich sehr von diesem Hilfsmittel, und ich freue mich jeden Tag, wie einfach es nun wieder ist, meine heiß geliebten CDs, DVDs und Videos zu hören. Übrigens habe ich gleich gemerkt, dass ich zwei Videos doppelt hatte, da ich schon lange nicht mehr sehen konnte, welche Titel ich habe und welche nicht. Der Verkauf von alten Videos, CDs, DVDs etc. ist schon in Arbeit!

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