Sonntag, 1. Juni 2014

Katholikentag MinusKatholikentag Minus


Vor einigen Wochen bekamen wir eine E-Mail, wer Lust habe, beim Katholikentag im Dunkelgang mitzuhelfen. Da ich früher einmal hauptamtlich bei uns im Dunkelgang tätig war, habe ich mir überlegt, ob das etwas für mich wäre. Dies ist aber körperlich sehr anstrengend, und aufgrund meiner Dialyse kann ich das heute nicht mehr machen. Es wurde mir auch davon abgeraten, da ich jeden Tag 1 Stunde hin und 1 Stunde zurück fahren müsste. Ich hörte, dass es beim Katholikentag einen Begleitdienst für Behinderte geben würde. Da ich nicht weit weg wohne, dachte ich, wenn der Katholikentag schon einmal so nah ist, könnte ich die Gelegenheit nutzen, auch wenn ich nicht mehr Mitglied in der Kirche bin, dort vielleicht einige Workshops zu besuchen. Ich erhoffte mir, dort einiges mit dem Thema Kirche von unten, wir sind Kirche , Theologie der Befreiung, fairer Handel und Dritte-Welt machen zu können.

 

Ich schrieb also an die angegebene E-Mail-Adresse und bat um eine Begleitung. Eigentlich wollte ich am 1. Juni dorthin, da dies ein Sonntag ist, und ich keine Dialyse habe. Am 29. hatte ich mich bereits mit einer Frau verabredet, mit der ich öfter einmal Kaffee trinke, da ich ihr einmal mit Spanisch geholfen hatte. Da aber am Sonntag den 1. Juni nur noch ein Gottesdienst stattfinden würde, gab es keinen Begleitdienst an diesem Tag. Ein Gottesdienst war sowieso nicht in meinem Interesse. Somit fragte ich die Bekannte, ob wir uns an einem anderen Tag treffen könnten, und meldete mich für den Begleitdienst am 29. Mai an. Ich sagte der Dame noch, dass ich erst am Freitag Zeit hätte, einen Zug herauszusuchen, da ich am Donnerstag den 22. noch unterwegs war. Die Dame hatte mir mit ihrer persönlichen E-Mail-Adresse geschrieben. Somit hatte ich die ganze Zeit auf diese Adresse geantwortet. Als ich nun am Freitag den 23. meine genaue Ankunftszeit durchgab, bekam ich keine Antwort. Also schrieb ich am Montag noch einmal hin, und erhielt eine automatisch generierte Mail, dass die Dame bis zum 2. Juni nicht erreichbar sei. So schrieb ich zweimal an die offizielle E-Mail-Adresse, und daraufhin schrieb sie mir zurück. Sie wolle noch das Gleis wissen, dann würde ich abgeholt. Ich gab das Gleis durch, und schickte auch gleich die genaue Zugnummer mit. Das Datum schrieb ich nicht mehr dazu in der Annahme, dass wir das ja besprochen hatten, dass ich nun am 29. kommen würde. Dies stand auch in den beiden vorherigen Mails, in denen ich nun um konkrete Antwort bat, ob man mich abholen könnte.

 

Ich fuhr also am 29. los. Eigentlich wollte ich im Zug frühstücken, wachte aber 1 Stunde zu früh auf und dachte, es sei schon später, bis ich zu meiner Überraschung genauer hinsah, und es erst 7:00 Uhr war. So konnte ich noch in Ruhe zuhause frühstücken. Als ich dann in Regensburg ankam, war natürlich niemand vor Ort. So rief ich bei der Telefonnummer an, die mir für die spontane Inanspruchnahme des Begleitdienstes gegeben wurde. Man habe meine Ankunftszeit, wisse aber den Tag nicht. Somit wurde ich von der Bahnhofsmission abgeholt, und musste dort warten, bis jemand von der Malteser-Jugend zum Bahnhof kam. Dann warteten wir noch eine halbe Stunde, bis wir endlich den Fahrdienst erhielten. In der Zwischenzeit blätterten wir das 600 Seiten dicke Programmheft durch. Die junge Frau, die ein freiwilliges Soziales Jahr bei den Maltesern absolvierte, konnte nichts nach meinem Geschmack finden. Es gab neben zahlreichen Gottesdiensten, Konzerten und Diskussionen über die Kirche zum Beispiel den Programmpunkt „Gott loben mit afrikanischen Gesängen“. Afrikanische Musik interessiert mich sehr, aber es hatte bereits begonnen. Dann gab es noch Gospels und Spirituals.  Das hörte sich auch interessant an und war außerdem in der Nähe des Dunkelgangs  und des Dunkelcafés. Wir ließen uns also dort hinfahren. Zu meinem Schrecken hörte ich dann, dass der Katholikentag 25 € Eintritt kostet, für Behinderte und Geringverdiener 20 €. Ich war ziemlich empört darüber, dass ein Mensch mit geringem Einkommen sich so einen Tag kaum leisten kann. Ich hatte angenommen, dass der Katholikentag umsonst sei. So habe ich die Zähne zusammengebissen und 20 € abgedrückt. Die taten mir richtig weh. Im Auto wurde dann auch meine Eintrittskarte genau geprüft. Als wir beim Dunkelgang waren, hörte ich schon bekannte Stimmen aus meiner eigenen Stadt, die dort Dienst taten. Wir begrüßten uns, und dann warteten wir, bis wir in den  kleinen Container gelassen wurden. Es war ziemlich eng, es gab unterschiedliche Bodenbeläge, man hörte ein Plätschern, und an der Wand konnte man einiges berühren. Danach wurden wir in den angrenzenden Raum geführt, in dem das Dunkelcafé war. Dort gab es Musik und eine kleine Bar, an der man aber stehen musste. Es gab kein Essen sondern nur Getränke. Wir waren nur zu viert, und eine Frau neben mir behauptete laufend steif und fest, dass sie die Frau hinter der Theke sehen könne. All meine Erklärungen, dass dies nur ihre eigene Projektion sei, da ihr Gehirn ihr einen Streich spielt, waren fruchtlos, denn mir glaubt ihr sowieso niemand etwas. Es stellte sich aber heraus, dass das Lämpchen der Stereoanlage doch noch eine Lichtquelle darstellte. Diese war aber so gering, dass man die Silhouette der Bar Frau nicht erkennen konnte. So beschrieb die Dame munter das Aussehen der Frau hinterm Tresen, sie habe einen weißen Pullover an. Prompt widersprach die Dame und meinte, der Pullover sei blau. Somit war eigentlich bewiesen, dass sie nichts sehen konnte. Dennoch beharrte sie stets darauf, und auch mein Argument, dass sie schließlich über das Gehör die Frau lokalisieren könne, blieb fruchtlos.. Immerhin hatte ich eine längere Erfahrung im Dunkelbereich. Und neurologisch kenne ich mich auch ein klein bisschen aus. Auch die Dame hinter dem Tresen bestätigte meine Theorien des Phantomsehens. Meine Begleiterin und ich teilten uns eine Flasche Apfelsaft schorle, und sie war sehr interessiert. Danach gingen wir aus dem Dunkelcafé und in Richtung des Konzerts. Ich war begleitet von drei Malteser-Jugendlichen..  Alle waren nicht aus Regensburg, und so mussten wir eine Weile suchen. Als wir dann ankamen, gefiel mir die Musik überhaupt nicht, denn es war kein lebhafter Gospelchor, sondern eher eine Art Pop oder Soul, eher wie bei einem Musical. Ich fand die Musik so schrecklich, dass wir entschieden, ins nächste Café zu gehen. Wir hatten noch versucht, einige andere Programmpunkte zu planen. Danach hätte es in der Universität einen Vortrag über Jugendliche in Brasilien gegeben. Parallel dazu gab es eine Podiumsdiskussion über Politik der Globalisierung. Die Helferin meinte, dass die Universität ziemlich weit weg sei. Somit entschieden wir uns für den Polit-Talk. Es regnete, und ich hatte meine Ballerinas an. Ich war natürlich wieder einmal naiv und dachte, beim Katholikentag würde ich in einem Workshop sitzen und müsste nicht viel laufen. Gott sei Dank hatte ich meine warme Jacke dabei. Das Kopfsteinpflaster war schrecklich, meine Schuhe waren zu dünn, meine Einlagen zu dick, und ich kippte dauernd aus meinen Schuhen. Wir liefen fast eine Dreiviertelstunde, und es war extrem ermüdend. Als ich dort ankam, war ich nur noch am Klagen. Natürlich kamen wir eine halbe Stunde zu spät, und so konnte ich nur noch die letzte halbe Stunde der Diskussion mitverfolgen. Es gab einen Schichtwechsel, und nun wurde ich von zwei Herren begleitet. Einer von beiden hatte eine Katholikentags-App, und  er meinte, es gebe sehr viele Workshops. Allerdings konnte auch er nichts finden, was zeitlich passte. Es hätte noch eine Diskussion über katholische Frauen in der Politik an der Universität gegeben. Aber das war zu weit, und da hätte ich zuvor in den Vortrag über Jugendliche in Brasilien gehen müssen, um nicht solche weiten Wege zu haben. Da der Programmpunkt „Gott loben mit afrikanischen Gesängen“ nochmals stattfand, entschieden wir uns dafür, dorthin zu gehen. Wir wurden einmal im Kreis geschickt, da der einheimische uns nicht einmal den Weg richtig erklären konnte. Dann waren wir endlich auf einer freien Fläche, wo wild getrommelt wurde. Die Gesänge waren immer die gleichen, und die Trommeln waren extrem laut. Es gab auch andere Programmpunkte, wobei es nur um Gemeinden, moderne Kirchenmusik, Ökumene und andere innerkirchliche Dinge ging. Ich wurde schon von einem Freund vorgewarnt, dass der Katholikentag von unten nicht im Programm vertreten sei, und daher ein getrennter Katholikentag Plus stattfinden würde. Wo der sei, konnte mir niemand sagen. Er stand weder im Programm, noch im Internet. Wahrscheinlich gab es eine separate Seite, die wir aber nicht kannten. Es war schade, dass die kritischen Stimmen überhaupt nicht anwesend waren, sondern komplett ausgelagert wurden. Als das Trommeln sehr wild wurde, gestand mir mein Begleiter, dass er lieber Kirchenmusik und Klavier hört. Er war erst 16 Jahre alt, aber er erklärte mir, er möge nur klassische Musik, er spielt Orgel, und er sei in der Kirche sehr als Ministrant  engagiert. Ihm sei die Kirche heute zu modern, und er sei in der Petrus-Bruderschaft. Somit hatte ich ein Thema, und ich konnte ihn genau ausfragen, was es mit der Pius-Bruderschaft und alldem auf sich hat. Ich merkte schon, dass es wenig Sinn hatte, mit ihm zu diskutieren, oder ihm eine andere Meinung aufzuzwingen, sonst würden sich die Fronten nur verhärten. So verfuhr ich nach dem Motto: Stelle Dich dumm, dann erfährst Du etwas. Das Dummstellen fiel mir sowieso nicht allzu schwer, da mein Wissen auf diesem Gebiet ohnehin  sehr "versprenkelt" ist.  Ich befragte ihn nach verschiedenen Themen, wie zum Beispiel, was er von  der Wiedereinführung der tridentinischen Messe,  vom Bischof von Limburg und von der Fürbitte am Karfreitag für die Juden hält. Er hatte zwar eine extrem konservative Meinung, doch konnte ich ziemlich viele Informationen herausziehen. So sagte er mir zum Beispiel, dass man von dem neuen Papst keine größeren Reformen erwarten könne. Er habe lediglich die roten Schuhe verweigert und hätte eine einfachere Art. Später unterhielten wir uns noch über Befreiungstheologie, von der er überhaupt nichts hielt. Aber ich erfuhr viel, was ich zuvor noch nicht wusste. Er sei in einem Forum, das parallel zum Laienkomitee gegründet worden sei. Dieses habe sich abgespaltet, da das Laienkomitee Ihnen zu fortschrittlich sei. Er erzählte mir auch, dass eine Vorsitzende von wir sind Kirche exkommuniziert worden sei, da sie die Eucharistie gefeiert hätte, was sie als Frau nicht dürfe. Daran könne ich ja sehen, dass der Papst eben nicht fortschrittlich sei. Ihm hat das natürlich gefallen, aber ich hatte somit auch viele neue Informationen. Wir entschieden uns, von dem Platz weg zu gehen, da uns die Trommeln zu laut wurden. Dann stellte sich auch noch heraus, dass das afrikanische Konzert ganz woanders war, und wir nur noch die letzte Viertelstunde mitbekommen haben. Auch dort wurde dann heftig getrommelt, was mir dann auch zu laut wurde. Da mein Zug bereits um 17:19 Uhr fuhr, konnte ich überhaupt nichts mehr machen, denn alles dauerte bis 18:00 Uhr. Somit entschieden wir uns, zum nächsten Punkt zu gehen, ab dem der Fahrdienst fahren würde. Da ich die ganze Zeit gestanden war, und da ich extrem viel in meinen dünnen Schühchen gelaufen war, und sowieso Probleme mit den Sehnenansätzen der Fersen habe, (im Sinne eines Fersensporns), hatte ich solche extremen Schmerzen in den Füßen, dass ich es kaum noch schaffte, zu dem kleinen Bus sind zu laufen. Auf dem Weg dorthin sahen wir einen Stand mit kirchenkritischen Prospekten. Darauf stand zum Beispiel: „Kinderficker“. Inhaltlich teile ich natürlich vollkommen die Kritik, aber die Art, wie sie dargeboten wurde, schreckte die Leute eher ab. Es waren nur zwei Stände  inmitten all dieser Kirchenbefürworter, was dann eher destruktiv wirkte, und natürlich wieder Wasser auf die Mühlen derer war, die keine Kritik wollen . Die Stände nahmen sich so einsam aus, was wahrscheinlich auch so gewollt war. Es war irgendwie so inszeniert, dass jede Kritik schlecht sein soll. Natürlich regte sich mein Begleiter furchtbar darüber auf. Der andere, der mit dabei war eher gemäßigt. Als wir dann aus dem Bus ausgestiegen waren, fragte der eine Begleiter, ob wir zu McDonald's gehen wollten, bis der Zug kommt. Obwohl wir so unterschiedlicher Meinung waren, riefen wir wie aus einem Munde: „nein, niemals!  Hier sind sich konservative und progressive doch einig. Dann unterhielten wir uns noch etwas über die Rolle der Frau in der Kirche, Scheidung, und den Zölibat. Natürlich kannte ich seine Ansichten, aber es interessierte mich dennoch, und so hatten wir eigentlich unseren kleinen Katholikentag. Auch wenn ich kaum Workshops und Veranstaltungen besuchen konnte, war dies der interessanteste Teil.

 

Ich fuhr dann nachhause und traf auf die beiden Helfer vom Dunkelgang, die 2 Stunden früher als geplant nachhause fuhren, da fast nichts los war.

 

Insgesamt hätte ich mir diese Fahrt auch sparen können, und besonders die 20 € waren völlig fehlinvestiert, denn wenn ich mir ein Taxi vom Bahnhof genommen hätte, und hätte mich zur Stelle der Malteser-Jugend fahren lassen, und wäre dann mit dem Taxi wieder zurückgefahren, wäre es billiger gewesen, und niemand hätte auf den offenen Plätzen kontrolliert, ob ich eine Eintrittskarte für 20 € erworben hatte. Das Taxi wäre wahrscheinlich wesentlich günstiger gewesen. Aber das weiß man auch nicht. Nun bin ich um eine Erfahrung reicher, und es war überhaupt nicht so, wie ich es mir erhofft hatte, und es war sehr schade, dass ich den Katholikentag Plus nicht gefunden hatte. Das stellt man sich so einfach vor, man geht zum Katholikentag von unten, diskutiert mit, geht zu den Workshops und hat einen interessanten Tag. Dabei bin ich nur gelaufen, habe nur gesucht, und war immer zur falschen Zeit am falschen Ort, wie es halt so meine Art ist. Es war natürlich schön, dass es diese Helfer gab, ohne die es überhaupt nicht gegangen wäre. Aber nun weiß ich, auf einen Katholikentag Brauch ich so schnell nicht mehr zu gehen. So schnell wird auch keiner mehr in meiner Nähe stattfinden

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