Montag, 23. Juni 2014

Ich will nicht sterben! Ich will nur (so) nicht mehr leben


Wieder ist einer meiner Wünsche, die ich mir für dieses Jahr vorgenommen habe, daneben gegangen. Ich habe in meinem Erpresserbrief an das Leben und an Gott geschrieben, dass ich die Konsequenzen ziehen werde, wenn nicht mindestens einer meiner Wünsche dieses Jahr in Erfüllung geht. Ich wollte diese Konsequenzen eigentlich erst Ende des Jahres ziehen, aber ich werde wohl wahrscheinlich diesen Weg schon ein paar Monate früher einschlagen.

Heute wollte ich endlich die Ergebnisse der ADHS-Diagnostik haben. Stattdessen hat man mir eine Diagnose erteilt, die ich überhaupt nicht wollte. Dies ist eine Diagnose, die sehr unbeliebt ist, und mit der man eigentlich nie behandelt wird. Keiner nimmt einen mit so einer Diagnose. Es ist ein Makel, den man nie wieder los wird.

Außerdem hätte ich nun endlich die Möglichkeit, eine Traumadiagnostik in Mannheim machen zu lassen. Ich habe also dorthin geschrieben und angefragt, wie sie zum Thema Trauma steht, ob ich dann auch wieder nur solche Sätze höre wie: ob man traumatisiert ist, hinge davon ab, wie gut man etwas wegsteckt, oder: es sei doch nicht so wichtig, ob man eine Diagnose bekommt, nur man selbst könne sich diese Bestätigung geben. Sie hat mir keine Antworten darauf geben wollen. Dies bedeutet, dass ich dann, wenn ich dort hinfahre, wieder nur enttäuscht werde. Ich habe sie nun angefleht, mir doch diese Fragen zu beantworten. Wenn ich dort wieder hingehe und wieder enttäuscht werde, überlebe ich das nicht. Außerdem muss jedoch Verständnis haben, dass jemand, der bereits traumatisiert ist, nicht noch einmal verletzt werden möchte.

Ich habe an Leitmedien geschrieben, um dort den Text über Kabarettisten anzubringen, und die Leute davon zu informieren, dass hier diskriminierende Sprache gegenüber Behinderten benutzt wurde. Ich habe diesen Mann mehrfach angebettelt, mir doch zu schreiben, dass er mit meinem Text etwas anfangen kann. Er wiederholte immer nur, dass er solche Texte nicht abdruckt, und dass er nicht viel damit machen könne, und dass der Text aber gut sei. Ich erklärte ihm mehrfach, ich bräuchte lediglich einen Satz wie: „danke für den Hinweis, wir werden den Text archivieren, uns ist jeder Hinweis wichtig, den wir in diesem Zusammenhang erhalten. Ich habe ihm gesagt, dass ich mein Leben so nicht mehr leben will, wenn ich niemandem nütze, und wenn niemand etwas von mir brauchen kann. Er meinte, ich solle mir helfen lassen. Ich finde das Heuchelei, denn er hätte mir in dem Moment helfen können. Ich sagte ihm nämlich, dass der gefallen, den ich von ihm möchte, so klein ist, und er mein Leben damit retten würde, wenn er mir sagt, dass er das gebrauchen kann, was ich geschrieben habe.

Ich habe nämlich auch an die Zeitschrift Menschen-das Magazin geschrieben und die gebeten, meinen Texte veröffentlichen. Man hat ein Jubiläum, die Juni-Ausgabe sei bereits voll, erst im Dezember könne man darüber nachdenken, meinen Text zu veröffentlichen. Und er gab mir eben der Hinweis, mich an Leitmedien zuwenden. Ich bitte alle diejenigen, die diesen Eintrag gelesen, sich den Blockeintrag „Stille Post an Kabarettisten“ durchzulesen und diesen heraus zu kopieren und an Leitmedien zu senden. Vielleicht kann man ihn so dazu bringen, zumindest zu sagen, dass mein Beitrag hilfreich war. Ich würde alles tun, damit endlich einmal jemand sagt, dass er etwas von mir brauchen konnte.

Außerdem wollte ich mich für einen Fernstudiengang in Disability studies anmelden. Leider hat man mir gesagt, in Deutschland gäbe es diesen Studiengang noch nicht. Ich habe allerdings gelesen, dass die Professorin, die mir sehr nett zurück geschrieben hat, für eben dieses Fachgebiet einen Lehrstuhl hat. Wahrscheinlich gibt es keinen Hauptstudiengang dafür. Sie hat mir die Adresse einer Uni in Leeds in England gegeben, wo man einen Fernstudienkurs belegen kann. Als ich aber hin schrieb, dass ich zu den zwei Wochenenden Präsenzstudium, nicht kommen könne, und dass ich ein Stipendium bräuchte, bekam ich keine Antwort mehr. Ausgerechnet in dem Studiengang, indem über Diskriminierung Behinderter geforscht wird, werde ich einmal wieder aufgrund meiner Behinderung (und vielleicht auch wieder wegen meiner Art) diskriminiert. Wieder eine Enttäuschung! Gott will nicht, dass ich in meinem Leben noch irgendetwas ändern kann, das Leben hat für mich keine Überraschungen mehr parat.

Ich möchte nicht, dass mir irgendjemand schreibt oder sagt, ich solle mir Hilfe holen. Für was soll ich mir Hilfe holen, wenn mich jeder, den ich um Hilfe bitte, nur wegschickt und sagt, ich solle zu meinem Hausarzt gehen oder zu einem anderen Arzt oder in eine Klinik? Wenn mir jemand zeigen würde, ja, Du bist mir wichtig, ich helfe dir, ich gebe dir, was Du dir wünschst, weil ich dich mag, und weil mir etwas an dir liegt, oder wenn ein Therapeut sagen würde, ich diagnostiziere Sie, ich helfe Ihnen, dann wäre das schon ein Grund, weiterzuleben. Aber nur zu sagen, holen Sie sich doch Hilfe vom Hausarzt, damit man aus dem Schneider ist und keine Verantwortung mehr hat, ist für mich ein Zeichen, dass ich diesen Leuten im Grunde egal bin. Für was soll ich mir dann also Hilfe zum weiterleben holen?

 

Zumindest haben wir erreicht, dass unsere Radiosendungen jetzt auch von einem anderen Webradio abgespielt werden. Und eine Sendung wird sogar von einem ganz bekannten Webradio für blinde angenommen. Allerdings habe ich mich schon wieder zu früh gefreut, denn ein Bekannter von mir sagte mir, als er den Namen des Radio-Machers des neuen Webradios hörte, dass dessen Ex-Freundin ihm erzählt habe, dass dieser schon mehrere Projekte angefangen und in den Sand gesetzt hätte. Natürlich, da freut man sich, aber dann komme ich doch nur wieder wo unter, wo niemand zuhört, oder was sowieso gleich im Sande verläuft.

Von meinem Katzennetz habe ich noch nichts gehört. Ich glaube auch, dass dieser Wunsch ebenso nicht in Erfüllung geht wie alle anderen. Ich werde keine neue Autismusdiagnose erhalten, sie wird nicht bestätigt werden, und es wird kein Trauma bestätigt, stattdessen bekomme ich nur Diagnosen, die einen Menschen er stigmatisieren  als alles andere.

Ich möchte nicht sterben, ich will leben, nur möchte ich dieses Leben nicht mehr! Da ich aber dieses Leben nicht ändern kann, so sehr ich mich auch bemüht habe, soviel ich auch getan habe, muss ich irgendwann die Konsequenzen ziehen. Ich werde so lange mit dem Kopf gegen dieselbe Scheibe knallen, bis sie endlich zerbricht. Ich werde notfalls mit Gewalt erreichen, dass ich noch etwas von diesem Leben bekomme. Ich werde Gott erpressen, und ich werde ihm mit Gewalt abtrotzen, dass er mir doch noch mehr zuteilt, als das, was ich erhalten habe. Andere, auch Behinderte, haben ein erfülltes Leben und so viele Dinge, die Sie machen können. Andere haben gleich mehrere Gebiete, auf denen sie gut sind und ankommen. Ich hingegen kann machen, was ich will, aber ich erhalte nichts, und es kommt nichts zurück. Für mich ist nichts vorgesehen. Ich werde es mir mit Gewalt nehmen! Warum soll es mir nicht genauso zustehen wie jedem anderen? Gott hat mich als üblich-Mensch auf die Welt gesetzt, der nur Ersatzspieler sein darf. Ich werde nicht zugeben, dass ich an allem selbst schuld bin, und dass ich gescheitert bin, weil ich selbst alles falsch gemacht habe. Ich habe getan, was ich konnte und mich redlich bemüht. Ich glaube nicht, dass andere so viel besser sind. Und ich habe keine zu hohen Erwartungen. Ich bin von Anfang an für die Schattenseite bestimmt gewesen. Ich hasse Gott!!!

Wenn mir jemand wirklich helfen will, dann setzt er sich dafür ein, dass ich endlich all diese Wünsche erfüllt bekomme, oder mindestens einen, den ich in meinem Erpresserbrief erwähnt habe.

Ich möchte einmal sehen, dass auch das Leben für mich noch positive Wendungen, Überraschungen und Lösungen parat hat. Ich möchte, dass mich jemand versteht, dass ich endlich die passende Diagnose will, damit ich endlich zu einer richtigen Gruppe dazugehöre, und nicht ein bisschen dies, ein bisschen das, ein bisschen jenes und ein bisschen solches bin. Niemand versteht, dass ich endlich zu einer bestimmten Gruppe dazugehören will, und dass ich endlich jemanden sagen hören will, dass ich nicht einzigartig bin, dass meine Symptome bei vielen Menschen vorkommen, und dass ich nicht alleine damit bin. Stattdessen werde ich immer gefragt, was ich denn davon hätte, eine Diagnose zu erhalten. Ich würde vielleicht endlich denken, dass ich nicht verrückt bin, sondern dass es einen handfesten Grund für all das gibt. Ich möchte, dass das Kind endlich einen Namen bekommt. Und ich möchte als aller erstes, dass dies jemand versteht.

Letztes Jahr im Dezember habe ich mich so über eine Frau geärgert, dass ich etwas ganz Böses ausgesprochen habe. Ein halbes Jahr später ist sie gestorben. Ich fühle mich schuldig an ihrem Tod. Außerdem habe ich eine Bekannte, die mit 35 Jahren bereits Krebs hat, der schon ins Rückenmark gestreut hat. Ich möchte mit ihr tauschen, ich möchte lieber sterben anstatt sie. Mein Leben ist sowieso nichts wert, dann könnte ich ihr wenigstens diesen Dienst erweisen. Ich würde liebend gern mein Leben geben. Sie wird noch gebraucht, sie hat einen Mann, sie arbeitet, und sie ist jünger als ich. Was soll ich noch hier auf dieser Erde?

Sollten hie zugeben müssen r nun blöde Kommentare kommen, wie ich sie letztes Jahr gelesen habe, bestätigt mich dies nur in meinem Weg auf meiner langen Reise. Ich wünschte, ich müsste diese nicht antreten! Ich will nicht sterben, ich will leben, aber ich will anders leben, aber der liebe Gott lässt es nicht zu. Am Ende habe ich wieder verloren.

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