Samstag, 6. Oktober 2007

Erster Eintrag Festlegungen

Diesen Titel "Durch die Wand" habe ich gewählt, da bei mir alles starr festgelegt ist. Egal, wie ich kämpfe, egal, was ich tue, es ist alles ohnehin schon vorher festgelegt, als lebte ich in einer starren Kiste aus undurchbrechbarem Material. Daß ich nicht herauskomme, wird meinem mangelnden Durchhaltevermögen, fehlendem Durchsetzungsvermögen und passiver Inaktivität zugeschrieben. Es sehen nur wenige, wie sehr ich bereits gekämpft habe.

Meine Arbeitssuche war vergebens, obwohl ich ein Uni-Diplom habe. Es sollte nicht sein, obwohl ich überall hin bin, mich überall beworben habe, die kreativsten und unkonventionellsten Versuche unternommen habe. Ich bin sogar auf einer Medizin-Messe mit meinen Bewerbungsunterlagen herumgetingelt, habe Leute angesprochen und bin ins Gespräch gekommen. Aber offenbar war es vorbestimmt, daß es nicht sein sollte. Die einzige "Ernte" dieser Aktion war ein Anruf einer Krankenkasse, die wissen wollte, was "Pflegeversicherung" auf Englisch heißt, toller Erfolg! Meine Bemühungen und meine Ergebnisse stehen in keinem Verhältnis.

Alles, was ich lerne, lerne ich nur zu einem bestimmten Punkt, und darüber hinaus komme ich nicht, auch wenn ich mich auf den Kopf stelle. Zum Beispiel habe ich schnell Querflöte gelernt, bin bis zu einem bestimmten Punkt gekommen, und darüber hinaus konnte ich üben, üben und nochmals üben, soviel ich wollte, ich kam über diesen "magischen" Punkt nicht hinaus. Es ist so, als wäre alles, was ich kann, bereits vorher einprogrammiert, und weiter geht es einfach nicht.

Für meine Gesundheit kann ich nichts tun, egal, was ich tue, egal, was man findet, man kann es entweder nicht beheben, oder es wird erst gar nichts gefunden oder mir erst gar nicht geglaubt, daß ich etwas habe, obwohl ich bereits blind, nierenkrank und Neurodermitikerin bin. Wann immer ich etwas Neues habe, wird mir erst einmal nicht geglaubt und alles auf die Psyche geschoben. Hinterher, wenn es eh nicht mehr relevant ist, dann stellt sich immer heraus, daß ich doch etwas hatte, aber leider immer erst zu spät. Entschuldigen tut sich keiner bei mir, daß man mich nur für einen Hypochonder gehalten hatte, und das nächste Mal wird der gleiche Fehler wieder gemacht, und mir wieder erst nicht geglaubt.

Ich habe auch nie recht, egal, welche Bildung der andere hat, und über welches Thema es geht, selbst wenn es um mein Studienfach geht. Mir wird nichts geglaubt, die Quellen, die Experten, die Artikel, die Studien, die ich zitiere, werden dann einfach als unbrauchbar oder unhaltbar weggewischt ("Ach, was ist denn schon wissenschaftlich?"). Die Erfahrungen, die ich als Beleg meiner Behauptungen heranziehe, sind dann angeblich immer nur Ausnahmen, und ich war ja nur in ganz eingeschränkten Kreisen und das, was ich erlebt habe, könne man doch eh nie verallgemeinern. Andere verallgemeinern hingegen ihre Einzelerfahrungen immer. Die können den größten Mist erzählen, denen glaubt man und liest man jedes Wort von den Lippen ab. Die haben einfach den richtigen Status.

Woher kommt das, daß die einen noch so viel Hintergrund haben können und trotzdem keinerlei Autorität haben, während anderen alles spontan und ohne Umschweife sofort geglaubt wird? Warum haben die einen keinen Status, egal, was sie wissen und studiert haben, während andere so glaubwürdig und kompetent wirken, und ihnen jeder alles abkaufen würde?

Es ist irgend etwas Unterschwelliges. Es muß noch eine zweite Ebene geben, auf der sich die Menschen verständigen, die diese Leute besser beherrschen als andere.
Ich glaube mittlerweile, daß es zwei Welten gibt, die, die man sieht "die sichtbare Welt", und eine unterschwellige, nonverbale, nicht sichtbare, die aber doch irgendwie da ist, die "eigentliche Welt", in der offenbar die Kommunikation abläuft. In der sichtbaren Welt kann man studiert haben und noch so viel gelesen haben oder gereist sein, dennoch ist man nicht angesehen. Was wichtig ist, ist die unsichtbare, eigentliche Welt, in der man einen bestimmten, von irgendwoher festgelegten Status hat. Warum kann einer machen, was er will, er ist unsympathisch, obwohl er doch oberflächlich genauso ist wie alle anderen, während ein anderer nur in den Raum kommt, und schon hat er alle Aufmerksamkeit? Ein Lehrer zum Beispiel kommt in eine Klasse, und schon gehorchen ihm alle, ein anderer kann machen, was er will, obwohl er sich nicht anders verhält, aber niemand hört auf ihn. Einer kann eine Krankheit haben und bekommt sofort Hilfe. Ein anderer kann bereits hundert Krankheiten haben, und wenn er über ein neues Symptom klagt, wird ihm wieder erst mal nicht geglaubt. Warum, weil er irgend etwas an sich hat, das er selbst gar nicht weiß, und unterschwellig, in der "eigentlichen" Welt, (unbewußt) als "empfindlich" angesehen (festgeschrieben) ist, das steht ihm unsichtbar auf der Stirn. Warum wird dem einem mehr geglaubt als einem anderen? Weil er in der "eigentlichen" Welt einen höheren Rang hat. Ist das sein Verhalten, was ihn zum Alpha-Tier macht, oder hat er einfach irgendwie schon von Geburt an einen besseren Stand? Wer schreibt einem das zu? Warum sind die einen die Anführer und die anderen immer die Omega-Tiere? Warum halten alle zu einem Typen, egal, was er sagt, und zum anderen hält niemand, auch, wenn das, was er sagt oder tut, sachlich richtig ist? Es muß unter der Oberfläche irgendwie noch eine andere Welt geben, warum sonst kann der eine machen, was er will und sich genauso bemühen wie andere, und es kommt fast nichts heraus, während ein anderer sofort gewinnt. Das ist meine These, anders kann ich mir meinen Mißerfolg trotz Bemühungen, Argumenten, Vorbildung und gleicher und sogar mehr Anstrengungen als viele andere nicht mehr erklären. Waurum bekommen nanche Menschen sofort ihr Recht, und andere können argumentieren, Paragraphen anführen und reden, soviel sie wollen, und sie werden abblitzen lassen? Was machen die anders? Es muß irgend etwas sein, was unter der Oberfläche stattfindet. Offenbar sind Argumente und Worte gar nicht wichtig sondern etwas anderes, und es ist sicher nicht nur der Flirt-Faktor. Manche Menschen kriegen einfach alles, weil sie offenbar unter der Oberfläche auf einer anderen Ebene mit demjenigen, von dem sie was wollen, erfolgreicher kommunizieren. Warum geht beim einen auf einmal alles, und der andere kann sich bemühen, aber bei ihm stellen sich z.B. die Beamten stur? Es sind irgendwelche unterschwelligen Sachen, die ablaufen, die offenbar in der "eigentlichen" Welt stattfinden. Mir kommt es teilweise so vor, als sei der Status eines Menschen ohnehin bereits festgelegt, und egal, ob er was gelernt hat oder erreicht hat, er bleibt immer der Depp, wenn sein Status so festgelegt ist. Die meisten Menschen merken gar nicht, daß es zwei Ebenen (Welten) gibt, da sie sowohl in der einen als auch in der anderen erfolgreich sind. Die Diskrepanz zwischen "sichtbarer" und "eigentlicher" Welt fällt einem erst auf, wenn sie unterschiedlich sind. Ich habe ein Diplom an der Wand hängen, bin viel gereist, lebe alleine und selbständig, bewerkstellige alles alleine, habe einige Erkrankungen zu meistern, mit denen ich im Alltag fertigwerden und leben muß, aber dennoch kann ich reden, was ich will, mir wird erst mal nicht geglaubt, was ich sage, ich bin immer noch "Das Kind", gelte immer in einer Gruppe als das "greenhorn", als die "Unerfahrene". Ich werde noch mit 40 auf die Wange getätschelt, und das geht so bis 60. Immer bin ich in der Rolle derjenigen, der die anderen "die Welt" erklären wollen, oder "wie es läuft", und "wie es nunmal ist". Gebe ich Weisheiten von mir, heißt es hingegen, "das kann man doch nicht verallgemeinern". Es entscheidet letztendlich mein Gegenüber, ob meine Erfahrungen verallgemeinerbar, richtig, vernünftig oder sonst wie verwertbar sind. ("JAAA, das stimmt." oder "Nein, das, was Du DA erlebt hast, war nur eine Ausnahme.") Mir wäre es lieber, die Menschen würden dann sagen: "Das habe ich auch so erlebt", bzw. "Da habe ich andere Erfahrungen gemacht als Du." Dann wären wir beide gleich. Wer will sich herausnehmen und entscheiden, ob meine Erfahrung repräsentativ oder nur Ausnahmen waren? Es macht doch jeder andere Erfahrungen. Wenn ich hilfsbereite Franzosen getroffen habe, ein anderer hingegen nicht, sagt der: "DER Franzose IST unhilfsbreit." Wenn ich sage: "Aber das stimmt nicht, mir hat einer geholfen." -- "DAS war dann halt eine Ausnahme". Es ist schon erstaunlich, wie viele Ausnahmen ich im Leben schon getroffen habe. Beispielsweise, wenn ich in England nur Tee zu trinken bekam und der andere nur in einer einzigen Familie zu Gast war und Kaffee bekam, sagt der andere: "In England trinkt man nur Kaffee, daß DU Tee bekommen hast, war eine Ausnahme." Wünschenswert wäre, wenn der andere sagen würde: "Ich war in einer einzigen Familie, und da gab es Kaffee." Wenn ich auf jemanden träfe, der die Erde für eine Scheibe hält, würde der zu mir sagen: "Daß Du gelernt hast, daß die Erde eine Kugel ist, ist nur Deine persönliche Ansicht, das hast Du falsch gelernt, aber bitte, wenn DU das so siehst, dann ist die Erde eben FÜR DICH eine Kugel." Würde ich dann sagen, daß ich das von allen anderen so gehört und in der Schule auch so gelernt habe, würde derjenige sagen: "Dann warst Du eben einfach in der verkehrten Schule und hast nur die drei-vier Leute getroffen, die glauben, daß die Erde eine Kugel ist. Du hast halt keine Erfahrung."

Ein anderes Beispiel ist: Ich sage z.B. "Die Hauptstadt von Pennsylvania ist Philadelphia." Der andere sagt: "Weiß ich nicht." Es wird so getan, als hätte ich eine Frage gestellt, und der andere müsse entscheiden, ob meine "Vermutung" richtig ist. Ich sage dann: "Aber wenn ich es Dir doch sage!" -- "Ja, weiß ich nicht. KANN sein. (wie gnädig!)" (Aha, wenn der andere das nicht weiß, dann kann es wohl nicht stimmen.) Schöner wäre es, der andere würde sagen: "Ah, das WUSSTE ich bisher noch nicht, DANKE!"

Ein weiteres Beispiel ist: "Ich fahre nach Cádiz". -- "Du meinst CaDIZ" -- "Nein, ich habe Spanisch studiert, das heißt Cádiz." -- "Wie auch immer." Und es wird weggewsischt. Würde ich dann weiter drauf beharren, würde es peinlich werden, da es ja "nur" eine Kleinigkeit ist, daher lasse ich es dann, und der andere wechselt auch schon schnell das Thema. Aber ich ärgere mich weiter! Hallo, ich bin da, ich WEISS das! Mal was von mir ANNEHMEN, was man selbst noch nicht weiß, das geht wohl nicht! Mir fällt immer auf, daß andere Menschen ohnehin ein Problem haben, Unwissenheit zuzugeben. Aber in meinem Fall fällt es ihnen noch schwerer. Es ist für andere eine Schmach, Fehler einzugestehen, aber mir gegenüber ist es ihnen noch peinlilcher. Ich werde als unterlegen angesehen, und da ist es noch schwerer, einen Irrtum zuzugeben. Es ist immer eine Schmach, wenn man einem anderen gegenüber Unwissen preisgibt. Für andere ist es aber noch ungleich peinlicher, dies mir gegenüber tun zu müssen. Einem Unterlegenen oder Untergebenen einen Irrtum einzugestehen ist viel schwerer als einem Gleichrangigen oder Höhergestellten. Das kränkt mich sehr, daß es anderen ungleich peinlicher ist, mir gegenüber einen Fehler einzugestehen als anderen, da sie mich offenbar als niedriger ansehen. (Mein Status in der "eigentlichen Welt" ist niedriger.). Anstatt, daß sie sagen: Die Frau ist ja auch nicht doof, die hat ja was gelernt, die weiß ja auch viel, da ist es auch keine Schande, wenn ich dies oder das mal nicht weiß, es bricht mir keinen Zacken aus der Krone, mir von ihr etwas sagen zu lassen, die hat dies oder das studiert, da ist es ja auch nicht schlimm, daß sie es besser weiß als ich, ich kann und weiß dafür andere Sachen besser. Ich glaube, die Unfähigkeit, mir gegenüber etwas zuzugeben oder von mir etwas anzunehmen, ist ein Mangel an Selbstbewußtsein des anderen. Nur finde ich es schade, daß der andere in seiner Ehre mehr gekränkt ist, wenn ich es bin, der ihm etwas voraus hat.

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