Sonntag, 13. Juli 2008

Traumseminar

Vor einigen Wochen kam eine E-Mail zu mir herein, daß jemand im Tauschring ein Seminar über Träume anbietet. Man müsse entweder Tauschringstunden oder Geld bezahlen. Da ich krankheitsbedingt so wenig Plusstunden machen kann, und mir vom Tauschring diesbezüglich schon entgegen gekommen wurde, habe ich das Honorar in Geld bezahlt und die 65 Euro investiert. Bisher ist es eine gute Investition.

Das Ehepaar, welches die Traumkurse leitet, hat bei einer gewissen Hilde Schwarz lange Jahre Unterricht in Traumdeutung genommen und auch eine lange Traumtherapie bei dieser Frau gemacht. Hilde Schwarz, so sagte man mir gleich von Anfang an, sei blind gewesen und habe über die Träume einen Ausweg gefunden, mit ihrer damals fortschreitenden Erblindung fertig zu werden. Ich bekam auch gleich ein paar Kassetten mit einer Rundfunkaufnahme mit dieser bereits verstorbenen bemerkenswerten Frau in die Hand gedrückt. Schade, daß ich sie nicht mehr persönlich kennenlernen konnte.

In dieser sehr kleinen Gruppe von nur vier Leuten erzählt jeder einen Traum, und alle anderen und auch die Person selbst, sagen das, was ihnen dazu einfällt. Zunächst mußten wir eine Karte ziehen, die uns dann den ganzen Kurs über begleiten würde. Ich zog eine Karte von Salvador Dalí: "Das ökumenische Konzil", was mir nichts sagt, da ich nur das Vatikanische Konzil kenne, aber gut. Eine Frau mit einem Kreuz in der Hand sitzt da. Ich erzählte einen Traum, der mir spontan dazu einfiel. Ich komme in die Hölle, eine sehr nette Frau setzt mich auf eine Schaukel vor ein gelbes Kreuz und sagt, wenn ich mit den Füßen genau in die Mitte des Kreuzes treffe, darf ich aus der Hölle heraus. Daraufhin nahmen wir Bezug auf meine jetzige Situation, die ja auch die Hölle ist. Spontan fiel natürlich auch im Hinblick auf die Dalí-Karte den Teilnehmern die Redewendung ein "sein Kreuz auf sich nehmen", was ja bedeutet, sein Schicksal anzunehmen. Und erst, wenn ich "meine Mitte treffe", werde ich da herauskommen. Bisher schaukele ich noch immer vor und zurück und komme nur vorwärts und wieder zurück. So sehe ich auch derzeit meien Situation: Zwei Schritt vor, zwei zurück. Es ist schwer, dieses Kreuz auf sich zu nehmen. Die Sehbeeinträchtigung und die Dialyse gehen ja noch, aber was ich nicht akzeptieren kann, ist die Schlappheit, das Augenflimmern und der ganze andere Rattenschwanz, der sich durch die Dialyse bzw. durch die Intervalle dazwischen auftut, den ich ja hier hinlänglich beschrieben habe. Das ist etwas, das ich nicht auf mich nehmen kann. Muß ich nun weiter vor und zurück schaukeln, oder heißt: Kreuz auf sich nehmen, auch, die Situation anzupacken und das zu verändern, was geht und nicht passiv und duldsam und defaitistisch und ergeben sein Kreuz auf den Buckel zu nehmen. Die Frau auf dem Bild hat es ja schließlich auch nicht auf dem Rücken sondern in der Hand. Wie weit habe ich "es in der Hand", daß sich da noch etwas verbessern läßt? Und was ist meine Mitte, was kann ich noch aus mir und meinem Leben machen, und was finde ich noch, was zu mir paßt und machbar ist und auf mein Leben zugeschnitten ist, was mich da herausbringt, auch in puncto Arbeit oder sinnvolle Tätigkeit, sinnvoller Aufgabe, sinnvoller Beitrag, Weiterentwicklung, Verwirklickung von Vorhaben, Plänen, Projekten, Selbtverwirklichung, geht das überhaupt?

Jedenfalls ergab sich eine verblüffende Ähnlichkeit zu einem Traum, den mir die beiden dann sofort aus dem Buch von Hilde Schwarz vorlasen: Sie saß in einem Zug, der RÜCKWÄRTS fuhr. Vor ihrem Auge schaukelte eine Spinne vor und zurück, die ein GOLDENES KREUZ auf ihrem Rücken hatte. Ihre Augen wurden ja immer schlechter, und sie fühlte sich durch das Netz der Spinne eingewickelt und gefangen. Ich war total beeindruckt, wie ähnlich die Traumsymbole waren. Es ergaben sich sehr große Parallelen, die ich gut nachvollziehen konnte.

Der zweiten Traum, den ich erzählte, ging so: eine Frau aus der Esperantogruppe, die ich recht nett finde, und die auch schon hilfreich war, rief mich an, es sei ein Mord geschehen. Dann stellte sich heaus, daß ein gewisser M. aus einer anderen Esperantogruppe seinen Hund ermordet habe. Die Frau aus der Esperantogruppe gab mir eine Nummer in die linke Hand, die ich unbedingt links halten sollte. Sie las die Numme von einer Bühne aus vor. Als ich aufwachte, deutet ich den Traum so, daß ich mein Führhundeprojekt "umgebracht" habe, da es vielleicht körperlich nicht möglich ist, während der Dialysezeit einen Führhund zu haben. Aber gerade in letzter Zeit sehe ich so wenig wegen des Augenflimmerns, daß ich ihn unbedingt brauche. Die Gruppe interpretierte es so: Führhund heißt Hilfe. Eine Telefonnummer heißt auch Hilfe, Notruf. Dieser M., der seinen Hund umgebracht hat, ist ein ganz ruhiger und langsamer Typ. Ein anderer M. kam ebenfalls in meinem Leben vor, den ich mal in der Internet-Seelsorge (es gibt ja auch die TELEFON-Seelsorge) angeschrieben habe, um ihm mein Herz auszuschütten, da viele Leute, die mir helfen wollen, mich ohne zu fragen einfach am Arm packen, und er meinte, das dürfe niemand einfach so machen, da müsse man schon fragen, und ich solle meine Würde hier auch behaupten und mich nicht einfach so anpacken lassen. Ich verspreche mir ja auch von dem Hund, daß ich dann sicherer gehe, und daß mich dann vielleicht nicht laufend Passanten ohne Vorwarnung anpacken und wo hinzerren. Also haben wir wieder den Bezug vom Hund zum Telefon und zu dieser Nummer. Daß ich die Karte mit der Nummer unbedingt links halten sollte, interpretierten wir so, daß der Dialyseshunt auch links sei, und daß man den Führhundebügel auch links hält. Der Kursleiter meinte noch ganz verschmitzt, die Bühne stünde dafür, es öffentlich zu machen, daß ich eventuell Hilfe beim Hundeausführen bräuchte, wenn ich es nicht schaffen würde, und das könne ich ja beim Tauschring öffentlich machen. Und da in der Telefonnummer so viele Doppelzahlen vorkommen, das stünde dafür, daß wir fürderhin ja zu zweit seien, der Hund und ich. Der Hund stirbt nicht gleich, wenn er mal nicht ausgeführt wird, und schlimmstenfalls muß ich ihn halt wieder zuräck geben, und das bringt ihn auch nicht um. Ich fand diese Interpretation genial, so hat sich der Kreis geschlossen zwischen Hund, Telefonnummer und Zettel in der linken Hand, und ich empfand es als eine "runde Sache". Ich werde wohl das mit dem Führhund angehen. Träume sind wohl doch eine gute Hilfe.

In dieser Nacht träumte ich das erste Mal, daß ich aus dem Aufzug, von dem ich immer träume, der kreuz und quer, rauf und runter, nach links und nach rechts fährt und auch schräg, heile herausgekommen bin, und daß der Aufzug deshalb nicht umgekippt ist, weil ich einen großen Rucksack trug, der diese Seite, auf der ich stand, beschwert hat, denn ansonsten wäre ich alleine zu leicht gewesen. So hat der Rucksack doch seinen Sinn, den ich mitgeschleppt hatte. Ein Rucksack ist dasselbe wie ein Kreuz, wenn man eine Last trägt oder ein Päckchen zu tragen hat. Was man doch im Traum alles erfährt. So gescheit bin ich im Wachen nicht.

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