Samstag, 24. Mai 2008

Die Hexenwand hat einen Namen: Enttäuschung

Enttäuschung: Die Nasen-OP war schmerzhaft und hat Geld gekostet. Aber niemand, der von der OP wußte, hat wirklich eine Veränderung bemerkt.

Ich habe mir mehrfach meinen Shunt aufdehnen lassen, weil es mir schlecht geht, aber er ging immer wieder zu

Ich habe mich mehrfach und immer wieder um Aufträge bemüht, aber es komt nie etwas, und diesmal hat mir wieder jemand Hoffnungen gemacht, und wieder ist es nichts außer Werbung für ein Netzwerk

Ich habe 800 Euro für das Lasern der Kinnhaare ausgegeben, habe 10 schmerzhafte Sitzungen über mich ergehen lassen, und dennoch ist alles wieder nachgewachsen

Die Nasenscheidewand-Begradigung hat nicht erbracht, daß ich besser Luft aus dem rechten Nasenloch bekomme, und die Trigeminus-Neuralgien aufhören

Die Verkleinerung meiner Nasenmuscheln hat nicht dazu geholfen, daß ich nicht mehr schniefen muß, und daß meine Nase weiter wird, und die schnupfige Stimme besser wird

Ich habe NIEMALS WUNDER erwartet. Wenn mir alle immer sagen, ich hätte zu hohe Erwartungen und würde Wunder erwarten, möchte ich mit den KOPF gegen die WAND schlagen! Ich erwarte keine Wunder! Ein Wunder wäre, wenn ich ohne all diese Schmerzen und Kosten "geheilt" würde. Aber ich darf doch wohl erwarten, daß all dieser Aufwand, al diese Anstrengungen, all das Geld und all diese Kämpfe auch einmal wenigstens Efolg bringen! Es ist physikalisch nicht möglich, daß sich einfach GAR nichts bessert.

GAR nichts bessert sich nur bei jemandem, der nichts tut. Bei all dem, was ich tue, müßte sich auch etwas bessern. Bei einem normalen Menschen würde sich bei den Anstrengungen auch zwangsläufig etwas verbessern.

Die Ergebnisse, die ich habe, kommen normalerweise nur bei jemandem raus, der nichts tut. Wenn ein normaler Mensch so kämpft wie ich, kommt normalerweise ZEHNMAL soviel heraus wie bei mir, aber niemals einfach nur NICHTS!

Ich kämpfe wie für 10 Menschen und erhalte ein ZEHNTEL dessen, was normale Menschen schaffen. Wenn man so wenig Ertrag hat wie ich, muß man das fast schon aktiv ansteuern und sich extrem dumm anstellen, so viel Mißerfolg zu haben!

Ich erwarte keine Wunder. Ich erwarte nicht, daß mir alles zufällt, ich erwarte nicht, daß alles immer reibungslos klappt. Aber ich erwarte, daß es wenigstens überhaupt klappt!

Ich bekomme Wasser und Brot, und die normalen Menschen bekommen einfachste Hausmannskost. Aber alle unterstellen mir, ich erhielte die gleiche einfache Hausmannskost wie alle anderen und würde aber Kaviar und Sekt haben wollen. Dabei bekomme ich Wasser und Brot und wäre schon mit einfacher Hausmannskost zufrieden. Wahrscheinlich gehen alle nur von sich aus und hätten selbst gerne Kaviar und Sekt und unterstellen mir daher, daß ich das haben wollte. Ich bin im Grunde wesentlich bescheidener als alle anderen Menschen.

Auch wird mir immer unterstellt, ich würde immer gleich aufgeben. Ich könnte auch hier mit dem Kopf gegen die Wand schlagen. Ich gebe zehnmal später auf als andere und erreiche dennoch nur soviel wie jemand, der gleich aufgibt. Daher denken alle, ich würde sofort aufgeben und sehen nicht, wie sehr ich kämpfe. Würden normale Menschen so viel kämpfen wie ich, wäre ihr Ergebnis nicht so mager. Daher denken alle: Die hat so ein mageres Ergebnis, die gibt sicher nur zu schnell auf. Niemand sieht, wie sehr ich vorher schon gekämpft habe.

Die Hexenwand bedeutet, daß alles, was ich probiere, nur zu einem festen Punkt geht und nicht weiter, dies sind die "Hexenpunkte":

daß ich keine Arbeit oder Aufträge bekomme
daß ich nie recht habe
daß es mir nie gesundheitlich gut gehen darf
daß keine OP gelingen darf, nichts an mir verändert werden darf, bzw. daß jede Veränderung nur wieder zum alten Ergebnis führen muß, wider alle physikalischen Gesetze!
daß ich nie jemanden finde, der mich versteht
daß ich immer nur die Minimallösung bekomme und nie einmal eine einschneidende Veränderung oder Verbesserung trotz Anstrengung und aller dafür erforderlichen Unternehmungen
daß meine Haare nur zu einer magischen Grenze wachsen und ab der Grenze sofort abbrechen
daß ich nur 30 Minuten auf dem Heimtrainer sitzen kann, und sobald ich darüber hinaus gehe, sofort krank werde und wieder von vorne bei 5 Minuten anfangen muß
daß ich nie jemanden finde, der mit mir musiziert
daß sich bei mir nie jemand entschuldigen bzw. Fehler oder Irrtümer zugeben kann

Ein Wunder wäre FÜR MICH schon, wenn einmal die normalen physikalischen Gesetze zutreffen würden, eine OP etwas bringen würde, eine Unternehmung oder eine Maßnahme Erfolg bringen würde.

Deswegen glaube ich an die "Hexenwand".

Shunt-Aktion

Da die Schmerzen im Shunt immer schlimmer wurden, und da sich alle Venen-Seitenäste füllten und schon hart und prall waren, habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich wollte nicht tatenlos zusehen, wie es mir immer schlechter geht, und ich mich am Ende doch noch umbringe. Also habe ich einen Termin in Offenburg gemacht und habe die Anmeldung dort schon eingeweiht, daß ich heimlich komme, ohne Einverständnis meiner Nephrologen. Sie meinte, ich solle vorsorglich schon mal einen Koffer mitbringen. In meiner Dialyse log ich, ich würde eine Freundin besuchen und bräuchte daher meine Unterlagen, da ich eventuell dort auch dialysieren könnte. Ich würde dann anrufen, falls es mit der Dialyse bei der Freundin klappt, und ab wann ich wieder heimkomme.

Die Reise hat reibungslos geklappt, sogar der Speisewagen hielt direkt vor meinen Füßen. Die Umsteigehilfe lief wie am Schnürchen. In Offenburg wurde ich dann sogar vom Chef selbst untersucht. Der sah sofort, daß die Engstellen, die auf dem Röntgenbild aus Fürth waren und damals aufgedehnt wurden, sich wieder gebildet hatten. Er bot mir an, eine zusätzliche Anastomose -- Verbindung zwischen Arterie und Vene -- unterhalb vom Oberarm in Seit-zu-Seit-Technik anzulegen. Da legte ich die Karten auf den Tisch und meinte, daß mein Nephrologe nichts von meiner Reise weiß, und ob er ihn vieleicht über die OP informieren könnte. Das mußte ich dann schon selbst machen. Der Nephrologe war zwar nicht dafür, aber er wünschte mir freundlich schöne Pfingsten und ließ mich gewähren. Vor der OP hieß es wieder, die Engstelle sei nur "relativ". Die Frau in meinem Zimmer meinte, vielleicht hätte ich ja wirklich nichts, und daß es mir nach den Shunt- Aufdehnungen besser ginge, sei nur der Placebo-Effekt. Die Krankenschwester beruhigte mich dann, daß eine OP niemals aus Spaß gemacht wird, und daß die letzten Male auch was gewesen sein mußte, sonst hätten sie ja nicht operiert. Am nächsten Tag wurde die OP unter Einwirkung von örtlicher Betäubung und klassischer Musik vorgenommen. Danach gab es eine Brez'n und einen Kaffee, um das belämmerte Gefühl etwas wegzubekommen. Während der OP fand man zwei Engstellen und "baute" die zusätzliche side-by-side-Anastomose. Als ich dies meiner Zimmerkollegin unter die Nase hielt, meinte sie: Da hatten Sie doch mal wieder recht. Die Dialyse am nächsten Tag lief ebenfalls reibungslos. Am Sonntag durfte ich gehen, und der Ehemann meiner dann anderen und netteren Zimmergenossin brachte mich freundlicherweise zum Zug. Auch die Heimfahrt klappte reibungslos. Leider habe ich den Verdacht, daß die Engstellen wieder zu sind. Es tut wieder furchtbar weh. Bisher stellt sich auch noch kein besseres Befinden ein. Meine Nephrologen daheim waren schön ruhig, als ich ihnen das mit den Engstellen hinrieb. Aber als sich dann nun die Naht entzündete, mußte mir der Nephrologe natürlich reindrücken, daß ER nicht diese Engstellen hätte aufdehnen lassen. Angeblich liefen alle Dialysepatienten mit mehr oder weniger vielen Engstellen herum, was sich ja nicht unbedingt auf den Fluß auswirken müsse. Gebracht hat es also mal wieder nichts. Das nächste Mal gehe ich wieder einfach ohne Einverständnis zur Shunt-Revision, aber ich muß aufpassen, daß meine Nephrologen nicht wie in Neumarkt die Ärzte dort gleich "impfen" und "briefen", so daß sie dann wieder nichts finden.