Sonntag, 4. Mai 2014

Katzennetz oder Fernseher?


Katzennetz  oder Fernseher?

 

Da Isidor auf so traurige Weise ums Leben gekommen ist, möchte ich mir keine Katze mehr anschaffen, ohne sicherzugehen, dass sie nicht mehr auf die Straße kann. Hierfür benötige ich ein Katzennetz. Ich habe mich bei einem professionellen Dienst erkundigt, der solche Netze anbringt. Zuvor hatte ich einmal vor langer Zeit über das Radio jemanden gesucht, der mir ein Katzennetz anbringen könnte. Es hat sich ein ziemlich seltsamer Typ gemeldet, der zunächst versprach, nur das Material zu verlangen und sonst nichts. Dennoch hat er hinterher 400 DM gewollt. Das Katzennetz war total löchrig und instabil. So konnten alle meine Stubentiger ausbrechen. Dieses Mal wollte ich es wirklich mit Hand und Fuß angehen. Der Mann am Telefon sagte mir, ich müsse zunächst das Einverständnis meiner Vermieterin und der Eigentümer einholen, denn wenn er das Katzennetz an brächte, könnten sogar die Nachbarn sich beschweren und darauf bestehen, dass ich das Katzennetz ab montieren lasse, und dann hätte ich das ganze Geld umsonst ausgegeben. Da meine Vermieterin seit langem abgetaucht ist, hatte ich die Befürchtung, schon über diesen Schritt nicht hinaus zu kommen. Ich habe ihr daher eine Mail geschrieben und über die Verwaltung mit Mühe und Not ihre jetzige Adresse erfahren. Auf die Mail hat sie sogar erstaunlicherweise geantwortet. Als dreifache Katzenbesitzerin habe sie Verständnis und würde der ganzen Sache zustimmen. Nun blieb noch die Aufgabe, die Eigentümerversammlung dazu zu bringen, dass Katzennetz zu genehmigen. Da ich wegen einer Katzenklappe schon einmal einen Antrag auf Genehmigung an die Eigentümerversammlung gestellt hatte, und dieser überhaupt nicht beantwortet und nicht einmal bearbeitet wurde, hatte ich große Angst. Ich rief also, wie mir auch die Vermieterin geheißen hatte, nochmals bei der Verwaltung an, wobei der Verwalter sehr kulant war und meinte, die Vermieterin würde zwar diesen Antrag selber nicht stellen, soweit kenne er sie, aber er würde das dann einfach für mich tun. Ich besprach mich mit der Nachbarin, die mir damals den Stoffe gebracht hatte, dass ich zunächst einmal den Mann mit dem Katzennetz kommen lassen sollte, damit er mir erklärt, wie das Katzennetz angebracht würde. Denn dann könnte ich eventuelle Fragen beantworten, die die Eigentümer vielleicht haben könnten, oder Bedenken aus dem Weg räumen. Wir beschlossen, danach durch das Haus zu gehen und alle um Ihre Zustimmung zu bitten. Meine Nachbarin hat mich auf mein Bitten hin dann nämlich begleitet. Das Katzennetz würde nur mit ein paar kleinen Schrauben angebracht, die man aber danach wieder entfernen und den Verputz reparieren könne. Somit gingen wir durchs Haus und rannten offene Türen ein. Denn jeder sagte, es sei ihm herzlich egal, ob ich mir ein Katzennetz anbringen lassen würde oder nicht. Es gäbe hier überhaupt keine Probleme. Meine unmittelbare Nachbarin, die auch Eigentümerin ist, haben wir aber noch nicht erreicht. Daher warte ich jetzt noch, bis die Eigentümerversammlung über die Bühne gegangen ist, denn ich habe schon Pferde kotzen sehen. Es braucht nur jemand dabei sein, der mich ärgern will, oder der aus Prinzip einfach gegen alles ist. Der findet dann irgendeine Vorschrift, weshalb es nicht möglich ist, ein Katzennetz anzubringen. Aber bisher verläuft es positiv. Ich habe nur langsam bedenken, dass ich überhaupt niemals von dieser Eigentümerversammlung erfahren werde. Jedes Mal, wenn ich nachfrage, höre ich, es hätte noch keine Eigentümerversammlung gegeben.

 

Momentan gibt es einen Fernseher, dessen Menüführung mit einer Sprachausgabe funktioniert. Da meine Augen immer schlechter werden, kann ich immer schlechter die Filme mit dem eingebauten elektronischen Programmführer meines Festplattenrekorders einprogrammieren. Die Frage war immer, was geht zuerst kaputt: mein alter Röhrenbildschirm oder meine Augen. Leider hat sich das Schicksal für Letzteres entschieden. Es gab bisher nur einen Festplattenrecorder mit Sprachausgabe, welcher 1500 € kostet. Dieser ist sehr unhandlich und hat einen schlechten Support. So wurde es mir zumindest von anderen erzählt, die dieses Gerät haben. So viel Geld möchte ich auch nicht ausgeben. Mittlerweile gibt es eine Firma, die zwei Fernseher herstellt, deren Menüführung Mitsprache funktioniert. Der eine hat eine Festplatte, der andere nicht. Es erscheint mir wenig sinnvoll, einen sprechenden Fernseher zu haben, wenn ich nur das Programm wechseln möchte. Das kriege ich gerade auch noch ohne Sprache hin. Jemand, der ganz blind ist, möchte vielleicht auch wissen, wie der Sender heißt, auf den er gerade schaltet. Ich kann dies noch an den Tafeln vom Videotext erkennen, wenn auch nicht am Logo in der Ecke. Daher würde mich der Fernseher mit der eingebauten Festplatte reizen. Dann könnte ich wieder Spielfilme programmieren, ohne mich jedes Mal zu quälen oder wieder zu warten, bis ich wieder besser dialysiert bin und wieder mehr sehe. Ich würde dann meinen alten Festplattenrekorder für die Sendungen benutzen, die ich fest eingespeichert habe, und die regelmäßig kommen. Daran braucht man dann nichts mehr zu ändern. Dann könnte ich auch vielmehr parallel aufnehmen. Allerdings kann ich dann nichts von der Festplatte anschauen, während ich mit dem Fernseher mit eingebauter Festplatte etwas aufnehme, da der Fernseher wahrscheinlich keinen Twin-Tuner hat.  Aber dann schaue ich eben das, was der Fernseher gerade aufnimmt. Es gibt ja auch Zeiten, in denen ich andere Dinge Tour, und da können die beiden Geräte dann machen, was sie wollen. Ich schaue zwar ziemlich viel fern, aber ziemlich ausgewählte Sachen. So schaue ich mir zum Beispiel gerne die Filme mit Bildbeschreibung für Sehbehinderte an. Dann habe ich noch bestimmte Serien oder bestimmte Talk-Runden,. Wie zum Beispiel Menschen der Woche, das  Nachtcafé oder Menschen bei Maischberger 

 

Nun muss ich mich entscheiden: kaufe ich den Fernseher, der unter Umständen bis zu 900 € kosten kann, oder warte ich noch auf die Eigentümerversammlung, um dann das Katzennetz für 600 € anzubringen?  Einerseits möchte ich bald wieder ein neues Kätzchen, vielleicht ist das auch für Jakob gut. Andererseits habe ich den Eindruck, die Eigentümerversammlung kommt erst am St. Nimmerleinstag. Dann habe ich wenigstens schon einmal den Fernseher. Für das Katzennetz kann ich dann wieder neu sparen. Beides kann ich mir nicht gleichzeitig kaufen. Ich habe bereits mit einer Dame vom Tierheim aus einem Ort in meiner Nähe gesprochen, sie würde mir das passende Kätzchen heraussuchen. Aber der Weg hierhin ist noch sehr lange, da sich in Sachen Katzennetz einfach nichts tut.

 

Andererseits müsste ich erst meinen alten Fernseher loswerden. Ich habe ein bekanntes Ehepaar, die einen kleinen Fernseher möchten, der genau in ihre Ecke passt. Sie hat bereits die Maße genommen, und sie wird mir dann Bescheid geben. Wahrscheinlich muss ich da auch hinterher laufen und anfragen, ob sie ihn nun will oder nicht. Allerdings hat sie mich auch nicht gefragt, was ich für den Fernseher möchte. Sie hat mir angeboten, mir ein paar Brote dafür zu backen, da wir zuvor davon gesprochen hatten, dass sie selbst Brot backt. Ehrlich gesagt möchte ich meinen Fernseher nicht einfach nur für ein paar Brote eintauschen. Andererseits werde ich für die alte Kiste sowieso nichts mehr kriegen und kann froh sein, wenn ich sie überhaupt los werde. Ich finde es schade, Dinge wegzuwerfen, die noch funktionieren. Aber da meine Augen einfach nicht mehr mitmachen, und ich ohne Sprache nichts mehr programmieren kann, zumindest nicht mehr lange, muss ich wohl in den sauren Apfel beißen und mir  diesen Flachbildschirm kaufen. Mir ist so ein Ding eigentlich viel zu groß. Vielleicht passt er auch gar nicht in meine Ecke. Nun muss ich einfach überlegen, was ich mache. Vielleicht kann ich auch immer meine Helferin bitten, mir meine Filme einzuprogrammieren. Aber das kostet dann wieder Stunden.

 

Außerdem ist nun mein Implantat freigelegt. Nun muss ich noch einige schwere Schrittte hinter mich bringen. Zum einen muss ich bei der Kasse den Heil- und Hilfeplan des Zahnarztes vorlegen und hoffen, dass Sie mir einen großen Anteil für die Krone genehmigen. Bei geringem Einkommen kann man beantragen, dass sie alles genehmigen. Ich hoffe, dass das klappt. Dann kommt eine dicke Masse in meinen Mund, um mit dem Stutzen des Implantats den Abdruck für die Krone zu nehmen. Wahrscheinlich muss ich hier ein Beruhigungsmittel nehmen, da ich sonst einen zu starken würge Reiz hätte. Danach wird die Krone einmal probehalber aufgesetzt, dazu muss jedes Mal die Schutzkappe wieder an- und abgeschraubt werden. Dann erst kommt die fertige Krone endgültig auf die Schraube, notfalls muss sie sogar zementiert werden. Wir hoffen, dass dies alles noch vor dem 26. Juni, also vor meiner Nasen-OP vonstatten geht. Da habe ich allerdings meine Zweifel. Im August habe ich den Zahn gezogen bekommen, an Ostern wollte ich schon wieder auf beiden Seiten kauen können. Nun habe ich diesen Wunsch auf Pfingsten verschoben, wahrscheinlich klappt es höchstens und aller frühestens im August. Wahrscheinlich geht es so aus, dass ich kurz vor dem Ziel schlapp mache, und mir dann das Implantat doch nicht vollenden lasse. Jedes Mal denke ich, nun bist du so weit gekommen, nun ist es nicht mehr viel, nun kannst du doch nicht einfach aufgeben. Aber jedes Mal, wenn ich einen Schritt vollzogen habe, und denke, jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Ziel, hängt sich hinter dem letzten Schritt noch ein weiterer hinten dran. Ich bin langsam so weit, dass ich aufgebe. Ich hoffe nur, dass sich wenigstens ein Wunsch erfüllt. Wenn das Implantat erfolgreich beendet ist, und die Krone sitzt, werde ich die Nasen-OP machen. Wenn hier schon kein Erfolg ist, werde ich mir nicht noch einen weiteren Misserfolg zumuten. Schließlich kann es ja auch passieren, dass ich nach Einsetzen der Krone dieselben Schmerzen habe, wie ich sie hatte, bevor der Zahn gezogen wurde. Auch dies wäre ein Misserfolg. In so einem Falle würde ich mir nicht zutrauen, die Nasen-OP zu machen. Denn wenn schon das Implantat schief gegangen wäre, was wird dann erst aus einer Nasen-OP?  Wenn ich vor dem Ziel mit dem Implantat aufgebe, dann habe ich eine Zahnlücke und keine Nasen-OP. Ich hoffe nur, dass es mit dem Abdruck klappt, und das dann nicht noch weitere Torturen folgen. Ich werde mir ein Ultimatum setzen, wenn ich es bis August nicht geschafft habe, die Krone zu haben, und wenn dann immer noch weitere Schritte angehängt werden, werde ich aufgeben, egal, wie weit ich bis dahin gekommen bin. Ich erspare mir dadurch weitere Torturen, denn auch wenn bei einer Aufgabe dann alle bisherigen umsonst waren, würden weitere Schritte der Qual dies nicht besser machen, sondern am Ende nur noch mehr Qualen gefolgt sein, die sich in der Summe dann alle als vergebens herausgestellt haben, wenn am Ende kein Ergebnis mit Erfolg herauskommt. Je schneller ich aufgebe, umso weniger Torturen habe ich vergeblich gemacht. Dann doch lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Dann habe ich am Ende weniger Qualen durchstehen müssen, als wenn ich ewig weitermachen würde, und am Ende dann doch genauso der Misserfolg steht.

 

Es müsste jemanden geben, der zaubern kann, und es schafft, dass ich endlich Erfolg habe. Irgendetwas muss dieses Jahr gelingen. Ob nun das Katzennetz, oder das Implantat, oder die Nase, oder ein Ergebnis einer Suche nach der passenden Diagnose für mich. Auf jeden Fall werde ich früher oder später diesen Fernseher anschaffen. Das ist aber kein Erfolg, denn dafür muss ich lediglich Geld hinlegen. Dennoch ist es etwas Schönes, da ich dann noch mehr gute Unterhaltung habe. Und ich muss mich beim Programmieren nicht mehr so abmühen. Die Entwicklungen gehen immer weiter, wo früher ein Festplattenrekorder mit Sprachausgabe unbezahlbar war, gibt es heute halbwegs erschwingliche kompakte Geräte mit eingebauter Festplatte. Zumindest dies ist ein Entwicklungserfolg. Ich hoffe, dass ich am Ende des Jahres mit zwei Katzen vor meinem neuen praktischen Fernseher sitzen kann und dabei Äpfel und Nüsse auf beiden Seiten kauen werde.