Mittwoch, 26. Februar 2020

Neulich wieder in diesem Theater


Letztes Jahr war ja so viel Stress angesagt gewesen, dass ich erst einmal ein paar Wochen flach gelegen war, und am Tag nach der Theateraufführung überhaupt nicht mehr aus dem Bett kam. Daher hatte ich erst den Entschluss gefasst, nicht mehr mitzuspielen. Darüber hatte ich auch hier in diesem Blog geschrieben.

 

Zwischenzeitlich war ich ja auch bei unserer blauen Nacht aufgetreten und auch bei der zweiten Schau, wo wir die Inhalte von Heiratsannoncen in Sketschen dargebracht haben.

 

Dann war ich wieder dabei, dieses Mal war Romeo und Julia auf dem Plan. Wir wollten Romeo und Julia in die heutige Zeit versetzen, was ja sehr häufig gemacht wird. So sollten diese beiden Familien in einer Gartenkolonie ihre Streitigkeiten austragen, und die beiden  jungen Leute sich  dann eben dort verlieben.

 

Ursprünglich hatte ich gedacht, es wäre doch schön, wenn die Frau vom Kiosk, die vielleicht schon weit herumgekommen ist, den beiden hilft und ihnen das Gift gibt, wodurch  Julia dann scheintot werden   soll. Aber man entschied sich, dass Romeo eine Sozialarbeiterin an die Hand bekäme, die ihn in diese ziemlich schwierige Familie wieder einführen sollte. Die andere Familie, die Eltern von Julia, sollte eine sehr vornehme und reiche Familie sein. Die beiden, die sozusagen aus unterschiedlichen Schichten stammen, können sich dann nicht ausstehen. Die Sozialarbeiterin sollte ich sein. Zuerst hatte ich mich nicht so wirklich mit dieser Rolle anfreunden können, ich hätte lieber die herumgekommene und etwas verwegene Frau vom Kiosk abgegeben. Aber da bin ich vielleicht nicht ganz so glaubwürdig.

 

Ich habe ja ziemlich viel Erfahrung mit Sozialpädagogen, da ich ja selbst häufig als Kundin mit Ihnen zu tun habe, sozusagen als Nutzerin oder   Assistenz Nehmerin. Daher konnte ich die Rolle recht überzeugend darstellen.  Eine  Mitspielerin meinte, ich sei die  ideale Sozialpädagogin, und sie würde sich  vor mir fürchten, wenn sie mir im Amt begegnen würde. Das war  ein Kompliment!

 

Zunächst einmal hat eine andere blinde Frau, bei der unsere Theaterpädagogin einmal als Assistenz gearbeitet hatte, vorgeschlagen, wir könnten doch Platten verlegen, an denen ich mich orientieren konnte. Das war wirklich eine hervorragende Idee. Denn so war der Kontrast zwischen den extrem hellen Platten und im dunklen Boden auf der Bühne für mich erkennbar, und ich konnte mühelos   die Orientierung behalten. Auf  den Probebühnen war das noch nicht so, aber dennoch hat es schon ganz gut geklappt. Wir spielten auch ab und an mal in einem Pfarrhaus , da wir uns privat trafen, und eine unserer Mitspielerinnen dort arbeitet. So konnte sie öfter mal einen Raum für uns bekommen. Dann leitete  die Probe unsere Regieassistentin, die  das total unaufdringlich  und dennoch  geordnet  und produktiv hinbekam.

 

Zwischendurch war ich öfter mal krank, da ich ja, wie  auch in diesem Blog beschrieben, zweimal eine ziemlich starke und langwierige und hartnäckige Erkältung hatte.

 

Wir bekamen unseren Text immer, nachdem wir erst einmal aus dem Stehgreif gespielt hatten, sodass unsere Theaterpädagogin schon mal ungefähr unsere Sprechweise mitbekam und den Text etwas danach ausrichtete. Somit hatte ich kein Problem, die kurzen Absätze auswendig zu lernen. Denn ich konnte ja nicht wie die anderen ablesen und war daher gezwungen, alles schon zu wissen. Sobald also der Text kam, setzte ich mich eine halbe Stunde hin und lernte den Text und auch schon die Sätze davor und danach, die die anderen zu sprechen hatten, um den Einsatz zu finden, wann ich denn mit dem Sprechen dran war. Und dann lernte ich alle Absätze  immer mal wieder zusammen. Die  Sachen, die ich nicht  vorab erhielt, wurden bei der Leseprobe von unserer Theaterpädagogin  gesprochen, und ich  habe alles aufgenommen  und daheim gelernt.  Das Alte muss man immer mal wiederholen, wenn Neues dazukommt, um es nicht wieder zu  vergessen.

 

Die anderen hatten immer noch ihre Zettel in der Hand, denn sie konnten ja sehen, und somit waren sie nicht gezwungen, alles auswendig zu lernen. Manchmal hat es auch Vorteile, wenn man über bestimmte Sinne nicht verfügt und daher gezwungen ist, anders zu handeln. Ich habe in der Schule schon immer so gelernt, dass ich am Ende kurz vor den Prüfungen nichts mehr zu tun hatte. Dann war ich auch nie aufgeregt, denn ich wusste ja, Du hast es gelernt. Je früher ich damit anfing, umso fester saß der Stoff dann auch. Ich habe ja jahrelang gelernt, daher weiß ich, wie man richtig lernt.

 

Da das Stück modern war, konnte ich mit normaler Kleidung kommen, wie schon in dem anderen Blogbeitrag gesagt, daher musste ich dann nicht erst noch herumrennen, um in der Kleiderkammer , ein passendes Kostüm für mich zu finden. Und ich konnte auch  bereits angezogen kommen und musste nicht hinter der Bühne noch dafür sorgen, dass meine Kleider an einem festen Platz liegen, und dass ich mein Bühnenkostüm finden würde. Das war daher wesentlich praktischer.

 

In weiser Voraussicht, dass die Mitspieler und Mitspielerinnen mit sich selbst zu tun haben würden, habe ich mir auch eine Assistenz organisiert. Denn die könnte mir dann zwischen den Vorführungen helfen, mir etwas zu essen zu organisieren, die Toilette zu finden, oder sich mit mir zu unterhalten, wenn ich mal wieder Probleme hatte, mich ins Gespräch einzumischen.  Wir gingen zum Beispiel nach der Generalprobe  in die Kantine, da war sie  nicht dabei.  Ich  saß natürlich  mal wieder am Rand, wenn ich also was sagte, hörte es keiner. Ich kann nie einfach mal was einflechten  oder  eine Bemerkung machen, die dann aufgegriffen wird. Ich muss immer ganz laut  sagen, ich möchte was sagen,  und das geht dann  nicht bei trivialen Antworten, wenn alles schon wieder um die Ecke ist. Das ist traurig.

 

Somit waren für den Tag  der Aufführungen alle Vorkehrungen getroffen, um Schwierigkeiten wie beim letzten Mal zu vermeiden. Ich hatte einer meiner Assistentinnen  zwei Karten für die eine Vorstellung besorgt, die sie mit ihrem Mann besuchen wollte. Daher kam sie am  13.  Zu mir, um sich die Karten abzuholen.  Das erste mal würde also jemand  von meinen Leuten dabei sein. Ich habe hier keine Familie, und   ich habe nicht solche Freunde, die da extra hingehenwürden.

 

Kurz vor den letzten Proben, also der heißen Phase, wurde ich wieder gesund. Das größte Problem war für mich nicht der Text, sondern, wie ich zu stehen hatte. Da ich als blinde häufig mit Gestik und Mimik nicht so viel zu tun habe, war es schwierig, gerade auch im Kontakt mit den Mitspielerinnen und Mitspielern  den richtigen Abstand zu finden. Zum Beispiel sollte ich einmal eine Szene bekommen, bei der mich Romeos Mutter bei den Schultern packt und umdreht und sozusagen aus dem Garten rausschmeißt, nachdem ich ihren Jungen gebracht hatte und meine Schuldigkeit als Sozialarbeiterin getan hatte. Ich fand das etwas unpassend, denn ich sagte, im normalen Leben würden Menschen nicht so mit einer offiziellen Person umgehen. Ich hatte auch den Eindruck, dass, wäre ich größer gewesen und hätte eine erwachsene Ausstrahlung, so eine Szene gar nicht erst zustande gekommen wäre. Ich fühlte mich an die Moment erinnert in meinem wahren Leben, wo ich dauernd von anderen angefasst, meine Grenzen überschritten werden, oder wo ich überall gepackt werde, oder durch die Gegend gezogen werde. Daher war mir das extrem unangenehm. Ich wollte eben einmal jemand sein, mit dem das niemand machen kann. Die anderen wurden immer gefragt, ob  sie angefasst, geschüttelt  werden durften, oder ob sie dies oder jenes  spielen wollten, und ihnen  das unangenehm war.

 

Mir war außerdem extrem wichtig, dass ich meine Blindheit komplett verbergen konnte, denn eine behinderte Sozialarbeiterin in so einem Milieu ist in meiner  bescheidenen Meinung aufgeschmissen.  Ich weiß noch, dass ich als Ausbilderin für Englisch im Berufsförderungswerk, wo ich mit Menschen aus einfacheren Zusammenhängen zu tun hatte, große Probleme hatte, Autorität zu gewinnen, zumal ich damals erst 34 Jahre alt war, und man mir trotzdem mein Fachwissen der englischen Sprache oft nicht geglaubt hat. Man musste mir auch sehr häufig helfen, irgendwelche Gerätschaften anzuschließen , den Computer zu bedienen, bestimmte Sachen aufzubauen, oder mich auf bestimmte Fehler hinzuweisen, die ich als hochgradig Sehbehinderte zuweilen über Saar. Leider gibt es Menschen, die es nicht vertragen, wenn andere Menschen Schwächen zeigen. Und es gibt Menschen, die es sich mehr als andere leisten können, auch mal schwach zu sein, Leute wie ich hingegen müssen sich erst beweisen, damit sie auch Schwächen zugeben dürfen. Damals hatte ich noch immer versucht, meine Sehbehinderung so gut wie möglich zu kompensieren. Wenn ich zum Beispiel in einem Buch etwas nicht lesen konnte, hatte ich es entweder bereits auswendig gelernt, weil ich das Buch schon öfter durch genommen hatte, oder ich sagte einfach, Herr oder Frau soundso, lesen Sie mal weiter. Oder wenn ich Aufstand, und mir wegen der Betablocker kurz schwindelig und schwarz  vor  Augen wurde, erzählte ich so lange weiter, bis ich die Tafel wieder sehen konnte. Dennoch waren die Leute relativ über griffig und grenzüberschreitend und schrieben mir laufend vor, was ich als Ausbilderin zu tun hatte, und wann ich gefälligst etwas an die Tafel schreiben sollte und wann nicht. Daher war mir das aus meiner eigenen Biografie durchaus bewusst, dass man in manchen Berufen und mit mancher Klientel am besten keine Schwächen zeigt. Daher war es gut, dass wir eben diese Platten hatten, auf denen ich entlanglaufen konnte, und es war wichtig, wirklich jeden Handgriff genau auszuführen.

 

Ich habe versucht, die Gruppe und auch die Theaterpädagogin zu überreden, dass ich mich nicht unbedingt anpacken , wegschieben  und umdrehen lassen wollte, und dass mir das unangenehm sei, und dass das eigentlich nicht zu meiner Rolle passen würde, aber man sagte, dass solche Menschen aus diesem Milieu häufig so sind, egal, wen sie vor sich haben. Ich bin aber dennoch der Überzeugung, wäre ich ein Mann von eins 80 gewesen, ohne Behinderung und mit dementsprechend körperlicher Statur, hätte man sich das nicht getraut.

 

Manchmal stellte ich mich einfach hin und ließ mich nicht wegschieben, dann hieß es, Du musst auch mitmachen, ein anderes Mal habe ich mich dann wieder gut schieben lassen, dann hieß es, Du lässt Dich über die ganze Bühne schubsen. Es war ziemlich schwer, hier einen Mittelweg zu finden. Irgendwann haben wir dann die Choreografie und diesen Tanz so hinbekommen, dass es normal und natürlich aussah. Dann ging alles recht leicht von der Hand. Ich finde es dennoch schade, dass man hier die alltäglichen Zusammenhänge von Menschen nicht mit berücksichtigt. Gerade jemand, der normal kleinwüchsig ist, also sowieso schon aufgrund einer Behinderung und seiner Statur unterlegen ist, sollte man nicht unbedingt mit so etwas konfrontieren, zumal die andere Frau um das Vielfache größer war als ich. Aber wir haben es dann irgendwie hinbekommen, und es sah dann auch einfach nur der Situation entsprechend aus und nicht irgendwie, als ob man ein kleines Kind durch die Gegend schiebt.

 

Zu Beginn der Proben, die dann zum Endspurt führten, hatte ich etwas das Gefühl, dass vergessen worden war, dass ich so lange krank war. Sätze wie, das haben wir doch schon so oft geübt, sind mir daher schon etwas aufgestoßen, wenn sie an mich gerichtet wurden. Es ist aber schwierig, den Leuten klarzumachen, dass nach so langer Zeit gerade solche Dinge für mich dann nicht mehr so präsent sind. Irgendwann hat dann auch alles geklappt.

 

Dann mussten noch die Beleuchtungsverhältnisse für mich so eingestellt werden, dass ich, die ich ja den Anfangstext und den Endtext sprach, halbwegs nach allen Regeln der Kunst die Bühne betreten und wieder abgehen konnte. Ich stand da, und auf einmal war das Licht aus, was ich aber nicht wusste. Ich hatte mein Sprüchlein gerade aufgesagt und wollte die Fliesen suchen mit den Augen und dann wieder zurücklaufen. Ich sah sie aber nicht mehr und dachte, jetzt sind sie mir aus dem Gesichtsfeld gerutscht, wie soll ich jetzt wieder zur Wand finden. Daher rief ich dann ganz panisch, wo sind denn die verdammten Fliesen? Dann hieß es dann hinterher, sei doch nicht zu ungeduldig. Dass ich völlig unwissend bin, dafür fehlt dann manchmal etwas die Sensibilität. Zumal man mir dann auch noch mit seinem Kugelschreiber auf die Finger klopft, die gerade meinen Blindenstock umfassten. Da kam ich mir vor wie ein kleines Kind, das getadelt wird. Danach wurde ich dann aufgeklärt, wenn ich mein Sprüchlein gesagt habe, geht mein Spot aus, es wird ganz dunkel, und dann erst wird die ganze Gasse wieder beleuchtet, dann sehe ich auch die Fliesen wieder und kann zurücklaufen. Was doch Informationen manchmal Wunder wirken. Man erklärte mir, dass man eben im Theater nicht einfach sich umdreht und davon stapft, sondern dass man erst einmal eine Weile stehen bleibt. Das sind ja alles Aspekte, die ich von der Wirkung her gar nicht so wirklich beurteilen kann, denn ich bin ja nicht zu erfahren. Und ich kann auch nicht beurteilen, wie etwas für den Zuschauer wirkt, wenn ich in der anderen Perspektive bin. Aber alles hat dann am Schluss doch recht gut geklappt.

 

Teilweise war es auch richtig lustig, denn ich sollte ja mit der Oma von Julia sozusagen verkünden, dass die beiden heiraten, und  dann bewerfen sich alle mit Müll. Denn die sind natürlich stinksauer, die eine Familie beschimpft die andere, Du wirst doch den oder Du wirst doch die nicht heiraten wollen. Wir beiden sollten uns dann in die Hocke begeben und die Aktentasche über uns beide halten. Ich fühlte mich wie in der amerikanischen Werbung aus den fünfziger Jahren, wo man den Leuten vorschlägt, bei einem Atomkrieg die Aktentasche über den Kopf zu setzen und sich zu ducken. Das machte einen Heidenspaß. Am Ende lag natürlich dem entsprechend viel Müll herum. Das war dann wiederum ein Problem, wenn ich bei der nächsten Szene verkünden sollte, dass die beiden tödlich verunglückt sind. Denn bei der Generalprobe bin ich dann auf eine Milchtüte gestoßen und dachte, wenn ich sie jetzt weg schiebe, dann fliegt sie vielleicht ins Publikum. Daher bin ich drauf gestiegen, und während der Generalprobe ist die Milchtüte geplatzt. Es war sogar noch etwas Milch drin, aber die hat dann der Praktikant verschüttet, als er die Milchtüte aufheben wollte. Das wäre noch eine Schau gewesen, wenn die Milch, als ich drauftrat, noch durch die Gegend gespritzt wäre. Leider wurde natürlich genau in der Generalprobe gefilmt, daher ist jetzt diese Szene mit der geplatzten Tüte drauf. Ich hatte etwas Bedenken, wenn ich dann als fast blinde über diese Fliesen laufe, und überall Müll rum liegt, dass ich dann vielleicht über eine Dose stolpern würde. Aber es hieß, man hätte jetzt keine Zeit, während der Aufführung noch den Müll weg zu schieben. Einige der Mitspieler hatten ja noch einen Aufgang, sie hätten also den Müll mühelos weg schieben können, aber das sollte nicht sein, das würde zu viel Aufmerksamkeit von der eigentlichen Szene wegnehmen, daher müsse ich mich jetzt eben mit dem Müll arrangieren. Ich dachte, wenn wieder was im Weg liegt, kicke ich es einfach ohne Rücksicht auf Verluste durch die Gegend. Aber wenn die Generalprobe schiefgeht, klappt die  Aufführung um so besser. Daher passierte das  dann  alles nicht.

 

Manchmal fand ich es schon ziemlich autoritär, denn zum Beispiel sollte ich den Arm um die Oma legen, um ihr zu erklären, dass das mit  der  Verkündigung der  Heiratspläne alles schon klappen wird. Ich meinte, dass ich, die ich die Jüngere bin, vielleicht etwas überheblich wäre, wenn ich um die ältere Frau so  begütigend meinen Arm legen würde, und wenn ich sozusagen schon fast mit ihr kuscheln würde. Da hieß es dann, stell das jetzt nicht infrage und mach es einfach so, wie ich es sage. Da war ich dann schon etwas beeindruckt. In meiner persönlichen Kultur, sozusagen auf meinem Planeten, ist das einfach unüblich, andere Leute dauernd irgendwie anzupacken. Ich finde das zwar schön, wenn sich alle immer wieder umarmen, wenn sie sich treffen, oder wenn man sich verabschiedet, aber das ist dann auch auf Augenhöhe. Ich bin selbst häufig in der Lage, das andere recht paternalistisch und etwas beschützend von oben herab den Arm um mich legen, daher bin ich dagegen ziemlich allergisch. Ich habe viel zu viel Respekt vor anderen Menschen, als dass ich das tun würde. Aber das gehört, zur Rolle, daher musste ich das machen. Schwierig war auch, wenn ich zum Beispiel als Sozialarbeiterin Romeo über den Kopf streichen sollte oder über die Schulter den Arm legen, wo ich ihn doch oft gar nicht sah. Dann fasste ich irgendwo daneben, und das war mir dann furchtbar peinlich. Ich sagte, dass ich das eigentlich nicht machen möchte, weil das dann irgendwie so behindert aussieht, wenn ich dann in der Luft herum greife und, wie schon passiert, jemandem die Hand ins Gesicht schlage. Ich treffe nämlich immer genau dahin, wo's nicht sein soll. Sie meinte aber, das ist eben Theater, wenn das passiert, ist es nicht schlimm, da passieren wesentlich schlimmere Dinge, das ist dann halt so. Die Mutter von Romeo, die im wahren Leben auch die Mutter der Schauspielerin ist, die Romeo gespielt hat, hat ihn dann immer zu mir geschoben, sodass ich ihn gut treffen konnte und die Hand auf sein Käppi legen konnte, um ihn sozusagen in Schutz zu nehmen. Dann hat das gut geklappt, ohne, dass ich bei jemandem dauernd meine Hand im Gesicht hatte.

 

Zuvor hatte noch der Beleuchter vor der Generalprobe alles noch mal angeschaut, da ich meinte, sobald das Licht anders ist, kann ich die Markierung nicht mehr kennen. Denn ich war auf meinen eigenen Schatten, und dadurch waren die Fliesen teilweise verdeckt. Ich war eine halbe Stunde früher gekommen, um das alles auszuprobieren, und er hat das dann auch der Theaterpädagogin gesagt, dass wir das noch mal einstellen müssen. So konnten wir diesen Aufgang noch mal üben, und das Licht wurde dem sprechen eingestellt. Wenn es dunkel wurde, wurde es nur so dunkel, dass die sehenden noch etwas erkennen konnten, so musste mich immer jemand abholen und wieder hinter die Bühne bringen, wenn das Licht ausging, und ich vorher nicht abgehen sollte. Manchmal waren gleich zwei da, und beide zogen mich in irgend eine Richtung, bis wir dann endlich wieder hinter der Bühne waren, das fand ich ziemlich lustig. Aber auch das hat immer irgendwie geklappt.

 

Ich wurde immer von einer unserer Mitspielerinnen von zu Hause abgeholt, zum einen auch deshalb, weil sie dann meine Parkscheibe nutzen konnte, um auf den behinderten Parkplätzen ihr Auto abzustellen. Denn auch für sie war es zu mühevoll, immer abends mit dem Zug heimzufahren. Dennoch war ich ihr natürlich sehr dankbar und sagte ihr das auch ab und an. Unsere Theaterpädagogin rief mich dann an und meinte, ich solle der  Chauffeurin doch eine Schokolade mitbringen, da sie sowieso so mitgenommen wirken würde, und das wird sie doch freuen, wenn ich ihr dafür danken würde. Das tat ich auch, dachte aber, das ist häufig so, wenn zum Beispiel in einer Schulklasse sich jemand besonders mit einem Blinden anfreundet, dass der dann besonders geehrt wird, weil er jetzt sich mit dem blinden abgibt. Meine Mutter hat auch immer meinen Freunden Geschenke gemacht, weil sie sich um mich kümmern. Aber ich wollt ihr natürlich auch danken, daher fand ich das ganz passend. Letztes Jahr war ich auch total mitgenommen, das hat aber keiner so wirklich bemerkt. Ich hab dann nur gehört, dass eine der Mitspielerinnen meiner Assistenz, die bei dem Auftritt dabei war, erzählte, dass ich letztes Jahr immer so verzweifelt war und dauernd meinen Blindenstock oder meine Sachen gesucht hätte, und niemand helfen konnte, weil alle mit sich selbst beschäftigt waren, und ich so extrem unglücklich war. Das war auch wirklich so. Ich dachte, das hätte damals niemand bemerkt, da mir dann eine angehende Sozialpädagogin, die damals in der Gruppe mitspielte, sagte, das ginge doch allen so. Es ist schwierig, anderen klarzumachen, dass es manchmal halt eben auch Unterschiede gibt. Das stößt dann immer den anderen etwas auf, so nach dem Motto, die kehrt ihre Behinderung heraus. Aber es war letztendlich wirklich so, dass es für mich damals sehr mühsam und kräftezehrend war. Dieses Mal haben wir all das vermeiden können.  Denn alleine  die Wahrnehmung, die mir letztes Jahr total gefehlt hatte, war schon besser, da ich durch die Fliesen und die weißen Markierungen an  der letzten Stufe des  Zuschauerraums die volle Orientierung und Vorstellung vom Raum hatte, und  nicht alles wie im  Nebel war. Das  zieht nämlich auch  sehr viel Energie ab. So war es schön, so ganz unbefangen  herumlaufen  zu können und sich auch mal in die Kulissen  oder in die  Requisiten zu setzen und  mit den anderen  Kontakt aufzunehmen  oder sich die Sachen  anzuschauen.  Meine Assistentin  zeigte mir auch noch ein  paar lustige Accessoires,  und auch die anderen  Mitspieler  gaben mir mal ein paar  Requisiten  in die Hand, zum Beispiel  den Joint oder die künstlichen Zigaretten und die  Silikonwürste und die Lockenwickler.

 

Am Tag der Aufführung musste ich noch zur Post rennen, denn ich musste noch den Brief mit den  Unterlagen wie Taxiverordnungen, der Kopie der Taxirechnung und mein Anschreiben an die Krankenkasse für die Rückerstattung der 50 EUR für die Fahrt zur Klinik abschicken. Das Geld habe ich bis jetzt immer noch nicht. Von all dem habe ich in meinem letzten Blogbeitrag erzählt. Und ich habe noch meine alte Uhr an diese Bekannte geschickt, da ich ja jetzt die schöne neue Uhr gewonnen habe, auch davon habe ich hier in diesem Blog erzählt.

 

Um 12:30 Uhr holte mich dann die Assistentin ab. Wir gingen also nach oben zur Bühne , irgendjemand hatte noch Geburtstag, aber das hab ich natürlich mal wieder nicht mitgekriegt, da der Name erst einmal nicht laut ausgesprochen wurde, die anderen wussten aber alle, wer's war. Irgendwann habe ich dann erst mal die falsche gratuliert, und dann habe ich die richtige erwischt. Jeder hatte was zum Essen dabei, ich hatte Brezen bestellt und abgeholt und Kaffee gemacht. Ziemlich viele haben selbst gebacken, die Sachen haben total klasse geschmeckt. Ich war nicht sonderlich aufgeregt, es war nur etwas eine Herausforderung, meine Haare zu bändigen, um sie in einen strengen Knoten zu kriegen. Die einzige Angst, die ich hatte, wäre, dass mir ein Frosch im Hals die Stimme wegnimmt, denn gelernt hatte ich ja alles. Da ich erst krank war, bemerkte ich schon, dass meine Stimme noch etwas in Mitleidenschaft gezogen war. Aber zum Glück lief alles gut im wahrsten Sinne des Wortes über die Bühne. Ich fand auch meine Fliesen, fand die richtige Stelle, und alles klappte gut.

 

Vor dem ersten Auftritt mussten einige noch auf Toilette und hatten wohl überhört, dass sie die letzte halbe Stunde vor dem Auftritt nicht mehr rausdurften, damit das Publikum sie nicht in ihrem Bühnenkostüm sieht. Besonders eine der geistig behinderten Frauen  roch auf einmal etwas, und ich fürchtete schon, dass  ihr ein Malheur passiert war, wollte das aber nicht so laut sagen, um sie  nicht zu  erniedrigen. . Ihre Mutter wollte, dass sie noch mal mit ihr auf Toilette geht, aber es hieß, nein, jetzt nicht mehr, jetzt darf niemand mehr raus. Sie war ziemlich verängstigt, meine Assistentin meinte, sie sei ganz rot im Gesicht geworden und habe etwas geweint. Zum Glück ist kein Malheur passiert, es war nur die Aufregung, und sie hatte etwas Bauchschmerzen. Dass das so ernst ist, und man dann tatsächlich so viele Dinge einhalten muss, war mir nicht bewusst.

Wir mussten auch die Stichworte behalten, bei denen wir aufgingen, also raus  auf die Bühne kamen, und man schickte mich rechtzeitig raus, wenn zum Beispiel gerade nicht gesprochen wurde, und ich meinen Einsatz ohne  diese  Ansage nicht hätte rausfinden können. Oder ich sollte jemanden erinnern, dass er jetzt raus muss, wenn ein bestimmtes Stichwort Feld.

 

Diese zwei Male haben wir alles gut geschafft, zwischendrin gab es Kinder Sekt, und jeder brachte seine Leckereien mit. Meine gekauften Brezen waren natürlich hinterher größtenteils noch da,  und die selbst gemachten Sachen waren weg. Die Brixen habe ich dann wieder nach Hause mitgenommen und eingefroren.

 

Nach der Vorstellung saßen wir noch draußen im Foyer. Einer der Mitspieler, der auch schon häufig sogar mit einem   etwas bekannteren Regisseur Theater gespielt und da viel Theatererfahrung hatte, hatte sich dazu ausersehen gefühlt, bei uns hinter der Bühne irgendwie für Ordnung zu sorgen. Meine Assistenz meinte, er hätte dauernd geschimpft, dass mein Blindenstock irgendwo sei, wo er nicht hingehörte, und dass dies oder jenes im Weg herumlege. Sie klärte ihn dann etwas auf, dass es sich nicht um einen Blindenstock sondern um einen Blindenlangstock handelte, damit wollte sie ihn etwas ärgern. Danach fragte er sie genau über diesen Blindenlangstock aus, sie hatte erst drei Monate über dieses Thema gelesen, ich hatte so ein Gerät schon 40 Jahre, aber bisher hat mich noch keiner danach gefragt, da ich offenbar nicht kompetent genug dafür bin, zu wissen, welche Art von Blindenlangstock es gibt. Wenn ich etwas erklärte, dreht er dann irgendwann den Kopf weg und sprach mit jemand anderem weiter. Er meinte, es sei doch gut, eine Kundin zu haben, die sich artikulieren könnte, und ich, ich wüsste ja schon was ich wollte, gell, die weiß, was sie will. Dabei lachte er so, als ob er über ein dreijähriges leicht geistig zurückgebliebenes Mädchen spricht, der er jetzt gleich über den Kopf streichelt und erklärt, dass sie schon weiß, was sie will. Normale Menschen, die Grenzen setzen oder sagen, was sie möchten und was sie nicht möchten, und bei denen man die meisten Dinge sowieso nicht macht, würden niemals so bezeichnet, wenn sie sagen, dieses oder jenes möchte ich jetzt nicht haben, oder ich hätte jetzt gerne dies oder das. Wenn ich das tue, wirkt das immer so, als ob ich vorlaut wäre. Und wie ein vorlautes Kind werde ich dann eben auch behandelt. Damit wird mir schon irgendwie gespiegelt, dass man mich nicht so ganz für voll nimmt. Die weiß, was sie will, das bedeutet immer, man sei irgendwie anspruchsvoll, oder solche Sprüche wie, die Frau hat die Hosen an, wenn sie genauso wie ein Mann redet, oder, wenn ein kleines Kind sagt, was es möchte und was  es nicht möchte. Ich bin noch eine der letzten, bei der man das noch trotz politischer Korrektheit zu machen kann. Als ich damals meine Mobilitätslehrer sagte, dass die Polster , die man mir genäht hatte, und für die ich bezahlt hatte, mit den Druckknöpfen nach oben angebracht worden seien, und dass ich das noch korrigieren lassen wollte, meinte er, Du weißt auch was Du willst. Das klingt immer, als sei man anspruchsvoll. Bei anderen Menschen wäre das völlig legitim. Das würde keiner besonders bemerken, wenn jemand eine Grenze setzt, wenn er nicht einfach von jedem angefasst werden möchte, wenn er sagt, wie er  etwas haben möchte, oder wenn er auch mal was sagen will. In dieser Hinsicht habe ich wirklich ein scheußliches Leben. Ich werde niemals den Status eines erwachsenen Menschen haben. Meine Assistentin meinte, ich solle doch froh sein, ich sei selbstbewusst, und das sei sie auch. Niemand würde einfach so als selbstbewusst bezeichnet, nur wenn er einfach weiß, was er möchte, denn das wissen  ja alle, und das Attribut selbstbewusst ist etwas besonderes, und selbstbewusst ist man nicht deshalb, weil man ganz normale Dinge wie  Kopfstreicheln, Auf-Fingerklopfen,  Wangetötscheln  , nicht  zuhören, oder  unterbrochen zu werden nicht mag, die man bei "normalen" erwachsenen  Leuten erst gar nicht macht. Ich bin eigentlich überhaupt nicht selbstbewusst, aber, um nicht als selbstbewusst oder bestimmend bezeichnet zu werden, müsste ich mir alles gefallen lassen. Und das wäre dann auch wieder blöd, denn dann hieß es, Du lässt ja alles mit Dir machen. Ich bin nicht selbstbewusst, ich habe einfach nur ganz normale menschliche Bedürfnisse und Grenzen.

 

Dann fragte ich, ob wir denn jetzt schon den Sekt trinken dürften, oder ob wir noch warten müssen. Die anderen meinen, die anderen trinken auch schon, also kannst Du auch trinken. Somit hob ich mein Glas, und in dem Moment, als ich es an den Mund setzte, kam die Theaterpädagogin und klopfte mir leicht auf die Finger und meinte, jetzt wird noch nicht getrunken. Das kenne ich von zu Hause auch, wenn ich zum Beispiel mein Glas an die Lippen setze und trinke, zieht es mir mein Vater zurück und sagt, trink doch nicht so schnell. Ich habe noch nie bei anderen Leuten an ihre Gläser gefasst, während sie sie am Mund haben. Ich glaube nicht, dass ich hier überempfindlich bin, aber ich finde, es gibt einfach Grenzen. Ich komme mir dann jedes Mal vor wie ein kleines Kind. Dabei habe ich studiert und möchte doch einfach nur erwachsen sein können.

 

Ich habe mich ziemlich viel mit meiner Assistenz unterhalten, denn ich hatte mit ihr die Sache mit den angeblich nicht fristgerecht abgesagten Stunden besprochen, das war mir aber nicht bei ihr sonderbar einer anderen Assistentin passiert. Sie hatte es aber im Computer gesehen, da sie Einblick in die Stunden hat, die ihre Kunden bei anderen Assistenten haben. Sie empfahl mir, mich direkt beim Chef darüber zu beschweren. Wir unterhielten uns auch insgesamt über den Verein, so hatten wir den ganzen Tag ziemlich viel zu erzählen.

 

Am Abend gingen wir dann in ein Restaurant, wo dieses Mal schon Tische bestellt waren. Letztes Jahr sind wir ja zu mehreren Restaurants gelaufen, wo wir alle keinen Platz fanden, bis wir dann endlich in einem mittelalterlichen Restaurant landeten, und ich schon fast zusammengebrochen war, da ich mit Querflöte im Rucksack und Gitarre und Handtasche bepackt war, die mir dann, nachdem ich nicht mehr konnte, jemand abgenommen hatte. Dieses Mal lief das ganz bequem, wir sind einfach ganz locker vom Theater in dieses Restaurant gelaufen.

 

Normalerweise fällt es mir extrem schwer, aufs Essen zu warten, aber dieses Mal war ich noch so voller Adrenalin, dass ich fast gar keinen Appetit hatte. Das Essen kam über 1 Stunde lang nicht, und irgendwann beschwerte sich jemand. Als Entschädigung bekamen wir dann ein Freigetränk. Das fand ich total klasse. Ich unterhielt mich ziemlich viel mit meiner Assistentin und erzählte ihr, was mir bis dahin auch mit dem Krankenhaus  usw. widerfahren war. Ich erzählte ihr gerade, dass eine meiner Assistentinnen meinte, sie könne jetzt nicht mehr bei mir bleiben, denn die Nachfolgerin, die jetzt dran sei, sei etwas komisch, und ich sagte, sie sei 1 Stunde zu spät zu mir gekommen, ich bräuchte sie eben jetzt noch diese  eine Stunde , und dann bin ich jetzt auch mal komisch. Das hörte eine unserer Mitspielerinnen und meinte, ja, Du bist wirklich der komischste Mensch, den ich kenne.  Du bist so perfektionistisch , und Du kannst immer alles auswendig. Und Du kennst immer alle Abläufe. Ich weiß nicht, irgendwie war das etwas komisch. Um es mal so auszudrücken. Ich finde es immer komisch, dass mich alle Leute komisch finden.

 

Auf jeden Fall war es ein gelungener Tag, alles hat geklappt, und ich war danach auch nicht krank und konnte am nächsten Tag zum Geburtstag meiner Freundin fahren. Zu diesem fuhr ich dann 2 Stunden lang mit dem Taxi, da man nicht sicher weiß, wie lange es noch diese Taxikilometer geben wird. Daher muss man das nutzen, solange es noch klappt. Ich war wirklich sehr fit und überhaupt nicht kaputt. Dafür hat es dann die andere Mitspielerinn ins Bett geworfen, da sie total kaputt war. Sie hatte dieses Mal den meisten Text, irgend einen legt es immer flach, meistens den, der am meisten Stress gehabt hat.

Ein Ärgernis ist doch noch passiert, denn meine Assistentin, die sich alles ansehen wollte, wurde in ein falsches Stück geschickt. Ich habe danach gefragt, aber niemand weiß, was zu dieser Zeit parallel gegeben wurde. Eine unserer Mitspielerinnen meinte, sie wäre wahrscheinlich in der Kinderoper gelandet. Aber man hat der Assistentin noch erklärt, dass freie Platzwahl bestünde. Ich habe nachgefragt, in der Kinderoper ist das nie der Fall. Außerdem ist die Kinderoper ganz unten, und sie hätte wohl gemerkt, wenn sie in einer Kinderoper gelandet wäre. Sie hat erst in der Mitte des Stücks bemerkt, dass ich wohl nicht mehr auftreten würde. Wahrscheinlich hatte sie die ganze Zeit noch gehofft, dass ich noch komme. Das war wirklich ärgerlich, ich hab auch mal nachgefragt,  habe aber bis jetzt noch keine Antwort vom Theater bekommen. Sie hat die Karte extra noch mit dem Namen Romeo und Julia vorgezeigt, aber man hat sie dennoch in die falsche Richtung geschickt. Da hat man schon einmal einen seiner eigenen Leute dabei, und dann können Sie es noch nicht mal sehen. Das Stück hat ihr aber zumindest gefallen, in das man sie gelotst hatte. Wie das zugegangen ist, kann wahrscheinlich niemand jemals aufklären.

 

Am 6. März geht es dann wieder weiter mit den Proben, wir werden noch ein Gastspiel haben, und für die blaue Nacht gibt es dann wieder was anderes. Insgesamt gefällt es mir schon, Theater zu spielen, manchmal habe ich aber das Gefühl, man kommt gar nicht mehr raus, und man muss   zuweilen ganz schön ran. Dennoch gefällt es mir ganz gut, und ich bin gespannt, was wir dann als nächstes machen.

Dienstag, 25. Februar 2020

Uhr mit Vogelstimmen -- ein Lichtblick!


Als ich krank im Bett lag, hatte ich ein riesengroßes Glück, als das Telefon klingelte. Da ich jetzt zwei verschiedene Telefone mit ein- und derselben SIM-Karte, also Multisim habe, klingeln beide. Bei dem alten Handy konnte ich nämlich nicht wirklich das Telefonat annehmen, und drum habe ich mir so ein Oma-Teil gekauft, mit dem ich dann per Tastendruck das Telefonat annehmen können sollte. Das klappt aber auch nicht immer. Da es wieder nicht klappte, schrie ich dann ganz laut Hallo in den Hörer, in der Annahme, die andere Person hört eh nichts mehr.

 

Nach einer Weile klingelte es wieder, und die Frau meinte, ihr seien fast die Ohren abgefallen. Sie sei vom deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, und ich hätte beim Preisausschreiben gewonnen.

 

Wir haben eine Zeitschrift namens Sichtweisen, und diese Zeitschrift kommt jeden Monat, bzw. zehnmal im Jahr heraus, zweimal sind die Ausgaben für je zwei Monate zusammengefasst. Am Ende ist auch immer ein Preisrätsel dabei, welches wesentlich einfacher ist als die Preisrätsel, die während des Jahres gebracht werden. Der Autor dieser Rätsel muss irgendwie ein Genie sein, wenn ich den mal erwische, drehe ich ihm den Hals um, weil seine Rätsel jedes Mal so schwer sind. Er hat sich dann jedes Mal offenbar sehr viel dabei gedacht. Aber am Ende des Jahres kommt als  Endwort immer etwas ziemlich Einfaches  und naheliegendes dabei heraus, irgendwas wie frohe Weihnachten oder frohes Fest. Die Rätsel sind dann nicht von ihm, daher sind sie wesentlich humaner. Alle, die während des Jahres bei einem Preisrätsel mitgemacht haben, landen irgendwann am Ende des Jahres in einem großen Topf und werden gezogen. Ich habe schon jedes Mal dazu geschrieben, dieses Mal will ich aber mal als Gewinner dabei sein bei der großen Jahresziehung. Ich habe dann noch extra einige Antworten dazu gemacht, denn es wurde nach behinderten Künstlern gefragt, und ich habe da noch mehrere andere Behinderte Künstler und prominente dazu aufgezählt. Natürlich war das ein Scherz, ich dachte, vielleicht bekommt man ja, wenn man so fleißig ist, irgend einen Bonus oder einen Sonderpreis.

 

Als dann das Telefon läutete, und die Frohbotschaft kam, fragte ich sie, ob das wohl wegen meiner zusätzlichen Beantwortung der Fragen gewesen sei, und sie meinte, sie habe das zwar gelesen, aber das sei nicht ausschlaggebend gewesen. Ich hätte den ersten Preis gewonnen, ein Gutschein bei einer Hilfsmittelfirma über 50 EUR. Ich freute mich sehr, denn ich hatte mir schon länger eine Wanduhr gewünscht, die jede Stunde einen anderen Ton macht, damit ich im Wohnzimmer die Uhrzeit unterscheiden kann. Im Schlafzimmer habe ich einen Wecker mit Zeitansage, Innen- und Außentemperatur.

 

Meine Mutter hat mir eine Uhr mit Musikinstrumenten bei eBay bestellt, und die hat bisher einen guten Dienst geleistet. Aber sie verbraucht sehr viel an Batterie, und man muss sehr häufig  die Batterien  wechseln und kann sie dann nicht selbstständig wieder stellen.   Wenn  auf Sommerzeit und dann am Ende des Sommers wieder zurück auf die normale Zeit umgestellt wird, muss das von Hand gemacht werden. Daher war ich dauernd auf fremde Hilfe angewiesen, genau gesagt viermal im Jahr, zweimal beim Batteriewechsel zweimal bei der Umstellung auf eine andere Zeit. Das ging mir irgendwann auch auf die Nerven. Daher hatte ich schon länger nach einer Uhr gesucht, die sich selbst stellt, und die auch jede Stunde andere Töne macht. In unserem griechischen Stammrestaurant, wo sehr viele blinde hingehen, gibt es eine Uhr, die jede  volle Stunde dementsprechend oft schlägt, sie ist elektronisch, man kann die Lautstärke ändern, und man kann sie auch ein- oder ausschalten, und sie stellt sich von selbst. Leider wusste ich nicht, ob es so eine Uhr noch gibt, daher haben ein paar  Leute  mir mehrere Adressen verschiedener blinder gegeben, die solche Uhren sogar in verschiedener Ausfertigung haben und regelrecht sammeln.

 

Bei dieser Hilfsmittelfirma gibt es eine Uhr mit Vogelstimmen, die sich mittlerweile auch selbst stellt. Mein Bruder hatte noch die alte, die er stellen lassen musste. Er meinte, die Vögel könnte man auch schwer unterscheiden, daher bin ich bisher vor dem Kauf einer solchen Uhr zurückgewichen . Aber jetzt, da ich ja den Gutschein hatte, dachte ich, das wäre eine schöne Idee, mir diese Uhr zu kaufen. Es gab sie in verschiedenen Ausfertigungen, unter anderem auch in Naturholz. Ich habe nachgesehen, leider war die Uhr nicht auf Lager. Das fand ich sehr schade. Es gab einmal eine solche Uhr mit Waldvögeln, die wurde aber nicht mehr hergestellt. Die könnte man besser unterscheiden. Es gibt auch Uhren mit Stimmen auf dem Bauernhof, aber das ist dann wohl mehr für Kinder. Es gibt auch andere Töne, zum Beispiel irgendwelche Motorengeräusche, Dschungeltöne  oder andere Sachen, die gefallen mir jetzt aber nicht unbedingt.

 

Ich wartete und wartete, aber die Firma meldete sich nicht, wie  vom DBSV angekündigt bei mir. Ich dachte schon, da bekommt man einen Preis, und die loben dann auch noch aus, dass diese Firma das gestiftet hat, erwähnen mit meiner Zustimmung meinen Namen, und hinterher krieg ich gar nichts. Als nach einem Monat immer noch keine Nachricht da war, und ich brauchte so eine Freude bitter nötig, da ich eine schwere Zeit durchmachte, habe ich dann noch mal an den DBSV geschrieben und nachgefragt. Man sagte mir, ich solle etwas Geduld haben, letztes ja hätte es auch länger gedauert, und es seien keine Beschwerden eingegangen. Ich sagte, wenn ich nämlich den Gutschein nicht kriege, dann dürfen sie auch meinen Namen nicht im Zusammenhang mit dem Gewinn erwähnen. Die Firma meldete sich dann umgehend bei mir und meinte, sie könnten gar keine Gutscheine ausstellen, sie hätten mir 50 EUR auf mein Kundenkonto gutgeschrieben. Die Uhr, die ich wollte, sei tatsächlich doch auf Lager. Somit bestellte ich sie, ich musste noch 20 EUR dazu zahlen, da die Uhr etwas teurer war, und der Versand kam ja auch noch dazu.

 

Die Uhr wurde dann losgeschickt, aber sie haben bei der Änderung meiner Adresse vergessen, die neue Postleitzahl ebenfalls zu ändern. Erschreckt rief ich dann bei der Firma an, und es hieß, man könne das jetzt nicht mehr ändern, und ich dachte schon, jetzt kommt die Uhr vielleicht gar nicht an. Aber tatsächlich war die fehlerhafte Postleitzahl kein Problem.

 

Die Uhr kam Anfang Februar, und mein Nachbar  aus meiner alten Wohngegend kam, um sie mit mir einzuweihen. Denn er war es, der jedes Mal die Batterien der alten Uhr wechselte und sie auch bei Sommer- und Normalzeit wieder stellte.  Ich versuchte, die Batterien hineinzudrücken, aber das schaffte ich dann doch nicht alleine. Danach stellten wir die Uhr und warteten auf das Funksignal. Irgendwann stellte sich die Uhr, ich zitterte schon, ob jetzt auch alles wirklich klappt. Endlich hörte ich den ersten Vogel, denn es war kurz vor 14:00 Uhr, und die Drossel fing an zu singen. Es ist tatsächlich schwer, die verschiedenen Stimmen auseinander zu halten. Aber im Internet gibt es die Reihenfolge der Vögel, und man kann eine Hörprobe dieser Vögel anhören, um die Stimmen etwas auseinanderhalten zu lernen. Einige kann ich auch schon, den Pirol, den Halsbandschnäpper , den Fittis und die Drossel. Die anderen kenne ich nur, weil ich weiß, wie spät es ist. Vielleicht lerne ich die anderen  dann im Laufe  der Zeit auch noch.

 

Ich höre jedes Mal hin, wenn ich die Pfeiftöne vernehme, und jedes Mal freue ich mich.  Wenn es dunkel wird, gehen die Vögel schlafen, d. h., die Uhr hat auch einen Lichtsensor und merkt, wann das Licht ausgeht, und dann gibt die Uhr nachts Ruhe. Wenn ich beim Fernsehen sitze und kein anderes Licht an habe, geht die Uhr auch nicht. Meistens habe ich aber sowieso meine Stehlampe mit an. Das reicht dann schon aus, um den Lichtsensor zu aktivieren. Jetzt bin ich gespannt, ob sie sich dann zur Sommerzeit richtig  umstellt.

 

Ich freue mich wirklich sehr über die Uhr. Meine alte Uhr habe ich einer Bekannten geschickt, die in einer WhatsApp Gruppe mit mir ist, in der wir uns gegenseitig Musik vorspielen oder handgemachte Musik austauschen. Sie hat sich für die Uhr interessiert, und da mein Bruder mittlerweile von seinem Freund eine digitale Kuckucksuhr aus dem Internet geschenkt bekommen hat, habe ich sie ihr dann zugesendet. Im Moment ist sie krank, daher hat sie eigentlich andere Sorgen, aber ich dachte, ich kann ihr ja eine kleine Freude machen, und irgendwann kann sie die Uhr ja auspacken und aufhängen. Ich fand die mit den Instrumenten auch total klasse, wenn es die mit der Variante gegeben hätte, dass sie sich selbst stellt, und dass sie einen Lichtsensor hat, hätte ich sie sofort  genommen. Denn die alte Uhr würde um 6:00 Uhr loslegen und um 9:00 Uhr abends aufhören, wenn man nicht die Melodien einfach 3 Stunden mit Hand vorstellt, aber das kann nur mein Nachbar aus der alten Wohngegend. Ich bin gespannt, ob die neue Besitzerin das dann hin bekommt. Aber sie hat einen sehenden Partner, vielleicht kann der da drauf schauen. Zumindest hoffe ich, dass die alte Uhr noch einen würdigen Platz gefunden hat.

 

Das war doch wirklich schön, dass ich da mal was gewonnen habe, und das hat mir wirklich gut getan.  Jetzt muss ich nur die Vogelstimmen auswendig lernen, vielleicht kann ich sie dann auch in der Natur sogar mal unterscheiden.  

Wenn Du alt oder krank bist, gehörst Du der Katz


Das ist eine Redensart, Du gehörst der Katz, d. h., Du bist ausgeliefert. Eine ältere Dame bei uns an der Dialyse sagte mir einmal unter Tränen, schauen Sie, dass sie einen Partner kriegen, denn wenn sie alt werden, gehören sie der Katz. Diese alte Frau war sehr gebildet, ich mochte sie sehr, sie erinnerte mich an meine Oma, und sie war sehr offen und ehrlich, sie war eine der wenigen, die ganz unbefangen mit mir umging. An diese Worte denke ich noch heute sehr oft.

 

Nachdem ich ja im Oktober erst vier Wochen krank war, dachte ich, für dieses Jahr hätte ich mein Soll erfüllt. Aber Anfang Januar merkte ich, dass ich husten bekam, und dass offenbar eine Erkältung im Anzug war. Der Anzug war ziemlich aufwendig genäht.

 

Am 6. Januar, an Heilig drei König, sagte ich dann meine Assistentin ab, dass sie am Dienstag nicht zu kommen brauchte. Denn einer ihrer Verwandten ist krank, sie darf also keine Viren mit nach Hause bringen. Auch einer meiner Assistenten hat es am Herzen, dieser darf ebenfalls nicht krank werden. Somit hatte ich wenig Auswahl an Assistenz, da es sich viele eben nicht leisten können, sich bei uns Kunden anzustecken. Ich behalf mir also, indem ich die Dinge online bestellte, die ich brauchte, oder ich nahm anderweitig Hilfe in Anspruch, oder ich nutzte nur die Assistenten, die sich nicht so leicht anstecken.

 

Es wurde einfach nicht besser, der Husten war wirklich entsetzlich. Einige sprachen sogar von Keuchhusten. Meine Eltern hatten auch so einen starken Husten, der ewig nicht weichen wollte. Mein Vater musste sogar einmal wegen einer Entgleisung seines Blutdrucks ins Krankenhaus, und das auch noch an seinem Geburtstag. Es war also ein ziemlich böses Virus unterwegs, obwohl meine Eltern ja relativ weit weg wohnen, ging dieses Virus wohl in ganz Deutschland um.

 

In der Nacht wachte ich auf, bekam schlimmen Reizhusten, der extrem trocken war, er war wenig produktiv, und alles tat weh. Der Husten war sehr rau, und auch im Kehlkopf hatte ich das Gefühl, dass mich etwas würgen würde. Ich hatte den Eindruck, als hätte ich eine Bürste im Kehlkopf, die wie ein Scheibenwischer hin- und her geht. Ich bekam regelrechte Panik, diese Hustenanfälle wollten und wollten einfach nicht aufhören. In der Nacht waren sie am schlimmsten. Da ich sowieso häufig  nicht  gut schlafe, hatte ich die Nacht in dieser Zeit fürchten gelernt. Ich konnte nur noch bei Licht schlafen, ich konnte mich nicht mehr flach ins Bett legen und musste das Kopfteil hoch stellen. Auf einmal stellte ich fest, dass ich die Türe meines Zimmers nicht mehr schließen konnte, ohne in Panik und klaustrophobische Zustände zu geraten. So etwas kannte ich von mir eigentlich nicht, da es mir lieber ist, es warm und gemütlich zu haben, und daher mache ich eigentlich die Türen gerne zu. Es war einfach schrecklich, ich hatte wirklich Panik, dass dieser Dreck nicht mehr weggeht. Zumal ich ja erst vor kurzem so lange krank war. Insgesamt fühlte ich mich außerdem schlapp, und es wurde einfach nicht mehr besser. Eine Bekannte von mir meinte auch noch, ich könne ja noch von GLÜCK sagen, dass es nicht auch noch die Schleimhäute betroffen hätte, und ich nicht  mit Übelkeit und Schwindel zu  tun hätte. Ich kann immer  von Glück sagen, dass es mich nicht noch schlimmer getroffen hat, dass ich  als  Blinde Transplantierte nicht noch mehr  Krankheiten  kriege.

 

So rief ich am 9. Januar bei meiner Hausärztin an. Mit Schrecken  musste ich dann die Botschaft vernehmen, dass die bessere der beiden Ärztinnen in Rente gegangen ist, auch die Belegschaft hat es relativ kurzfristig erfahren. Die war noch im Oktober bei mir und hatte mir nichts gesagt, ich war ziemlich sauer. Denn eigentlich bin ich nur noch wegen ihr in dieser Hausarzt Praxis Patientin gewesen, war ich doch schließlich weiter weggezogen. Sie meinte, ich könne 100 Hausärzte haben, das sei egal, da könnte ich auch bei ihr bleiben und mir trotzdem in meiner neuen Wohngegend einen Arzt suchen. Der Arzt in meiner neuen Wohngegend, der mir empfohlen wurde, hat mir nicht sonderlich gefallen. Der andere Arzt, der sogar eine barrierefreie Praxis ganz in der Nähe hatte, war schwer zu erreichen, und als ich einmal anrief, hieß es, er sei in Urlaub. Der andere Arzt, der genau an der Ecke ist, wo auch die Apotheke sich befindet, und ein Katzensprung von mir entfernt ist, hat mörderische Treppen nach oben, und wenn man nicht sowieso schon krank ist, bricht man sich den Hals, ehe Mann in der Praxis ankommt. Alles andere als barrierefrei also.

 

Der eine mir empfohlene Hausarzt hatte sich damals gesträubt, mir das neue Medikament gegen die zirkadianen Schlaf-wach Rhythmusstörungen zu verordnen, obwohl es eigentlich außerhalb des Budgets war.  Das hat zwar meine  Hausärztin auch nicht  verschreiben wollen, aber  seine Begründung war, ich könne mir das Rezept auch genauso gut schicken lassen, und nur aus Bequemlichkeitsgründen wollte ich es von ihm. Das hat mich sehr geärgert, denn selbst zu ihm zu kommen, ist für mich schon eine extreme Tortur, obwohl es nicht weit ist, aber es gibt auch hier genügend Hindernisse für jemanden wie mich, sodass es anstrengend ist, zu ihm zu kommen. Dieser Herr selbst ist so bequem, dass man nach 10:00 Uhr keine Medikamente mehr bei ihm auf Rezept bestellen kann, denn es sei dem Arzt nicht zuzumuten, nach 10:00 Uhr sein Sprechzimmer zu verlassen. Daher sollten alle Rezepte vor 10:00 Uhr bestellt werden. Die Menschen schließen halt immer gerne von sich auf andere. Daher ging ich zu diesem Herren nicht mehr hin. Für einen Hausbesuch wäre er wahrscheinlich auch nicht zu haben gewesen, denn dann hätte er ja  Ein paar Meter laufen müssen. Und vielleicht hätte er auch wieder geglaubt, ich sei nur zu faul, zu ihm in die Praxis zu kommen, weil ich ein bisschen Husten habe.

 

Somit nahm ich also mit der anderen Ärztin Vorlieb , die noch in der Praxis geblieben ist. Sie kam und gab mir ein Rezept für einen Schleimlöser. Mein Hinweis, dass der Husten trocken sei, wurde von ihr nicht sonderlich zur Kenntnis genommen. Mein Hinweis auf meine Nierentransplantation  wurde  schon häufiger  mit Folgen von  ihr nicht zur Kenntnis genommen.  Bei einem Husten, bei dem gar nichts rauskommt, und wo auch gar kein Schleim vorhanden ist, verstehe ich den Sinn eines Schleimlösers nicht unbedingt. Meine andere Ärztin hatte mir sogar seinerzeit von einem Schleimlöser abgeraten, da ich sowieso schon genügend Medikamente nehme. Da hatte ich aber so viel Schleim, dass ich dann trotzdem entgegen ihrem Rat einen Schleimlöser nahm, und der Husten besserte sich sehr schnell, denn es konnte alles rauskommen, und der Husten war nicht mehr so fest  und  nicht so anstrengend raus zu befördern. Dieses Mal hielt ich aber einen Schleimlöser für nachgerade kontraproduktiv. Aber ich hörte eben auf sie und nahm den Schleimlöser. Was mich wirklich beeindruckt, war, dass die Ärztin sogar um 20:00 Uhr noch unterwegs war, um Hausbesuche zu tätigen. Offenbar war sie mit der ganzen Arbeit alleine zurückgeblieben, und die andere Ärztin fehlte eben. Erst im April würden sie eine neue Ärztin bekommen. So wurde es mir von den Sprechstundenhilfen gesteckt.

 

Eine  Frau aus unserer  Theatergruppe, die früher meine Taxifahrerin war, rief mich spontan an und bot mir an, mir zu helfen, sie wollte mir unbedingt etwas Gutes tun, sie sei gerade in der Nähe, und sie wolle mir helfen. Ich bat sie also, das Rezept mit dem Schleimlöser gleich bei der Apotheke abzuholen. Ich fand das total lieb von ihr, dass sie sich so um mich kümmerte. Das ist wirklich gelebte Freundschaft und gelebte Kollegialität. Nicht nur reden sondern auch handeln.  Sie sagte, ich könne jeder Zeit anrufen,  und sie würde kommen, was sie dann auch wirklich tat , als ich sie später  nochmals um Hilfe bat. Das fand ich bemerkenswert.

 

Den Schleimlöser nahm ich, und meine Zustände mit dem schrecklichen Husten wurden immer schlimmer. Irgendwann entschloss ich mich dann, den Schleimlöser einfach abzusetzen. Ich rief am 13. Januar noch mal die Ärztin an und bat sie, unbedingt zu kommen.

 

Ich bat sie darum, mir ein Antibiotikum zu verschreiben, denn anders würde dieser Husten nicht mehr weggehen. Viele sind heutzutage gegen Antibiotika, aber wenn man ein schlechtes Immunsystem hat, wird der Körper manchmal nicht anders damit fertig. Außerdem gibt es heutzutage immer noch Husten, der von Bakterien verursacht wird, da diese sich dann über die bereits entzündete Schleimhaut einfach  noch Drüber setzen. Und das wollte ich nicht riskieren. Sonst wäre vielleicht aus dem Husten noch eine Lungenentzündung geworden. Ich fragte sie noch, ob ich denn unbedingt dieses Antibiotikum nehmen sollte, das ich beim letzten Mal schon hatte, denn vielleicht würde es dann gar nicht mehr wirken, da ich es erst vor kurzem eingenommen hatte, und die Erreger vielleicht resistent sein könnten. Darauf ging sie aber nicht mehr ein. Ich klagte noch über Rückenschmerzen, denn der Husten wurde mittlerweile recht schmerzhaft. Daraufhin fragte sie mich doch tatsächlich, ob ich Probleme beim Wasserlassen hätte. Ich merkte, dass sie auf eine Nierenbeckenentzündung hinaus wollte und wies sie darauf hin, dass ich transplantiert sei, und dass meine Niere in der linken Beckenschaufel sitzen würde. Sie fragte mich, ob ich denn noch zur Dialyse müsste, da ich noch einen Shunt hätte, und ich sagte ihr, nein, der ist einfach noch da, wenn ich transplantiert bin, muss ich ja nicht mehr zur Dialyse gehen. Ich hatte das Gefühl, dass sie von der Sache  wenig Ahnung hatte.  Ich gestand ihr dann, dass ich den Schleimlöser weggelassen hatte, weil es dann noch schlimmer  wurde. Sie war ziemlich erbost darüber und meinte, ich könne doch nicht einfach ihre Anweisungen missachten und Medikamente weglassen, man könne doch nicht nach EINEM Tag  erwarten, dass es besser  wird. Ich  sagte ihr, dass ich  das Zeug  über  mindestens  vier Tage  genommen  hatte, aber sie  reagierte nicht.  Ich dachte dann, lass sie einfach reden, ich sah keinen Sinn, mit  ihr zu diskutieren, wenn ich das Gefühl habe, dass der Husten noch viel schlimmer wird, und die Anfälle dramatisch werden, dann kann ich nicht noch einen Schleimlöser draufpacken. Und ohne den Schleimlöser wurdest dann auch wieder etwas besser.

 

Am 15. Januar rief ich dann meine Nephrologen an und erklärte ihm, dass die Sache nicht besser wird. Er meinte, ich könne jetzt nicht durch die halbe Stadt mit dem Taxi zu ihm fahren, ich solle die Hausärztin bitten, zu mir nach Hause zu kommen, um Blut abzunehmen. Das machen in dieser Praxis immer die Sprechstundenhilfen.  Als ich dort anrief, sagte man mir, man habe keine Zeit. Da die andere Ärztin fehlt, käme man nicht rum. Mich wunderte dies etwas, denn die Blutabnahmen erledigen ja schließlich, wie schon erwähnt, die Sprechstundenhilfen. Man hätte schon zehn Leute alleine in der Praxis, da könne man nicht noch Hausbesuche machen, da alleine diese zehn Leute schon Schlange stehen müssten, damit sie Blut abgenommen kriegen. Ich hatte aber auch etwas die Vermutung, dass die Ärztin sauer war, dass ich ihre Anweisungen nicht befolgt hatte, und daher war ich wahrscheinlich schon irgendwie nach hinten gerutscht. Ich solle mich am nächsten Tag noch mal melden, dann würde man mir näheres sagen können, aber voraussichtlich wäre erst am 27. Januar ein Termin für eine häusliche Blutabnahme frei. Das  war viel  zu lang. Ich hatte noch gehofft, dass der Nephrologe mich bei sich ins Krankenhaus einweisen würde, denn dann hätte er vielleicht die von ihm genannten Untersuchungen wie Röntgen, Blutabnahme usw. veranlassen können. Wenn ich von mir aus dorthin gegangen wäre, hätte man wahrscheinlich nichts gemacht. Ich habe einmal bei einer anderen Sache nachgefragt, ob ich denn kommen könnte, da hieß es, wir weisen keinen Transplantierten ab. Zwischen den Zeilen hörte ich heraus, aber  wir machen dann halt einfach nichts und lassen Sie einfach liegen, wenn Sie  unbedingt  ins Krankenhaus  wollen. Nur im Krankenhaus rumzulegen, das wäre nicht die Lösung gewesen. Ohne eine Einweisung von ihm wäre wahrscheinlich nichts geschehen. Die Notwendigkeit, dass im Krankenhaus interveniert werden muss, darf nicht von mir ausgehen, da dem keiner Folge leisten würde.

 

Somit rief ich den neuen Dienst an, den es jetzt gibt, wo man sich Termine geben lassen und sich vermitteln lassen kann. Ich erklärte also dem Mann, den ich am Telefon hatte, als ich die Terminvergabe auswählte, meine Situation. Er verband mich aber, ohne mir weiter zuzuhören, gleich mit dem Bereitschaftsdienst. Ich erklärte der Dame, dass ich seit längerem krank im Bett lege, dass mein Nephrologe mir dringend eine Blutabnahme empfahl, und dass ich Nieren transplantiert sei, meine Leukozyten sehr niedrig sein, und ich das Haus nicht verlassen könnte. Zuerst war sie sehr verständig, aber mit einem Mal, als hätte man einen Knopf gedrückt, oder als sei der Teufel in sie gefahren, wurde sie aggressiv und meinte, das können sie nicht machen, dafür seien sie nicht zuständig, und wenn der Hausarzt meint, der 27 Januar reiche aus, dann sei das wohl so, und es sei ja wohl die Aufgabe des Hausarztes, mir einen früheren Termin zu geben. All mein Bitten half nichts mehr, ein Hebel war umgelegt worden, von wem auch immer, und ich wurde wieder mal abgewiesen. Mich ärgerte dies, denn das passiert mir sehr häufig, mir kommt das so vor, als ob dann irgendwelche Knöpfe gedrückt würden auf einer Ebene, die man sich nicht mehr erklären kann. Rational begründet kann man das nicht  mehr nennen, offenbar hatte ich sie von irgendwoher beeinflusst, da ihr Sinneswandel und der Umschwung so abrupt waren. Somit legte ich auf und beschwerte mich nach einer Weile, als es mir wieder besser ging, bei diesem Dienst. Ich wurde das schon einmal abgewiesen, als ich aufgrund einer Nasenoperation in der Nacht überhaupt keine Luft mehr bekam, und als ich damals völlig verzweifelt mich an diesen Dienst wandte, hieß es, ich solle das doch bitteschön mit meinem HNO am nächsten Morgen klären. Was bis dahin geschieht, ist dann wohl egal.

 

Nach einer Weile fiel mir ein, dass es ja noch den Hausarzt mit der barrierefreien Praxis ganz in meiner Nähe gibt, und er konnte ja nicht jedes Mal in Urlaub sein, gerade dann, wenn ich ihn brauchte. Ich rief also dort an, es war der denkbar schlechteste Zeitpunkt, einen neuen Hausarzt aufzusuchen. Hätte ich vorher gewusst, dass meine frühere Hausärztin in Rente geht, hätte ich mich längst drum kümmern können. So hatte ich ein neues Quartal, braucht einen neuen Hausarzt, und lag dann auch noch krank im Bett. Am Telefon sagte man mir, wenn ich das Kärtchen und meine Krankenakte bringen würde, würde man das durchlesen und sich dann wieder bei mir melden.

 

Ich bat meine Assistenz, die ich neu hatte, und die keine Angst vor Ansteckung hatte, denn Ordner und mein Kärtchen dorthin zu bringen. Denn ich bekam jedesmal  auch eine Kopie meiner Krankenberichte, die ich zu Hause sammelte, wenn ich einmal zu einem neuen Arzt gehen musste.

 

Ich brauchte auch wieder das Medikament gegen die zirkadianen Schlaf-wach-Rhythmusstörungen, und ich hatte zuvor beim Neurologen angerufen, um ein neues Rezept zu erbitten. Man sagte mir aber, ohne Kärtchen würde ich das Rezept nicht erhalten. Ich bettelte und flehte, und dieses Mal wurde mein flehen erhört, und es hieß, wenn ich das Kärtchen dann später so bald wie möglich bringen würde, würde man mir das Rezept jetzt erst mal ohne  Kärtchen schicken. Ich rief auch bei der Apotheke an, aber das Medikament ist so teuer, dass die Apotheke ungern eine Vorbestellung macht, ehe sie ein reales Rezept in Händen haben. Dennoch machten sie diesmal eine Ausnahme, weil ich eben krank im Bett  lag und nirgendwo hin konnte. Das Rezept vom Neurologen war aber bei der Apotheke auch nach  über einer Woche nicht angekommen.

 

Ich rief also noch mal beim Neurologen an und sagte, dass meine Assistentin nun das Kärtchen dorthin bringen würde, und dass wir eine Zweitschrift  des Rezepts  benötigten, weil das Rezept  offenbar  verloren  gegangen war. Somit  Avisierte ich ja bereits ihr Kommen. Als sie dann dorthin ging, war ein Zettel an der Tür, heute ausnahmsweise geschlossen. Zuvor hatte ich ihr noch aufgetragen, auch mein Kärtchen mit der von der Hausärztin mitgebrachten Überweisung zum Nephrologen zu bringen. Als sie wieder zu Hause war, war ich dann ganz verzweifelt, als ich hörte, dass der Neurologe unerwartet geschlossen hatte, obwohl ich zuvor angerufen hatte. Jeder erklärt mir immer, Du musst Dich vorher absichern, und obwohl ich das tue, habe ich immer Pech, wobei es Leute gibt, die sich niemals absichern und trotzdem immer Glück haben. Und dass sieht dann für alle immer so aus, als würde ich mich nur einfach dümmer anstellen als andere. Das stimmt nicht, ich habe einfach mehr Pech. Somit bat ich sie, dass sie jetzt noch einmal zum Nephrologen gehen sollte, um dort das Rezept zu erhalten, damit ich der Apotheke ein Rezept vorweisen konnte. Sie bat mich, unbedingt vorher beim Nephrologen anzurufen, um ihr Kommen sozusagen anzukündigen, und um das Rezept bereits vor zu bestellen. Das erwies sich als sehr sinnvoll, denn als sie ankam, brach gerade das Computersystem zusammen, so hätten sie doch nicht einmal das Rezept ausstellen können. Und da sag noch einer, es gäbe keine bösen Mächte? Zum Glück hatte sie mir geraten, vorher anzurufen, ich hätte sonst sie einfach losgeschickt, in der Annahme, dass die bis 12:30 Uhr auf haben und das Rezept ausstellen können. Das Rezept gab sie dann bei der Apotheke ab.

Ich erhielt mein Medikament, das mittlerweile auch eingetroffen war.  Einen Tag später, nachdem sie das Rezept vom Nephrologen dort abgegeben hatte, kam das Rezept vom Neurologen bei der Apotheke doch noch an. Ich bat also die Apotheke, doch beide Rezepte einzulösen, denn dann bräuchte ich mir nicht wieder ein neues Rezept zu organisieren, wenn das Medikament  aufgebraucht war. Das sei aber nicht möglich, das dürfe man nicht. Sie riefen tatsächlich beim Nephrologen an und fragten, was sie nun mit dem Rezept machen sollten, da sie das Rezept vom Neurologen nehmen wollten. Tatsächlich bat der Nephrologe darum, dass Rezept zurückzuschicken. Was machen die mit diesem Rezept? Ich vermute, sie rahmen es ein und nageln es sich an die Wand.

Das war alles am Mittwoch.

 

Am Donnerstag bat ich also meine Assistentin, das Kärtchen mitsamt dem Ordner  zu meinem neuen Hausarzt zu bringen. Vorsichtshalber hatte ich noch den Taxifahrer angerufen, da ich nicht wusste, ob sie Zeit hatte. Auch dieser hätte Zeit gehabt. Sie meldete sich aber und sagte, um 14:00 Uhr könne sie kommen, um alles zum Hausarzt zu schaffen. Sie nahm also alles mit und kam 10 Minuten später wieder und sagte, der Hausarzt macht erst um 16:00 Uhr auf, und da hatte sie schon wieder andere Kunden. Somit rief ich den Taxifahrer an und fragte, ob er denn jetzt dafür einspringen und das Kärtchen  hin transportieren könnte. Nein, das könne er jetzt nicht mehr, ab 16:00 Uhr hätte er einen Kunden, der eine längere Fahrt hätte, und um 17:00 Uhr müsste er das Auto zur Werkstatt bringen. Ich war dann völlig außer mir. Die Assistentin bot mir an, dass sie eine ihren Klientinnen dann im Auto warten lassen könnte, um schnell alles zum Arzt zu bringen. Ich weiß nicht, wie ich das immer schaffe, dass alles genau falsch herum läuft. Ich gab den beiden dann eine Tafelschokolade, die sie sich teilen sollten, weil die Kundin so nett war, diesen Umweg in Kauf zu nehmen. Und ich fand es nett von der Assistentin, dass sie mir hier half, denn sie sah meine Verzweiflung. Es gibt auch noch Leute, die einmal mehr tun als nur Dienst nach Vorschrift. Bei mir muss man immer  mehr tun als Dienst nach Vorschrifft, da bei mir durch meine Erkrankung  alles so  konstelliert  ist, dass es immer den ungünstigsten  Verlauf nimmt.

 

Als sie dort in der Praxis war, wusste die Sprechstundenhilfe  von nichts. Sie erklärte die Sache noch mal, dass ich mit der anderen Sprechstundenhilfe ausgemacht hätte, dass der Arzt sich alles durchliest, dass sie das Kärtchen einlesen, und dass sie sich dann bei mir melden sollten, um eine Blutabnahme bei mir Zuhause zu vereinbaren. Daraufhin versprach sie der Assistentin, sich bei mir zu melden. Die Assistentin kam zu mir und sagte, ja, man würde sich bei mir melden, der Ordner sei jetzt dort.

 

Am Montag den 20. Januar war mein Geburtstag. Es rief mich meine Theaterpädagogin an, und ich erklärte ihr, was los sei. Sie meinte, sie brauche mich unbedingt für das Theaterstück. Manchmal ist es sehr praktisch, gebraucht zu werden. Denn sie gab mir die Adresse ihrer Hausärztin, falls es mit dem anderen Hausarzt nicht klappt. Sie schlug mir vor, doch einen Kompromiss einzugehen und die Ärztin zu bitten, mich innerhalb von 5 Minuten dran zu nehmen, das Taxi warten zu lassen, damit ich dann schnellstmöglich wieder nach Hause in mein Bett könnte. Das schien mir eine gute Idee.

 

Ich rief aber vorsichtshalber noch einmal bei dem neuen Hausarzt an und fragte nach, was denn nun mit meinem Ordner passiert sei, und ob man sich mittlerweile die Sache durchgelesen hätte, und wann ich einen Termin für eine Blutabnahme bekäme. Man wollte sich doch bei mir melden. Wieder sagte mir die Sprechstundenhilfe, sie wisse von nichts. Das sei bei Ihnen gar nicht möglich, bei neuen Patienten würden sie das nicht machen. Da habe ich die erst mal rund gemacht, ich habe ihr gesagt, wenn so etwas nicht möglich ist, dann soll man mir das doch bitteschön zuvor sagen, jetzt hätte ich wieder drei Tage verloren. Ich hätte das doch ausgemacht, auch meine Assistentin hat mir gesagt, dass man sich bei mir melden würde. Eine unserer Leidensgenossinnen ist an einer Sepsis verstorben, da bei ihr als Nierentransplantierte ein Lungenkeim übersehen wurde, und als man dann wusste, was es war, war es zu spät. Ich sagte ihr ganz deutlich, ich möchte nicht, dass mir dasselbe Schicksal widerfährt. Sie hat nicht ganz verstanden, was ich eigentlich habe, aber sie versprach mir, dass ihre Kollegin mich zurückrufen würde. Das geschah dann auch nach einer halben Stunde. Der Arzt würde sich um ungefähr 12:00 Uhr bei mir melden.

 

Um ungefähr 12:00 Uhr rief dann der Arzt an. Er entschuldigte sich bei mir, das sei untergegangen (wie ja immer bei mir )  und erklärte mir, er habe doch in meiner Akte gelesen, dass ich auch rausginge, dass ich auf Konzerten sei, und dass ich doch eigentlich viel machen würde. Ich sagte, jetzt ginge das aber nicht, ich hätte viel zu niedrige Leukozyten, ich könne noch nicht mal im Wartezimmer sitzen, ich würde mich überall anstecken, dass mit  den  Leukozyten hatte ich ja bei der letzten regulären Blutabnahme erfahren, und durch  das  vorherige Virus sind die Leukozyten ja schon runtergegangen. Und durch den jetzigen erst recht. Ich erklärte ihm, wenn ich fit bin, kann ich überall hin, aber jetzt eben nicht, und ich müsste unbedingt eine Blutabnahme erhalten. Er sagte, es gäbe so viele Patienten, die ihn rein legten, die einen Hausbesuch erbitten, und wenn man  dann zu Ihnen käme, wären sie beim Einkaufen und gar nicht zu Hause anzutreffen. Ich bot ihm den Kompromiss an, den mir meine Theaterpädagogin vorgeschlagen hatte, nämlich, dass doch das Taxi einfach draußen wartete, er dafür sorgen könnte, dass ich möglichst schnell dran komme, dass ich nicht im Wartezimmer warten müsste sondern in einer separaten Ecke, und dass ich dann schnell wieder nach Hause könnte. Er meinte, ich sei sehr differenziert, und er könne mit mir reden, und das wäre eine gute Idee. Erklärte das mit seiner Sprechstundenhilfe ab, und ich erhielt am nächsten Tag, dem Dienstag den 21. einen Termin. Ich rief also mein Taxi an, damit sie kommen sollten. Ich sagte dem Fahrer, er solle einfach draußen warten.

 

Ich ging mit dem Fahrer erst mal rein, und die Sprechstundenhilfe war recht unfreundlich und meinte, ich solle doch bitte geradeaus gehen  und ins Labor reinkommen, ich hätte doch schließlich Begleitung dabei. Das nicht jede männliche Begleitung automatisch ungefragt mit mir ins Sprechzimmer geht, und dass sie auch jemand anders sein könne, der vielleicht wieder weg wollte oder sich dann wieder ins Auto setzt, kam ihr wohl nicht in den Sinn. Sie hätte ja mal fragen können, ob ich Hilfe brauche, oder ob der Mann mich begleiten würde. Nicht einmal meinen Bekannten würde ich einfach so ohne Absprache  mit ins Sprechzimmer lassen.

 

Als der Arzt dann kurz rein kam, um mir vor der Blutabnahme kurz Hallo zu sagen, klagte ich über diesen schrecklichen Husten. Er meinte, ich bräuchte gar nichts zu erzählen, das würde er schon verstehen, und wenn ich unbedingt darauf bestünde, würde er mich auch röntgen. Aber da könnten wir noch etwas warten. Er stellte viele Fragen, schaute sich meine Akte durch, untersuchte mich, hörte mich ab, klopfte mich ab, sah mir in den Hals, und auf einmal waren 40 Minuten vergangen. Der Taxifahrer sagte, er müsse jetzt gehen. Da waren wir gerade mit der Blutabnahme fertig, und ich erwartete noch das Rezept für ein Medikament, mit dem man von innen inhalieren könnte, und das auch wieder einen Schleimlöser enthielt. Er meinte, der trockene Husten müsste feucht gemacht werden. Der Taxifahrer schimpfte, ich solle sofort beim Chef anrufen, er hätte jetzt viel zu lange gewartet,  das würde ihm  keiner  zahlen.

 

Ich rief also beim Disponenten an und bot ihm dann an, ihm die Wartezeit zu vergüten, da ich nicht bemerkt hatte, wie schnell die Zeit vergangen war. Der Arzt wollte mich dann nach dem Erhalt der Ergebnisse und am Donnerstag nochmals anrufen, wie wir weiter vorgehen würden. Ich hatte nicht ganz verstanden, ob das nun nach dem Erhalt der Ergebnisse oder  am Donnerstag sein würde. Die Sprechstundenhilfe war nicht sehr nett, ich bat sie,  mir schnell meine Handtasche zu geben, da das Taxi warte, und sie fauchte mich an, sie sei doch gerade beschäftigt. So etwas tut mir immer furchtbar weh, denn ich bin doch blind und merke doch nicht, was die anderen gerade machen. Bei mir klingt das dann immer so, als ob ich Forderungen stellen würde. Ich bat den Arzt noch schnell um den Transportschein, die Überweisung und das Rezept, und er meinte, ich würde sie ganz schön unter Druck setzen. Aber keiner versteht, dass ich überhaupt nicht richtig mitbekommenkann, wer jetzt genau was tut, und wann meine Wünsche gefragt sind, und wie schnell ich sein muss und wie schnell eben nicht. Und draußen wartete der Fahrer und schimpft. Der wäre mir sonst davon gefahren.

 

Der Arzt rief noch am Nachmittag an und sagte, es sei eigentlich alles in Ordnung, er habe mit der Nephrologie telefoniert, einer der Nephrologen hätte gesagt, ich solle mich doch vor meinem regulären Termin mal blicken lassen, und wenn ich das nächste mal Probleme hätte, solle ich doch gleich in die nephrologische Ambulanz gehen . Der Arzt wollte mich dann am Donnerstagnachmittag nochmals anrufen, um zu fragen, wie es mir ginge, um zu entscheiden, ob ich nun zum Röntgen musste.  

Da ich auch ein starkes Kratzen im Hals hatte, beschloss ich, da ich nun etwas fitter war, auch zum HNO zu gehen. Ich bekam schon am nächsten Tag einen Termin. Ich bat ebenfalls die Sprechstundenhilfe , mich in eine separate  Ecke zu setzen, damit ich mich nicht anstecke.  Der HNO meinte, der Kehlkopf sei super, und ich zeigte ihm etwas auf meiner Zunge, dass ich für eine Afte hielt. Er meinte, es könne sich um einen Pilz handeln. Das käme öfter mal vor.  Ich sollte aber überlegen, ob ich vielleicht zu einem Lungenarzt gehen sollte, wenn der Husten nicht mehr geht. Er meinte aber auch, es könne sich um Keuchhusten handeln. Ich bin zwar geimpft, aber ob ein Impfstoff immer genau nach zehn Jahren ausläuft, oder ob man manchmal nicht schon nach neun Jahren wieder ohne Impfschutz ist, hängt ja wahrscheinlich vom einzelnen Menschen ab. Daher riet er mir, das Blut auf Keuchhusten untersuchen zu lassen.   Wegen des Pilzes machte ich mir dann Gedanken. Ich rief bei mir in der nephrologischen Ambulanz an und fragte, wie das Pilzmittel hieß, welches wir zur Vorbeugung von Pilzbefall nach der Transplantation erhalten hatten. Es war aber niemand dar, daher rief ich sofort in der Transplantationszentrale an. Ich wollte nämlich dem Hausarzt, wenn ich dann nachmittags das Gespräch mit ihm hätte, gleich sagen, wie der Name des Pilzmittels wäre, damit er es mir verordnen kann. Als die Schwester auf Station in der Transplantationszentrale das Wort Pilz hörte, verband sie mich unmittelbar mit einer Ärztin. Die Ärztin meinte, wann können wir Sie zurückrufen? Ich sagte ihr, in 1 Stunde sei ich zu Hause, man solle mich bitte auf dem Festnetz anrufen. Nach 1 Stunde rief sie an und sagte, sie können kommen. Ich sagte, ist das dann ein Tag, und sie meinte, nein, sie müssen stationär zur Abklärung aufgenommen werden. Ich sagte ihr, ich könne heute schon kommen, und sie meinte, perfekt.

 

Ich bestellte also das Taxi und hatte große Mühe, meine zwischen den Bettkasten verbaute Reisetasche raus zu zerren, daher musste ich das halbe Bett legen, sah hinterher aus, als sei ich auf der Flucht, als ich das Haus verließ. Leider bekam ich die Reisetasche nicht raus, und so nahm ich einen Rucksack und packte das nötigste ein.

 

Als ich dann dort ankam, schickte man mich von der Anmeldung aus direkt auf Station. Ich erklärte denen, dass mir das schon mal passiert sei, und dass die Station mich dann wieder vor zur Anmeldung geschickt hätte, um dort mein Kärtchen abzugeben. Aber man nahm mich mal wieder nicht für voll und schickte mich nach hinten. Ich war total K. o., da ich ja schließlich ursprünglich im Bett sein sollte. Ich ging also auf Station, und dort schickte man mich eben, wie ich schon vermutete, wieder nach vorne. Der Taxifahrer ging mit, man versprach ihm, den Transportschein für die Hinfahrt bei der Rückfahrt mit auszustellen, und er hatte nämlich keine Zeit mehr, noch länger zu bleiben. Er gab mich also vorne an der Anmeldung ab, und eine der ehrenamtlichen Empfangsdamen ging dann mit mir zusammen in die Kabine, wo ich mich mit meinen Kärtchen anmelden sollte. Ich war dann so kaputt, dass ich keinen Meter mehr laufen konnte. Bei der Anmeldung hatteman Verständnis, und die Frau rief auf Station an und bat, mir einen Rollstuhl zu bringen. Die Lernschwester kam, allerdings ohne Rollstuhl. Ich sei doch vorhin auch gelaufen, warum denn nicht jetzt? Zum Glück, da ich mich ja nicht durchsetzen kann, hat dann die Frau an der Anmeldung relativ energisch drauf bestanden, dass mir ein Rollstuhl gebracht werden möge. Somit wurde ich mit dem Rollstuhl nach hinten gefahren, und im Aufnahmezimmer legte ich mich gleich dort auf die Liege. Als die Schwester kam, spöttelte sie etwas, sind sie denn so müde? Ich sagte ihr, ich sei  frisch aus dem Bett gekommen, weil ich krank bin. Offenbar nimmt das mal wieder keiner wirklich ernst.

 

Die Ärztin kam dann später zu mir und sagte, sie habe gelesen, dass ich seit 2017 nicht mehr in der Transplantationszentrale gewesen sei, ob ich denn auf meine Niere gar nicht aufpassen würde, manche Leute nehmen ihr Organ und gehen und lassen sich nie wieder blicken. Ich sei wohl nicht zur Nachsorge gekommen. Ich sagte ihr, man habe mir damals die Wahl gelassen, ob ich in meinem Heimatort oder bei Ihnen die regelmäßigen Untersuchungen alle drei Monate machen lassen wollte, und ich hätte mich für den Heimatort entschieden. Denn diese beiden Orte sind eigentlich miteinander verbunden, da einige der Ärzte manchmal auch dort ihre Sprechstunde abhalten. Da ich aber viele meiner Medikamente sofort wusste, alles genau erklären konnte, und da ich ihr auch glaubhaft machen konnte, dass ich mich regelmäßig melde, regelmäßig alles einnehme und meine Rezepte organisiere, war sie erstaunt, dass ich sehr gut auf meine Niere aufpasse.

 

Dann erklärte sie mir, man würde jetzt wahrscheinlich eine Bronchoskopie machen müssen, eine Magenspiegelung, und auch ein CT der Lunge, das seien die Dinge, die möglicherweise auf mich zukommen, sie müsse mir alles nennen, denn es könne sein, dass all dies gemacht würde. Ich bekam einen Schnelltest auf Influenza, und sie hörte mich ab, umgehend kam ein Wagen mit einem EKG, und alles wurde sehr schnell erledigt. Die Ärztin war sehr nett, und als sie das Zimmer verließ, hörte ich sie zweimal sagen, ein schrecklicher Husten, ein schrecklicher Husten. Einen Keuchhusten schloss sie aus, das würde anders klingen.

 

Nach einer Weile kam dann der Oberarzt und verkündete, dass man ein CT der Lunge machen würde. Er denke jetzt schon ans Wochenende, denn es sei Donnerstag, und man wolle möglichst viele Untersuchungen noch davor erledigen. Es sei wahrscheinlich über das Ziel hinaus geschossen, aber mein Leidensdruck sei so groß, daher würde er gleich ein CT machen, denn beim Röntgen würde man nicht alles sehen. Die Ärztin hatte mir schon gesagt, dass sehr viele Menschen mit einer Transplantation öfter mal einen Pilz in der Speiseröhre haben, und dass viele eine atypische Lungenentzündung bekamen, daher müsse man alles genau untersuchen. Ich hatte das Gefühl, dass ich hier endlich mal ernst genommen werde.

 

Das CT der Lunge wurde noch am selben Tag gemacht, ich erklärte der  MTA,  dass ich blind bin, und dass sie mir alles erklären müsste. Sie brachte mich in das CT, und dort wurde ich dann in die Röhre gefahren. Ich fand das eigentlich eher lustig. Die Ansagen klangen wie bei der Bundesbahn, einatmen und ausatmen. Wenn die Bestrahlung nicht wäre, würde ich das CT eher als unterhaltsam bezeichnen, denn man wird immer herumgefahren, man kommt an einer Stelle heraus, man fährt wieder zurück usw. Ich habe da wenig Beklemmungen, solange ich nichts von mir gebe, kann ich kein Echo hören, daher merke ich gar nicht, dass es eng ist. Ich bin sowieso relativ schmal, und manchmal ist es von Vorteil, wenn man nicht alles so genau sieht.

 

Sie holte mich wieder raus, setzte mich in den Rollstuhl und bestellte jemanden , der mich von der Station abholen würde.

 

Ich hatte noch vor meiner Abfahrt die Betreuerin gebeten, dass sie den Hausarzt informieren sollte, dass ich nicht für das Gespräch zur Verfügung stünde, da ich mittlerweile im Krankenhaus aufgenommen worden sei. Ich hatte sie zuvor  auch einmal gebeten, bei dem Gespräch am Donnerstag  mit dem Hausarzt mit zu hören, weil ich  vielleicht nicht alles  verstehen würde, was er jetzt  wann machen will, und dass sie doch beim Hausarzt  mal anrufen könnte, um vielleicht einen Termin mit ihm zu vereinbaren, wann auch sie bei mir zugegen sein könnte, um mitzuhören. Da ich  ja  krank  im Bett lag, war ich sowieso flexibel.  Das hätte man ja auch dann am Freitag machen können, da sie am Donnerstag keine Zeit hatte. Aber sie meinte, sie könne doch dem Hausarzt schließlich nicht vorschreiben, wann er mich anruft, und ich solle Inhalt bitten, sich bei ihr zu melden.  Er hätte  sicher ungern  zwei  Gespräche  geführt und  hätte mich sicher  gebeten, die Betreuerin  halt danach selbst zu informieren, was besprochen worden war, oder sie hätte  halt zu  seinem Termin  da sein müssen, weil er nicht für  das wenige Geld  für  Telefongespräche auch  noch separat mit der Betreuerin  gesprochen  hätte.. Da hätte ich mich sicher mal wieder nicht durchsetzen können und wäre dann wieder von einem zum anderen geschubst worden. Sie hat also nach meiner Einweisung jetzt doch direkt mit dem Hausarzt gesprochen, der wohl gemeint hätte, das sei alles nicht abzusehen gewesen. Ich hatte mich noch geschämt, dass ich überhaupt ins Krankenhaus ging, weil ich dachte, dann heißt es hinterher wieder, wegen nichts und wieder nichts geht die ins Krankenhaus. Zumindest wusste sie jetzt, dass ich stationär aufgenommen worden war. Leider war der Empfang sehr schlecht, mit dem Mobiltelefon konnte man kaum raus telefonieren, und das Internet hatte ich noch nicht, da keiner mit mir in die Cafeteria gehen konnte oder wollte, um mir die Karte zu besorgen, damit ich mich beim Netz anmelden könnte. Meine Frage nach dem Besuchsdienst wurde abgewimmelt, so etwas gäbe es hier nicht.

 

Am nächsten Morgen kam dann der Oberarzt und erklärte, außer etwas Flüssigkeit zwischen Rippenfell und Lungenfell hätte man nicht viel gesehen, das sei eigentlich gar nichts, wahrscheinlich hätte ich lediglich eine Rippenfellentzündung. Man wolle dann später noch irgendwann eine Magenspiegelung machen. Außerdem würde man noch einen Ultraschall vom Herzen machen, zum Glück war keine Spiegelung der Bronchien nötig. Es war aber schon peinlich, dass jetzt mal wieder nichts  gefunden wurde, nicht mal eine atypische Lungenentzündung, und so wird man mich beim nächsten Mal wieder  nicht als  Transplantierte für voll nehmen und nicht mehr auf Nummer sicher gehen, wenn der Hausarzt den Endbericht liest, wo drinsteht, dass nichts  war.

 

Zu der Zeit bekam ich dann auch starke Medikamente, die ich inhalieren musste, um die Bronchien zu erweitern. Am Anfang zitterte ich etwas und wurde etwas unruhig davon, aber ich gewöhnte mich daran. Ich musste dreimal am Tag inhalieren, und das hat schon gut getan. Diese Mittel, die Bronchien erweitern, verengen auch die Gefäße und haben eine etwas anregende Wirkung. Manche Menschen reagieren der ziemlich stark drauf, ich habe mit meiner Schwester gesprochen, und auch deren Tochter bekam als Kind wegen schweren Asthmas genau diese Medikamente und war daher ziemlich nervös und über aktiv. Das ging dann aber wieder weg, nachdem sie diese Medikamente nicht mehr nehmen musste. Ich habe mich dann auch dran gewöhnt, und es ging mir daraufhin auch schon besser.  Nachts kam der Husten noch sehr stark wieder.

 

In meinem Zimmer war eine Frau aus Asien, sprich aus Thailand. Sie hat mir sofort ganz genau erklärt, dass sie Lupus hätte, sie hätte alles außer Zucker, und sie sei schwer krank, elf Jahre hätte sie keinen Schub mehr gehabt, jetzt sei es wieder losgegangen. Nach meinen Erkrankungen fragte sie allerdings nicht. Damit war schon klar, sie war hier die mit den meisten Erkrankungen. Sie war sehr hilfsbereit und achtete darauf, dass bei mir alles geklappt hat. Dann stellte sie mir die berühmte Frage, ob ich schon immer blind sei, oder ob ich erst spät erblindet sei. Ich dachte, wenigstens interessiert sie sich überhaupt mal für mich und erzählt nicht immer nur von ihren Sachen. Als ich ihr das erklärte, sagte sie, sie fragte mich deshalb, da sie aufgrund von Kortison, welches sie schon über Jahre nehmen müsste, einen grünen Star entwickelt hätte, und dass sie schlechter sehe als sonst. Sie müsse jetzt immer zwischen Lesebrille und Fernbrille hin und her wechseln, und beim Autofahren müsse sie den Kopf heben. Für mich ist es wirklich schlimm, wenn andere mir diese Dinge erzählen, denn man sieht mich, wie schwer ich mir tue, und wie oft ich anstoße, wie viel Mühe ich habe, mich zu orientieren, und kommt mir dann mit diesen Dingen. Für meine Belange interessiert sich keine alte Sau, aber ich muss mir dann das Jammern auf hohem Niveau anhören. Und dann heißt es immer, jeder hat seine Probleme, und für jeden sind seine Probleme die schlimmsten. Auf jeden Fall rümpfte ich dann die Nase und drehte demonstrativ das Gesicht weg, da ich keine Lust mehr hatte,  mir diesen Quatsch anzuhören. Ich war 10 Jahre an der Dialyse und habe keine  Pause von elf Jahren gehabt und war nie  wirklich ganz gesund und immer schon  behindert und konnte nie wirklich  arbeiten und ein normales Leben haben. Und meine Brillen wechsele  ich auch und bin dankbar um jedes Prozent, das ich besser damit sehe, obwohl das  bei Weitem  nicht  einmal zur Orientierung  reicht, geschweige  denn zum Autofahren.

 

Am nächsten Tag war sie wie ausgewechselt. Sie war gereizt, unfreundlich, barsch, unwirsch, und bei jeder Bewegung, die ich zu hektisch machte,  schimpfte sie mich aus, ich solle doch nicht so hektisch sein, ich solle doch nicht so schimpfen, ich solle doch mehr Geduld haben, und sie war ziemlich wortkarg. Am Tag zuvor hatte sie mir noch angeboten, mit mir in die Cafeteria zu gehen, aber als ich sie danach fragte, sagte sie, sie wisse noch nicht,  wann sie ginge. Wahrscheinlich wollte sie einfach nicht mehr. Zuvor hatte sie mir abends noch Kuchen angeboten, und mir fiel auf, dass sie sowieso sehr viele Dinge von zu Hause mitgebracht hatte. Ich fand es merkwürdig, dass ich es nachts dauernd rascheln hörte, und dass sie irgendwie die ganze Zeit am Essen war. Am Morgen erbrach sie sich laufend, und ich hörte öfter mal, dass sie sich Spray  in den Mund sprühte. Offenbar wollte sie nicht, dass man es riecht, dass sie gebrochen hatte.

 

Sie war extrem launisch, am nächsten Tag war ihr dauernd schlecht, sie beklagte sich ständig über Übelkeit am Morgen. Wenn sie gut drauf war, kaute sie mir das Ohr ab und erzählte mir, dass sie von der Tellerwäscherin ungelernt zur Küchenchefin geworden ist. Was ich gemacht habe, danach hat sie nicht gefragt.

 

Am Mittag saßen wir beim Essen, da fragte ich sie, ob das thailändische und das chinesische Essen ähnlich sein. Da fuhr sie mich an, Thailand ist Thailand und China ist China. Ich sagte ihr, man wird doch wohl noch mal fragen dürfen. Sie schimpfte, ihr verwechselt immer Thailand mit China, und ich sagte ihr, wie sollten wir es denn anders wissen, wenn wir nicht fragen können. Dann fragte ich sie, welche Fleischsorten ist denn in Thailand gäbe, da sie meinte, in Thailand gäbe es vielmehr verschiedene Fleischarten. Ich sagte, hier kennen wir nur Huhn, Wild, Geflügel, Schwein und Lamm. Da fuhr sie mich wieder an, es gibt nur eine einzige Stadt in Thailand, wo man Huhn ist, aber ihr redet dauernd davon, dass wir nur Huhn essen. Da habe ich dann zurückgeschrien und gesagt, Himmelherrgott, wenn wir nicht fragen dürfen und jedes Mal dann gleich angemault werden, wie sollen wir es denn wissen? Ich habe SIE gefragt, welche verschiedenen anderen Fleischarten es in Thailand gibt, weil sie gesagt haben, wir haben mehr verschiedene Sorten Fleisch als ihr in Deutschland. Da meinte sie, Schlange, Fisch usw., beim Fisch gäbe es eben mehrere Sorten als in Deutschland. Genau das wollte ich wissen, und das sagte ich ihr dann auch. Bei mir ist es sowieso immer so, dass die anderen immer zur Gegenseite halten. Dauernd kam der eine Mann rein und fragte, ob ich denn mit dem Essen schon fertig sei, und da meinte ich zu ihr, man kann noch nicht mal in Ruhe essen. Da fuhr sie mich auch gleich wieder an, die wollen halt auch mal ihren Feierabend. Das ist bei mir sowieso immer das gleiche, andere Menschen meckern immer, die anderen pflichten ihnen  bei , und alle, zum Beispiel in einer Warteschlange, fühlen sich miteinander solidarisch. Sobald ich aber etwas sage, werde ich von allen Seiten angeschnauzt, das sei nun mal eben normal, und das müsse man eben aushalten, und die Leute seien eben beschäftigt. Wenn ich mich zum Beispiel irgendwo darüber beklage, dass bestimmte Sachen im Krankenhaus bei mir nicht gemacht werden, bekomme ich jedes Mal einen langen Vortrag über Pflegenotstand, wohingegen bei anderen zugestimmt wird, dass die Zustände immer schlechter werden.

 

Im Krankenhaus fand ich die Ärzte hervorragend, aber das Personal wurde immer schlimmer. Am Anfang fragte man mich, welche Sorte Tee ich zum Abendessen haben wollte. Ich sagte Pfefferminztee. Man fragte mich, eine Kanne oder eine Tasse, und ich bat um eine Kanne. Am nächsten Tag bat ich wiederum um eine Kanne Pfefferminztee, die ich mir mit meiner Zimmerkollegin teilen wollte. Ein paar Tage später meinte sie dann, mit der Kanne müssen sie aber schon etwas warten. Ein paar Tage später sagte sie dann, was, gleich eine Kanne? Ich sagte ihr, dass ich doch bisher immer eine Kanne bekommen hätte, und da meinte sie, das sei aber nur die Kulanz vom Personal. Das wusste ich ja nicht. Am letzten Abend fragte sie dann, was möchten Sie trinken, ich sagte eine Tasse Pfefferminztee, und da meinte sie, Pfefferminztee haben wir nicht, wir haben nur Kräutertee. Das symbolisiert alle anderen  Reduktionen an  Hilfe- und Serviceleistungen.

 

Niemand hat mir geholfen, mich in die Cafeteria zu begleiten, um mir eine Telefonkarte zu holen, damit ich ins WLAN könnte. Dann wollte ich alleine losgehen, nachdem, als ich vom Ultraschall zurück kam, niemand mit mir ging, obwohl sie es versprochen hatten. Beim Herz Ultraschall hatte mir auch keiner geholfen, von der Liege wieder nach draußen zu finden. Ich hatte am Anfang, als man mich aus dem Rollstuhl zum Herz Ultraschall herausholte, darauf hingewiesen, dass ich blind bin. Der Arzt, der mich geschallt hatte, ließ mich einfach liegen mit allen Elektroden an mir. Dann stöpselte mich einer ab und ließ mich ebenfalls liegen. Dann rief ich, wer könnte mir helfen, da hieß es, man habe nicht gewusst, dass ich blind bin. Draußen musste ich  dann  ziemlich sehr lange warten, bis jemand mich holte, damit ich wieder zurück auf Station kam. Als ich dann zurück kam, hatte ich noch mal nachgefragt, wer mit mir in die Cafeteria gehen könnte, um mit mir schnell eine Karte zu holen. Als ich nach dem Besuchsdienst fragte, der normalerweise für solche Dinge zuständig ist, wurde dieses wieder verneint.

 

Irgendwann ging ich dann von alleine los, da hieß es, warten Sie doch, jetzt kommt eine Schwester mit Ihnen. Als ich merkte, dass diese Schwester niemals kommen würde, stand ich auf und wollte losgehen, und  ich  habe  betont, dass ich  frei zu gehen war, wohin ich  wollte. Zuvor im Zimmer saß ich schon traurig da und meinte, da kommt niemand. Da schrie mich meine Zimmerkollegin wieder an, ich solle doch gefälligst warten, die werden schon noch kommen. Das geschah aber nie.

In der Cafeteria war dann eine nette Frau hinter dem Tresen, die mit mir zur Rezeption ging, um dort eine Karte zu holen. Dort mussten wir mindestens  10 Minuten warten, bis die Dame den Hörer auflegte, weil irgend ein Querulant anrief, der ewig und immer dieselbe Frage stellte, nicht locker ließ, und sie immer wieder dieselbe Antwort gab. Irgendwann würde ja die Cafeteria auch schließen , dann könnte mir die Dame nicht mehr weiterhelfen. Irgendwann bekamen wir dann die Karte, und sie ging mit mir zum Automaten. Ich muss ja immer für alles etwas mehr kämpfen als andere, was mir keiner glaubt. Dann wollten wir den Code bei meinem Telefon in den Einstellungen für WLAN eingeben, aber das Kästchen, in welches der Code eingegeben hätte werden müssen, kam nicht auf. So brachte sie mich wieder zur Station zurück. Dort versprach man mir, mir zu helfen, den Code in das Kästchen einzutragen, damit ich endlich meinen Freunden Bescheid geben konnte und meine Familie informieren  konnte, wo ich eigentlich war, und was eigentlich mit mir los war, welche Ergebnisse mittlerweile gewonnen wurden, und wie es weitergehen würde.

 

Die Schwester kam rein und meinte, nach ihrer Runde würde sie zu mir kommen, und sie würde mir auch den Medikamentenplan wie gewünscht vorlesen, damit wir das abgleichen können. Als sie dann kam, dachte ich, jetzt ist sie wohl fertig, denn jetzt kommt sie mit dem Medikamentenplan, jetzt kann ich sie noch mal wegen des Wielands ansprechen. Da meinte sie, nachher, ich bin noch nicht mit meiner Runde fertig. Nach einer Weile kam sie wieder, da ich inhalieren musste, und sie meinte, wenn sie inhaliert haben, rufen Sie mich, dann machen wir das mit dem WLAN. Nachdem ich dann inhaliert hatte, kam sie wieder und meinte, jetzt haben sie immer noch keine Zeit, ich solle ihr doch Zeit lassen, sie müsste doch ihre Runde noch fertig machen. Danach kam sie nicht mehr.

 

Die Nachtschwester kam, und ich fragte sie, ob sie Zeit hätte. Ich habe es dann irgendwie geschafft, dass dieses Kästchen aufkam, in das wir den Code eingeben mussten. Aber dann  öffnete sich eine Seite im Internet, bei der wir einen Haken setzen mussten, und das ging nicht. Somit hätten wir es fast geschafft. Aber wir hätten jemanden gebraucht, der kurz die Sprachausgabe ausschalten könnte, damit das Telefon für Sehende zugänglich wäre, um den Haken zu setzen, und der dann die Sprachausgabe wieder einschalten könnte. Weder ich noch die Nachtschwester konnte den Haken setzen.

Der Frühdienst versprach jedes Mal, den Spätdienst zu informieren, dass ich Hilfe beim WLAN bräuchte. Am Samstag, denn mittlerweile waren schon drei Tage vergangen, war ebenfalls wieder eine sehr nette russische Schwester beim Frühdienst dabei. Man gab mir mittlerweile Heparinspritzen, und ich wusste nicht, wofür die waren. Denn ich lief ja schon wieder herum, eine Thromboseprophylaxe wäre daher gar nicht mehr angezeigt gewesen. Außerdem wurde laufend der Zucker gemessen, und der war ja eher niedrig als hoch. Sie hatte sich daher für mich erkundigt, die am Wochenende diensthabende Stationsärztin wusste aber ebenfalls nicht Bescheid. Irgendwann stellte sich dann heraus, dass man vermutete, dass ich vielleicht eine Lungenembolie haben könnte, die man zwar im CT nicht gesehen hat, aber irgend ein Wert hätte wohl darauf hingewiesen, das habe ich im Nachhinein erfahren. Daher bekam ich Hochdosis Heparin gespritzt. Am Freitagabend hatte ich mich noch geweigert, ohne Begründung und Angaben des Arztes eine Spritze zu kriegen, wo niemand wusste, wofür sie sein sollte. Da meinte eine Schwester, das sei wegen einer  möglichen Lungenembolie, oder besser gesagt zum Lösen dieser vermeintlichen Thromben in der Lunge, und wenn ich das nicht nehmen würde und dann eine Lungenembolie bekäme, wäre das meine Schuld. Ich sagte, bei dem Husten, den ich habe, hätte ich eher Angst, dass ich Bluthusten würde, wenn ich hochdosiert es Heparin bekäme. Da meinte sie, diese Gefahr bestünde nicht, und daher entschied ich mich dann, die Spritze lieber zuzulassen.

Die russische Schwester hatte es mittlerweile geschafft, dass der Blutzucker nicht mehr gemessen werden musste, denn das war nur daher geschehen, da ich Cortison bekomme, und dass lediglich in homöopathischen Dosen, wo es lächerlich gewesen wäre, den Blutzucker zu messen. Ich fragte sie daher noch mal, ob jemand mir helfen könnte, dass mit dem WLAN zu machen. Sie sagte, es käme ein Pfleger, der würde Medizin studieren und kenne sich sehr gut mit dem Internet aus, sie würde ihn darauf ansprechen.

 

Am Samstagnachmittag geschah wieder nichts. Daher fragte ich dann wieder die Schwestern, und sie meinten, ja, er würde bald kommen. Ich bat wieder darum, inhalieren zu dürfen, denn normalerweise muss dass der Patient ebenfalls selbst machen, da ich aber blind bin und die verschiedene Medikamente, die zusammen gemischt werden müssen, nicht aus einander halten kann, wurde dies für mich erledigt, und zwar jedes Mal mit mehr Widerwillen und längerer Wartezeit. Zu Anfang wurde das noch ganz selbst verständlich gemacht, irgendwann wurde ich dann gefragt, warum ich das denn nicht selbst könnte, und mir fiel außerdem auf, dass eine Schwester meinte, dass in einer der beiden Medikamentenpackungen wesentlich weniger drin ist als in der anderen. Ich vermute, dass selbst die Schwestern ab und an zwei gleiche anstatt zwei verschiedene Medikamente zusammengemischt hatten. Denn manchmal hatte ich stärkere Nebenwirkungen als zu anderen Zeiten. Aber falls das so war, habe ich es ja überlebt. Ich bin sowieso, was Nebenwirkungen betrifft, relativ resistent.  Meine Zimmerkollegin  war genervt von dem Geräusch, das aus dem Sauerstoffschlauch kam, weil die Schwestern  jedes Mal später kamen, um das Ding wieder  einzuhängen, nachdem ich inhaliert  hatte.  Wenn die Schwestern   um  neun  immer  noch nicht da waren, tat sie es  selbst mit dem Hinweis, dass  das aber nicht ihre Aufgabe  sei.

 

Am Samstagvormittag ging ich noch einmal zur Pforte, um das Problem mit dem WLAN zu lösen. Aber ich wurde dort nur schroff abgewiesen, am Wochenende sei der Service nicht da, der sich technisch um  das  WLAN  kümmert, sie  wisse darüber nicht Bescheid, und man könne mir jetzt einfach nicht weiter helfen.  Außerdem hat sie noch behauptet, dass WLAN kostet nur einen Euro pro Tag, wohingegen mir die Broschüre angeblich vorgelesen worden sei, und da stünde  angeblich drin, dass das WLAN zwei Euro kostet, und zusätzlich kostet das Fernsehen nochmals drei Euro, und daher wollte ich das nicht haben.   Ich sagte ihr, alle erzählen mir was anderes.  Mehr war nicht mehr aus der Frau herauszuholen . Somit ging ich wieder unverrichteter Dinge in mein Zimmer.

 

 

Als dann am Samstagnachmittag  nach dem Inhalieren wieder eine Schwester kam, und ich wieder wegen  des WLAN vertröstet wurde, schaute ich sie vollkommen reglos an. Sie meinte, hallo, hören  Sie mich, und ich sagte ja, aber ich schaue jetzt so lange, bis ich das kriege, was ich will, denn wenn ich jetzt nicht sofort WLAN kriege, dann stelle ich mich vors Schwesternzimmer und Brülle  ganz laut aus Leibeskräften WLAN. Ich warte jetzt seit drei Tagen, ich bin blind und auf das WLAN angewiesen, und ich möchte jetzt endlich, dass mir irgendjemand mal hilft.

 

Daraufhin kam dann der junge Pfleger und versuchte, das WLAN zu aktivieren. Auch ihm gelang es zuerst nicht, denn ich hatte vergessen, wie ich es geschafft hatte, das Feld zu provozieren , in welches man dann den Code eingeben musste. Irgendwann gelang es ihm dann, aber das WLAN geht leider nur 24 Stunden, danach muss man es wieder neu aktivieren.

 

Dieser Pfleger hatte an diesem Tag Spätdienst und am nächsten Tag Frühdienst. Das Dumme war jetzt, dass genau dann, als er am nächsten Morgen da war, dass WLAN noch funktionierte, als er aber dann nach Hause ging, und der Spätdienst kam, war das 24 Stunden-WLAN abgelaufen. Somit hatte ich wieder niemanden und hätte wieder kämpfen müssen bis aufs Messer, damit mir jemand wieder das WLAN aktiviert.

 

Die Schwestern waren ab dann relativ unfreundlich zu mir, auch die russische Schwester, die zuvor recht nett war, ging relativ ruppig mit mir um. Sie ließ  mich nicht mehr ausreden, wenn ich etwas sagte . Ich begreife manchmal etwas langsam, und wegen der Magenspiegelung wurde das Heparin abgesetzt, und ich musste mehrmals nachfragen, für wie lange ich es noch bekommen würde, ob das jetzt nur eine Pause sei, ob es danach weitergehen würde, und ab wann es jetzt ganz abgesetzt würde. Wurde sie dann ungeduldig und meinte, nein, so ist es, nein, das geht so, und dabei wurde sie etwas laut. Ich sagte ihr, sie solle nicht so laut mit mir sprechen, ich könne doch nichts dafür, wenn ich nicht so schnell begreife. Nach einer Weile kam sie dann wieder und meinte ganz höflich, ich wollte Ihnen nur noch mal sagen, dass mit dem Heparin geht so und so zu. Ich sagte nur etwas mürrisch, ja danke, und sie fragte noch, ob sie die Türe schließen sollte, und ich sagte ja bitte, mir nicht. Ich war wirklich beleidigt, dass man so ruppig mit mir war. Das ging dann die ganze Zeit so.

Die Frau in meinem Zimmer erklärte mir, dass sie in einem riesengroßen Haus wohnten, jeder von ihnen hätte ein eigenes Stockwerk, und wenn sie ihre Ruhe haben wollte, würde sie sich dahin zurückziehen. Als ich gestern mit dem WLAN so ein Theater gemacht hätte, wäre sie fast geplatzt, daher ist sie dann rausgegangen. Und ich sagte ihr dann, wir sind halt nun einmal jetzt zu zweit im Zimmer. Sie ist etwas verwöhnt, weil sie krank ist, merken die zu Hause, wann sie ihre Ruhe braucht, und daher kann sie ihre Launen ausleben. Sie meinte auch, zu Hause würde jeder jeden über WhatsApp fragen, ob er jetzt zu ihm in sein Stockwerk kommen könnte. Ihr Mann würde schnarchen, da hätten sie getrennte Stockwerke. Das geht mich zwar nichts an, aber ich hatte schon das Gefühl, dass sie ziemlich verwöhnt ist. Sie ist es einfach nicht gewohnt, mit anderen im Zimmer zu sein. Ich hatte irgendwann dann den Impuls, ihr zu sagen, hier hast Du 0,20 EUR, erzähl alles der Parkuhr. Denn ich hatte wirklich keine Lust mehr, ihren Quatsch anzuhören, da sie sich für mich nicht die Bohne interessierte. Sie erzählte mir nur laufen, wie toll ihre Kollegen sein, wie lieb die zu ihr sein, wie sehr sie sie vermissen würden, und dass sie am liebsten alle zu Besuch kämen. Ihren Mann schrie sie laufend am Telefon an, dass er nicht zukommen bräuchte, und dass er sich doch nicht auf den Weg machen müsste. Er wollte ihr thailändisches Essen vorbeibringen, und sie erzählte dauern, dass sie das thailändische Essen zu vermissen würde. Kann ich zwar  verstehen, aber ich muss es nicht hundertmal hören. Außerdem meinte sie dauernd , ihr sei schlecht, aber dann redete sie laufend davon, dass sie zum thailändischen Restaurant  in der Stadt laufen würde, aber sie könnte im Moment nicht. Jeder Schwester, die es hören wollte oder auch nicht, erzählte sie, dass sie so krank sei, dass sie elf Jahre keinen Schub gehabt hätte, und dass sie jetzt wieder neu erkrankt sei. Die Schwestern bedauerten sie nach Kräften. Irgendwann sagte ich mal dazwischen, ich bin auch krank, und die beste Krankheit taugt nichts. Aber man hörte mir nicht zu. Mich hätte kein Mensch jemals in meinem Leben so sehr bedauert. Aber bei mir gibt es auch keinen Grund dazu, bemitleidet werden die, die schwer krank sind , und das bin ich ja wohl nicht. Bemitleidet  werden immer nur alle anderen. Aber angeblich wolle man ja kein Mitleid, dafür reden die Schwerkranken aber ziemlich viel über ihre Erkrankungen. Und sie wird ernst genommen im Gegensatz zu mir, was sie alles hat, die Arme. Immerhin kann sie noch arbeiten, denn das tut sie auf 400 EUR Basis. Ich kann gar nicht mehr arbeiten. Und ich war auch noch nie Chefköchin, geschweige denn überhaupt irgendwie in einer angemessenen Form berufstätig außer zwei Jahre als Ausbilderin für Englisch.

 

Ich setzte dann einen Notruf an meine Freundin ab, dass sie doch unbedingt kommen möge am Sonntag, ich hielt es nicht mehr aus. Ich konnte nicht mal alleine irgendwohin, ich konnte mir noch nicht mal selbst einen Kaffee holen, das habe ich dann zwar mit einer Schwester geübt, aber ich fand jedes Mal den Kaffeeautomaten nicht, und die Utensilien  wie Löffel, Tassen, Wasserflaschen etc. waren in verschiedenen Fächern  . Außerdem war es schwer, die Tasse wieder ins Zimmer zurückzubringen, so durfte ich sie nur halb voll machen, um nicht alles auf dem Flur zu verteilen. Dann hatte ich sowieso nicht viel davon. Meine Zimmernachbarin, so komisch sie war, war extrem hilfsbereit und sprang fast jedes Mal auf, um mir etwas zu holen. Ich meinte aber, wenn sie mal  nicht mehr da sind, muss ich es ja auch können. Die Schwester meinte, das ist die richtige Einstellung. Gebracht hat es aber auch nicht viel, weil es sehr schwer war, mein Zeug zu holen.

 

Was ich dann echt lustig und auch etwas  tröstlich fand war, dass meine Zimmerkollegin mit ihrem Mann genauso herumschrie, Du Arsch Loch, Du Depp, woher soll ich denn wissen, was ich habe, ich weiß doch gar nicht, warum mein Körper dieses oder jenes macht, ich hab meinen Körper nicht gefragt, kapiert es halt, Du Depp. Irgendwann, nachdem ich das alles zwangsläufig mit anhören musste, brach ich in schallendes Gelächter aus. Das muss ihr ziemlich peinlich gewesen sein, aber ich konnte nicht mehr umhin, es war einfach zu verrückt.

 

Meine Freundin kam dann mit ihrer Assistenz, die zufällig auch ihre Freundin war. Denn die hatten sich kennengelernt, als sie beide im Fitnessstudio waren, da haben sie sich angefreundet, daher hat meine Freundin ihr vorgeschlagen, doch als ihrer Assistenz zu arbeiten, dann würde sie zumindest Geld für ihre Arbeit kriegen. Ich würde als Freundin kein Geld nehmen, es sei denn, man macht wirklich schwerere Arbeiten wie Putzen, Einkaufen, handwerkliche Hilfen etc. Wenn man mit jemandem einen Kaffee trinken geht oder etwas zusammen macht, dann macht man das ja aus Freundschaft. Ich glaube, die beiden machen das auch noch so.

 

Die Freundin ist in der Computerbranche tätig und meinte, sie würde das nur aus sozialen Gründen machen, dass sie auch als Assistenz arbeitet. Ich habe über einige der Assistentin erzählt, wie sie so sind, einige sind sowieso schon nicht mehr da.

 

Ich habe versucht, ziemlich viele meiner Sachen anzubringen, weil ja doch ziemlich viel Schlimmes passiert ist. Ich hatte aber den Eindruck, die beiden wollten gar nicht immer zu alles hören, obwohl ich einen hohen Redebedarf hatte. Ich fühlte mich schon ziemlich herumgeschubst in den letzten Tagen, und dass keiner wirklich etwas getan hat, als ich mehr als zwei Wochen zu Hause herum lag, und sich keine Besserung eingestellt hatte. Nur durch Zufall und viel Glück und eine falsche Diagnose, nämlich Pilzbefall, die ich dann in meinem Transplantationszentrum anbrachte, wurde ich endlich mal ins Krankenhaus aufgenommen. Wir hatten trotzdem eine gute Zeit und viel Spaß, zumindest hat sie mir dann noch geholfen, Geld aus dem Automaten zu ziehen, und dann stellte ich fest, dass ich  sogar noch 50 EUR gehabt hätte. Aber es war schon ärgerlich, dass ich nicht mal den Besuchsdienst bekam, die hätten eigentlich genau diese Arbeiten wie Geld aus dem Automaten ziehen, Internet aktivieren und Telefonkarte holen, machen können. Hinterher erfuhr ich, dass es sehr wohl einen Besuchsdienst gibt. Meine Freundin und ihre Assistentin gingen dann noch mit mir auf mein Zimmer, und danach verabschiedeten wir uns. Am nächsten Tag hatte ich wieder kein WLAN mehr. Aber immerhin konnte ich bei der  24-Aktivierung  mal allen erzählen, wie nun der Stand der Dinge war, damit sich keine unnötig Sorgen machen würde.

 

Dann rief auch noch meine Theaterpädagogin an, was der mit mir los sei, und ob ich denn bald wieder kommen würde. Ich sagte ihr, dass ich noch ziemlich krank war, und dass ich nicht wüsste, ob ich mitspielen könnte, denn ich sei ja erst im November vier Wochen krank gewesen und wollte nicht riskieren, schon wieder krank zu werden, wenn ich hier herauskäme. Sie meinte, Du klingst aber doch ganz gut. Solche Sätze mag ich nicht so, das wirkt immer so, als ob man eigentlich gar nicht krank wäre, und als ob der andere das in Zweifel ziehen würde. Ich sagte ihr, dass ich aber trotzdem krank sei, und dass ich auch als transplantierte vorsichtiger sein müsste. Ich möchte nicht dauernd wieder einen Rückfall riskieren. Sie meinte, sie vermute, dass ich einfach Angst hätte, mit aufzutreten, weil es letztes Jahr so viel Stress war, und dass ich jetzt denken würde, das würde dieses Jahr wieder genauso, und deshalb würde ich krank sein. Ich fand das etwas komisch, mir zu unterstellen, dass ich mich in die Krankheit flüchten würde, weil ich Angst vor dem Auftritt hatte. Aber restlos war sie nicht davon zu überzeugen. Ich fand das etwas komisch. Sie fragte mich, was es denn sei, was mir so viel Stress macht, andere würden ja sogar arbeiten und würden das Theater eher noch als Entspannung sehen, wohingegen es für mich eher eine Belastung ist. Es gibt aber Leute, die so viel arbeiten müssen, Familie haben, sich um alles kümmern müssen, für die ist das Theater eine Wohltat und ein Ventil. Ich muss halt immer kämpfen, egal, ob ich Freizeit habe oder

 einem Hobby nachgehe, da für mich immer alles mit Kampf und Verwendung meine Ressourcen einhergeht. Es wurde schon besser, denn schließlich hatte ich mich schon dran gewöhnt, und die Sache hatte sich ja mittlerweile schon ganz gut eingespielt. Da fürchtete ich nicht, dass es wieder so stressig werden würde wie im letzten Jahr. Aber ich sagte ihr, ich hätte den Eindruck, dass sie einen gar nicht mehr loslassen würden, und dass es mich mehr entlasten und beruhigen würde, wenn Sie mir einfach sagen könnte, wir haben jemand anderen, falls Du nicht kannst. Denn das hing wie ein Mühlstein an mir, dass ich jetzt auftreten muss, weil es niemanden anderen gibt, und ich nicht einfach nur gesund werden kann. Das hätte ich mir gewünscht, auch wenn das so aussieht, als hätte man Ersatz für mich. Sie meinte, sie wolle nicht einfach sagen, dann lass es eben, sondern sie wollte schon, dass ich mitmache, denn das würde sonst so blöd sein, einfach zu sagen, tschüs, wir haben jemanden. Natürlich wusste ich, dass die Rolle mittlerweile auf mich zugeschnitten war, und dass sie mir passte wie ein Kleid. Das passiert immer irgendwie, dass die Rollen nach einer Weile auf einen so zugeschnitten sind, dass ein anderer, der sie kurzfristig übernimmt, nicht mehr wirklich rein passt. Ich sagte, ich fühle mich manchmal wie in einer Sekte, wo man nicht mehr raus kann, denn man wird schon sehr unter Druck gesetzt, wenn man irgendwo nicht mithin will oder nicht auftreten will, oder mal pausieren will oder nicht mitmachen will. Da meinte sie, ja, den Druck hast Du schon richtig gespürt, wenn man am Theater ist, muss man eben mitmachen, mitgegangen dringehangen, sie habe ja schließlich auch schon mit Fieber gespielt, und sie wolle nicht schuld sein, wenn einmal eine Premiere platzt, und wenn man eine Rolle hat, muss man die auch ausführen, denn schließlich hängt alles von einem ab. Ich sagte ihr, das könne sie vielleicht machen, sie sei gesund, sie arbeitete aber hier mit kranken Menschen und müsse gewärtig sein, dass immer jemand von uns ausfallen kann. Ich glaube, dass sich keiner der Situation bewusst ist, dass ich Nieren transplantiert bin. Eine meiner transplantierten bekannten meinte, wir mit Fieber als transplantierte auf die Bühne geht, ist lebensmüde. Ich glaube auch nicht, dass unsere Theaterpädagogin das von mir verlangt hätte, aber es kam schon so rüber, als würde es nicht unbedingt viel Verständnis dafür geben, wenn man sagt, ich kann nicht. Ich sagte ihr mehrfach, ich möchte entscheiden, ob ich kann oder nicht, und ich gebe Dir Bescheid, wann, und dann wünsche ich auch, dass dies respektiert wird. Ich sagte ihr ganz ehrlich, das Theater ist es mir nicht wert, dass ich meine Gesundheit dafür opfere. Sie meinte, ja, das habe sie mir doch jetzt mehrfach versprochen, dass ich auch absagen könnte. Wir machten dann den 1. Februar als Stichtag aus. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl nach diesem Gespräch, ich hatte zwar den Eindruck, dass ihre Absicht darin bestand zu wissen, was los ist, und was sie verbessern könnte, denn sie bot mir mehrfach an, ich müsste nicht zu allen Proben kommen, und ich könnte auch im Sitzen spielen. Ich sagte ihr, das sei wohl unrealistisch, Proben wegzulassen, sie wisse genau, dass das im Endeffekt dann wieder nicht geht. Und genauso war es auch, um dies vorweg zu nehmen, im Gegenteil, da ich ja zuvor so lange gefehlt hatte, bin ich häufig schon eine halbe Stunde früher gekommen als die anderen, um Dinge noch separat zu üben, die ich aufgrund meiner Blindheit  mangels Erfahrung mit Gestik und Mimik schlechter machen konnte als andere. Allerdings konnte ich mit meiner Alltagskleidung kommen, denn ich würde ja als moderne Person spielen und nicht im Mittelalter, so würde es auch nicht auffallen, wenn ich meine Sachen, die ich bei der Aufführung anhätte, auch auf der Straße trüge. Außerdem hat mich eine unserer Mitspielerinnen immer mit dem  Auto abgeholt. Das hat dann schon geklappt und hat gepasst.

 

Ich habe dann den Arzt auch gefragt, ob ich am 15. Februar wieder fit sei, um Theater zu spielen, und der meinte, das sei ja noch lange hin, denn es war ja erst Ende Januar, und er gab  mir  hierfür eine gute Prognose.

 

Am Montag hatte ich dann die Magenspiegelung, die nette Ärztin, die mich am Anfang aufgenommen hatte und den schrecklichen Husten bemerkt hatte, sprach mich auf dem Flur an und fragte, wie es mir ginge, und sie beruhigte  mich, dass die Magenspiegelung ja nicht so schlimm sei, denn ich würde ja schlafen. Letztendlich war es auch so, ich bekam wieder diese Maske auf das Gesicht mit dem Ring vor dem Mund, und danach bekam ich eine Narkose. Ich hätte das auch lieber ohne Narkose gehabt, aber man sagte mir, das wäre Pflicht. Die wollen, dass man Ruhe gibt. Ich bin dann aufgewacht und habe irgend welches Zeug geredet, von wegen, ich bin jetzt wach, und ich habe geträumt. Das weiß ich aber nicht mehr genau. Dann sprach ich mit einer der Ärztinnen, die im Aufwachraum war, und die meinte, es gingen ja wohl irgendwelche Viren herum. Das könnte ja genauso sein. Es gebe ja zu viele Viren, die latent auftreten würden. Da meinte ich, so latent ist mein Virus nun auch wieder nicht, es ist der schon ganz schön manifest geworden. Das habe ich aber nicht ganz so laut gesagt, das wäre dann wieder so vorlaut gewesen. Ich fragte sie schon  im Aufwachraum, was denn rausgekommen sei, und dass sie mir das vorlesen  sollte. Als dann die Schwester kam, flüsterte sie der irgendwas ins Ohr, und da meinte die, da haben Sie recht. Wahrscheinlich hat sie gesagt, die ist ganz schön vorlaut, oder  die ist ganz schön anstrengend, oder die ist ganz schön quirlig, oder die geht einem auf die Nerven.

 

Auf jeden Fall war ich dann wieder auf Station und schlief noch eine Runde, danach war ich absolut fit, ging wieder in die Cafeteria, die ich mittlerweile halbwegs alleine fand, in dem ich mich halt einmal kurz durch fragte, um die richtige Abzweigung zu finden, und danach war ich  aber am Abend schon recht müde. Daher wurde es diesen Abend etwas früher.

 

Der Oberarzt kam und meinte, dass mit der Lungenembolie würde er nicht glauben, und ich sagte, dass glaube ich allerdings auch nicht. Also meinte er, dann brauchen wir das Heparin nicht mehr, das ist jetzt Geschichte. Ich fragte ihn, was ich denn nun gehabt hätte, und der meinte, was immer es war, wahrscheinlich  gar nichts,  aber es ist weg. In der Nacht hatte ich immer weniger Husten, und alles zusammen hatte geholfen. Das habe ich auch der netten Assistenzärztin  gesagt, die mich  immer betreut hatte.

 

Ab und zu hatte ich diese auch  mal ohne  den ganzen  Weißfluss  für mich alleine erwischt. Normalerweise kamen immer alle gleichzeitig ans Bett und umstellten es, sie schauten auf mich runter wie in einem Schneewittchen Sarg, und ich hatte das Gefühl, auch wenn ich eigentlich der Gegenstand der Diskussion war, dass sich nicht wirklich mitreden sollte. Es kam immer herüber, als sei ich ein kleines vorlautes Kind, das irgendwie zu viel wusste, über das man bestenfalls amüsiert war, wenn ich etwas fragte oder etwas  Zum Gespräch beitrug. Dabei bin ich medizinische Fachübersetzerin, ich würde mir so gerne mal ein medizinisches Gespräch auf Augenhöhe wünschen. Die Ärzte waren zwar sehr nett, aber man hatte immer das Gefühl, sie schauten auf einen herunter, wenn sie in einer Gruppe kommen. Merkwürdig war auch, dass der unterste immer zuletzt ging, wie auch von Hirschhausen sagte, es ist eine geplante Choreografie, man weiß nicht, wie sie das geschafft haben, sich so zu drehen, dass der Oberarzt wieder als Erste an der Tür war. Vielleicht üben die das im Arztzimmer.

 

Wenn ich mit der Assistenzärztin allein sprechen konnte, hatte ich das Gefühl, dass ich wirklich alles fragen konnte. Ich setzte mich auch einfach demonstrativ an den Tisch, damit sie nicht auf mich herunter schauen konnte, sondern damit wir am Tisch auf Augenhöhe saßen.

 

Mittlerweile hatte ich auch einen Atemtrainer bekommen, das war ein Gefäß mit einem Rohr, in das man hineinpusten musste, und ein sehender hätte dann einen Ball auf und ab gehen sehen. Ich hörte nur, wie der Ball jedes Mal oben an den Deckel schlug. Ich fragte, was ich denn damit sollte, denn mein Lungenvolumen ist hervorragend, ich spiele Querflöte, ich kann einen Ton über viele Takte halten, und ich hatte ja keine Atemnot. Beim Herzecho hat er mich auch gefragt, seit wann ich denn Luftnot hätte, und ich wunderte mich, wie er auf diese Frage kam. Auch wurde ja die Lungenembolie vermutet wegen Luftnot. Ich habe nie über Luftnot geklagt, die Lunge Weiher völlig frei, ich hatte nur einfach entsetzlichen Husten, alles tat weh, alles kratzte  und alles war trocken, nichts kam heraus, aber ich konnte ganz tief atmen. Die Assistenzärztin erklärte mir aber, es sei wichtig, das Training zu machen, denn wenn man viel gelegen hat, ist die Lunge nicht gut belüftet, es sei daher wichtig, immer tief durch zu atmen und das immer wieder zu trainieren. Daher machte ich eine Zeit lang mit, aber nachdem ich sowieso kein visuelles Feedback von dieser Kiste erhielt, ließ ich es auch irgendwann bleiben. Alles zusammen hat aber geholfen. Das habe ich auch  extra  bei  dem letzten Gespräch mit der Assistenzärztin  betont.

Ich fragte die Assistenzärztin, was man denn nun herausgefunden hätte, und es sei  mir so furchtbar peinlich, hierhergekommen zu sein, wo ich doch eigentlich gar nichts hatte. Sie meinte, sie haben ein Immunsystem, dass eine extrem niedrige Kompetenz hat, und sie sind Nieren transplantiert, und es hätte auch eine Lungenentzündung sein können, daher war es gut, dass sie gekommen sind. Das hat mich beruhigt, und ich musste lachen und sagte, dass mit dem wenig kompetenten Immunsystem ist ein wahres Wort, ich bin eigentlich schon immer dauernd krank geworden. Ich sagte ihr auch, dass ich das Pfeiffer'sche Drüsenfieber in den neunziger Jahren gehabt hatte, und das steht  jetzt Gott sei Dank auch endlich mal in der Anamnese.

 

Am Dienstag sollte ich dann entlassen werden. Am Montag hatte zufällig eine meiner Assistentinnen angerufen und nachgefragt, ob ich sie wieder mal brauchte. Ich sagte, Dich schickt der  Himmel, Du könntest mir helfen, meine Telefonkarte mit auszulösen, denn da ich kaum im Internet war, bekam ich 18 EUR, am Ende sogar 19 EUR  Von 20 EUR wieder. Außerdem sagte ich, sie könne kommen, um im Zimmer  und im Bad  zu schauen, ob ich etwas vergessen hätte. Daher sei es gut, wenn sie um 12:00 Uhr käme, um elf käme immer die Visite, um 11:30 Uhr gäbe es Mittagessen, das könnte ich dann noch mitnehmen, denn ich konnte ja erst am Montag das Menü essen, was ich bestellt hatte, und um eins würde dann das Taxi kommen. Das war ein guter Plan, so schien es mir.

 

Ich mache Pläne, und Gott  bzw. die Klinik lacht darüber. Um 10:00 Uhr kam dann die Visite, ich bekam dann den Arztbrief, und die Schwestern meinten, ich sollte jetzt endlich mal aufstehen, mich duschen und anziehen, denn das Zimmer würde wieder neu belegt. Draußen wurde schon nach einem Herrn gefragt, der offenbar in dieses Zimmer sollte. Ich meinte, dass meine Assistenz erst um 12:00 Uhr käme, um zu sehen, dass ich nichts vergessen hätte. Da meinten sie, das können wir doch auch alles machen. Alles wurde gemacht, und ich wurde nach draußen gesetzt. Dann kam eine Schwester und meinte, sie habe ganz zufällig Zeit, jetzt eben mal zum Automaten zu gehen, um meine Karte auszulösen. Ich gab ihr die Karte mit und erhielt 19 EUR. Dann hatte sie auch noch ganz zufällig gerade sehr viel Zeit, um mir zu helfen, mein Taxi zu bestellen. Ich meinte, dann kann ich auf das Mittagessen verzichten und meine Assistenz absagen. Das fand sie auch sehr gut und meinte, sie hätte ganz viel Zeit, um für mich meine Assistentin mit dem Schwesterntelefon anzurufen, da der Mobilfunk an dieser Stelle nicht ging. Somit sagte ich ihr ab, und sie meinte, sie müsse mir jetzt aber die Zeit berechnen, da ich ja nicht 24 Stunden vorher abgesagt hätte. Das war für mich natürlich in Ordnung.

 

Das Taxi kam also, und während ich wartete, hörte ich noch, wie permanent nach diesem einen Herrn gefragt wurde, der in mein Zimmer sollte. Offenbar war es eine sehr wichtige Person, der man möglichst schnell Platz macht, und die offenbar vielleicht sogar ein Lebendspender war, oder was auch immer, aber es war jemand, der ziemlich viel Aufmerksamkeit und Beachtung bekam, vielleicht Privatpatient.

 

Der Taxifahrer fand mich erst nicht, nachdem ich sagte, ich sei im Foyer, aber ich meinte das Foyer der Station. Ich hatte noch um den Taxischein gebeten, den die Schwester mir ebenfalls brachte. Ich kann ja auch nicht kontrollieren, ob der Schein korrekt ausgefüllt ist. Ich meine schon, dass ich gesagt hatte, ich brauche ihn für die Hin- und Rückfahrt, aber als wir dann im Taxi saßen, stellte sich heraus, dass nur die Rückfahrt angekreuzt war. So rief der Fahrer beim Schiff an, der sowieso schon einen Rochus auf mich hatte, und der meinte dann, die soll jetzt doch den Leuten das nächste Mal mehr Feuer machen, dass  die  alles richtig ankreuzen, und Du gehst jetzt nicht noch mal zurück, um das Kreuzchen zu erfragen, wir fahren jetzt, und die soll dann eben die 50 EUR vorstrecken, das kann sie ja bei der Kasse wieder zurückfordern. Ich rief im Auto noch auf der Station an und bat darum, mir einen Taxischein für die Hinfahrt noch nachträglich zuzusenden. Ich war wirklich traurig, da bei mir all dies passiert, und am Ende hatte man mir mal wieder nicht zugehört und nicht das richtige angekreuzt. Wenn ich die Assistenz doch gehabt hätte, weiß ich nicht, ob die das bemerkt hätte. Vielleicht hätte ich dem Taxifahrer den Schein schon auf Station geben können, aber manchmal lesen sie das auch erst  im Auto. Ich fand das aber ziemlich grausam von dem Chef des Taxiunternehmens.

 

Tatsächlich kam dann ein paar Tage später die Rechnung, obwohl ich drei Tage  später noch einmal von meiner  nephrologischen  Ambulanz vorsorglich einen Transportschein von meinem Haus in die Klinik erbat, falls der Transportschein aus der Klinik nicht kommen würde. Meine Betreuerin rief dann auch noch mal in der Klinik an, man sagte ihr, gerade eben habe man den Schein in einen Umschlag gesteckt und an mich geschickt. Das war aber zwei Tage, nachdem ich  ihn  telefonisch erbeten hatte.

 

Zwischenzeitlich war dann der Schein aus der Klinik angekommen, aber eben auch leider die Rechnung vom Taxiunternehmen. Ich rief dann dort an und fragte, was denn das sollte, denn ich hatte Ihnen ja sogar von meiner nephrologischen Ambulanz einen Taxischein von der Wohnung zur Klinik gegeben, so hatten sie eigentlich etwas. Er meinte, das hätte sich gekreuzt, das könne man nicht mehr auf  Kasse machen, da  das zwei  verschiedene Programme seien, da  habe man es schon unter Privat  eingegeben, das könne man nicht mehr stornieren und  man habe eben schon die Rechnung raus geschickt. Ich fand das ziemlich fies, denn ich hatte ja noch im Auto dem Taxifahrer Bescheid gegeben, der dies dem Chef auch umgehend  über Handy weiterleitete, dass ich in der Klinik einen Schein angefordert hätte. Wegen drei Tagen hätte man ja  schon  noch warten können.

 

Der Disponent meinte, er hätte so viele Leute, die den Schein  nicht korrekt ausfüllen lassen, und außerdem hätte ich auch sechs Wochen in der Klinik sein können, dann hätten sie den Schein für die Hinfahrt erst ganz spät bekommen, und das ginge nicht. Normalerweise müsste ich das Geld zahlen und es hinterher dann von der Kasse zurückfordern. Ich sagte ihm, dass ich doch blind sei und daher gar nicht kontrollieren könnte, ob der Schein korrekt ausgefüllt sei. Da meinte er, wir haben viele ältere Leute, die das nicht mehr lesen können. Mehr habe ich eigentlich auch nicht, eigentlich geht es mir genauso wie anderen Leuten, die halt einfach ohne Lesebrille das nicht erkennen können. Außerdem würde mir das nichts nützen, dass es anderen auch so geht, denn selbst wenn das stimmt, das zeigt  ja eigentlich nur, dass das Problem akut ist und anderen ebenfalls passieren kann.  Ich bat ihn darum,  dass doch der Taxifahrer das  vor Ort noch kontrolliert, ehe  wir beim Taxi sind, aber da meinte er, die wüssten das doch auch nicht, ob  das korrekt ausgefüllt sei. Ich soll es aber wissen. Ich habe nie Recht, und  der Teufel gibt immer den anderen die besseren Argumente an die Hand , damit ich  der  Verlierer bleibe. Denn nur, weil  man  gewinnen WILL, kann es doch  nicht sein, dass die anderen prinzipiell  IMMER die besseren Argumente haben und ich nie, selbst dann, wenn  ich im Recht bin.  Ich kann ja nicht immer so dumm sein und  wirklich  immer Unrecht haben, dann hätte ich doch  nie einen  Universitätsabschluss machen können, wenn ich  argumentativ immer der Verlierer bin. 

 

Ich sagte ihm dann, wenn ich sowieso bezahlen muss, dann brauche ich ja nicht mit Ihnen zu fahren, dann könnte ich auch jedes Unternehmen nehmen,  schließlich  bin ich  ja eine sichere Kundin  dadurch, dass sie direkt mit der Kasse abrechnen, und ich eben nicht zahlen muss.  Aber da meinte er, nein,  denn dann müsse ich bei der Zentrale  den Namen des Unternehmens erfragen, damit die die Wegstrecke ausfüllen und an mich schicken. Das stimmt aber nicht, denn bei meiner Transplantation habe ich auch in der Taxizentrale angerufen, irgend ein Taxi erbeten, das Geld vorgestreckt, und dann bin ich in die Klinik gefahren. Später habe ich dann die Quittung und den Taxischein bei der Kasse eingereicht und  das Geld erhalten. Ich hoffe, dass das jetzt auch klappt. Es kann doch nicht immer sein, dass alle anderen  gewinnen, ich muss doch auch leben. Ich bin aber Rechthabe-Behindert, auch, wenn es stimmt, was ich sage.  Es müssen doch auch mal Argumente zählen. Ich  armes Ding habe nur  Argumente  an der Hand, ich kann nur mit Argumenten  arbeiten, die anderen  haben  eine andere Ebene, eine Geheimstufe, die mir niemals zusteht, und in einer Welt, wo  NIEMALS  unter  KEINERLEI  Umständen  sachliche  Argumente zählen, kann ich nicht leben. Ich hasse mich, weil ich  nur auf der Ebene von Argumenten arbeiten kann, und  dass mir daher  jeder  Weg, etwas zu erreichen, versperrt ist,  weil Argumente nichts zählen, und mittlerweile  HASSE ich sogar dieses Wort.  Ich hasse mmich,  und ich hasse  es, dass  ich   die anderen abstoße, weil ich  nur Argumente habe und sonst nichts, und mir daher  jede Möglichkeit  genommen, ist, das Herz der anderen zu erreichen.  UND es muss doch  auch  Situationen  geben, wo einzig und allein  das Wort  und das Argument und sonst nichts  zählt.  Sonst zählt immer nur  diese andere  mir so verhasste Ebene, zu der ich keinen Zutritt habe. Ich hasse meine Krankheit, dass ich außer Argumente nichts habe und daher nie was bei anderen erreiche oder andere erweiche, ihr Herz  gewinne, ihr  Mitgefühl  bekomme, oder mal den Schlagabtausch    gewinne,  dass der andere mal  verliert, ich mal den Sieg  davontrage oder mal Recht  habe,  wo es stimmt und nicht immer der Recht hat, der  auf dieser anderen Ebene besser ist, und dass ich daher immer bei allen  Streitigkeiten oder Debatten und Diskussionen oder  Meinungsverschiedenheiten geschlagen werde.  Dass immer  alle, auch die, die  beispielsweise  sogar dumm und frech oder auch die, die ungebildet  sind, mich  überrumpeln, und dass  dies bei jedem Sachgebiet so ist, egal, wie alt, wie gebildet einer ist, und um  was es geht, das letzte Wort  hat IMMER der andere. SO und nicht anders ist die  einig  heilig  ewige Weltordnung, und keiner würde  je diese Ordnung ändern, man meint gerade,  dann bestünde höchste  Lebensgefahr.  Ich  bin  der geistige Bodensatz. Das gilt  für jedwede Situation.

 

Zurück zu  diesem Fall: Ich habe dem Disponenten gesagt, meine Betreuerin könne doch am nächsten Tag genauso in der Klinik anrufen, oder ich könnte die Schwester bitten, einen Tag nach der Einlieferung von einem Arzt einen Transportschein für die Hinfahrt unterschreiben zu lassen. Er meinte, nein, da gibt es keine Lösung. Er wollte einfach nicht.  Warum  gewinnen Menschen einfach, nur, weil sie  nicht verlieren  wollen?  Wenn ich nicht verlieren will, dann  bin ich trotzdem der Verlierer.  Und ich habe so kreative  Vorschläge  gemacht, um  die Sache konstruktiv  anzugehen. Bei mir verschließt sich jeder.

 

Ich bat dann meine Betreuerin, ob sie nicht beim nächsten Mal einfach kurz anrufen könnte, dass die Klinik weiß, dass sie dahinter her ist und  hinter mir steht, und dann könnte sie auch gleich einen Transportschein für mich erbitten und ihn an das Taxiunternehmen schicken. Sie meinte, nein, ich  solle doch einfach Geld mitnehmen, ich sei doch so am Ende gewesen, das sei es doch wesentlich leichter, wenn ich einfach das Geld vorstrecken würde, um dann mit ihr zusammen alles von der Kasse im Nachhinein zurückerstatten zu lassen. Jetzt habe ich mir einen Notgroschen hinterlegt, falls ich mal wieder ins Krankenhaus muss und dann vielleicht keinen Zugang zum Geldautomaten vorher hatte, weil ich eben  schon lange im Bett lag. Ich habe schon Angst, dann irgendwann mal nicht in die Klinik fahren zu können, weil das nötige Kleingeld nicht zu Hause ist.

 

Ich hatte das Unternehmen gebeten, sobald sie sich dann einen der beiden Transportscheine, den aus der Klinik oder den von der Ambulanz ausgesucht hätten,  diesen dann fertig ausgefüllt dann an meine Betreuerin zu schicken, damit diese alles gleich zur Krankenkasse schicken kann. Meiner Betreuerin sagte ich, sie möge doch bitte beim Taxiunternehmen anrufen, um denen zu sagen, dass der Taxischein, sobald er dann von  dem Unternehmen  fertig ausgefüllt ist, an Sie geschickt würde, damit sie alles direkt an die Kasse schicken könnte, und ich das nicht auch noch machen müsste. Beide sagten, dass sie das machen würden, aber am Ende landete der Taxischein wieder bei mir. Und das noch einen Tag vor meiner Aufführung am tag der Generalprobe, wo ich dann an die Kasse schreiben, die Rechnung raus suchen und alles kopieren und in das Kuvert stecken musste, natürlich habe ich wieder eines davon erst mal zerrissen, da meine Motorik so schlecht ist.  Ich fragte daraufhin bei  dem  Unternehmen, ob  die Betreuerin  nicht  an sie geschrieben hätte, um sie  zu bitten, den Schein direkt an sie zu senden. DA meinte er, sie hätten  den Schein bereits an mich losgeschickt, als die Mail der Betreuerin mit dieser  Bitte und Info über ihre Adresse  gekommen war. Dabei hatte ich denen  den  Schein  aus  der Klinik am 7. Februar  gegeben , und der kam  am 14. Februar bei mir an. In  dieser Zeit hat also die Betreuerin  die Mail mit ihrer Adresse  und der Bitte darum,  alles an sie  zu schicken nicht  an das Taxiunternehmen  geschrieben? Wer sagt jetzt die Wahrheit? Dabei habe ich  beiden  schon am  5. oder  6. Gesagt, dass sie sich miteinander kurzschließen sollten.  Auf  mich hört niemand, alle sind  mir gegenüber passiv-aggressiv  eingestellt, lasse die reden, ist doch eh egal. JE mehr man dann schreibt, desto  mehr geht man allen auf die Nerven. Aber wenn man es nicht schreibt, heißt es nur wieder, man habe ja nichts gesagt.  Ich bin die Verliererin, so ist es, so bleibt es, niemand nimmt mich ernst, niemand hört auf  mich. Ich bin allen  egal.

 

Ich hatte außerdem gewollt, dass die Betreuerin von meinem Privatkonto, weil sie ja dazu Zugang hat, die Rechnung bezahlt, damit ich das nicht auch noch machen muss, falls dann, wenn es mir  gesundheitlich noch nicht so gut geht, mit meiner Technik zu Hause was nicht klappt. Als ich ihr die Rechnung zugefaxt hatte, rief sie an und meinte, die Kontonummer sei nicht mit drauf gekommen, ich solle doch die Rechnung einfach nochmals faxen, ich sollte einfach das Papier umdrehen und dann den Schluss zuerst  faxen. Ich meinte, sie könne doch genauso gut auch beim Taxifahrer anrufen und die Kontonummer erfragen, aber das wollte sie nicht. So drehte ich das Fax um in der Hoffnung, dass es diesmal klappen würde, denn visuell fehlt mir jegliche Kontrolle. Dann schrieb ich noch mal eine WhatsApp an den Taxiunternehmer und bat ihm  um  seine Kontonummer, die ich dann per E-Mail an meine Betreuerin weiterleitete. Da hatte sie es aber schon überwiesen, denn das Fax war dieses Mal mit vollständiger aufgedruckter Kontonummer angekommen.   Warum sie niemals mit einem anderen Kontakt aufnehmen will und dies jedes Mal mir überlässt, und ich dann wieder den Ärger habe, verstehe ich nicht. Zum einen hätte sie sich dem Taxifahrer dadurch zu erkennen geben können, sodass dieser merkt, dass man es mit mir nicht machen kann, weil Betreuungshintergrund da ist, und er ja auch sein Geld  dann  über sie bekommen kann. Zum anderen hätte sie ihn auch ins Boot holen können und ihm sagen können, ich bin Betreuerin von dieser Dame, sie ist blind, bitte haben Sie mehr Verständnis, und wenn ein Problem auftritt, rufen Sie mich an, und ich kläre das dann einfach mit Ihnen oder mit der Klinik direkt. Dann wäre ich aus dem Schneider gewesen und hätte den Schutz um mich, den ich brauche. Dann hätte man wie bei allen anderen Menschen mit mehrfacher Behinderung, ein soziales Netzwerk um mich herum geschaffen, bei dem alle eingeweiht sind und im Boot sind. Aber das schafft man bei mir nicht, ich werde nur von einer Seite zur anderen herum gestoßen.

 

Das Ganze hatte dann noch mehr folgen, denn ich hatte am 13. Januar bei meiner Assistenz abgesagt, und zwar um 9:00 Uhr, und die Stunde wäre am 14. Januar um 11:00 Uhr gewesen. Somit hatte ich 26 Stunden  vor dem Termin abgesagt. Auch am 6. Januar hatte ich ja abgesagt, und das ebenfalls um 9:00 Uhr, also auch 26 Stunden zuvor. Einmal wurde die Nachricht erst um 15:00 Uhr gelesen und einmal um 10:00 Uhr. Am 28. war klar, dass ich den Betrag würde zahlen müssen, besser gesagt dass er von meinem Budgetkonto abgezogen würde, da ich  ja  nur 2 Stunden vor Termin abgesagt hatte. Ich hatte ja den Termin erst einen Tag vorher anberaumt. Das verstehe ich auch.

 

Einen Tag vor der Generalprobe, wo ich sowieso schon im Stress war, rief meine Betreuerin an und sagte, sie habe die Rechnung  der Organisation von Assistenten gelesen, und ich hätte dreimal nicht abgesagt,  die Summe belief sich auf 186 EUR. Ich sagte, ich habe abgesagt, und ich spielte ihr die Nachrichten über WhatsApp vor. Das konnte sie am Telefon mithören, außerdem war noch eine Assistenz hier, die gerade anwesend war, da ich ihr zweiter Theaterkarten übergab,  weil sie mit ihrem Mann dorthin wollte. Sie hat es also auch mit angehört. Ich bat die Betreuerin, noch einmal bei dem Verein anzurufen, um dies zu klären. Sie hat das aber nicht gemacht.  Gerade ist sie um Urlaub.

In der Zwischenzeit habe ich dann mit der Assistentin gesprochen, und sie meinte, sie würde das mit der Rechnungsstelle abklären. Allerdings war sie selbst ja gerade in der Rechnungsstelle als Vertretung tätig. Daher hätte ihr das ja auffallen können. Außerdem hätte sie mich ja auch wie am 28. auch am 13. und sechsten darauf hinweisen können, dass wegen nicht fristgerechte Absage das Geld abgezogen würde. Das hat sie aber nicht gemacht, daher war ich überrascht, als dies auf der Rechnung auftauchte. Die Betreuerin meinte, es käme nicht sehr gut, in einem ganzen Monat keine Assistenz zu nehmen, dreimal einen Termin anzuberaumen und diesen dann nicht einzuhalten. Es könnte also sein, dass der Bezirk diesen Betrag gar nicht übernehmen würde, und ich dann die 186 EUR aus eigener Tasche zahlen müsste.

 

Die Assistentin war mittlerweile da, und ich sagte ihr, dass ich eigentlich nicht einsehe, etwas zu zahlen, was ich fristgerecht abgesagt hätte, und wenn sie es einfach  zu spät liest, ist es nicht mein Problem. Sie meinte, die Leitung habe  ihr  gesagt, dass  sei mit Textnachrichten so eine Sache. Ich sagte ihr, wenn ich angerufen hätte, wäre es auch nicht anders gewesen. Ich möchte hier Recht bekommen, denn schließlich habe ich korrekt gehandelt. Da meinte sie, wir sagen ja auch nicht, dass Du nicht korrekt gehandelt hättest, sondern, dass ich es zu spät gelesen hätte. Ich meinte, dann dürfte man mich aber nicht mit den 186 EUR belasten. Darauf sagte sie nichts mehr, und wir fuhren mit unserer normalen Arbeit fort.

 

Später schrieb ich dann einen juristisch gesalzenen Brief an den Hauptleiter dieser Einrichtung, und ich sagte ihm, ich hoffe, dass wir uns noch im Guten einigen können. Denn die Tatsache, dass ich immer über WhatsApp mit der Assistenz kommuniziere, sei daher ein Gewohnheitsrecht, wir hätten die Mängel des Datenschutzes daher billigend in Kauf genommen, und es sei schließlich höhere Gewalt, wenn die Nachricht nicht rechtzeitig ankommt, jedes Gericht würde das so entscheiden, selbst wenn ich sie korrekt abschicke, kann es sein, dass sie  wegen  Problemen  bei der Übermittlung nicht rechtzeitig  ankommt.  Das kann bei Mails, der normalen Post, Messanger-Diensten  oder  Handytelefonaten oder auch bei Festnetz-Abs der Fall sein. Daher sehe ich nicht ein, dass ich zahlen muss.  Meine Assistentin hatte mir außerdem gesagt, dass sie zwischen 9:30 und 10:30 einen privaten Termin hatte, und dass sie daher später die Nachricht gelesen hatte. Eine der beiden infrage stehende Nachrichten wurde sogar  schon um 10:00 Uhr gelesen, das wäre 25 Stunden vor Termin gewesen. Hier so über genau zu sein, und alles auf die Minute genau auszurechnen, finde ich sowieso schäbig. Denn ich habe mich bisher immer korrekt verhalten, und ich habe korrekt abgesagt. Was hätte sie denn innerhalb dieser Zeit machen sollen? Natürlich hätte in dieser Zeit auch ein Angebot kommen  können, dass sie eine andere Assistenz übernehmen sollte, aber dann hätte sie meine Absage ja auch gelesen, wenn sie aufs Display geschaut hätte. Ich sagte außerdem dem Verein, ich finde es nicht schön, dass man da nicht mal nachfragt, was los ist, und warum das geschehen konnte, wenn man mich doch kennt und weiß, dass ich prinzipiell zuverlässig bin. Ich sehe nicht ein, auch noch bestraft zu werden, weil ich krank war. Daraufhin rief dann die Assistentin an und meinte, der Chef habe das gelesen, die Stunden würden zurück gebucht, dies könne eine Weile dauern, aber das nächste Mal solle ich bitteschön telefonisch absagen. Ich sagte ihr, dass es kein Unterschied sei, ob sie nun auf dem Display eine Nachricht über Mailbox oder eine Nachricht über WhatsApp sehen würde. Außerdem könne eine Mailboxnachricht genauso wenig verständlich sein, sie könne verzerrt sein, sie könne genauso gut aufgrund eines Funklochs später ankommen. Aber  da sei ja dann schließlich die Zeit dabei, und ich sagte, bei WhatsApp auch. Ich werde jetzt einfach beides tun, über WhatsApp und über Telefon absagen, wenn sie dann ihr Telefon aufgrund ihres anderen Termins ausgeschaltet hat, ist es in beiden Fällen nicht mein Problem. Ich sagte außerdem auch der Leitung, dass ich die Arbeit dieser Assistentin sehr schätzen würde, und dies daher kein persönliches Problem gegen sie sei, wenn ich mich hier wäre, aber ich möchte das Gefühl haben, hier auch wertgeschätzt zu werden, und ich möchte auch, dass die Gerechtigkeit siegt. Ich sagte ihr direkt ins Gesicht, ich lasse Euch demnächst immer an tanzen, egal, ob ich krank bin oder nicht. Dann sage ich einfach nicht mehr ab, wenn ich sowieso zahlen muss. Meine Betreuerin meinte ebenfalls, wenn sie sowieso zahlen müssen, oder der Bezirk muss aufgrund von nicht fristgerecht abgesagten Stunden sowieso zahlen wie in dem Fall  vom  28. Januar, wo ich  sie dann doch  nicht brauchte und ihr absagte,, können Sie genauso gut auch die Leute antanzen lassen. Ich sagte, irgendwas finde ich schon, und wenn Ihr dann einfach  am Bett sitzt  und  Händchen haltet. Außerdem kann ich Euch zum Einkaufen schicken. Dann berücksichtige  ich eben auch nicht mehr, dass sich einige Assistenten nicht anstecken dürfen, dass sie selbst eine Erkrankung oder einen erkrankten Angehörigen haben. Dann werden sie wahrscheinlich weggehen und sagen, ich hätte sie nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass ich krank bin. Ich bin zumindest froh, dass ich das Geld nun wohl doch nicht zahlen  muss, und sie kommt in zwei Wochen wieder, dann machen wir wieder unsere ganz normale Arbeit. Sie muss noch einige Dinge für mich installieren und einbauen, und ich hoffe, dass ich da nicht schon wieder krank bin.

 

Insgesamt war das alles  mit der Krankheit fürchterlich, ich fand schon fast, dass dies eine traumatische Zeit war. Deren habe ich schon genügend gehabt, ich bin irgendwie ein Mensch mit einer schlechten Aura und ziehe alles an. Außerdem mögen mich die Menschen nicht, weil sie mich für einen Querulanten halten, der nur seine Erkrankung heraushängen lässt und alles haben will und zu faul ist, selbst etwas zu machen, und der sich wegen jeder Kleinigkeit behandeln lässt.

 

Nun muss ich noch ein paar Mal zur Blutabnahme, da wir das Medikament, dass die Leukozyten senkt, reduziert haben. Das hatte mir  bereits der Nephrologe am  15. Januar vorgeschlagen, aber da ich schon einmal Probleme mit meiner Niere bekam, als ich das Medikament halbierte, sagte ich ihm, dass ich das nicht machen wollte. Das hat er aber nicht zur Kenntnis genommen und geglaubt, dass ich das Medikament längst reduziert hätte. Dann war er etwas sauer, jetzt wird natürlich jeder denken, wenn die auch die Anweisungen der Ärzte nicht einhält, braucht sie sich auch nicht zu wundern, wenn ihr keiner hilft. Als ich dann in der Klinik war, haben die das Medikament reduziert, aber da war ich ja schließlich unter Kontrolle. Jetzt wird das Medikament langsam wieder angehoben, daher müssen wir stetig Blut abnehmen, um die Anzahl der Leukozyten zu untersuchen. Dementsprechend  wird das Medikament wieder angehoben. Denn der Oberarzt dort meinte, wenn das Medikament in seiner normalen Höhe gegeben wird, ist das Immunsystem noch mehr geschwächt, und man wird dauernd krank. Ich habe also die Wahl zwischen Pest und Cholera, entweder, die Niere ist schlechter geschützt, oder ich fahre die volle Immunsuppression und bin dauernd im Bett. Auf jeden Fall habe ich jetzt endlich den Nephrologen erreicht, auch hier musste ich wieder kämpfen. Die Sprechstundenhilfen hatten mit mir Mehrfachtermine für Blutabnahmen ausgemacht, und dann sollten Sie jeweils dem Arzt die Werte vorlegen, damit dieser dann entscheidet, wann ich wieder kommen müsste. Dies geschah nicht, jedes Mal wurde ich wieder vertröstet, man habe den Arzt noch nicht gesprochen. Irgendwann ließ ich dann meine Assistentin, die, welche mit ihrem Mann zu der Aufführung wollte, am  13. Februar  mit der Nierenambulanz sprechen, und auf einmal ging es, die Sprechstundenhilfe hängte sich rein, sie erreichte den Arzt, und danach wurde mir mitgeteilt, wie die nächsten Blutabnahmen verlaufen würden. Das mache ich jetzt alles beim Hausarzt, und am 11. März ist ja dann wieder mein regulärer Termin in der nephrologischen Ambulanz.

 

Ich muss zumindest um alles kämpfen, und ich möchte, dass das andere für mich tun, zum Beispiel auch, dass die Assistenten wegen meines Autismus und andere Dinge in der Klinik anrufen und  denen Bescheid geben, damit ich nicht jedes Mal in Ungnade falle und dann schlechter und schlechter behandelt werde. Ich möchte, dass die Assistenten auch bei dieser Hotline anrufen, wo man einen Hausarzt oder andere Termine bei Fachärzten vermittelt bekommt, wenn da wieder mal Probleme bestehen, und der Hausarzt nicht da ist. Außerdem möchte ich, dass die Assistenten durchsetzen, dass der Besuchsdienst im Krankenhaus zu mir kommt, oder dass sie zu mir kommen, wenn sie Zeit haben. Und ich möchte, dass man mich nicht einfach ein paar Wochen liegen lässt, bis ich dann fit oder verzweifelt genug bin, aufzustehen, um mir selbst einen Termin beim Arzt zu verschaffen und mich dort vorzustellen, damit ich dann ins Krankenhaus komme. Ich kann mich nicht durchsetzen, das ist offenbar Teil meiner Erkrankung, und weil ich mich nicht durchsetzen kann, werde ich dann irgendwann energisch und sage sehr deutlich, was ich will, und dann mag mich keiner mehr. Wenn ich aber nichts sage, gehe ich unter. Ich hätte ja noch nicht einmal jemanden um Hilfe bitten können, da im Krankenhaus weder der Mobilfunk noch das WLAN funktionierten. Ich habe mich mittlerweile auch bei der Patientenfürsprecherin beschwert, und ich bat sie, meine neurologischen Diagnosen an diese Station weiterzuleiten, das geht aber aus Datenschutzgründen nicht. Aber ich soll auf Antwort der Pflegedienstleitung warten. Ich sagte, ich beschwere mich auch zugunsten der Schwestern, denn offenbar herrscht hier massiver Pflegenotstand, der dann an den schwächsten der Schwachen wieder ausgelassen wird. Eine Schwester im Fernsehen hat ausdrücklich darum gebeten, wir sollten uns beschweren, damit endlich mehr Personal eingestellt würde. Jeder Tropfen hüllt irgendwann doch den Stein. Ich bat meine Assistentin daher, dass sie beim nächsten Mal einfach in der Klinik anrufen könnte, um denen zu erklären, was mit mir los ist. Da meinte sie wieder, das könne doch die Betreuerin machen. Ich sagte ihr, jeder schiebt es nur auf den anderen. Wahrscheinlich werde ich wieder und weiter und immer wieder und weiter herumgeschubst von einem zum anderen. Keiner hat genügend Mut, sich für mich einzusetzen, und keinen bin ich es wert, und keinem ist mein Leben lieb, sodass er sich mal für mich einsetzen würde, egal, ob diese  Person wirklich genau zuständig ist oder nicht. Es gibt keine Menschlichkeit für mich, es gibt nur Dienst nach Vorschrift. Und das kann es nicht sein. Zum Glück hat die eine Assistentin wenigstens  die Akte und  das Kärtchen zu dem Arzt gebracht.

 

Ich ziehe auch andere Konsequenzen. Meine Betreuerin soll jetzt für mich nach einer Krankenhauszusatzversicherung schauen, denn wenn man mehr bezahlt, bekommt man vielleicht auch mehr Hilfe. Außerdem bekomme ich wegen meiner Medikamente jetzt vielleicht einen Pflegedienst, der zu Hause sich darum kümmert, dass meine Medikamente beschafft und für mich gestellt werden. Wenn man einmal in der Woche diesen Dienst benötigt, der dann eine Box vorbeibringen würde, muss man zuzahlen, denn für einen Tag ist der Satz, den sie von der Krankenkasse dann für diesen einen Tag bekommen,  zu wenig, damit sie mir die Medikamente auch noch beim Arzt besorgen. Daher habe  ich mich nun dazu durchgerungen, dass sie jeden Tag kommen. Als ich mich nun dazu durchgerungen hatte, hieß es auf einmal, dann müssen wir jede Einnahme kommen, also viermal oder  gar fünfmal am Tag. Ich sagte, es reicht doch, wenn Sie mir jeden Tag die Dosette für diesen Tag reinreichen, da meinte die Betreuerin, die telefonisch mit mir Kontakt aufnahm, als sie gerade bei diesem Pflegedienst in meiner Angelegenheit  saß, dann wird die Kasse aber argumentieren, dass die dann auch nur einmal wöchentlich kommen können, und dann wäre es wieder  so wie  oben  beschrieben, dass sie nur einen einzigen Tag von der Kasse vergütet bekämen, der dann die Kosten für ihre Arbeit  mit Besorgen etc. nicht abdeckt.  Das finde ich etwas komisch, denn manche Patienten bekommen ja  jeden Tag andere Medikamente, die sie dann verwechseln könnten. Ich kann ja nicht jedes Mal zu Hause sein, wenn ich meine Medikamente nehmen muss, damit jemand daneben steht und schaut, dass ich sie auch schlucke. Dann hätte ich ja gar  kein Leben mehr. Jetzt habe ich mich also darauf eingelassen, 120 EUR pro Monat selbst zu zahlen, und dann werden die noch eine Verordnung vom Arzt holen, dass ich einmal die Woche diesen Dienst von der Kasse erhalte, damit es nicht ganz so teuer wird.

 

Eine Bekannte von mir bekommt dies alles von der Apotheke kostenlos, sie muss lediglich  ihr Kärtchen bei allen Ärzten verteilen, und sie hat nur einen Hausarzt, von dem sie all ihre Medikamente bezieht, obwohl sie ebenfalls schwer krank ist. Die nephrologischen Medikamente sind sehr teuer, und auch das für den Schlaf-Wachrhythmus. Daher muss ich mein Kärtchen bei mehreren Ärzten verteilen. Selbst die Pille muss ich mir ja rezeptieren lassen, und das ist sogar ein Privatrezept.  Dennoch muss ich mein Kärtchen vorbeibringen, denn sonst heben die den Kugelschreiber nicht an, um das Privatrezept auszufüllen. Selbst wenn ich denen dort verspreche, bei der nächsten frauenärztlichen Kontrolle das Kärtchen dabei zu haben, die dann in  demselben Quartal stattfindet, muss ich das Kärtchen vorher vorbei gebracht haben, wenn Sie mir ein Rezept zu schicken. Die Hausärztin möchte mir kein Rezept für sechs Monate ausstellen, obwohl ein Monat für diese Pille genauso teuer ist wie sechs Monate, denn ich muss trotz Endometriose das Medikament selbst zahlen, auch wenn es vom Arzt verordnet  werden muss. Daher ist das alles sehr umständlich, und es ist schon eine Entlastung, wenn ein Pflegedienst das alles für mich übernimmt. Da bisher noch nichts geschehen ist, wo die Betreuerin doch meinte , dass die sich bei mir melden, habe ich jetzt doch mal bei meiner Apotheke nachgefragt. Leider war ich da  zu spät, denn  hätte ich vorher mal  mich erkundigt, hätte ich  all das mit dem Pflegedienst nicht machen müssen.    Die Apotheke würde das für 3,50 EUR die Woche ebenfalls machen. Allerdings müsste ich das Kärtchen einmal im Quartal am Anfang an alle Ärzte verteilen. Wenn ich dann wieder, wie es der Teufel immer will, genau dann nicht kann, ist die Karte nicht beim Arzt für das Quartal eingelesen, und die Apotheke würde keine Rezepte zugeschickt bekommen. Luzifer wird schon wieder dafür sorgen, dass die Konstellation genauso ist. Jetzt weiß ich nicht, die Betreuung ist in Urlaub, ob sie noch mal bei diesem Pflegedienst nachfragt, die vom Pflegedienst wollten nämlich beim Arzt selbstständig eine Verordnung für mich holen, und dann sollte es für drei Monate losgehen. Wenn ich dann sehen würde, dass ich damit nicht zufrieden wäre, könnte ich immer noch für 3,50 EUR die Woche all das bei der Apotheke machen lassen. Aber dieser Pflegedienst würde sogar zu mir kommen, bei mir das Kärtchen abholen, das Kärtchen zu den Ärzten bringen und mir das Kärtchen dann wieder zurückbringen. Ich hoffe nur, dass sie es dann nicht über Tage hinweg behalten, und der Teufel will es, dass ich dann genau krank bin. Das wird schon genau wieder so werden. Aber nur, weil ich mir das einrede, klar. Ein Pessimist ist ein Realist aus Erfahrung.

Ich kann nur hoffen, dass ich jetzt so schnell nicht wieder krank werde, ich weiß nur eines, wenn ich mal in ein Altenheim muss, bringe ich mich vorher um. Das ist noch Jahre hin, aber ich möchte nicht alt und krank werden, vorher will ich sterben. Das ist kein Leben mehr, ich kann mir noch nicht mal einen Kaffee mehr holen, ich kann gar nichts, ich muss immer bitten und betteln, ich werde schlecht behandelt, ich muss mit Leuten im Zimmer liegen, ich kann nichts machen, ich habe keinen Zugang zu Medien, obwohl ich als schwer mehrfachbehinderte auf das WLAN angewiesen bin, um meine Texte zu diktieren, um Hilferufe abzuschicken usw. All dies wird dann nicht mehr möglich sein, nur noch auf Gnade und Barmherzigkeit und unter Kampf mit den Schwestern. Bevor ich der Katz gehöre, mache ich dem ganzen vorher  noch schnell ein würdevolles Ende. Mich trägt man hier aus dieser Wohnung nur mit den Füßen voraus hinaus. Ich sorge dafür, dass ich  hier so lange wie möglich bleiben kann, wo ich auch dann, wenn ich total krank bin und nicht raus kann, immerhin in der Wohnung  umherlaufen, den Fernseher selbständig einschalten, alleine Telefonieren und  den PC und das WLAN  nutzen kann.  Wo ich mir Essen und einen Kaffee selbständig  zubereiten kann, und wo ich  das Radio alleine  bedienen kann, wo ich meine Hörbücher  und  Zeitschriften  herunterladen, bestellen und auch streamen kann, wo  ich meine DVDs und  CDs  und Kassetten einlegen kann, und wo ich  meine  Fernsehaufnahmen  anschauen  kann, ohne dass ich dauernd um Hilfe  bitten muss. Ich dachte,  im Krankenhaus  wirst Du richtig verwöhnt, weil man nicht selbst  kochen muss, weil das Frühstück  ins Zimmer serviert wird, weil man  Dinge  ans Bett bekommt, weil  sich jemand  um die  Medikamente  kümmert, aber da bekomme ich auf Dauer einen  Lagerkoller. Ich hielt es im Zimmer fast nicht mehr aus. Ich kann nicht einmal mit dem Mobiltelefon woanders hingehen, wenn ein Funkloch in meinem Zimmer besteht, denn abends ist die Cafeteria zu, und kein Mensch ist mehr unterwegs, um mir wieder zurück auf Station zu helfen. Ich könnte noch nicht einmal auf Station alleine zu einer Sitzgruppe gehen. Ich könnte gar nichts. Da gehört man wirklich der Katz.