Samstag, 25. Dezember 2010

Schöne Bescherung

Ich war nicht brav, daher gab es dieses Jahr keine Geschenke. Da ich eine Weihnachtsmuffeline bin, fahre ich schon lange nicht mehr nach Hause und tu mir den Familienstreß nicht an. Aber Bescherung sollte dennoch sein. So sende ich meine übers Jahr gesammelten Geschenke an Weihnachten an meine LEut und warte ebenso auf ein paar nette Sachen. Von den Eltern krieg ich ein paar Sachen finanziert, die ich mir selbst anschaffe. Ein Päckchen kam sogar am Sonntag. Das mußte von meiner Freundin sein, und standhaft, wie ich nunmal bin, dachte ich mir, heb es Dir auf bis WEihnachten, dann hast DU was zum Auspacken. Vorweg bedankte ich mich bei der Freundin schonmal für die ANkunft des Paketchens. Am 23. erhielt ich noch ein Paket mit einer undefinierbaren Dose, und ein Anruf bei einer Freundin, die mir jedes Jahr was schickt, machte mir klar, daß es sich um Shea-Butter handelt. Das hätte ich so jetzt nicht einfach aufgemacht, da es ja was Verderbliches hätte sein können. Da muß man vorab nachfragen, wenn man die Aufschrift einer Dose nicht lesen kann.

Am 24. schellte es nochmals, und ein weiteres Paket trudelte ein. Wer könnte mir denn noch was geschickt haben, eigentlich waren alle zu erwartenden Pakete eingetroffen. Als ich den Postler fragte, von wem das sei, meinte er, er wisse es nicht. Ich fragte noch: "Können Sie nicht lesen?" Aber da war er schon weg. Jedesmal ärgert es mich, daß sie mir nicht den Absender kurz vorlesen. Würden sie das bei jedem machen müssen, kämen sie nicht herum, aber sie müssen es ja NUR bei MIR machen, aber das ist denen schon zuviel!

Der Dialysetaxifahrer hatte mir ebenfalls ein großzügiges Freßpaket bereits am 21. überreicht, welches ich ebenfalls erst am 24. morgens öffnen wollte, um mich noch rechtzeitig bedanken zu können.

Nach der Dialyse, die diesmal vorgezogen war, damit unsere Schwestern daheim Heiligabend feiern können, aß ich erst mal die vorbereiteten Nudeln und Wiener Würstchen, und dann freute ich mich auf die Bescherung.

Als ich das große Päckchen meiner FReundin aufmachte, kamen sechs TAfeln Schokolade raus. DA war mir klar, das war nicht das Päckchen von meiner Freundin. Eine andere Freundin von mir war in der Schweiz gewesen, und da ich ihr meine letzten paar Fränkli zugeschickt hatte, die ich nicht mehr brauchte, hat sie mir ein paar Tafeln Schweizer Schokolade beim Mikros besorgt und sie mir, wie auch schon angekündigt, zugesendet. Da die Post momentan etwas überlastet ist, hat das einfach länger gedauert. Aber wo war nun das Päckchen meiner Freundin abgeblieben? Da war ja noch das unangekündigte Päcklein, das ich öffnete. Nanu, wer schenkt mir ein Buch? Alle, die michkennen, wissen, daß ich mittlerweile nicht mehr Schwarzschrift lesen kann, das muß jemand sein, der mich nicht sehr gut kennt. So nahm ich das Buch unters Lesegerät und entzifferte mühsam Autor und Titel: Christopher Moore: "Fool". Na klasse, da schenkt mir jemand ein Buch mit dem Titel "Depp"! Und eine Rechnung war auch noch dabei. Nun wurde ich stutzig und sah unterm Lesegerät genau die Adresse nach, und es stellte sich doch tatsächlich heraus, daß es nicht an mich adressiert war. Kein Geschenk meiner Freundin, und das andere Paket war für jemand anderen! Die Schokolade hatte ich ja schon länger erwartet, die war ja nicht zu Weihnachten. Das Buch muß ich so bald wie mö glich mit sehender Hilfe in den richtigen Briefkasten werfen. Vielleicht hat jemand das Paket, das an MICH adressiert war, und ich krieg es auch nboch. Die Post mag ja überfordert sein, aber die beschäftigen da neuerdings offenbar Analphabeten. Ich war so sauer, daß ich den PC anwarf und meine Mails nachsah. Und da war eine ÜBersetzung drin. So tat ich das, was andere das ganze Jahr über tun: arbeiten! Ich hab das ganze Jahr über frei und arbeite an Weihnachten. Was hab ich diesjahr zu Weihnachten gekriegt? Einen Übersetzungsauftrag. Kommt auch so gut wie nie oder selten vor! Ist daher auch ein "Geschenk".

Alles für die Katz'

Endlich, ist es erlaubt, wie nett
Handys dürfen auch sein im Dialysebett!
Und am 1. Dezember heut
Hat es natürlich auch gleich geläut’.
TASSO der Tiersuchservice war am Apparat:
„Stellen Sie sich vor, was sich ereignet hat!
Ihren Stoffel hat man gefunden
Bei einer alten Dame ist er seit ein paar Stunden.“
Ich häng hier fest und kann nicht weg,
alles Bitten und Betteln hat keinen Zweck.
Die Frau soll den Stoffel zum Tierarzt tragen,
und dort werden wir dann genau nachfragen,
ob es auch wirklich der Stoffel ist,
oder wieder ein Flop, -- so’n Mist!
-- wie ehedem, als man Lissy angeblich fand,
und die Finderin sie nicht mehr zurückgab aus der Hand.
Daher dachte ich, bist einmal hell,
und rufst beim Tierarzt an ganz schnell,
damit die den Stoffel holen bei der Frau,
um ihn zu untersuchen ganz genau.
Nur ja keine falschen Hoffnungen wagen,
ob er’s WIRKLICH ist, werden sie mir dann schon sagen!
Aber beim Tierarzt sagt man mir nur:
„Wir kommen hier nicht weg, sind nur da bis 12 Uhr!
Hier ist die Nummer der Finderin,
da wenden Sie sich jetzt bitte hin.“
Die alte Dame, bei der Stoffel weilte,
meinte, sie könne nicht weg, und es eilte,
sie könne Stoffel nur bis 13 Uhr behalten,
und es würde sich bereits schwierig gestalten,
er pinkele ihr die Wohnung voll,
und Sie käme nicht zum Tierarzt, na GANZ toll!
Beim Tierarzt rief ich an, und man sagte mir,
es gäb auch ein Taxi für das Tier.
Die Nummer gab man mir sodann,
und ich rief beim Tiertaxi an.
Dort gab es nur, ach herrjeee,
eine Handynummer auf dem AB,
die wählte ich gar hundertmal,
aber immer war sie falsch, was für ’ne Qual!
Endlich kam es zum Kontakt,
doch als es dann in der Leitung knackt,
war die Verbindung abgebrochen,
und ich fing schon an zu kochen!
Zum Glück hat er meine Nummer gesehen,
aber all mein Betteln, all mein Flehen,
halfen bei seinem Rückruf kein Stück,
denn ich hatte wieder kein Glück.
„Wir sind besetzt bis 16 Uhr,“
meinte er und blieb auch stur,
als ich ihm sagte, ich sei krank
und käm hier nicht weg, na vielen DANK!
So rief ich an bei der Frau ganz geknickt:
„Ich hätt’ Ihnen ja ein Tiertaxi geschickt,
aber keines ist da, was machen wir jetzt?
Nun wird die Katz halt wieder ausgesetzt.“
Die Frau meint, das Tierheim sei jetzt doch gekommen
Und habe den Kater mitgenommen.
Da wollt ich dann sofort hingehen
Und mir das Tierchen genau ansehen.
Zuvor rief ich im Tierheim an,
und da war eine rechte Zimtzicke dran.
Ob es der Stoffel sei, könne sie nicht sagen,
schließlich könne sie ihn ja nicht fragen.
Ich klärte sie aber auf im Nu,
sie solle mal schau’n nach Chip und Tattoo.
Sie verband mich sofort mit der „Quarantäne“
und nur damit ich es noch schnell erwähne,
ob die Katzen schon „in der Besprechung“ wären,
konnte ich sie fragend durchs Telefon hören.
Ja, die „Katzenkonferenz“ sei vorbei,
und ein Kater mit Markierung sei leider nicht dabei.
So schnell wollt ich aber doch nicht aufgeben
Und dachte mir, vielleicht ward es eben,
dass kein Chip unter der Haut und kein Tattoo im Ohr,
alles schnell entfernt im Versuchslabor.
Doch am Ende sah ich halt ein,
leider kann so etwas nicht sein.
Ein Telefonat mit der, die mir Stoffel einst gebracht,
hat mir dann alles klar gemacht:
Eine Frau las vor Wochen unser Plakat
und war bereit zur guten Tat,
hielt ihre Augen ganz weit offen
und hat einen roten Kater getroffen.
Das könnte doch der Gesuchte sein,
denkt sie sich und steckt ihn ein.
Über zwei Kilometer war die Route,
die sie ihn mit sich trug, die Gute,
um ihn über Stock, Stein und Treppen,
zu der tierlieben Schwiegermama zu schleppen,
die von der damaligen Stoffel-Vermittlerin,
denn die ist im Tierschutz drin.
Da war mir auf der Stelle klar,
dass das nie und nimmer der Stoffel war,
der sich da so ganz ohne Protest,
20 Minuten lang tragen lässt.
So war das End’ der ganzen Hatz’:
Wiedermal alles nur für die Katz’!

Sonntag, 28. November 2010

Die ersten Schritte mit diesem E-Post-Kram

Da eine Freundin von mir Geburtstag hatte, und ich unbedingt dieses hart erkämpfte E-Post-Konto einweihen wollte, habe ich ihr zu Ehren den ersten Brief an sie geschrieben. Meine Helferin war krank, und so bekam ich eine Ersatzfrau, die sich gut mit dem PC auskannte, zumindest soweit, dass sie sich in ein neues System einarbeiten konnte. Wir packten also die Sache zusammen an.

Zunächst versuchten wir, mich in mein Konto einzuloggen. Dies schlug zweimal fehl, und ich wollte schon die Sicherheits-PIN, ähnlich der der PUK beim H andy, herauskramen, aber wir gingen das Risiko einer Sperre ein und unternahmen einen dritten Versuch, der dann auch zum Glück klappte. Wir hatten den Benutzernamen, der der Epost-Adresse entsprach, mit Bindestrich geschrieben, wie es auch in der Web-Adresse der Fall war. Endlich waren wir drin. Nun suchten wir den Menüpunkt, wo man sein Konto mit Geld für Briefmarken aufladen kann. Aber wir fanden nichts. Wir nahmen richtig an, dass beim ersten Versenden eines Briefes dann schon nach dem Geld gefragt würde. Der erste Brief war schon im Posteingang, und, wie ich vermutete, war es nur das Begrüßungsanschreiben der Post. Wir konnten ihn gar nicht öffnen, und erst, als meine Helferin auf einen Button weiter oben drückte, war der Brief sichtbar. Die Beschriftung der Buttons ist sehr schlecht lesbar, da die Buchstaben unter den Symbolen sehr verschnörkelt und undeutlich geschrieben sind. Die Sprachausgabe liest die Befehle der einzelnen Buttons nicht vor sondern nur irgend einen Zeichenquatsch, so daß ich mit meinen schlechten Augen dieses Gekritzele unter den Buttons entziffern oder mir die einzelnen Funktionen der Buttons einprägen muß. Endlich fanden wir den Button für Brief verfassen und legten los. Ich, SCHLAU wie ich nun mal meine zu sein, hatte bereits einen Brief verfasst, um die Zeit zu sparen, ihn extra in das dafür vorgesehene Feld reinhacken zu müssen. Aber das Kopieren des Briefes gestaltete sich sehr schwer. Ich markierte den Brief in Word mit CTRL A, packte ihn mit CTRL V in den Zwischenspeicher und wechselte dann mit ALT TAB zum E-Post-Portal, wo ich ihn mit CTRL V einfügen wollte. Dabei war es sehr schwer für mich, das Eingabefeld für das Schreiben immer wieder zu finden, da ich durch die Großschrift auf meinem PC nur ein sehr eingeschränktes Sehfeld zur Verfügung habe, und da ich ja ohnehin ein Gesichtsfeld von nurmehr fünf Grad habe. Das Einfügen mit CTRL V ließ E-Post aber nicht zu. Ich wiederholte die Prozedur so lange, bis wir draufkamen, dass man im Eingabefeld für den Brief das Kontextmenü aufrufen und dann den Punkt „Einfügen“ wählen muß. Dann ließ es sich problemlos rüberkopieren. Allerdings mussten wir dafür dreimal den Brief neu aufmachen und dreimal den Button Brief verfassen anklicken, also jeden Schritt von Neuem machen, mich abmelden, wieder einwählen, (was jetzt schon besser klappte), dann „Brief verfassen“ anklicken, das Word-Dokument einfügen, (das Gott sei Dank noch im Zwischenspeicher war), und dann konnten wir erst zum nächsten Schritt. Es war nicht klar, ob wir erst im Menüpunkt Optionen die Sendeart (klassisch oder als epost-Brief) wählen mussten, oder erst auf Sendenklicken sollten, wo dieser Menüpunkt automatisch erscheinen würde. Er kam beim Senden automatisch, so dass wir nicht erst über Optionen reinmußten. Dann mußte ich die Adresse eintippen, wobei ich aber nicht mit der TAB-Taste von Feld zu Feld springen konnte, sondern die Maus verwenden mußte, um in jedes einzelne Feld zu klicken, was für mich enorm schwer ist. Auch sagte mir bei diesem Punkt der Adreßeingabe die Sprachausgabe nicht, welcher Adreßpunkt jetzt dran war, und da gibt es jede Menge Zusatzfelder. Dann muß man natürlich erneut den Punkt "Senden" finden, damit der Brief dann auch wirklich losgeht. Den Sende-Button mußte ich aber mit meiner Großdarstellung erst mühevoll suchen. Freilich wurde mir wieder erklärt, daß es ja JEDEM so ginge, der etwas Neues machen will, und daß da JEDER seine Probleme hätte. Wenn das so wäre, könnte mir ja niemand erklären, wie es geht, da der andere ja dann dieselben Probleme hätte wie ich u nd mir gar nicht helfen könnte. Auch dürfte der gesunde Menschenverstand einem klarmachen, daß es für einen Sehenden wesentlich einfacher ist, die einzelnen Schritte zu machen, weil er die Buttons wenigstens besser findet und die Bildchen besser entziffern kann.

Als ich den Brief versenden wollte, kam dann auch das mit dem Bezahlen dran. Ich wählte dummerweise gleich 56 Euro aus, damit ich 100 Briefmarken hatte. Danach kam auch die Mobil-TAN, und das mit dem Handy und dem Lesen der SMS im Weiterleiten-Modus, um die Buchstaben einzeln zu hören, klappte auch gut. Dann war aber wieder irgendwas anderes schiefgegangen, und die ganze Prozedur – diesmal ohne Aus- und Einloggen – musste von vorne begonnen werden. Dann kam aber keine neue Handy-TAN mehr, und endlich ging der Brief los, der mittlerweile schon dreimal im Ordner „Entwürfe“ gespeichert war. Nun wollte ich meinen Eltern auch noch einen Brief schreiben, da sie unbedingt mal sehen wollten, wie das aussah. Das klappte sehr gut, und der Brief ging auch weg. Aber als wir in den Ordner „Gesendet“ reinschauten, stellte sich heraus, dass der Brief an die Freundin doch nicht abgeschickt war. Ich war schon den Tränen nahe. Wieder starteten wir den Vorgang, den ich mittlerweile fast auswendig konnte. Zyniker -- wie pädagogische und andere Helfer halt von Berufswegen sind -- trösten mich immer ach so (wenig) einfühlsam damit, dass halt ALLES sein Gutes hat, da ich so die Schritte gleich auswendig lernen konnte. Ich war mittlerweile so aufgeregt, dass ich meiner Bekannten versehentlich meinen Nachnamen verpasste, und so mussten wir das Ganze nochmal machen. Ich hatte schon Angst, die Zeit meiner Helferin würde vorbei sein, und der Brief wäre immer noch nicht weg. Sie nahm sich, obwohl sie zu ihren Kindern und ihrem Mann musste, nochmal 10 Minuten länger Zeit, und endlich, endlich, endlich ging der Brief auf die Reise.

Meinen Eltern avisierte ich den Brief per Mail, aber ich musste zu Hause anrufen, um zu erfahren, dass er korrekt angekommen war. Ich muß immer sofort anrufen, wenn ich ein Paket bekommen habe, aber ich selbst erhalten nie eine unaufgeforderte Rückmeldung für meine mit Mühen verbundenen Sendungen.

Als ich meiner Freundin telefonisch zu ihrem Geburtstag gratulierte, bestätigte sie mir, dass der Brief angekommen sei, und sie sich sehr gefreut habe. Na Gott sei Dank!

Ich wollte dann ein paar Tage später jemandem ein paar wichtige Anlagen versenden und schaffte es sogar, den Button für „Anlagen einfügen“ zu finden. Auch das Durchsuchen meiner Ordner und das Hochladen schienen geklappt zu haben. Als ich dann den Brief versenden wollte, hieß es, dass eine der Anlagen nicht durchgehen würde, da man diese nicht ausdrucken und versenden könne. Ich fand keine Funktion, mit welcher man eine der Anlagen hätte deaktivieren können, und so verfasste ich alles nochmal neu. Ich sendete den Brief los und hatte die TAN zuvor korrekt eingetippt, die dann schon beim ersten Senden aktiviert worden war und somit nicht nochmal eingegeben werden musste. Ein paar Tage später rief mich die Dame an, das Anschreiben sei angekommen, aber die Anlagen fehlten. Mein Name sei Mißerfolg. Denn ich hatte auch einige Adressen in mein persönliches Adressbuch eingetragen und war ganz stolz, dass es geklappt hatte. Bei diesem Eingabemodus konnte ich mit der TAB-Taste von Feld zu Feld springen, und die Sprachausgabe sagte mir genau an, welches Editierfeld das nun war, wo der Cursor stand. Das war eine enorme Hilfe, denn viele der Felder waren Zusatzfelder und für mich von gar keinem Interesse, und ich mußte mehrfach die TAB-Taste betätigen, um zu einem für mich relevanten Feld zu gelangen, wo ich dann nur Name, Straße und Ort eingeben wollte und auch konnte. Als ich aber den Namen dieser Dame aufrief, indem ich den Punkt „Persönliche Adressen verwenden“ anklickte, waren statt der sechs eingetragenen Adressen nur drei sichtbar, und der geneigte Leser möge raten, welche Adresse nicht unter den Dreien war! Ich schaute nach, ob vielleicht drei der sechs reingehackten Adressen womöglich nicht korrekt gespeichert und demnach nicht angenommen worden waren. Aber siehe da, alle sechs Adressen waren vorhanden. Warum die Hälfte von ihnen aber dann nicht sichtbar ist, wenn man beim Verfassen eines Briefes das persönliche Adressbuch verwenden will, verstehe ich nicht.

Ich muß immer alles zehnmal öfter üben als ein normaler Mensch mit normaler (technischer) Begabung. Ich kann auch nie selbst eine Sache herausfinden, sondern brauche immer jemanden, der mir die Schritte erklärt, die ich dann auswendig lernen und mehrfach üben muß, um sie dann auch in der Praxis anwenden zu können. Dadurch, dass ich alles zehnmal üben muß, kann ich mir die Schritte auch recht gut merken. Aber der Transfer von einem Schritt auf einen neuen, gelingt mir nicht. Jede neue Sache ist dann so, als hätte ich noch nie an einem PC gesessen und alles will wieder völlig neu geübt sein. Warum das so ist, wo ich doch eigentlich nicht (offiziell) lerneingeschränkt bin, versteht niemand. Nun werde ich warten müssen, bis meine Helferin in ein paar Tagen wieder kommt, und mir dann wieder Schritt für Schritt die nächsten „Bewegungen“ zeigt, die ich dann wieder mehrfach einüben und einproben muß, damit sie mir im „Ernstfall“ auch gelingen. Da darf aber dann nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommen, und es muß absolut ruhig sein, es darf keine Hektik herrschen, und ich muß mir jeden Schritt laut vorsagen, damit auch wirklich alles klappt. Ich würde mir so wünschen, dass doch mal jemand rausfindet, was das für eine Teilleistungsproblematik ist, dass ich mit solchen Dingen solche Probleme habe, was doch so eine arge Diskrepanz zu meinem sonstigen Leistungsvermögen darstellt. Daß man nicht überall gleich gut sein kann, ist mir klar, aber ein derartiger Unterschied zwischen den einzelnen Begabungen, wo ich doch viel mit dem PC zu tun habe, und insgesamt kein niedriges Leistungslevel habe, will mir nicht einleuchten. Irgendwann klappt es dann doch, und dann wechsele ich zu einem etwas anbieterfreundlicheren System. Aber dafür muß ich erst die 100 Briefmarken abarbeiten, und da ist ja n och Potential zum Üben da, und einige Leute können sich jetzt über Weihnachtspost freuen.

Mein Handy kann sprechen

Schon länger hatte ich mir ein Handy mit Sprachausgabe gewünscht. Da diese Geräte aber sehr teuer sind, bzw. die aufgespielte Sprachausgabe fast 300 Euro kostet, und dann noch die Kosten des Mobiltelefons selbst hinzukommen, welches ein Symbian-Handy sein muß, habe ich mich bisweilen immer damit beholfen, die entsprechenden Nummern auf meinem Notizgerät zu speichern, dort bei Bedarf abzuhören und ins Handy zu tippen. Das wurde aber mit zunehmender Sehverschlechterung immer schwieriger, und die Tasten meines Handys klemmten ab und zu, oder ich verwählte mich. Mir war das so zu unsicher, und daher beschloß ich, auf ein sprechendes Handy zu sparen.

Als ich ungefähr nach drei Monaten das Geld und noch was darüber hinaus zusammen hatte, ging ich zu der Hilfsmittelfirma, die wir auch im Rahmen unseres Radioprojektes schon interviewt hatten. Damals zeigten die uns einige Handys, und es stellte sich obendrein heraus, dass ein Bekannter von mir dort zu arbeiten angefangen hatte. Ich ging also zu diesem Laden, und der Bekannte meinte, ich hätte vorher anrufen sollen, denn dann hätte er mir ein N82 zeigen können. Das sei ein Handy, mit dem ich zurechtkommen würde. Denn ich wollte eines mit erhabenen und eher kleineren Tasten. Heuzutage haben die Handys alle sehr breite und flache Tasten, die fast ineinander übergehen, wobei man mit meinem schlechten Tastsinn nicht erfühlen kann, wo die eine Taste endet und die andere beginnt. Bei diesem schon etwas älteren Handy würde das problemlos für mich sein. Ich ging nach Hause, und er meinte, er würde sich mal umschauen wegen dieses Handys. Schon am Nachmittag rief er an, ich solle doch mal eben schnell vorbeikommen, eine Kundin habe ein N82 vorbeigebracht, um es reparieren zu lassen, und ich hätte die Chance, mir so ein Modell nun mal anzusehen. Da der Laden genau in meine Ecke gezogen war, rannte ich hinunter und wurde von meinem Bekannten abgeholt. Das Handy war wirklich gut zu ertasten, war noch eines der nicht ganz so verschwindend kleinen Moodelle, die man heutzutage zwischen Ohr und Mund fast hin- und herschieben muß, um hören und sprechen zu können. Das N82 hat eine große Taste für „Abheben“ und eine große für „Auflegen“. Ich sagte zu und bestellte das Handy. Mein Bekannter sagte, dass er es bei ebay suchen müsse, da es das Handy im Handel nicht mehr gäbe. Es würde so um die 14 Tage dauern. Nach ca. 2 Wochen dachte ich, nun, jetzt könnte doch mal was kommen. Und so war es, genau nach zwei Wochen rief der Bekannte an, er habe ein neuwertiges N82 gefunden und würde mir jetzt die Sprachausgabe aufspielen. Alles in Allem würde es 500 Euro kosten. Damit war ich hoch zufrieden. Da ich mit einer Vertretung meiner Helferin den ersten E-Post-Brief schreiben und ausprobieren wollte, ob ich eine Mobil-TAN hörend „entziffern“ können würde, bestellte ich das Handy auf einen Freitag, da ich an diesem Tag mit einer Helferin beim Einkaufen war, und sie mich dann gleich direkt zu dem Laden bringen konnte. Das war machbar, und ich sollte ihn anrufen, wann wir mit Einkaufen fertig seien, damit er entscheiden könne, ob es bis zur Mittagspause noch hinkommen würde. Es klappte, und die Helferin und ich liefen zu dem Laden, der im zweiten Stock war. Da ich mit Wendeltreppen arge Probleme habe, haben wir immer den Lastenaufzug benutzen müssen. Dies ist ein uriges Teil. ES hat keine Fenster, nur eine Funzel, und man mußsich genau „mittig“ stellen, damit der Aufzug keine Probleme bekommt. Unten kommt man nur von innen hinein, obwohl auch eine Aufzugtür zur Straße zeigt, und man braucht einen Schlüssel, daher geht es nur, wenn jemand vom Personal dabei ist, also eben mein Bekannter. Wir stiegen ein, und ich amüsierte mich wieder köstlich über dieses „Kult-Teil“ von Aufzug. Meine Helferin zeigte Anzeichen davon, dass es ihr unbehaglich war. Oben angekommen musste mein Bekannter klopfen, damit ihm jemand vom Büro aufmachte, denn sonst hätte jeder einfach in das Büro stiefeln können, da der Aufzug direkt in den Laden fuhr. Ich war das ja schon gewohnt, aber meine Helferin war in schierer panik, schrie, „ich will raus“, da sie annahm, das sei eine Ausnahmesituation, weil er seine Kollegen rief und klopfte. Sie fing zu hyperventilieren an, und ich legte, sonst nicht so meine Art, meine Hand beruhigend auf ihren Arm. Ich hatte seltenst erlebt, dass andere mal Schwäche zeigten oder in einer Situation schwächer waren als ich. Sonst bin immer ich diejenige, die von anderen beruhigt werden muß. Drinnen angekommen war alles wieder OK, aber meine Helferin hatte noch Herzklopfen von dem Schrecken. Ich war schon so mit meinem neuen Handy beschäftigt, dass ich ihr nur ihren Zettel unterschrieb, ihr die Hand gab und ein paar Worte wechselte, dass ich auch in bestimmten Situationen solche Angstzustände kenne, beispielsweise, wenn der Wind in mein Gesicht peitscht. Später hatte ich ein schlechtes Gewissen, sie so auf die Straße gehen zu lassen und hatte schon Befürchtungen, dass sie schlecht nach Hause gekommen sei. Das war aber zum Glück nicht der Fall.

Das Handy wurde mir zunächst mal erklärt, beispielsweise, wo welche Taste ist, wie die Taste heißt, wie die Tastensperre aufgeht, welches die Talx-Taste ist, diejenige Taste, mit der man bestimmte Sprachbefehle aufrufen kann, wie z .B. das Vorlesen einer Zeile, des ganzen Fensters, des Batterie- und Empfangsstatus’, der nächsten Befehlsmöglichkeiten etc. Ich hatte extrem große Mühe, mir alles zu merken. Zunächst erklärte mir mein Bekannter, wie man einen neuen Kontakt eingibt. Ich konnte mir partout nicht merken, welche Taste ich wann drücken musste, wann ich die Funktionstaste, wann die Auswahltaste drücken musste, wann ich mit den Pfeilen rauf und runter, wann nach links und rechts fahren musste, ob ich nun in einem Untermenü war, oder ob ich eine Ebene höher gehen musste, wann ich auf „Auflegen“ drücken musste, um die Eingabe vollends zu beenden, wann nur auf Funktionstaste 2, um eine Ebene höher zu gehen. Ich war so verwirrt, dass ich schon aufgeben wollte. Mein Bekannter meinte, ich stünde mir selbst im Wege und würde mir dauernd sagen, dass ich das nicht könne. Ich ließ dies kommentarlos über mich ergehen und dachte, der weiß ja nicht, wie schwierig das ist, wenn man sich wegen der Dialyse fast nichts mehr merken kann. Irgendwann, so ca. nach zwei Stunden, wwar dann der Durchbruch geschafft, und ich konnte einen Kontakt alleine eingeben. Was mir auch große Probleme bereitet hatte, war, dass die Menüpunkte als Raster, also als Matrix angelegt waren, so dass man beim Runterfahren auf Punkt fünf, dann auf Punkt acht, und beim Hochfahren auf Punkt zwei landete, und nur dann die anderen Punkte ansteuern konnte, wenn man nach links oder rechts tippte. Da ich den Bildschirm ja nicht sehen konnte und mich sehr an eine visuelle Vorstellung klammern musste, fiel mir das Ganze sehr schwer, so abstrakt zu denken. Zu Hause übte ich dann weiter und stellte noch eine Nummer in die Kontakte. ES klappte, davon abgesehen, dass die Kurzwahl-Zuweisung leider doch noch zu schwierig war. Ich hörte mir abends noch die Gebrauchsanweisung an, die als synthetisch vorgelesenes DAISY-Buch auf meinem Handy im DAISY-MP3-Player gespeichert war. Als ich einige Dinge ausprobieren wollte, die ich in dem Handbuch hörte, wobei es mir sehr schwerfiel, im Handbuch herumzunavigieren, merkte ich, dass teilweise bestimmte Menüpunkte des DAISY-Buches nicht mehr vorgelesen wurden. Auf einmal war nicht nur die Stimme vom MP3-Player weg, sondern die synthetische Sprachausgabe des Telefons selbst war auch verstummt. Es war schon ein Uhr in der Nacht, ich war in Panik, schaltete das Handy mehrfach ein und aus, wobei ich aber nie wusste, wie fest ich auf den Ausschaltknopf drücken musste, und es sich dauernd ein- und ausschaltete, aber irgendwann, nach zehn Stoßgebeten zum Himmel, war es wieder angeschaltet, und die Sprachausgabe redete wieder mit mir. Aber als ich wieder ins Handbuch auf dem DAISYPLAYER des Handys gehen wollte, sagte mir die Stimme: „Kein DAISY-Buch verfügbar“. Ich habe es tatsächlich fertiggebracht, das Handbuch zu löschen. Irgendwie musste ich doch darüber lachen. Absichtlich wäre mir das sicher niemals gelungen. Einige Handgriffe hatte ich mir aus dem Handbuch doch noch gemerkt und konnte im Talx-Menü selbst einstellen, dass das Handy die eingehenden Anrufe mit Nummer oder dem in den Kontakten eingespeicherten Namen ansagen sollte, den Sekundenabstand dieser Ansage konnte ich ebenfalls ändern, auch schaffte ich es, die Art der Cursorbewegung, ob wort- oder buchstabenweise, zu ändern. Das Handbuch habe ich noch auf CD, aber ich traue mir nicht zu, das Handbuch mit dem USB-Kabel auf die Speicherkarte des Handys zu überspielen.

Glücklicherweise habe ich wieder Kontakt zu einem Bekannten, mit dem ich längere Zeit wenig zu tun hatte, da wir nur sehr sporadisch, aber dann sehr lang, miteinander telefonieren. Er hat genau das gleicheHandy und konnte mir noch eine Menge erklären. Mittlerweile habe ich das Prinzip von Menüs, Untermenüs und Ebenen soweit verstanden. Auch habe ich mit seiner Hilfe die Menüpunkte so eingestellt, dass sie nur untereinander kommen, und ich kann sogar die Menüpunkte dahin verschieben, wo ich sie haben will, so habe ich z.B. den Menüpunkt „System“, den ich öfter brauche, vom Platz 10 auf Platz 3 verschoben.

Da ich ja die Mobil-TAN von der E-Post lesen können will, riet mir mein Bekannter, die SMS auf „Weiterleiten“ zu setzen, da man dann in dem geöffneten „Dokument“ herumfuhrwerken und sich die Buchstaben einzeln vorlesen lassen kann. Mittlerweile habe ich den Cursor auf Buchstaben eingestellt, so dass ich mir auch ohne Weiterleiten die SMS buchstabenweise und mit Angabe der Buchstabennamen wie Anton, Berta, Cäsar, Dora… und auch Groß- und Klein-Buchstaben Vorlesen lassen kann, damit man sie besser versteht.

Das, was ich mit dem Handy machen will, kann ich schon ganz gut. Wenn ich in Urlaub fahre, möchte ich mal meine E-Mails damit lesen, damit ich keine wichtigen Nachrichten verpasse. Ich bin mal gespannt, ob das klappt. Mein Bekannter, der auch dieses Telefon hat, macht seine gesamte E-Mailkorrespondenz sowie alle Internet-Aktionen mit dem Handy anstatt mit dem PC. Er ist wirklich fit, und da habe ich jemanden an der Hand, den ich öfter mal um Hilfe bitten kann. So funktioniert Gott sei Dank das Handy, und ich komme gut damit zurecht.

Sonntag, 21. November 2010

Alles was einen "verblöden" lassen kann

Dass ich an geistiger Leistungsfähigkeit einbüße, liegt freilich auch an der Dialyse, was mir aber keiner glauben will. Aber meine geistige Leistungskraft hat rapide nachgelassen. So könnte ich mir heutzutage beispielsweise nicht mehr vorstellen, nochmal eine Fremdsprache zu lernen, obwohl ich das ja sogar an der Uni tat. Auch bin ich im Alltag viel zerstreuter, vergeßlicher und unkonzentrierter geworden, was sicher auch an den Vergiftungserscheinungen der Dialyse liegt. Da das nicht bei jedem so ist, und da dies von vielen als Ausrede verwendet wird, ist das bereits inflationär, und daher glaubt mir das keiner. Außer dumme Sprüche wie "ich kann mir auch weniger merken, Du wirst halt alt", (mit 42, wo andere mit 80 noch ein Seniorenstudium machen), höre ich nichts Anteilnehmendes.

Aber es gibt noch einen viel tieferen und verheerenderen Grund als die allmählich chronisch werdenden Vergiftungserscheinungen, nämlich etwas Chronisches, was die Seele zermürben und den Menschen systematisch kaputtmachen kann.

Ich möchte hier meinen Schmerz in die Welt schreien! Ich habe ein vollwertiges Studium gemacht, habe viele Erfahrungen und Erlebnisse gehabt, war in vielen Ländern, bin viel gereist, wohne alleine,…..

Dennoch sind alle um mich herum Besserwisser. Was ich erlebe, sind immer die Ausnahmen, was mein Gegenüber erlebt, ist immer allgemeingültig und verallgemeinerbar. Deckt sich mein Erlebnis mit dem Erlebten des Gegenübers, habe ich Glück, und mir wird huldvoll zugestanden, dass ich „recht habe.“ Deckt es sich nicht, dann sind meine Erfahrungen nur meine privaten Erlebnisse, die „man“ nicht verallgemeinern kann, was natürlich mein Gegenüber bestimmt, beschlie0t und festlegt.

Wenn ich etwas weiß, was der andere nicht weiß, dann kommt bestenfalls ein „kann schon sein“, schlimmstenfalls wird meine Information mit „weiß ich nicht“, weggewischt und dann das Thema gewechselt. Habe ich Glück, und mein Gegenüber hat das, was ich erkläre, schon mal gehört, dann kommt: „jaja, das stimmt.“ Dass andere so ein Verhalten auch stört, merke ich daran, dass, wenn ich sage: „Ja, das stimmt“, andere dann lachen, grinsen und sagen: „NATÜRLICH stimmt das.“ Oder wenn ICH sage: „Kann sein“, ein entüstetes „Das KANN nicht nur so sein, das IST auch so“, kommt. Wenn ich einmal sage: „Weiß ich nicht“, wird mir ein verärgertes: „Aber ICH weiß es“, entgegengeschleudert. Man sieht, andere sind also genauso „empfindlich“ wie ich, wenn ihr Wissen nicht anerkannt oder von anderen ob seiner Richtigkeit taxiert wird.

Selbstverständlich passiert es mir auch mal, dass ich, wie oben erwähnt, sage: „weiß ich nicht“, oder „kann schon sein“, worauf dann die anderen ebenso verärgert reagieren wie ich in umgekehrtem Falle, aber mir passiert das IMMER, während anderen das nur ab und zu so geht. Im Großen und Ganzen wird das Wissen und Fachwissen der anderen meist respektiert. Sind doch mal ein paar Besserwisser dabei, können andere getrost den Kopf schütteln und sagen: „Auf DEN bin ich jetzt nicht gerade angewiesen, wenn er MEINT, dass das nicht stimmt, was ich sage.“

Ich hingegen erlebe IMMER, dass mir keiner auch nur das SCHWARZE unterm Fingernagel glaubt, und nicht mal da, wo mein Fachgebiet ist, oder wo ich mich aufgrund meiner Lebensumstände auskenne. Ich weiß, dass (noch) niemand verstehen kann, warum man unter so etwas leidet, aber wer das nicht selbst erlebt, kann das nicht beurteilen. Daher werde ich jetzt ein paar Szenen skizzieren, um das, was ich tagtäglich erlebe, einmal deutlich zu m achen, und das möge der Leser noch hundertfach potenzieren, dann hat er oder sie ungefähr meine Situation erfasst:

Szene Eins:
Taxifahrer S.: Blinde dürfen nicht unterschreiben.
Ich: Doch, Blinde müssen auch unterschreiben, sonst kriegt man keinen Mietvertrag, keinen Arbeitsvertrag etc. Ich bin ja in der Blindenszene und habe das ja jahrelang so erlebt.
Taxifahrer S.: Dann haben Sie das einfach falsch gelernt.
Ich: Ich hab mich aber beim Blindenbund rechtlich erkundigt.
Taxifahrer S.: Ich hab ja auch nicht gesagt, Blinde DÜRFEN nicht unterschreiben, ich habe gesagt, Blinde BRAUCHEN nicht zu unterschreiben. (vgl. Anfang der Konversation oben)
Ich: Aber wenn man nicht unterschreibt, dann bekommt man keinen Vertragsabschluß.
Taxifahrer S.: Ich könnte Ihnen ja Gott weiß was hinlegen.
Ich: Dann ist das meine Verantwortung, das nachprüfen zu lassen oder mit nach Hause zu nehmen oder einen Sehenden mitzunehmen.
Taxifahrer S.: Das sagt einem doch schon der gesunde Menschenverstand, dass ein Blinder nichts unterschreiben kann.
Ich: Wenn Sie mir die rechtliche Stelle nennen, wo das steht, lasse ich mich gerne belehren.
Taxifahrer S.: Belehren, ich will Sie ja nicht belehren, das sagt aber schon der gesunde Menschenverstand, das haben Sie eben falsch gelernt.
KEINE Chance.
MERKE: Ich will nicht IMMER Recht haben, aber da, wo ich mich auskenne, darf ich das auch beanspruchen, oder bin ich deshalb rechthaberisch? Wer ist in dem Beispiel rechthaberisch?

Szene zwei:
Schwester B. zu mir: Sie kriegen ja heute noch Ihr Cemplar.
Mitpatientin, Frau B.: Was ist Cemplar?
Ich: Das ist ein Vitamin-D-Analogon.
Schwester B. (mischt sich ein): Heißt das nicht AnalogA?
Ich: In der Einzahl ist es Analogon, in der Mehrzahl ist es AnalogA.
Schwester B.: Aber im Buch steht: „Vitamin D AnalogA“.
Ich: Weil es da in der Mehrzahl steh. Es ist wie mit PharmakON und PharmakA.
Mitpatientin Frau B.: Das heißt „PharmakUM“.
Ich: Das ist Griechisch, „um“ ist Lateinisch, und im Griechischen heißt es „ON“ in der Einzahl.
Mitpatientin Frau B.: Ich hab aber Pharmazie studiert, und da hieß es PharmaKUM.
Ich: Ich hab Sprachen studiert und bin medizinische Fachübersetzerin, und SIE sind zuständig, was in die Medizin reinkommt, und ICH dafür, wie es heißt.
Schwester B.: Das ist nur Ihre VERMUTUNG, dass es Pharmakon heißt, wir schauen das nach.
Ich: Ich vermute das nicht, ich weiß das, ich hab das im Studium gelernt.
Schwester B.: Sie haben doch nicht den Stein der Weisen oder sind allwissend.
Ich: Ich hab ja nicht gesagt, dass ich allwissend bin, aber das, was ich weiß, weiß ich ja.
Schwester B.: Wir können es doch nachschauen, man kann doch eine Vermutung haben.
Ich: Ich will nicht, dass das, was ich studiert habe, und worüber ich einen Abschluß gemacht habe, als eine bloße Vermutung dasteht, und dass andere es zur Vermutung herabstufen.
Schwester P., kommt dazu: Was heißt templum auf Deutsch: Tempel, und was ist die Merhzahl? -- templA.
Ich: Was ist die Einzahl von Lexika, etwa Lexikum? Ich bin medizinische Fachübersetzerin.
Schwester P.: Das mag ja sein.
Ich: Nein, das mag nicht so sein, das IST auch so.
Arzt kommt und wird gefragt und sagt „Pharmakon“.
Schwester P. schaut mich dabei an und sagt: DA, sehen Sie!
Ich: Warum, ICH hab doch gesagt, dass es Pharmakon heißt.
Schwester P. : Ich hab das ja auch zu Ihrer Bettnachbarin gesagt.
Ich zur Bettnachbarin: Glauben Sie mir jetzt.
Bettnachbarin Frau B.: Nein, ich glaube Ihnen nicht.

MERKE: Alle Leser werden mich jetzt wieder als rechthaberisch, belehrend, besserwisserisch, beharrlich und kindisch erleben und werden mir wieder raten, „Hauptsache, Du selbst weißt, dass es stimmt, was Du gelernt hast. Der Klügere gibt nach.“ Wenn das immer so ist, dass der Klügere nachgibt, und dass es egal ist, wer recht hat: WARUM FÄLLT es dann anderen so schwer, nachzugeben? Ich will ja nicht IMMER Recht haben, aber IMMER Unrecht haben, ist auch schlimm.

Szene drei:
Taxifahrer A.: Wir waren heute beim Mac und haben VEGIBURGERS gegessen.
Ich: Ja, die (vedschibörgers) kenne ich auch.
Taxifahrer A.: Ja, die vedschibörgers sind gut. (Ich wundere mich schon, dass der anstandslos meine nicht betont verbessernd vorgetragene sondern so nebenbei richtig ausgesprochene Variante übernimmt.“
Doch da kehrt der Teufel zurück.
Er sagt: ACH halt, NEIN, ICH sag „VEGIBURGERS“, denn ich kenn mich ja nicht aus.
(Dass ICH mich auskenne und er meiner Aussprache hätte vertrauen können, spielt ja wieder mal keine Rolle).
Ich: Mir glaubt ja wieder mal keiner.
Taxifahrer A.: Ich sag das so, weil ich das will.

Immer sind alle so störrisch. Mein Ex sagt auch immer Rezeiwer anstatt Receiver, und das mit Fleiß. Bei anderen ist man immer dankbar und vertraut deren Können und Kenntnissen, wenn sie etwas gesagt bekommen.

Szene vier:
Ich: Ich schau grad „In der Hitze der Nacht“, da ist dieser Schwarze, der den Fall aufklärt.
Taxifahrer T.: Das heißt nicht Schwarzer sondern Farbiger.
Ich: Aber die nennen sich doch selbst so.
Taxifahrer T.: Ja, die selbst dürfen sich ja auch so nennen.

Szene fünf:
Ich: Der XY ist doch Iraner.
Taxifahrer A.: Die Exil-Iraner sagen „PERSER“!


Dauernd müssen mir andere erklären, wie etwas heißt, wie man etwas richtig sagt, ob ich das wissen will oder nicht, ob es mich interessiert oder nicht. Jetzt kann man sagen, umgekehrt machst Du das doch bei anderen auch so. NEIN, ich spreche es ganz beiläufig richtig aus, und Menschen, die mich und meine Qualifikation kennen und mir vertrauen SOLLTEN, könnten das getrost übernehmen und nicht sagen: „Da kenn ich mich nicht mit aus.“ Ich bestehe nur darauf, dass das, was ich sage, so stimmt, wenn andere mich korrigieren. Von mir aus verbessere ich andere nicht, DAS LIEGT MIR FERN. Aber ich lasse mich auch nicht dauernd von anderen verbessern und bestehe dann schon darauf, dass das, wie ich es gelernt habe, so stimmt, da ich es begründen kann, und da gehe ich auch nicht von ab. Mir reicht das aber nicht, ich hätte schon auch gerne, dass mir mal jemand was glaubt, und nicht alle statisch bleiben und kein Austausch stattfindet, bzw. dieser nur eine Einbahnstraße in meine Richtung bleibt, umgekehrt aber andere nie was von MIR mal annehmen.

Szene sechs:
Ich: Du kannst mir noch das von silly überspielen.
Bekannter T.: DASS DU das englisch aussprichst, das ist eine DDR-Band.
Ich: Na und, deshalb ist silly doch englisch und heißt „albern“.
Bekannter T.: NEIN, das ist nicht englisch, das ist aus der DDR.
Ich: Ja, aber grade dort haben sie doch so viele ausländische Namen gehabt, wie Jacqueline, Maik (mit ai) etc.
Bekannter T.: Aber silly ist nicht englisch.
Ich: Freilich ist es englisch!
Bekannter T.: Wenn Du meinst. (Aha, es steht in jedem Wörterbuch, aber jetzt ist es mal wieder nur meine Privatlogik)
Ich (lautstark): Ich hab schließlich Englisch studiert, und wenn das nicht englisch ist und nicht „albern“ heißt, dann zerreiße ich hier und jetzt mein Diplom!
Bekannter T.: Wenn Du jetzt mal runterkommst mit Deinem „ich weiß“! Das ist eine Abkürzung, die die dort grade noch haben durchgehen lassen. Das steht irgendwo bei WIkipedia.
Ich: Von was soll das eine Abkürzung sein, und ist City, eine andere Band, dann auch eine Abkürzung und auch nicht englisch?
Bekannter T.: Das ist auch eine Abkürzung:
Ich: Ich sag aber silly auf Englisch.
Bekannter T. : Du wirst schon sehen, dass alle aus dem Osten lachen.
Ich: Andere nehmen doch von mir auch nichts an, dann darf ich das doch auch so sagen, wie ich will. Dauernd korrigieren andere meine Sprache.

Ich darf nicht so störrisch sein. Dass andere auch lachen, wenn jemand VEGIBURGER oder MAISONETE (anstatt maisonette) sagt, das rührt diejenigen, die so störrisch sind, ja auch nicht. ICH darf mir also nichtleisten, auch individuell etwas so zu machen, wie ICH es will!

Sage ich „Lükra“ zum Strechstoff namens Lycra, werde ich von der Verkäuferin kritisiert, das heißt LEIKRA. Sage ich LEIKRA, heißt es: DU musst aber auch immer alles Englisch aussprechen. Demnächst Frage ich vorher bei jedem Wort an, wie der andere es ausgesprochen wünscht. Ich bin mittlerweile zu einem geistigen Chamäleon geworden und passe mich nur noch dem Empfinden anderer an, ich selbst habe kein Recht auf Wissen, Meinung und eigene Erfahrungen.

Immer werde ich genau da kritisiert, wo ich eigentlich gut bin. Es ist das Letzte und Einzige, was ich kann, das Einzige, wo ich fit bin, und genau da wollen sie mich immer treffen. Ich glaube, dass andere mich unten haben wollen und bewusst oder unbewusst (vielleicht vom Teufel geleitet, der mich kaputtmachen will), immer genau da ansetzen, wo sie mich noch treffen können. Bei allem anderen habe ich mich ja bereits damit abgefunden, dass die anderen lebenserfahrener, lebensklüger und intelligenter sind, aber die Sprache ist das einzige, was mir geblieben ist. Auch finde ich es sehr übergriffig, jemanden gerade bei seiner Sprechweise zu kritisieren, denn das ist etwas Persönliches. Das erlaubt man sich bei anderen auch nicht, aber bei mir macht man das laufend so. Intuitiv spüren die Menschen, dass ich da fit bin, und dass ich in einer Sache überlegen bin, können sie nicht ab, denn das würde ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstwertgefühl und ihre Ehre zerstören, wenn jemand wie ich in einer Sache überlegen wäre.

Szene sieben:
Bettnachbarin Frau A.: Dass die immer Shunt sagen und dafür kein deutsches Wort haben.
Ich: Sagen Sie halt Fistel, das ist ein deutsches Wort.
Schwester M.: Das ist nicht Deutsch.
Ich: Doch, das kommt ja vom Lateinischen, fistula, und das ist ein Lehnwort, so wie fenestra zu Fenster wurde.
Schwester M.: Nein, das ist kein richtig deutsches Wort.
Ich: Ja, das ist ja eingedeutscht, so wie fenestra auch.
Schwester C kommt ins Zimmer.
Schwester M.: Ist Fistel ein deutsches Wort oder nicht?
Schwester C.: Ja freilich.
Ich: Ja, sehen Sie.
Schwester M. : Aber das ist doch kein deutsches Wort.
Schwester C: Nein, eigentlich nicht, wie Computer ja auch nicht.
Ich: Doch, es ist ja eingedeutscht.
Schwester M. : Ich bleibe dabei, Fistel ist vielleicht eingedeutscht, aber es ist KEIN deutsches Wort.

KEINE CHANCE!

Ich weiß, dass das für alle Leser wieder so rüberkommt, dass ich rechthaberisch bin. Mit mir streitet immer jeder, und immer bin ich der Verlierer, immer hab ich das Nachsehen, immer weiß der andere alles besser. Ich bin schuld daran, ich reize die anderen irgendwie, dass die das so machen MÜSSEN. Aber ich glaube nicht, dass ich das selbst tue. Es ist eine „Vorschaltung“. Ich spreche ganz normal, aber dann dreht irgend eine Energie das Ganze so um, dass es beim anderen so ankommt: DU MUSST ihr widersprechen, DU DARFST ihr nicht recht geben, Du DARFST nichts glauben.
Ich antizipiere schon die Gedanken der Leser: Ist doch egal, ob einem geglaubt wird. Es ist nicht egal, wenn das dauernd vorkommt. Frage: Wenn man sich um einen Cent streitet, und immer der andere den Cent kriegt, und man selbst immer leer ausgeht, und dies Milliardenmal im Leben so ausgeht, man aber NULLmal den Cent erhält, wer wird dann arm, und wer hat es dann dringend nötig, auch mal den Cent zu kriegen? Wenn es doch NUR ein Cent ist, warum kann der andere, der so viele davon hat, nicht mir wenigstens EINMAL einen Cent lassen? Ich meine jetzt nicht, dass mir betont gnädig recht gegeben wird, wobei das dann so aussieht, als hätte der andere doch recht, aber er würde mir mit „also GUUUUT“ zustimmen, damit ich Ruhe gebe, und damit die Arme auch mal recht hat. Dann steht er noch besser da und hat erst recht Recht.
ABER: Wenn das alles doch ACH so unwichtig ist, wer recht hat, warum bin dann immer ICH der Verlierer? Wenn andere so gut damit leben können, auch mal Unrecht zu haben, warum gewinnt dann doch immer der andere? Doch nicht etwa, weil die anderen tatsächlich wirklich immer recht haben? Kann es wirklich sein, dass ich tatsächlich NIE recht habe? Gibt es so jemanden überhaupt?
Es liegt sicher nicht an meiner Intensität, die andere dann dazu reizt, mich verlieren zu lassen. Das würde ja heißen, dass ich schon mit dieser Intensität auf die Welt gekommen bin, und dass andere mir daher von Geburt an nie recht geben konnten. Das stimmt aber nicht: Ich bin ganz normal auf die Welt gekommen, aber ich habe NIE Recht bekommen, und daher habe ich es so dringend nötig, und daher kommt auch meine Intensität, recht zu bekommen. Würde oder KÖNNTE ich das lassen, würden die anderen aber deshalb AUCH nicht nachgeben. Denn die anderen haben ein Problem damit, überhaupt auch nur EINMAL (gegenüber mir) im Unrecht zu sein, während MEIN Problem ja darin besteht, IMMER im Unrecht zu sein. Ich habe KEIN Problem damit, anderen mal Recht zu geben. Aber ich habe ein Problem damit, anderen IMMER recht geben zu müssen! Und deshalb werde ich als rechthaberisch hingestellt, während andere, die (mir gegenüber) nie nachgeben, als ganz gesund hingestellt werden. Klar können die souverän rüberkommen, und ich bin der Schreihals, und wer schreit, hat nie recht. Dass das aber ein Ausdruck meiner Schwäche und OHNMACHT ist und nicht ein Ausdruck meines mangelnden Wissens und UNVERMÖGENS, und dass das einfach ein scheiß Spiel ist, wo ich als der UNSOUVERÄN, der nie nachgeben kann, rüberkomme und daher als die Schwächere, das sieht keiner.

Um auf die Frage in der Überschriftszeile zu kommen: Ich bin deshalb so dumm geworden, da ich mir nichts mehr merken kann. Das liegt unter anderem daran, dass ich schon so oft vor lauter Verzweiflung über meine ohnmächtige Situation mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen bin, um dem inneren Schmerz einen fühlbaren Schmerz entgegenzusetzen. Aber es liegt auch daran, dass ich mich vor lauter Kummer auf nichts mehr konzentrieren kann und daher gar nicht aufpasse, was irgendwo erklärt wird. UND es liegt NICHT zuletzt an den anderen: Denn dadurch, dass ich immer denken muß, der nächste belehrt mich ohnehin wieder eines Besseren, merke ich mir nichts mehr und bin bei allem unsicher, ob ich es richtig verstanden habe, oder ob nicht wieder ein Besserwisser kommt und sagt, das sei nicht so. Ich denke dann: „Morgen sagt mir eh wieder jemand anderer, dass es anders ist, warum also mir das merken?“ Ich habe keine sichere Wahrnehmungsgrundlage mehr. Ein anderer kann sich sagen: Ich hab das studiert, ich weiß, dass das stimmt.“ Er kann sich sagen: „Ich kann a nderen viel erklären, die glauben mir das auch, weil sie meine Kompetenzen kennen.“ Das macht die Sicherheit, die man braucht, um sich etwas zu merken und es als Tatsache abspeichern zu können.

Bei mir läuft das aber so:
A sagt mir eine Tatsache, damit gehe ich zu B. B sagt, was A sagt, ist Blödsinn, Du darfst nicht immer allen alles glauben, B ist richtig. Mit B gehe ich dann zu A, der mir aber wiederum sagt: „WAS B Dir da gesagt hat, ist kompletter Blödsinn, Du musst auch mal was glauben, was man Dir sagt und sollst nicht alles in Zweifel ziehen.“ Dann kommt der schlaue C und sagt: „Sei doch EINFACH DU selbst und glaube, was DU willst.“ Aber D sagt dann wieder, ich solle nicht so stur sein, denn sonst würde mich jeder auslachen, wenn ich das nicht glaube.

Welcher Leser sich gedanklich jetzt noch nicht „aufgelöst“ hat, dem sei noch ein fiktives Beispiel zur Erläuterung hinzugefügt:


Ich: Die Erde ist eine Kugel.
Anderer: Nein, das ist doch eine Scheibe, man kann doch drauf herumlaufen.
Ich: Aber ich habe im Erdkundeunterricht…
Anderer: IM ERDKUNDEUNTERRICHT, was ist schon das, was man in der Schule lernt. Da hast Du nicht richtig aufgepasst, das hast Du verkehrt verstanden, und außerdem hat mir bisher noch kein Lehrer beweisen können, dass es eine Kugel ist.
Ich: Es gibt aber doch Luftaufnahmen.
Anderer: Wer sagt denn, dass die echt sind, heutzutage kann man doch alles fälschen.
Ich: Die kommen doch in den Nachrichten.
Anderer: Ja und, in den Nachrichten bringen sie auch öfter Falschmeldungen, und außerdem sind die Bilder so konstruiert, damit man die GANZE Erde auf einmal sehen kann, DESHALB ist das in Kugelform photographiert.
Ich: Glaub ich nicht. Kann ich mir nicht vorstellen. Die Wissenschaftler werden doch wohl wissen, was sie erforscht haben, und daher habe ich es ja.
Anderer: Was ist schon Wissenschaft.
Ich: Aber viele sagen, dass die Erde eine runde Kugel ist.
Anderer: Wie viele sagen das, Du kennst halt nur die Ausnahmen, die so was sagen.
Ich: Das wäre ja reiner Zufall, wenn ich nur Ausnahmen kennen würde.
Anderer: Das wird nur so propagiert, weil die Leute es glauben wollen.
Ich: Das kann ich mir nicht vorstellen.
Anderer: Dann reicht Deine Vorstellungskraft aber nicht sehr weit.
Ich: Aber so vorstellungsarm bin ich ja auch nicht, aber DAS kann nicht sein, das ist doch seit Galilei bewiesen..
Anderer: Also gut, wenn DU das so siehst, dann ist die Erde eben eine Kugel.
Ich: Aber es steht überall in den Büchern.
Anderer: Jaja = Leck mich,! (Schneller Themenwechsel, ich bleibe als Verlierer zurück.)

Oft weiß ich genau, dass das stimmt, was ich sage, aber ich komme argumentativ nicht gegen andere an.

Szene acht:
Taxifahrer A: Ich glaube, dass es einige Dialysepatienten gibt, die eigentlich gar nicht an die Dialyse müssten, sondern die man Gehirn gewaschen hat, damit die Ärzte was verdienen, und die Werte sind vielleicht an der Grenze.
Ich: Das kann ich mir nicht vorstellen.
Taxifahrer A: Dann reicht Ihre Vorstellungskraft aber nicht sehr weit.
Ich: Ja, dass Bandscheiben operiert werden, wo es nicht nötig ist, und dass Gebärmuttern entfernt werden, wo es unnötig ist, damit die ihren Schein kriegen, das kann ich mir aber durchaus vorstellen.
Themenwechsel.

Regel: Bin ich skeptischer und pessimistischer als mein Gegenüber, habe ich eine blühende Phantasie und denke zu negativ. Bin ich optimistischer und glaube solche Räuberpistolen nicht, dann habe ich ein nicht sehr weitreichendes Vorstellungsvermögen.
Ergo: Die Weite meines Vorstellungsvermögens hängt von der Einschätzung der Welt meines Gegenübers ab.

Wie soll mensch sich da noch irgend etwas merken oder vorstellen?

Ein paar Ansätze zur Verbesserung gibt es bereits. Im Chor habe ich es jetztschon erreicht, daß sie mir bei englischen und spanischen Liedern mal glauben, wie es ausgesprochen wird. Mir ist das oft so peinlich, daß ich einfach etwas sagen MUSS, und da geht es ja um öffentliche Auftritte. Vorher hat mich eine lahmgelegt mit dem Argument, der Henrico Iglesias singt das auch so, und daher gehört es so. KEINE CHANCE. Aber ich hab mir ein Herz gefaßt und bin zur Chorleiterin und sagte, daß ich es SEHR schade finde, daß sie nicht davon profitieren, jemanden im Chor zu habem, der ihnen die Aussprache beibringen kann und diese Gelegenheit verstreichen lassen. Das nächste Mal kam sie und meinte, "Ja, Du hast recht, ich hab den südamerikanischen Schüler gefragt, das D wird wirklich nicht mitgesprochen." Na super, das lernte ich in der ERSTEN Spanischstunde. Da darf ich mir ja wirklich was drauf einbilden, daß mir da eine sagt, daß ich recht habe, 'TÜRLICH hab ich recht, bei so einer banalen und trivialen Sache. Wäre ja noch schöner, wenn ich DAS nicht wüßte. Das wäre so, als ginge ich zu ihr und würde sagen: "Ja, ich hab meinen BRuder gefragt, der ist Musiker, und der hat bestätigt, daß das D nach dem C auf der Tonleiter kommt. Es ging ja schließlich nicht um hochtrabende Fragen, wo ich mir auch unsicher gewesen wäre, und wo wir beide hätten nachfragen müssen. .WENN ICH mir nämlich bei etwas unsicher bin, dann sage ich das IMMER dazu. ICH behaupte nichts, was ich nicht wirklich sicher weiß, ansonsten sage ich: "ich vermute, ich denke, ich meine, ich glaube, ich finde..." Aber was ich weiß, das weiß ich. Und da sollte ich auch ENDLICH mal Vertrauensvorschuß und Vorschußlorbeeren kriegen, denn ich hab das gelernt, und da sollte man mir SOVIEL für FÜNF CENT zutrauen!

Einmal hatte ich Glück.
Bekannter R.: Fürth gehört NICHT zu Franken, es gehört NUR zu Bayern.
Ich: Das gehört auch zu Franken.
Bekannter R.: Warum sagen sie dann im Zug immer „Fürth, Bayern, Hauptbahnhof“?
Ich: Weil es auch ein Fürth in Hessen gibt.
Bekannter R.: Das gehört aber NICHt zu Franken, es ist nur Bayern unterstellt.
Da kamen Gott sei Dank zwei Bedienungen, und ich, ganz verzweifelt, dass ich jahrelang was Falsches geglaubt haben soll: Gehört Fürht auch zu Franken?
Bedienungen: Wir fragen unseren Chef. -- (wenig später): Der Chef meint, es gehört nicht nur zu Bayern, sondern auch zu Franken.
Bekannter R. glaubt es aber immer noch nicht, aber auch die Überzeugungsversuche der zwei Bedienungen haben nicht gefruchtet.

Bin ich jetzt zufällig immer nur von störrischen Leuten umgeben, oder werden die so, weil ICH so stur bin? Bin ich besserwisserisch? Ich halte mich sehr zurück, korrigiere nichts, weil es mir nicht zusteht, oder zumindest wenig.

Einmal ist mir genau dies dann zum „ Verhängnis geworden.
Pfleger M: „Architektisch ist das aber nicht sehr schön.
Ich weiß, wie es richtig heißt, sag aber nichts, da ich ja weiß, was er meinte.
Pfleger M.: Das heißt ja eigentlich „architektonisch“, Frau … wissen Sie das nicht, da hätten Sie mich doch korrigieren müssen.
Ich bin die Blamierte, denn wie soll ich im Nachhinein „beweisen“, dass ich es gewusst hätte, und das war mir dann auch zu blöd. WIEDER einen Cent verloren! Wäre nicht so schlimm, wenn es nicht schon der schätzungsweise 123556666777. wäre. Soviele Gehirnzellen sind mir sicher auch schon kaputtgegangen.

Sonntag, 24. Oktober 2010

Der lange Weg zur E-Post

Vor einiger Zeit sah ich im Fernsehen die Werbung der Post für den E-Post-Brief, die ja sehr massiv betrieben wird. Das sprach mich spontan an, da ich mir dachte, für mich wäre das sehr praktisch. Ich kann meine Briefe am PC tippen und wie eine Mail losschicken. Das lästige Ausdrucken entfällt, und ich muß die Briefe nicht mehr „eintüteln“ und drauf achten, dass die Adresse richtig zum Briefumschlag-Fenster rausschaut. Der Brief wird dann per Mail an eine Zentrale geschickt, dort ausgedruckt, eingetütelt und der betreffenden Person zugestellt. Das Ganze kostet nicht mehr als ein ganz normaler Brief, man erspart sich aber den Gang zur Post, um Briefmarken zu kaufen, und wenn der Brief ins Ausland geht oder ein abweichendes Format hat bzw. schwerer als ein Standardbrief ist, wird das Porto gleich ausgerechnet und von dem vorher aufgeladenen Geld abgezogen. Und ich erhalte meine Post auf dem PC via Mail und kann sie mir von meiner Sprachausgabe vorlesen lassen. Das versprach eine größere Unabhängigkeit von fremder Hilfe und weniger Mühen.

So setzte ich mich eines späten Abends an den Rechner und versuchte, mich bei E-Post zu registrieren. Die erste Hürde bestand darin, das Sicherheitszeichen, bestehend aus verschnörkelten Buchstaben und Zahlen, korrekt in das Kästchen daneben einzugeben, was für mich eine Herausforderung darstellt, da ich die graphisch dargestellten, verschlungenen Zeichen auf schraffiertem Hintergrund sehr schlecht erkennen kann. Nach einigen Versuchen gelang es mir dennoch. Dann sollte ich eine Mobil-TAN erhalten und diesen Aktivierungs-Code dann in ein vorgesehenes Kästchen eingeben. Ich erhielt die TAN, kann aber mein Handy-Display schon lange nicht mehr lesen und spare daher auf ein Handy mit Sprachausgabe. Ich hörte jemandem im Treppenhaus und bat ihn, mir die SMS vorzulesen. Der Nachbar verstand aber überhaupt nichts davon und konnte mir auch nicht helfen. Als ich die TAN dann mühevoll unterm Lesegerät entziffert hatte und sie gerade eintragen wollte, bekam ich auf dem Bildschirm die Nachricht: 10 Minuten sind abgelaufen, aus Sicherheitsgründen wird der Registrierungsvorgang abgebrochen. Ich war stinksauer und rief bei der Hotline der E-Post an, die rund um die Uhr verfügbar ist. Die Frau am Telefon meinte, sie könne mir nicht helfen, ich solle mir halt jemanden Sehenden aus meiner Verwandtschaft oder Bekanntschaft suchen. Mein Argument, dass ich ja genau deshalb, um unabhängiger von fremder Hilfe zu sein das E-Post-Verfahren haben wollte, kam bei ihr nicht an, genauso wenig wie meine Verbesserungsvorschläge bezüglich Sicherheitszeichen, Handy-TAN und Rausschmiß beim Registrierungsvorgang.

So verfasste ich eine Mail an die Post und erhielt die Zusage, dass man sich um das Problem kümmern würde. Als aber nach einer Woche noch immer keine Antwort bei mir vorlag, schrieb ich direkt an die DHL-Direktion in Bonn. Auch dort wartete ich zunächst vergebens auf Antwort. Somit beschloß ich, mich an den Bundesbehindertenbeauftragten zu wenden, da dieser ja für die Barrierefreiheit von Internetdiensten zuständig ist. Ob dies geholfen hat, weiß ich nicht, jedenfalls kam nach einer Woche ein Anruf eines leitenden Angestellten der Post, dem ich mein Problem schilderte sowie die Verbesserungsvorschläge 1. Statt Sicherheitszeichen kann man auch eine einfache Frage stellen wie: „ist die Erde eine Scheibe“, die nur ein echter Mensch beantworten kann bzw. eine einfache Rechenaufgabe. 2. Statt einer Handy-TAN kann man auch eine E-Mail-Tan zur Verifizierung verschicken, bzw. auf Wunsch könnte man auf dem Festnetz einen Anruf erhalten, bei dem die TAN von einer synthetischen Stimme vorgelesen wird. Nicht jeder kann sich ein Handy mit Sprachausgabe leisten oder will überhaupt ein Handy haben. 3. Es sollte keine Zeitbegrenzung geben, da man als Behinderter oft sehr lange braucht, sich zu registrieren. Der Mann meinte, er könne diese Vorschläge jetzt nicht so schnell umsetzen. Er wolle sich aber nochmal bei mir melden, nachdem er sich mit seinen Kollegen besprochen hätte. Nach einer Weile kam ein Anruf und das Angebot, er wolle mir 50 Euro zu einem sprechenden Handy dazu zahlen, wenn ich mich bei E-Post registrieren würde. DHL sei in Kontakt mit der Deutschen Blindenhilfe und wolle das Problem so schnell wie möglich angehen und Verbesserungen umsetzen. Ich ging auf seinen Vorschlag ein und freute mich, so einen Zuschuß zu meinem Handy zu bekommen.

Mit meiner Helferin brachte ich den Registrierungsvorgang zu Ende und trug noch einige Handy-TANs ein. Nun folgte noch der letzte Schritt, nämlich das POSTIDENT-Verfahren, bei dem man zur nächstgelegenen Poststelle geht und dort seinen Personalausweis vorzeigt. Wir fuhren zur Post, und als ich dort meinen Ausweis vorzeigte, bemerkte ich noch, dass es eine Namensungleichheit zwischen meinem Rufnamen und dem Namen im Personalausweis gibt, was aber von der Schalterangestellten nicht sonderlich beachtet wurde. Überhaupt hatten wir den Eindruck, dass sich die Postangestellten noch nicht sehr gut mit dem neuen E-Post-Verfahren auskennen. Ich ging also nach Hause und war zunächst froh, alles so gut über die Bühne gebracht zu haben.

Drei Tage später erhielt ich einen Anruf aus einem Call-Center der E-Post. Nachdem sie meine Adresse erfragt hatte, um sicherzustellen, dass es sich um mich handelte, erklärte mir die Dame in breitestem Sächsisch, dass es eine Datenungleichheit zwischen meinem Namen in der E-Post-Adresse und dem Namen im Personalausweis gäbe, und dass sie das POSTIDENT-Verfahren nicht abschließen könne. Ich, die ich schon eine solche Odyssee hinter mir hatte, flippte fast aus. Sie gab mir die Nummer einer Zentrale vor Ort, wo ich das Ganze klären konnte. Die Dame dort erklärte mir, sie könne mir nicht helfen, ich bräuchte mich zwar nicht neu zu registrieren, aber ich müsse eine neue Mobil-TAN beantragen, und eintragen dann erhielte ich einen Coupon, und darauf stünde eine Nummer, die ich telefonisch durchgeben müsse, meine E-Post-Adresse bliebe so lange für mich reserviert. Dies erschien mir genauso umständlich wie eine Neuregistrierung, und so erklärte ich der Dame, dass ich aufgeben würde. Sie belehrte mich noch, ich solle doch künftig jedes Mal meinen Namen aus dem Personalausweis angeben und nicht meinen Rufnamen. Da für mich die Sache erledigt war, fauchte ich noch ins Telefon, sie solle mich jetzt nicht noch belehren und hier nachtarocken, und legte auf.

Als meine Eltern meinen Namen aussuchten, gaben sie ihn beim Standesamt an. Doch dieses machte einen Fehler und trug den Namen leicht verändert ein. Somit muss ich bei amtlichen Dingen immer den Personalausweisnamen angeben, mit dem ich mich aber niemals identifizieren konnte, wohingegen ich bei weniger offiziellen Dingen immer meinen korrekten Rufnamen angebe. Ich hatte schon länger erwogen, den Namen im Personalausweis in meinen richtigen Rufnamen abändern zu lassen, scheute aber bisher die Kosten und den Aufwand. Wir konnten dem Amt nicht nachweisen, dass es damals einen Fehler gemacht hatte, sonst wäre die Änderung kostenlos gewesen.

Ich schrieb nochmals einen Brief an die Zentrale der DHL und erklärte, dass ich mich nun doch nicht bei E-Post registrieren würde, weil mir dies zu umständlich sei, und sie könnten somit ihre 50 Euro behalten.

Ich wandte mich mit diesem Vorfall an Stiftung Warentest mit der damit verbundenen Bitte, die Internetauftritte der diversen getesteten Dienste auch mal unter dem Aspekt der Barrierefreiheit zu untersuchen. Man teilte mir mit, mein Anliegen sei an die entsprechende Redaktion weiter geleitet worden, aber ob es bearbeitet würde, könne man nicht garantieren.

Nach einigen Tagen kam ein Anruf eines Angestellten aus der Umgegend, dem ich meine Annahme darlegte, dass ich mir doch jeden Namen für eine E-Post-Adresse aussuchen könne, da man ja auch bei E-Mails jeden Namen wählen kann, und dass nicht explizit ausgewiesen war, dass es unbedingt der korrekte Name aus dem Personalausweis sein müsse. Er meinte, das stimme zwar so nicht, aber er würde mir gerne helfen wollen. Er gab mir netterweise sogar seine Privatnummer, damit ich ihm einen Termin auf den AB sprechen konnte, wann meine Helferin Zeit hätte, die Zahlen und TANs mit seiner telefonischen Hilfe einzugeben. Ich sprach mich also mit meiner Helferin ab, und am Freitag dem 1. Oktober war der „große Tag“. Wir saßen gebannt vor dem Telefon und warteten. Als nach 45 Minuten immer noch kein Anruf kam, wollte ich aufgeben, aber dann klingelte es, und eine weibliche Stimme erklärte mir, dass ihr Kollege verhindert sei und sie gebeten habe, uns zu helfen. Sie gab einige AKtivierungs-Codes durch, dann folgten noch einige Eintragungen von Handy-TANs, und somit sei alles abgeschlossen, es fehle jetzt nur noch eine Verifizierung des Wohnsitzes und der korrekten Adresse per Brief-TAN, die ich ebenfalls eingeben müsse. Nach zwei Wochen trafen wir uns also wieder und gaben die bis dahin eingetroffene Brief-TAN ein, verifizierten dies erneut mit einer Handy-TAN, und somit war endlich alles über die Bühne gebracht. Allerdings muß ich nun unbedingt bis Dezember einmal einen E-Post-Brief geschrieben haben, damit die Adresse nicht verfällt.

Ich finde, man kann es auch übertreiben. Es hätte genügt, sich zu registrieren und dann den Personalausweis an eine angegebene Nummer zu faxen. Nun hörte ich mittlerweile einen Beitrag von Stiftung Warentest auf unserer CD, der besagte, dass diese E-Post-Briefe gar nicht bei allen Angelegenheiten juristische Gültigkeit hätten, und man solle auch seine Unterschrift einscannen und in das Schriftstück einfügen, jedoch sei dies eine Kopie der Unterschrift, und für manche Transaktionen sei nur die Originalunterschrift gültig. Außerdem gebe es bald noch weitere Konkurrenzunternehmen, die ebenfalls solch ein Verfahren in naher Zukunft anbieten würden, und die Post habe noch einige Dinge zu verbessern. Das finde ich allerdings auch.

Ich werde in jedem Falle mal beim Deutschen Blindenhilfswerk nachfragen, ob die Post wirklich mit denen in Verbindung getreten ist zwecks Verbesserungen an ihrem E-Post-Dienst in Hinblick auf Barrierefreiheit. Denn auch wenn ich 50 Euro für mein Handy erhalten habe, löst dies das Problem nicht, da es nur Hilfe für ein „Einzelschicksal“ bedeutet, strukturell aber nichts ändert, und ich mich trotzdem nicht raushalte, nur weil ich jetzt mit 50 Euro zufrieden gestellt wurde. Das mit der Namensungleichheit war zwar mein Fehler, aber wäre der Service barrierefrei gewesen, hätte ich die Neuregistrierung nicht gescheut, weil dann das ganze Verfahren nicht so extrem umständlich gewesen wäre. Aber nochmals durch diese Strapazen zu gehen ohne Barrierefreiheit hätte mich in den Wahnsinn getrieben.

Bald kommt der neue Personalausweis mit dem Chip, mit dem man sich im Internet authentifizieren kann und keine Kopie mehr schicken bzw. ihn nicht mehr persönlich vorzeigen muß. Man steckt den Perso in ein Kästchen und tippt eine Geheimzahl ein. Dieses Vorgehen praktiziere ich bereits bei meinen Bankgeschäften via HBCI. Ob ich das gleiche Kästchen auch für den Personalausweis nutzen kann oder mir noch ein zweites Kästchen hinstellen muß, wird sich zeigen. Jedenfalls wird einiges leichter. Jedoch ist das Ganze noch in den Kinderschuhen, und die Probleme, die damit gelöst werden sollen, werden durch andere ersetzt, weil die Technik selbst dann wiederum ihre Tücken hat, so dass die Summe der Probleme unterm Strich dann doch wieder gleich ist.

Da ich wegen meiner Türkeireise im April erst einen neuen Personalausweis und einen neuen Paß gekauft habe (anders kann man das ja bei den Preisen nicht nennen, obwohl es sich um Pflichtdokumente handelt), will ich jetzt nicht schon wieder Geld für ein neues Produkt ausgeben. Ich warte erst einmal ab, bis die Kinderkrankheiten überstanden sind, und bis die Technik ausgereift ist. Sollen doch die anderen erst mal das Ding in der Praxis prüfen und sich mit den Anfangsschwierigkeiten herumärgern, und wenn diese dann korrigiert sind, kann ich mir ja immer noch so ein Ding anschaffen. Ob das dann genauso ein Hindernislauf wird wie beim E-Post-Brief, kann ich ja dann hier wieder berichten.

Dieser „Marsch durch die Institution“ ist deshalb so spät hier eingestellt worden, da ich das Ganze schon mal vor zwei Wochen geschrieben habe, aber kurz bevor ich es aus dem Word-Dokument auf die HP transferieren wollte, ist der PC abgestürzt, und alles war verloren, inklusive der Zeit, die ich an dem Text gesessen habe. Also selbst da habe ich noch ewig viel mehr Umstände als man haben müsste. Diesmal habe ich alles alle 10 Minuten gespeichert. Die Post-Odyssee überträgt sich auch noch auf das Schreiben selbst, das dann wiederum auch noch mal zu einem „Act“ wird.

Samstag, 18. September 2010

Wenn Papier die Pickel kriegt

Da ich immer weniger sehen kann und nicht mal mehr erkenne, OB überhaupt auf dem Papier was geschrieben steht, habe ich schon länger überlegt, die Punktschrift zu erlernen. Ich habe dies mal in der Schule als „Wahlpflichtfach“ gehabt. Auch habe ich mal mit einem Bekannten zwischendurch versucht, das zu erlernen. Aber in der Schule war ich, wie immer, wenn es um Arbeit mit den Händen geht, die Schlechteste, alle anderen haben mit den Augen gelesen und die Lehrerin ausgetrickst. Ich habe ohne Hand mit den Augen gelesen, und wunderte mich, warum die Lehrerin bei mir das ermahnt, während sie die anderen lässt. Daß die allerdings zumindest so taten, als würden sie mit dem Finger tasten, hab ich gar nicht gecheckt. Ich habe, da ich einen enorm schnellen Lesefluß hatte, die Punktschrift weit von mir geschoben. Ich dachte mir immer, warum soll ich mich mit so etwas quälen, wenn ich doch mit Schwarzschrift viel schneller vom Fleck komme? Als ich dann nochmal mit einem blinden Bekannten einen neuen Anlauf nahm, schlief ich fast nach dem dritten Wort und einer Viertelseite ein. Auch wiederum dachte ich mir, wenn ich jetzt einfach ein normal gedrucktes Buch nehme, bin ich viel schneller. Daß ich die Punktschrift nicht lernen wollte, wurde immer darauf geschoben, dass man die drohende Erblindung verdrängen würde, und dass die Punktschrift einem die Doppelbotschaft einerseits einer Schrift und andererseits des Themas „Blindheit“ bringen würde. Ich habe aber probleme mit der Feinmotorik und der Sensibilität der Fingerspitzen und spiele außerdem Gitarre, so dass ich immer eine kleine Hornhaut auf den Fingerkuppen habe, wo sich die Saiten eingedrückt haben.

Die Frage, WANN man anfängt, die Punktschrift zu erlernen, wird viel und widersprüchlich diskutiert. Die meisten sagen, es sei sinnvoll, so bald wie möglich damit anzufangen, damit man sie bereits kann, wenn man blind wird. Ich hingegen wusste immer, solange ich noch normal lesen kann, habe ich keinerlei Motivation dazu, und sobald der Leidensdruck groß genug war, würde ich von selbst damit beginnen, wie das bei mir immer der Fall ist, wenn ich von etwas genug habe, oder das innere Bedürfnis danach von selbst wächst. Als ich damals in den USA war, traf ich dort einen promovierten PC-Spezialisten, der nur mit der Sprachausgabe arbeitet, und das tröstete mich, dass, wenn ich wirklich mal ganz blind würde und keine Punktschrift erlernen könnte, ich dann aber doch nicht ganz verloren sein würde. Ich schaffte mir nun nach und nach sämtliche Geräte an, die sprechen können. Meine Sehkraft ließ ja allmählich nach, und so benutzte ich erst nur für längeres Lesen eine Lesekamera, die man an einen normalen Fernsehbildschirm anschließen konnte, wobei man mit einer Maus über das Lesegut fuhr. Da ein Kabel vom Fernseher zur Maus ging, welches durch das Hin- und Herfahren immer hin- und herschwang, benutzten meine damaligen Katzen Lissy und Jakob (,der immer noch da ist) dieses Kabel zum Seilspringen. Lissy legte sich immer auf mein Buch, damit ich die Maus nicht weiterführen konnte, da sie meine Aufmerksamkeit für sich und nicht für mein Buch haben wollte. Als dieses Gerät dann kaputt ging, wobei durch ein Problem am Elektroanschluß die gesamte Fernsehanlage samt DVD-Player unter Strom stand, warf ich es sogleich in den Abfall. Ich merkte, dass ich auch für kürzere Sachen immer öfter ein Lesegerät brauchte. Von der Schriftgröße her war es nie ein Problem, aber der Kontrast ließ immer mehr nach, und so stelle ich den Bildschirm immer auf Negativdarstellung (Weiß auf Schwarz). Durch die Dialyse bin ich körperlich erstens so angestrengt, und zweitens flimmern mir zuweilen die Augen so stark, dass ich nur noch ein paar Sätze oder einen kurzen Brief am Lesegerät lesen kann. Ich habe schon immer die Leute bewundert, die Punktschrift lesen können.

Neulich hörte ich dann auf der Info-CD der DZB Leipzig einen Live-Mitschnitt, bei dem die Sozialministerin von Sachsen anlässlich des Tages des Buches am 21. April der Blindenschule ein Exemplar des von mehreren Autoren kostenlos verfassten Lesebuches „ „Ich schenk Dir eine Geschichte“ übergab. Eine Schülerin, die es in Empfang nahm, las ein paar Auszüge aus einer Geschichte. Da machte irgend etwas Klick bei mir, und ich dachte, jetzt oder nie. Ich schrieb an die DZB zu Leipzig und bat um ein Exemplar in Vollschrift. Die Kurzschrift besteht aus einzelnen Wortkürzeln und Sonderzeichen, die ich noch nicht kann. Bisher war ich nur in der Lage, die Namen der Medikamente zu lesen und diese so zu unterscheiden. Ich hatte einmal begonnen, meine CDs mit Punktschrift zu markieren. Aber das Problem bestand darin, dass ich das Dymoband, auf das die Punkte geprägt wurden, nicht von seiner Folie abziehen konnte, um die klebrige Seite freizuknibbeln. Andere Kärtchen oder Rollen waren vom Papier her zu dünn. Auch hatte ich da noch keine Punktschriftmaschine. Wegen meiner motorischen Ungeschicklichkeit kann ich nur mit einem Perkins-Brailler umgehen, der „unkaputtbar“ ist, und bei dem man das Papier sehr einfach einspannen kann und nicht erst sehen (oder tasten) muß, dass die Metallschiene aufgeklappt und das Papier auf der Gummierung aufgelegt ist, wie das bei der Picht oder anderen Maschinen der Fall ist, die wesentlich filigraner zu handhaben sind. Ein Perkins-Brailler ist aber sehr teuer, und der Aufsatz für ein Dymoband muß auch noch zusätzlich angeschafft werden. Daher markierte ich den Rest meiner Tonträger und anderen Medien sowie Lebensmittelbüchsen mit einem RFID-Tag (radio frequency identification), wobei man dann den Namen auf ein Gerät aufspricht, und wenn man mit dem Gerät vorbeikommt, sagt es, was drauf ist.

Ich bin schon länger Nutzerin zahlreicher Blindenhörbüchereien und habe, da ich an der Dialyse viel Zeit habe, sieben verschiedene Zeitschriften abonniert, die ich über den gesamten Monat verteilt und als Wochenzeitschrift erhalte. Dazu kommen noch die Info-CDs der einzelnen Hörbüchereien und die Info-CD des deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes. Ich bekam schon wunde Ohren, weil ich nur noch hörte, und ich konnte mir auch bestimmte Sachen wie Namen etc. nicht mehr merken, da ich sie nie geschrieben sah. Auch weiß man dann nie, wie ein Eigenname geschrieben wird. Ich wollte einfach mal wieder das haptische Erlebnis eines Buches in der Hand haben und mir mal wieder den Inhalt eines Textes aktiv erschließen können.

Nun erhielt ich also dieses zweibändige Kinderbuch und dachte, ein Kindertext ist sicher erst mal einfacher als ein Text für Erwachsene. Zunächst mal musste ich mich aber durch sämtliche bibliographischen Angaben und Verlagserklärungen etc. durcharbeiten, um zum Haupttext zu gelangen. Zunächst brauchte ich eine Stunde pro Seite. Einige Zeichen waren mir nicht mehr präsent, oder ich hatte sie nie gelernt. Aus dem Kontext aber konnte ich die meisten Zeichen wie ÄU, EU, Ä, Ü oder SCH gut erschließen, besonders dann, wenn ich wusste, was da stehen sollte. Nach einer Weile brauchte ich dann nur noch 30 Minuten pro Seite. Ich stöpselte alles zusammen wie ein ABC-Schütze. Ich habe niemals wirklich bewusst Lesen gelernt, sondern ich konnte es einfach, und somit ist mir dieser Prozeß, mir alles so mühsam zusammenzuklabustern total fremd und fast schon unwürdig. Da ich aber aufgrund meines stark eingeschränkten Gesichtsfeldes schon immer darauf trainiert bin, mir nach drei Buchstaben den Rest des Wortes sofort zu erschließen und dann zum nächsten Wort zu springen, konnte ich mir aus dem Kontext - auch durch viel Leseerfahrung – schnell die Wörter zusammenreimen, musste aber aufpassen, dass ich nicht zu dichten anfing. Nach einer Weile brauchte ich nur noch 15 Minuten pro Seite. Dann waren es 12, 11, und am Ende nur noch 8. Aber jetzt sind es manchmal wieder 11 oder 12. Ich versuche immer, laut zu lesen und auch so schnell wie möglich. Dabei muß ich aufpassen, dass ich mir nicht zuviel Druck mache und das Lesen auch noch genießen kann. Es ist weniger anstrengend als den Kopf vor ein Lesegerät zu halten, wobei es auch noch dauernd vor den Augen flimmert, und es ist sehr angenehm, mal wieder einfach ein Buch in der Hand zu haben und sich zum Lesen zurückzuziehen, wie ich es als Kind bis ins junge Erwachsenenalter so sehr genossen habe. Mein Kater legt sich aber immer auf das Buch, weil ich ihm jetzt weniger Aufmerksamkeit widmen kann. Da sein Kumpel vor einiger Zeit weggelaufen ist, ist er nun noch wesentlich anhänglicher geworden. Einen ordentlichen Lesefluß werde ichwohl nie hinbringen. Ich werde jetzt noch diesen Band fertiglesen und dann die Kurzschrift angehen. In einen Punktschriftkurs bringen mich keine 10 Pferde, denn da wäre ich wieder nur die Schwächste und würde mich zwangsläufig immer mit den anderen Teilnehmern messen. Diese Erfahrung habe ich zu oft gemacht und wurstele lieber alleine vor mich hin, denn ich lese ja für mich. Je mehr ich mich mit der Materie beschäftige, umso mehr bewundere ich die Leute, die flüssig lesen können. Da gibt es diesen Herren Unglaub, der sogar im Radio liest und sogar Hörbücher aufliest. Dieser Mensch hat meine vollste und aufrichtigste Bewunderung.

Ich habe nur wieder Angst, dass ich am Ende auch wieder aufgeben muß, und dass ich am Ende wieder – wie so oft — einfach scheitere und dann wieder so schlecht bin wie am Anfang, das Üben dann wieder mal nichts bringt, meine Grenzenwieder zu fest sind, und ich mich wieder mal damit abfinden muß, dass ich nicht weiter komme als das, was meine körperlichen Möglichkeiten mir zuweisen. Zu oft habe ich nun diese Erfahrung gemacht, und zu selten habe ich mal ein Erfolgserlebnis erfahren und gesehen, dass ich auch noch was verbessern kann.

Als ich neulich beim Einkaufen war, konnte ich kaum meinen Einkaufszettel lesen. Auch ist es unpraktisch, wenn man mit anderen unterwegs ist, alles auf ein Diktiergerät zu sprechen. Ich gab der Verkäuferin den Zettel, aber die konnte es auch kaum entziffern. Sie meinte, sie habe eine andere blinde Kundin, und die würde sich immer einen Punktschriftzettel machen. Nun überlegte ich: Tafel und Griffel sind umständlich, denn damit die Punkte vorne als erhaben herauskommen, muß man von hinten mit diesem Griffel ins Papier reinstechen. Damit es aber richtig herum vorne herauskommt, muß man in Spiegelschrift schreiben. Da ich ja erst ganz neu mit der Punktschrift arbeite, wäre mir das etwas zu komplex, obwohl ich Spiegelverkehrt denken kann. Aber sonst würde ich eventuell zuviel durcheinanderbringen, wo ich mit einigen Zeichen, die spiegelverkehrt etwas anderes bedeuten, sonst durcheinander kommen würde. In der Zeitschrift „die Gegenwart“, der Verbandszeitschrift des DBSV, hörte ich, dass einer seine Perkins verkaufen wollte. Ich rief sofort an. Da diese Maschine neu 900 Euro kostet, wollte er sie nicht unter 400 Euro verkaufen. Ich rief daheim bei meinen Eltern an und fragte, ob ich die Maschine zu Weihnachten kriegen würde. Meine Eltern sagten sofort zu. Ich meldete mich bei dem Mann, und er mußte erst noch warten, bis die anderen, die sich vor mir gemeldet hatten, nochmal anriefen, wenn nicht, würde ich die Maschine kriegen. Die anderen riefen nicht an, was ich nach etwas bangem Warten dann zu hören bekam. So freute ich mich sehr. Sobald er das Geld auf dem Konto hat, ist das gute Stück dann mein. Da ich auch auf meinen Geräten nicht mehr lesen kann, welche Funktion an welcher Stelle ist, werde ich diese Geräte nun mit Dymoband beschriften. Ich muß also diesen Aufsatz für nochmals 50 Euro kaufen. Wenn ein Sehender dabei ist, dann kann der mir ja das Dymoband abknibbeln. Zum Beispiel habe ich einen Toaster mit drei Tasten: eine für Stop, eine für Brötchen aufbacken und eine für Auftauen. Da ich mir die Reihenfolge wegn meines zusätzlich schlechten Gedächtnisses nicht merken kann, muß ich mir diese Tasten beschriften. A wird dann für Auftauen und B für Brötchen aufbacken stehen. Meine Waschmaschine ist bereits mit Gummistreifen beschriftet, zumindest bei 40°C Mini und bei 30°C Handwäsche. Da ich mir nicht merken konnte, welcher Streifen nun für 40 und welcher für 30 Grad war, sagte der LPF-Lehrer vom Blindenbund: „40 Grad ist höher, also oben und 30 Grad ist weniger also unten.“ Die Gradzahlen auf der rechten Seite kann ich ja abzählen: 90, 70, 60, 40, und damit gibt es keine Probleme. Beim Backofen muß dann bei jedem 50-Grad-Schritt ein Punkt stehen. Bisher stelle ich den Ofen einfach nach Gefühl ein, da ungefähr ist die 200, und beim Aufbacken von Fertigsachen wie Pizza etc., geht das auch ganz gut. Aber bei der Spülmaschine kann ich mir nie merken, wo die 50° für Ökospülen und die 70° für Intensivspülen sind. Da kann dann auch ein Dymoband hin.

Wenn ich die Punktschrift nicht lerne, dann wäre ich bald eine funktionelle Analphabetin. Dieses Schicksal will ich mir ersparen. Vor einigen Jahren habe ich nachts noch geträumt, ich hätte ganz laut geschrien: „ICH HASSE LOUIS BRAILLE!“ Ich hoffe, ich kann irgendwann doch mal sagen: „Danke, Herr Louis Braille.“

Samstag, 14. August 2010

Mein Kater ist weg!

Hallo an alle, die zufällig diesen BLOG lesen. Am 9. August habe ich um 22 Uhr meinen Kater Stoffel rausgelassen, nachdem ich von der Dialyse kam und ihm ein paar Brekkies gab. Seither ward er nicht mehr gesehen.


Stoffel ist, für die, die sich erinnern können, im November 2009 zu mir gekommen, da ihn eine Nachbarin gefunden hat und erfuhr, daß ich eine zweite Katze haben möchte. Er hat lang gebraucht, sich an mich zu gewöhnen. Er blieb öfter mal bis zu 24 Stunden weg, daher war ich nicht groß in Sorge. Dennoch machte mich stutzig, daß er nicht zum Fressen am Morgen kam. Mal stand ich früher, mal später auf, daher wußte er offenbar nicht, wann es Frühstück gab. Daher kam er oft später, wobei mein dicker Kater Jakob ihm dann alles wegfraß.

Ich meldete ihn bei TASSO, dem Heimtierservice, wo ich ihn registriert hatte, als vermlißt. Nun erhielt ich einen ANruf, daß in der Gegend vermehrt Katzen vermißt werden, und daßeine Frau dies in Zusammenhang mit einer Altkleidersammler-Firma bringt. Die stellen angeblich Eimer für Altkleider auf und kassieren dann aber die Katzen der Umgebung ein. Sie meldete dies der Polizei, jedoch wurde ihr kein gehör geschenkt. Nun sammelt sie weitere Fälle, in denen diese Praxis so ausgeübt wurde. Ich habe allerdings keine Eimer in meiner Umgegend gesehen. Allerdings hat das Ordnungsamt diese Eimer bereits verboten, daher nehmen sie di Katzen wohl offenbar ohne Eimer-Aufstellung mit. Ob da etwas dran ist, weiß niemand, aber man kann ja mal in jede Richtung recherchieren. Vielleicht wird die Polizei aktiv, wenn mehrere dieser Fälle gemeldet werden.

Diese Altkledersammler sind mit geschlossenen Autos unterwegs, wo man offenbar sehr unauffällig Tiere unterbringen kann.

Was mit den Tieren passiert, möchte ich mir gar icht vorstellen. Aber man weiß, daß diese Tierfänger viel Geld dafür bekommen. Für illegale Zwecke werden diese Tiere sicher nicht gefangen, denn illegale Verkäufer von Drogen etc. werden diese sicher nicht erst an Tieren ausprobieren sondern gleich am Menschen.

Tierversuche werden ja mehr im Pharma- und Kosmetikbereich durchgeführt, und was Pharmafirmen und andere so Legales und Illegales praktizieren, wage ich n icht näher auszuführen.

Ich kann nur hoffen, daß Stoffel nur irgendwo reingeraten ist und dort artet, bis ihn jemand wieder rausläßt, wie Keller, Garagen. Die Variante Umzugswagen hat mir besonders gut gefallen, daß Katzen angeblich in Umzugswagen hüpfen, es sich dort gemütlich machen und dann an einem fremden Wort wieder aufwachen, wenn die Umzügler den Wagen ausräumen.

Ich wünsche mir so sehr, ihn wieder zu sehen, aber nach zwei vorherigen Katzenverlusten, die genauso abliefen, daß die Katze drei Tage nicht erschien, bin ich nicht mehr so voller Hoffnung.

Fridolin wurde überfahren, Lissy verschwand spurlos, und nun auch noch Stoffel! Drei Katzen in 10 Jahren, das ist einfach zuviel, auch statistisch gesehen ist dies überdurchschnittlich. Man muß aber seine Katzen rauslassen, wenn sie im Erdgeschoß leben, da sie so nahe an der Natur sind, daß es sie einfach drinnen nicht hält, es sei denn, man sperrt sie komplett ein im Hochsicherheitstrakt. Meine brachen das Katzennetz auf, schlüpften aus der Wohnungstür, bissen HÄnde, die sie festhielten, oder sie gingen aufeinander los in Stellvertreterhandlung, weil draußen ein Kater vorbeilief, den sie nicht attackieren konnten. Daher blieb mir auch aufn Anraten der Tierärztin nichts weiter übrig, als sie rauszulassen. "Lieber fünf glückliche Jahre als 20 Jahre Knast", war der Rat meiner Tierärztin. Wenn es doch mal fünf Jahre gewesen wären, die eine Katze da war!

Jakob ist seit 11 Jahren bei mir. Wenn er nicht mehr ist, bekomme ich eine so treue Seele nie wieder! So eine Katze werde ich nicht mehr kriegen, ob ich dann überhapt noch eine will, wenn ich mich dann nach teurer Kastration, Chip, Grundimmunisierung, Tatoo, harter Eingewöhnungszeit nach 1-2 Jahren wieder von ihr verabschieden muß? Wäre da ein Hund nicht beser, aber da muß man dauernd Gassi gehen. Ein Hund, der nicht allzu großen Auslauf braucht, da hier keine großen Auslaufwiesen sind, und da ich körperlich nicht die Kraft habe, so lange mit einem Hund zu laufen. Aber bloß kein Mops!

Sonntag, 20. Juni 2010

Minnetournier mit Zweikampf

Am Samstag den 5. Juni machten ein Bekannter und ich uns auf den Weg in den östlichen Harz, um ein Minnetournier mitzuerleben, welches als Tributveranstaltung für die Band Ougenweide und deren vierzigjähriges Bestehen veranstaltet wurde.

Schon im Vorfeld gestaltete sich die Planung sehr schwierig. Robert hatte feste Vorstellungen davon, wann er losfahren, ankommen und was er alles dort machen wollte. Alleine hätte ihn die Fahrt einfach 72 und hin und zurück 144 Euro gekostet. Da ich eine BahnCard 50 habe, und meine Begleitperson kostenlos fährt, konnten wir uns die Fahrtkosten teilen. Ein Bekannter tüftelte uns mehrere Reisemöglichkeiten aus und fand heraus, dass wir nur bis Halle lösen mussten. Somit kostete die Hin- und Rückfahrt nur ganze 60 Euro. Jeder musste also nur 30 Euro berappen, um nach Maisburg auf Burg Falkenstein zu kommen. Das Konzert kostete 14 Euro, die Matinee am nächsten Morgen nochmals 7 Euro. Da ich fürchtete, meine 30 Euro nicht von Robert zu bekommen, da er laufend über seine Verhältnisse lebte und noch andere Leute vor mir auszuzahlen hatte, schlug ich einen Tausch vor. Er sollte für mich die Karten im Wert von 21 Euro kaufen und mir die neueste Ougenweide-CD mit bestellen. Da ich ihn laufend eingeladen hatte, gab er sie mir für 10 anstatt für 15 Euro. Somit waren wir quitt. Er bestellte meine Karte erst sehr spät, und am Vortag erhielt ich die Bestätigung, dass das Geld eingegangen sei, die ich zur Vorlage beim Kartenverkauf mitnehmen sollte.

Das Konzert war für 19:30 angesagt. Aber Robert wollte bereits um 6:30 losfahren, damit er um 12 Uhr da war. Warum er so früh fahren wollte, meinte ich. Er gab an, es könne ja was passieren, dass wir später ankämen, außerdem wolle er noch zu Mittag essen, sich die Burg und die Gegend ansehen, und er wolle möglichst früh beim Einlaß zum Konzert sei, um möglichst weit vorne zu sitzen, sonst könne man ja gleich eine CD anhören, wenn man so weit hinten säße. Die Rückfahrt sollte möglichst spät sein, denn er wolle ja noch mit den Bandmitgliedern der verschiedenen Teilnehmer des Tourniers plaudern, einen Braten zu Mittag essen, sich gemütlich auf eine Bank setzen und die Gegend genießen und keinerlei Streß haben. Mein Einwand, dass wir dann erst extrem spät zu Hause ankämen, und dies zu riskant sei, weil ja ein Zug Verspätung haben könne, was sich auf die Anschluß-Züge auswirkt, wurde nur weggewischt, da könne nichts passieren, was solle da schon groß sein? Auf der Hinfahrt kann also was dazwischen kommen, dass wir zu spät zum Konzert kommen, auf der Rückfahrt sei das dann auf einmal nicht mehr möglich. „Ich will das aber so, ich will das und ich will das.“ Meine Einwände, dass er durch mich so billig fahren kann und dann auch etwas Rücksicht auf mich und meine Erkrankung und Behinderung nehmen müsse, zählte nicht. Er selbst ist allerdings ebenfalls krank, kramt das Argument aber nur hervor, wenn es ihm nützt. Ich hätte mich auch seinen Bedingungen zu fügen, so wie er sich meinen. Warum ich ein Problem damit hätte, um fünf Uhr morgens aufzustehen, wenn ich abends erst um 22 Uhr von der Dialyse käme und erst um zwölf Schlafen gehen könne, versteht er nicht, das sei doch wieder ein ganz anderer Tag. Und man soll doch nicht so unflexibel sein, wir könnten am Sonntag, wenn die Matinee früher aus sei, auch früher fahren, aber wenn nicht, wolle er eben so spät wie möglich weg. Mein Vorschlag, er könne doch sein Gepäck gleich zur Matinee mitnehmen, damit wir danach sofort losfahren könnten, wurde bockig abgelehnt. ER schleppt doch nicht den Koffer mit, und er müsse sein Gewand noch ausziehen, und er müsse nochmals ins Quartier zurück usw. Ich sagte ihm dann klipp und klar: Wenn DU das alles willst, dann mach es so, aber dann fährst DU ohne mich.

Da er offenbar begriffen hatte, daß er durch mich soviel Geld spart, lenkte er ein, und wir fuhren erst um 8:30 morgens los. Er bestellte schon ein Taxi, welches uns von Maisdorf zu unserem Quartier nach Banzfeld fahren sollte. Auch die Plätze im Burgrestaurant bestellte er schon vor, damit er zu Mittag essen konnte. Das Taxi hätte einfach 15 Euro gekostet. Daraufhin bat ich ihn, ein anderes mit Mietwagen zu suchen. So fanden wir eines, welches nur acht Euro verlangte. Ich handelte aus, dass wir hin und am Sonntag zurück insgesamt 15 Euro zahlen würden. Als wir in Banzfeld ankamen, ließ man uns erst mal stehen. Robert hatte schon eruiert, dass von Banzfeld eine Bimmelbahn zur Burg hochfahren würde. Die sollte in 15 Minuten losfahren. Aber niemand nahm Notiz von uns. Als dann endlich eine etwas unfreundliche Kellnerin aus dem Restaurant unsere Namen auf der Liste suchte, stellte sich heraus, dass wir nicht im Gästehaus in Banzfeld untergebracht seien, wie Robert mir erklärt hatte, sondern im Selkehaus in Maisdorf. Da hätten wir uns das Taxi sparen können. Der Chef der zahlreichen Gästehäuser kam auf uns zu und meinte, hätte Robert ihm gesagt, dass er zum Minnetournier wollte, hätte er ihn anders untergebracht. So hatten beide aneinander vorbei geredet. Der Chef bot uns an, uns im Auto nach Maisburg ins Selkehaus zu fahren und von da dann wieder nach dem Einchecken zur Bimmelbahn nach Banzfeld mitzunehmen. Er bot auch an, er würde uns am Abend nach seinem Ritteressen mit den anderen Gästen vom Restaurant ins Selkehaus zurückfahren. Robert maulte aber, das sei ihm zu früh, er habe für das GANZE Konzert 14 Euro bezahlt, und er wolle es auch GANZ anhören und nicht mit zurückfahren. Der Chef machte ihm klar: „Es ist nicht meine Aufgabe, Sie herumzufahren, ich wollte Ihnen NUR einen Gefallen tun.“ Ich nahm das Angebot aber dankbar an. Ein Lied oder weniger mitzubekommen, war mir egal. Ich hatte die Nacht zuvor sehr wenig geschlafen, da die Katzen soviel Radau gemacht hatten und immer raus und rein wollten. Außerdem war ich schon früh aufgestanden und wollte nicht um 23 Uhr noch einen anstrengenden Gewaltmarsch durch den Wald von der Burg bergab nach Maisdorf machen. Der Chef meinte, ich solle mich in der Konzertpause bei ihm im Restaurant melden, damit ich erfahren könne, wann der Kleinbus zum Selkehaus fährt. Ich bat Robert, mich in der Pause dort hinzubringen, aber er meinte, er würde dann seinen Sitzplatz verlieren, er könne nicht aufstehen. Als wir dann bei der Bimmelbahn anlangten, eröffnete er mir, er habe das Schreiben mit der Zahlungsbestätigung, welches ich ihm ausgedruckt und übergeben hatte, im Hotel liegen lassen. Na toll, nun würde ich vielleicht meine Karte nicht bekommen. Dann gestand er mir auch noch, er habe seine Eintrittskarten ebenfalls im Hotel liegen lassen. Da wäre ich beinahe ausgeflippt. Ich saß schon bibbernd da, ob wir jetzt überhaupt reinkommen würden. Die Fahrt mit der Bimmelbahn übertraf all meine Befürchtungen. Wir fuhren nicht auf Schienen sondern mit einer Motor-Lok auf der Straße. Wir hingen in einem Wagen hinten dran. Bei der Fahrt über Kopfsteinpflaster, Schotterwege und Waldwege, wo es ja ohnehin schon schaukelt, wurden wir regelrecht durchgerüttelt. Ich wimmerte und weinte die ganze Fahrt hindurch, was Robert schon peinlich war. Ich wäre am liebsten aus der fahrenden Bahn gesprungen. Als ich dann schon so weit war, dass ich beinahe gespieen hätte, waren wir endlich da. Dort schleppte mich Robert gleich zur Kasse, anstatt, dass wir erst mal in das vorbestellte Restaurant zum Essen gingen. Dort erklärte uns die Frau, dass das alles gar nicht schlimm sei, sie würde uns jetzt zwei Karten geben, die könnten wir heute Abend benutzen, und er solle seine Karten einfach beide morgen zur Matinee mitbringen. Ich war schon glücklich über den unkomplizierten Verlauf der Sache, aber ich hatte nicht mit Roberts Sturheit gerechnet. Er meinte, er habe für mich zwei Karten vorbestellt, eine für die Matinee und eine für das Minnetournier, und die wolle er jetzt beide haben. Die Frau meinte, dass es für die Matinee noch zu früh sei, und er solle einstweilen die beiden Karten für den Abend nehmen. „ABER ich WILL mich nicht nochmal für die Matinee anstellen!“ Die Frau erklärte geduldig, dass er ja nun zwei Karten habe, die er für den Abend nehmen könne, und er solle seine beiden, die er unten vergessen habe, für die Matinee nehmen. „JA, aber da steht doch auf der einen Matinee drauf und auf der anderen Minnetournier.“ Das mache nichts, meinte die Frau, er könne beide für die morgige Veranstaltung verwenden. Mittlerweile bediente sie andere Leute, das Telefon läutete, und Robert gab immer noch nicht auf. Er wolle eine Karte für mich für den Abend und eine für die Matinee. Mir platzte der Kragen und ich brüllte ihn im überfüllten Kassenraum an: „Du sollst die beiden Karten, die die Frau Dir gegeben hat, für heute Abend nehmen und DEINE beiden Karten, die Du vergessen hast, für die MAATTINNEEEEE!!!! Der Chef, der uns hochgefahren hatte, meinte, ich solle rausgehen und draußen warten, und ob mich die Fahrt mit der Bahn schon so aufgeregt hätte. Ich erklärte ihm, dass es mit Robert zuweilen sehr schwierig sei. Dann setzte Robert doch noch durch, dass ich eine Karte für das Minnetournier und eine für die Matinee bekam, so dass er nun DREI Karten (seine für den Abend) in der Hand hielt. Beim Essen bat ich ihn dann, mir meine Karten zu übergeben. Da meint der doch glatt: „DU verlierst sie doch nur, und dann kommst Du nicht ins Konzert.“ Ich konterte, dass wer die Karten vergisst, ja wohl er gewesen sei, und daß ich bitte jetzt meine Karten haben wolle. Er gab sie mir mit der Ermahnung, sie nur JA nicht zu verlieren. Ich schlug vor, dass wir beiden anstatt der 35 Euro, die unsere Einzelzimmer jeweils kosteten, jeder von uns 40 Euro geben sollte, da sie uns noch so nett herumfahren. ER wolle aber nicht mehr zahlen, er wolle ja noch auf andere Konzerte, aß aber Eis, ein warmes Menü und verzichtete auf keine Cola und keinen Kaffee. Ich fand das schofel, was ich ihm auch sagte. ER wolle ja nicht mit denen fahren, na dann.

Wir waren natürlich schon um 17 Uhr beim Veranstaltungsort. So hätten wir noch viel Zeit gehabt, die Burg anzusehen. Ich bat Robert, doch mitzukommen, denn es sei doch auch sein Wunsch gewesen, so früh da zu sein, um die Burg zu besichtigen. Er habe keine Lust, er wolle draußen sitzen. Ein Mann, mit dem wir uns unterhalten hatten, meinte, warum gehen Sie nicht alleine da rein. Mein Stock wurde dort nicht als Zeichen für Blindheit interpretiert. Dasselbe passierte mir auch schon im Gästehaus, wo Robert auf einmal mitten im Gespräch verschwand. Als die Wirtin fragte, wo er sei, und ich meinte, ich sehe das nicht, fragte sie: „WIE, Sie sehen das nicht.“ Die kennen dort offenbar nicht die Bedeutung des Blindenlangstockes. Ich hörte den Burgführer rufen, dass die Burg nun bald zumacht, und so fragte ich ihn, ob er mich nochmal eben schnell durchführt. Das tat er auch. Ich fühlte mich bei ihm trotz der steilen Stufen, die auch um die Kurve gingen, sehr sicher. Es gab auch Stufen, die sich teilten, wobei eine Seite in ein Zimmer über eine hohe Schwelle führte, und eine Seite ging weiter abwärts. Ich wusste aber, in der Gegenwart des Burgführers würde ich nicht hinfallen. Er ging immer vor mir und passte gut auf mich auf. Das hätte ich mit Robert sowieso nicht machen können. Ich erfuhr, dass später hier die von Asseburg lebten bis 1945, und daß sie dort Jagdgesellschaften abhielten. Auch für Polizeiruf 110 wurde zu DDR-Zeiten dort gedreht. Es gab auch ein Fräuleinzimmer und einen Rittersaal. Man konnte auch in die Schlafzimmer sehen und dort hinein, wo sie die Jagdfeste abhielten, und wo sie ihre Waffen und Schwerter aufbewahrten.

Das Konzert selbst war ganz große Klasse. Die Jury bestand aus den Bandmitgliedern von Ougenweide. Es wurden nur Lieder gesungen und gespielt, die Ougenweide vertont oder arrangiert und vorrangig gespielt hat. Ein Musiktheater umrahmte alles mit dem Besuch eines gewissen „Frauenlob“ aus dem Mittelalter, der in Begleitung eines Henkers das Konzert kommentierte und beurteilte. Besonders witzig fand ich, dass er sich darüber mokierte, dass so viele Frauen in den Bands mitsangen, wo diese doch der Gegenstand der Minne seien und sich besingen lassen sollten. „Wenn das so weiter geht, kommt noch eine Frau an die Regierung.“ Alle lachten natürlich. Am Ende kam „Frau Minne“ auf die Bühne, die ehemalige Sängerin der Gruppe Ougenweide, die dann mit einem Lied von „Frauenlob“ geehrt wurde. Da ein Bandmitglied kurz nach Beendigung der CD an Krebs verstorben war, wurde ihm auch ein Lied gewidmet. Er hatte einige Stücke vertont, unter anderem die Merseburger Zaubersprüche, die ihm zu Ehren von allen Bands gemeinsam gesungen wurden. Danach war Totenstille, es war zu spüren, dass das jetzt „dran“ war. In der Schweigeminute hörte man jemanden erbärmlich schluchzen. Es war einfach passend zu der ganzen Stimmung und gehörte einfach so.

In der Pause wollte Robert natürlich nicht mit mir zu dem Restaurant gehen, um meine Heimfahrt zu klären. Die Banknachbarin nahm mich dann mit. Dort sagte man mir, ich solle mich nach dem Konzert einfach im Restaurant einfinden. Ich ging noch mit der Banknachbarin mit, um mir ein Schmalzbrot zu holen. Da kam Robert entsetzt angelaufen, wo ich denn sei, er habe mich gesucht. Daß ich ihm sagte, ich ginge mal eben schnell mit der Frau ins Restaurant, hatte er überhört. Ich solle mal eben da warten, er hole sich nur noch was zu Trinken, und dann würde er mich mit zurück zu unserem Platz nehmen. Ich wartete und wartete und wartete, aber kein Robert kam. Als ich schon vor mich hinmaulte, wo er denn bleibt, bot mir eine Frau an, mich mit zurück zu nehmen. Da stürzte er von irgendwo auf mich zu, er habe sich verquatscht. Er stellte mir Olaf, den Sänger von der Gruppe Ougenweide vor. Ich fand immer, er habe so eine zarte Stimme und stellte mir ein kleines, schmächtiges Kerlchen vor. Da drückte mir ein Hamburger Seebär die Hand, als sei ich in einem Schraubstock. Ich jaulte auf und erklärte ihm, dass er so eine zarte Stimme habe, was er gar nicht glauben konnte, was Robert aber ebenfalls bestätigte. Entschädigt durch den Händedruck „verzieh“ ich Robert, mich warten gelassen zu haben. Dann aber steckte mir meine Banknachbarin, er sei ohne mich zurück gekommen, SIE habe ihn nochmals losschicken müssen, um mich zu holen.

Am Ende des Konzerts, bei dem die Irrlichter alle drei der ausgelobten Preise einheimsten und drei Zugaben mit viel Tanz gaben, bat ich Robert, mich ins Restaurant zu bringen. Dort sagten sie mir, er müsse mich zu einer Lichtung unterhalb der Burg bringen, wo der Kleinbus hinfahren und mich mitnehmen würde. Er meinte: „Nein, ich will doch die Bandmitglieder noch sprechen, ich verpasse die doch sonst.“ Die Leute baten ihn: Wenn er klug sei, würde er nun seine Frau nehmen (BEKANNTIN bestand ich!), und mich bitteschön schnell dort hin begleiten. Nach vielem Überreden bequemte und erbarmte er sich dazu, mich zu dieser Stelle hinzubringen. Das war fast im Wald, nur eine Straße ging da entlang, und alle Nase lang kamen mal Leute vorbei. Es war nicht mehr sehr belebt, da es unterhalb der Burg war. Dort angekommen, meinte er, er ließe ich jetzt hier stehen und warten. Ich war entsetzt: „Du kannst mich doch nicht hier stehen lassen, hier kommt nur alle Nase lang mal jemand vorbei, ich kann vergewaltigt werden, hier ist nichts los, ich bin eine wehrlose kleine behinderte Frau!“ Ich hatte furchtbare Angst, da alleine stehen und warten zu müssen, mitten in der Nacht! Er druckste herum, bis dann eine Gruppe Frauen kam, die ein Auto hatten. Er bat sie, mich mitzunehmen. Ich aber meinte, ich müsse wie abgesprochen auf den Kleinbus warten, denn der Fahrer sucht mich ja sonst. Die Frauen boten an, auf mich aufzupassen, bis der Bus kommt. Dann kam eine Familie und meinte, man habe ihnen gesagt, sie sollten mit einer Frau mit Blindenstock auf den Bus warten, und ob ich das sei. Da „entließ“ ich Robert dann zu seinen Band-Kumpels. Es waren ja alle „seine Kumpels“, und er kenne sie ja so gut, und van Langen habe ihm schon des Öfteren ein Bier spendiert. Er tat, als sei er mit all diesen Bands auf Du und Du. Der Bus kam dann endlich, und die Familie begleitet mich noch zu meinem Zimmer im Selkehaus. Die Zimmer waren so angeordnet, dass jede Zimmertür direkt als Balkontür nach draußen ging. Man ging also direkt von außen ins Zimmer. Es gab seitlich noch ein Fenster. Das Bad war nach hinten raus und hatte sogar auch ein Fenster. Es war alles sehr großzügig, alles neu, aus Holz und sehr nett gemacht. Für 35 Euro hätte ich nicht mit einem eigenen Bad mit Dusche gerechnet.

Am nächsten Morgen klopfte ich bei Robert an die Wand, damit er hörte, dass ich auf war, damit er nicht verschlief. Laut sang ich in der Dusche, damit er auch ja hört, dass er aufzustehen habe. Beim Mittelalterfest in Selb hatte er völlig verschlafen, und wir kamen erst eine halbe Stunde nach Konzertbeginn auf das Festivalgelände. Dem wollte ich vorbeugen. Allerdings war er ohnehin schon wach. Im Essensraum sprach uns dann die Familie an, die mir geholfen hatte, und erklärte Robert, sie haben mich sicher nach Hause gebracht. Er meinte, er habe EXTRA nochmals durch meine Glastüre in mein Zimmer geguckt, ob ich auch sicher da sei, er sei erst um 3 Uhr heimgekommen. Ich meinte daraufhin, daß er jetzt auch nicht mehr so besorgt tun bräuchte, er wollte mich mutterseelenallein im Wald auf den Bus warten lassen, und außerdem habe er ja die Bandmitglieder offenbar alle noch gefunden und hätte getrost bei mir warten können, wenn die sogar bis drei Uhr nachts noch dort droben waren.

Das Frühstück war ganz große Klasse, es gab, was man sich nur wünschen konnte: Brötchen, Wurst, Käse, Ei, Säfte, Milch, Kaffee, Tee, Joghurt… Und das alles für 35 Euro! Ich machte mich dann auch gleich ans Zahlen. Robert saß noch rum und rauchte, er wolle sich keinen Streß machen. Um halb zehn sollte uns der Bus wieder zur Matinee abholen. Ich packte alles zusammen und saß danach gemütlich in der Sonne. Für einen Urlaub mit viel Erholung wäre dieses Gästehaus sicher auch sehr passend. Ich unterhielt mich noch kurz mit einem Minnesänger, der früher bei Vogelfrey mitgespielt hatte. Diese Gruppe macht zusammen mit geistig Behinderten und Gymnasiasten das Projekt Saitensprung. Sie sind aus meiner Gegend, was ich gleich an seinem Dialekt hörte. Daher kamen wir ja auch erst ins Gespräch, weil ich ihn fragte, woher sind SIE denn? Von Vogelfrey und Saitensprung habe ich eine wunderbare CD mit einem ganz tollen Konzert, die ich immer wieder gern höre.

Der Busfahrer ersparte uns das Bimmelbahn-Fahren, und auch so war es schon holprig genug. Oben angekommen meinte er, wir sollten dann klären, wann wir wieder zurück wollten. Das Gepäck hatten wir unterwegs in Banzfeld abgestellt in diesem Gästehaus, wo wir am Anfang fälschlicherweise angekommen waren.

Bis zur Matinee war noch viel Zeit, und so erkundeten wir etwas die Gegend, wobei Robert aber mehr oder weniger herumsaß und Kaffee und Cola trank. Er fand heraus, dass es zu Mittag Kesselgulasch und Quarkpfannkuchen gibt. Ich dachte, das sei doch eine gute Lösung, nach der Matinee essen wir: er das Gulasch, ich die Pfannkuchen, und dann gehen wir so, dass wir um 14:40 von Maisdorf losfahren können.

Bei der Matinee war ein Musikwissenschaftler anwesend, der uns erklärte, wie Ougenweide die Lieder verändert oder ganz neu vertont hat, und wo die Melodien teilweise herkommen, und wie sie entstanden. Wir sollten auch mitsingen. Auch dann, wenn niemand mitsang, trällerte Robert in der ersten Reihe total falsch mit. Ich knuffte ihn etwas in die Seite, damit er aufhört, aber er boxte mich heftig zurück. Immer, wenn ich mal einen Laut von mir gab, stupste oder boxte er mich in die Seite, ich solle ruhig sein, grölte und röhrte aber selbst mit, wo immer es möglich war. Nach der Matinee bekam ich den Musikwissenschaftler zu fassen und fiel ihm sichtlich lästig. Aber ich wollte halt einiges wissen: Ob er mir was über die Gruppe Lilienthal heraussuchen könnte, ob er den blinden Komponisten Conrad Paumann aus dem 15. Jahrhundert kenne, und ob er mir Musik von der Gruppe Elster Silberflug besorgen könne, da er ja einen kleinen Musik-Verlag oder -Versand hat. Ich erstand noch eine CD von Ougenweide, nämlich die, die ich als allererstes als Schallplatte bei meiner Schwester gehört hatte und wiederhaben wollte.

Das Ganze war um 12 Uhr beendet. Nach Kesselfleisch und Pfannkuchen hätten wir locker um 14:40 in Maisdorf sein können. Wir setzten uns zu den Betreibern des Spartenradios für Mittelaltermusik Radio Aena. Die boten mir an, ich könnte ein Gesuch aufgeben, vielleicht melden sich dann Leute, die Folk-Musik oder Ähnliches mit mir zusammen machen würden. Ich suche schon lange solche Leute, aber es will und will und soll nicht klappen. Rundherum um uns war große Aufbruchstimmung. Es wurden immer weniger. Der Sänger von Ougenweide verabschiedete sich von uns und drückte mir nochmal fest die Hand, wobei es ganz schön wehtat, aber ich freute mich so, dass er von sich aus auf mich zukam, was ja Leute oft nicht so machen, und dann auch noch so jemand „Bekanntes“. Ich bat Robert, er solle sich doch jetzt sein Kesselgulasch bestellen, so könnten wir dann gehen. „ICH hab jetzt keinen Hunger, mach nicht so einen Streß.“ Ich bat ihn, dass wir doch jetzt gehen könnten, denn alle anderen brechen auch schon auf. Unsere Tischnachbarn wollten auch bald fahren, sie hätten noch vier Stunden Fahrt vor sich. Wir hatten sechs-sieben Stunden, aber Robert machte keine Anstalten. Er langweile sich doch sonst nur in seiner Wohnung, was solle er denn mit dem angebrochenen Abend dann noch anfangen, schließlich kämen wir dann ja „schon“ um halb zehn nach Hause, und er wisse nichts mit sich anzufangen. Außerdem hätten wir ja für 16:40 die Plätze reserviert, und wenn wir früher führen, bekämen wir dann keinen Platz. Ich wandte ein, dass ich nur deshalb so spät reserviert hätte, FALLS die Matinee länger dauern würde, damit ER nicht so früh von der Matinee wegmüsse, aber wenn doch jetzt schon alles aus sei, könne man doch fahren. „Mach keinen Streß“ war die Antwort. Dann bestellte er endlich ein Eis, ich bestellte meine Quarkpfannkuchen. Das war eine ganz schöne Pampe, mit Eis, Kirschkompott und Zimt. Die Pfannkuchen waren dünn, von Quark keine Spur, jedenfalls nichts Sättigendes und obendrein ohne Messer mit nur Gabel und Löffel extrem schwer zu essen.

Dann merkte Robert plötzlich zu seinem Schrecken, dass ihm seine Zigaretten ausgegangen waren. Ich schlug vor, dass wir jetzt nach Maisdorf zur Bushaltestelle fahren könnten, und da gäbe es dann SICHER auch Zigaretten, und wir könnten heimfahren. Nein, er wolle nur Zigaretten haben. So nahm er das Angebot an, mit dem Ehepaar von Radio Aena mit nach unten nach Banzfeld zu fahren. Dort gingen wir in das Gästehaus, wo wir ja unser Gepäck abgestellt hatten. Er ließ mich irgendwo stehen, wo ich gar keinen Platz fand, rannte durchs Lokal und haute jeden Kellner an, ob er ihm Geld für Zigaretten wechseln könnte. Die waren total unfreundlich und meinten, nein, das ginge nicht. Ich stand im Weg, und als mich eine Bedienung zu einem etwas weniger störenden Platz brachte, fragte ich sie, ob wir denn eine Fahrgelegenheit zur Bushaltestelle nach Maisdorf kriegen könnten. Es sei jetzt schon 14:20, und das würden wir ohnehin nicht mehr schaffen, und es gäbe keine Fahrmöglichkeit mehr. Ich nahm das hin und schlug Robert vor, dass wir uns zum Essen da hinsetzen und dann eben erst um 16:40 fahren wie von ihm geplant. Aber er meckerte, die Musik (live mit Keyboard und Schnulzengesang vom Alleinunterhalter) sei so ummöglich, er würde sich da niemals hinsetzen, lieber nur drinnen, wo keine Musik sei. Wir fanden aber keinen Platz. Ich meinte: „Wären wir früher gefahren, hätten wir noch den Fahrer erwischt.“ Er meinte, das sei doch nicht möglich, dass da dann auf einmal ein Fahrer gewesen wäre, nur weil wir kommen. Dann ging er hin und bat um unser Gepäck, was ich ja auch schon getan hatte. Die Frau verdrehte die Augen und stöhnte. Dann meinte er doch glatt: „Wo ist der Fahrer, wir wollen zur Bushaltestelle!“ Die Frau erklärte ihm, dass jetzt kein Fahrer mehr da sei. IHM sei aber versprochen worden, dass wir gefahren werden. Die Frau machte ihm klar, dass er das hätte früher ausmachen müssen, der Fahrer sei bereits in den Feierabend. „ICH will den CHEF sprechen, ich will einen Fahrer!“ Die Frau erklärte uns, dass wir laufen müssten, es seien sechs Kilometer. Ich meinte, dass wir das in zwei Stunden und 20 Minuten locker schaffen würden. „ICH WILL aber nicht laufen! Ich WILL aber nicht laufen!“ Mir war das Theater zu blöd, und ich äffte ihn nach, auf den Boden stampfend: „Ich will aber nicht laufen, ich will aber nicht laufen, ich will aber nicht laufen, neineineineinein!“ STAMPFSTAMPF! Die Frau meinte, ich wolle nicht laufen, aber ich erklärte ihr schnell, dass ICH damit kein Problem hätte, dass aber Robert zu nichts zu überreden sei, wenn der nicht wolle. Da brüllt der los: „Leckt mich doch alle am Arsch, Ihr DRECKSÄUE, ich komme im OKTOBER NICHT hierher, nienienie mehr komme ich her!“ Er rannte schreiend aus der Gaststätte. Ich war vollkommen geschockt und redete auf die Bedienung ein, er hat meine Fahrkarte, ich bin doch blind, was soll ich machen, der ist weg, einfach davongelaufen. Die unfreundliche Frau packte mich, setzte mich auf einen Stuhl in der Ecke und meinte: „Ich kann jetzt nicht noch mit Ihnen diskutieren, beruhigen Sie sich!“ Nachdem keine Hilfe von diesen Leuten zu erwarten war, ich keine Fahrkarte hatte (Robert wollte sie haben, weil er sie schneller herauskramen und dem Schaffner vorzeigen könne, wie er meinte.), am nächsten Tag wieder zur Dialyse musste und nicht alleine zur Bushaltestelle kommen würde, wusste ich mir keinen andern Rat. Ich rief die Polizei an, erklärte, dass wir hier im Gästehaus namens Gartenhaus säßen, dass Robert obendrein noch Epilepsie habe und sich grad furchtbar aufgeregt hätte und davongerannt wäre, ich nicht wisse, wo er sei, fast blind sei und morgen wieder zur Dialyse in meiner Heimat sechs Stunden von hier müsse. Als ich dem Polizeibeamten am Telefon, der wohl in der nächstgelegenen Großstadt saß, beschrieb, wo wir waren, hörte ich die Bedienung sagen: „Da kommt er wieder.“ Er sei ja jetzt wider da, er sei auf Entzug, er habe keine Zigaretten mehr, da flippe er halt aus usw. Wir entschieden uns, das Taxi vom Vortag wieder zu rufen. Eigentlich war mir das schon zu teuer. Ich hatte 9 Euro zahlen müssen, wobei ich die 4,50, die Robert hätte berappen müssen, mühevoll aus ihm herausleiern musste. So gab ich ihm drei Euro, und er rief das Taxi und musste die restlichen 5 bezahlen. Diesmal verlangten sie nur fünf, und so gab ich ihm nichts mehr an Geld, und wir waren einigermaßen quitt. Ich hab keine Lust, immer für andere den Zahlmeister zu spielen, ich will Halbe-Halbe. Wir ließen uns zu einem Restaurant in der Nähe der Bushaltestelle fahren und aßen zu Mittag, Robert bekam endlich seine Zigaretten und war wieder friedlich. Er erklärte mir, dass er ab und zu so ausflippt, und ich solle doch das nächste Mal wissen, dass er wieder kommt. Ich erklärte ihm: „ES wird kein nächstes Mal geben.“ Das drang aber nicht zu ihm durch. Ich sagte ihm schon, dass ich die Polizei wegen ihm gerufen hatte. Ihm war das peinlich, aber ich sagte ihm, das sei sein Problem, nicht meines.

In Aschersleben durften wir dann wieder 1,5 Stunden warten. Robert wollte schon wieder einkehren. Ich habe aber nicht das Geld und darf sowieso nicht soviel trinken wegen der Dialyse. Ich wollte daher unbedingt am Bahnhof bleiben und dem Chor zuhören, den man vom Gartenschau-Gelände her hörte. Er schleifte mich aber einfach hinter sich her, ich wurde nicht gefragt. Als ich dann meckerte, ließ er einfach los und meinte, dann bleib doch hier. Ich erkämpfte mir noch, dass er mich zumindest auf eine Bank setzte. Als er dann wieder kam, hatte er schon wieder Eis und Cappuccino genossen.

Als wir in Halle ankamen, stellte sich genau das heraus, was ich befürchtet hatte: Der Zug von Halle nach Naumburg hatte 20 Minuten Verspätung. Wir würden also erst um 20:51 in Naumburg ankommen und würden womöglich unseren Anschlusszug nach Hause nicht bekommen, der genau um 20:51 losfahren sollte. Robert meinte wieder: „Mach doch nicht so einen Streß!“ Ich war mittlerweile so wütend über all das, dass ich ihm sagte: „DU, wenn ich jetzt nochmal das Wort STRESS-Machen höre, dann schmier ich Dir ein paar!“ Das wäre lustig geworden, wenn wir den allerletzten Zug nach Hause nicht bekommen hätten. Im Zug schlug Robert vor, wir sollten bis zur Endstation mitfahren und dann von da aus einen Nahverkehrszug zu unserer Stadt nehmen. Der Schaffner meinte, wir sollten erst mal abwarten, es würde sicher der Anschlusszug erreicht werden.

In Naumburg hieß es dann, dass unser Zug erreicht würde, dass aber ein anderer Zug am selben Gleis halten würde, wir also aufpassen müssten, dass wir in den richtigen Zug steigen, da beide Anschluß-Züge in beide Städte hintereinander stehen würden. Dort angekommen guckte Robert auf die Wagenstandsanzeige, um unseren reservierten Wagen zu finden. Ich erklärte ihm vergebens, dass die Anordnung hinfällig sei, da dies ein außerplanmäßig haltender Zug sei, und dass zwei Züge hintereinander kommen würden, und somit keine Wagenstandsanzeige mehr gültig sei. Er solle sich lieber drum kümmern, dass wir nicht in den Zug nach Frankfurt steigen sondern in unseren richtigen Zug. Er ließ sich aber nicht davon abhalten. Auch die Durchsage, wo die Wagen halten, ließen ihn nicht umschwenken. Der Schaffner kam und erklärte ihm, dass er nicht mehr nach der Wagenstandsanzeige gehen könne. Aber auch das beeindruckte ihn nicht. „Das gibt es nicht, dass zwei Züge hintereinander halten, so lange Bahnsteige gibt es ja gar nicht.“ Dann kam unser Zug hinter dem Frankfurter. Auf einmal rannte er los und war weg. Ich hinterher und rief immer unseren Städtenamen, bis mir dann jemand sagte, wo unser Zug anfing. Auf einmal sah ich Robert wieder und schimpfte ihn, dass er weggelaufen sei. ER habe ja nur was nachfragen wollen. Das machte er dauernd, dass er, ohne was zu sagen, auf einmal verschwand. Einmal habe ich ihn drangekriegt und mich versteckt, und als er wieder kam, war ich weg. Ich kommentierte das: „Wenn man einen Hund draußen lässt, sollte man ihn auch anbinden, sonst läuft er eben weg.“ „DU bist doch kein Hund.“ „Doch, nur Hunde lässt man draußen stehen.“ Ich kann es auf den Tod nicht leiden, wenn Sehende einen einfach mit (oder ohne) Hinweis: „Warte mal da draußen“, einfach wie einen Hund vorm Laden stehen lassen, ohne einem zu sagen, wo sie hingehen, wann sie wieder da sind, und ob man so lieb wäre, mal eben beim Gepäck zu warten, sondern einfach kommentarlos verschwinden und einen stehen lassen, als sei man ein Hund oder ein Koffer.

Robert hat mich laufend wo vergessen, und ich musste erst rufen, dass er mich mitnehmen soll. Ich habe ihm ein paar Mal vorgehalten, dass uns nicht der letzte Zug nach Hause am wegfahren wäre, wären wir zwei Stunden früher gefahren, und wie riskant das beinahe geworden wäre. Während wir zu unserem Zug rannten, murrte er laufend: „MEINE Fresse, MEINE Fresse“. Ich war schon so angewidert von diesem Menschen, dass ich ihm sagte: „Wenn DU jetzt nochmals meine Fresse sagst, dann HAU ich Dir in die Selbige, und DU hast meinen Stock zwischen den Zähnen.“ Im Zug sagte ich, ich könne seine Anwesenheit keine Minute länger ertragen. Ich musste mich aber zu ihm setzen, da unsere Plätze ja reserviert waren, und es keine anderen mehr gab. Ich fragte ihn dann mehrmals: „Und, glaubst DU mir jetzt, dass zwei Züge hintereinander stehen können.“ Er wiederholte aber stur, das ginge gar nicht, da hätten keine zwei Züge Platz. Mein Einwand, dass wir ja jetzt schon drin seien, und er es spätestens jetzt merken müsste, wurde überhört. Er meinte, er wolle nun seine Ruhe haben, und das nächste Mal führe er alleine. Ich sagte nur och: „Dann zahlst Du aber das VIERFACHE wie jetzt!“ Ich sprach die ganze Fahrt über kein Wort mehr mit ihm, und als der Zug ENDLICH um 12 Uhr Mitternacht ankam, stand ich schnell auf, packte meine Sachen und rannte grußlos zur Zugtür und war weg.

Das Konzert war wirklich gut. Schade, dass bei mir die Sachen mit anderen immer so ausgehen. Ich hätte gar nicht erst mit ihm fahren sollen. Rational gesehen ist es so, aber ich denke, dass ich auch eine gewisse „Verhexung“ habe, dass mir immer solche Sachen passieren, und dass durch elektromagnetische Felder um mich herum andere Menschen sich zu mir so verhalten.

So irre das klingt, aber NUR an meinem Verhalten kann es doch nicht liegen. Ich ziehe immer nur solche Leute an, und auch Menschen, die eigentlich verträglich sind, werden in meiner Gegenwart rechthaberisch und stur. Ich löse das in anderen aus, da andere mir nicht rechtgeben können. Wenn ich nachgebe, dann bin ich die Blöde. Wenn ich aber auf meinem Recht bestehe, dann heißt es, ich reize andere dazu, mir zu widersprechen, und ich sei so stur. Aber immer nachgeben kann man auch nicht.

Ich werde kein Wochenende mehr mit anderen verbringen und die Kontakte mit anderen so kurz wie möglich halten, damit sich nicht so viel negative Energie ansammeln kann. Wenn man sich nur kurz sieht, und wenn man schnell wieder auseinander gehen kann, dann freut man sich, und es ist gut.

Allerdings hat Robert zum Beispiel Folgendes gemacht:
Als wir zum Bäcker gingen, ist er absichtlich dran vorbei gelaufen und meinte, er wollte nur testen, ob ich es merke. Solche Menschen sollte man von vorneherein gleich in den Wind schießen. Wenn ich mich aber wehre, dann heißt es wieder, ich sei empfindlich. Außerdem machen das ja alle Menschen, weil sie es spaßig finden, und dann heißt es wieder, ich verstünde keinen Spaß. Da ja alle Menschen mehr oder weniger gleich sind, und man sich die Menschen nicht aussuchen kann, die nicht so sind (die ja auch nur ganz selten zu finden sind), muß man die Menschen nehmen, wie sie sind. Daher sehe ich mittlerweile über solche Dinge hinweg, denn wenn ich mich über alles ärgern würde, hätte ich bald niemanden mehr. Somit nehme ich solche Verhaltensweisen halt hin. Zum Krach kommt es dann sowieso irgendwann, wenn sich solche Begebenheiten häufen. Meckert man gleich, ist man überempfindlich. Läßt man solche Dinge zusammenkommen, dann heißt es: DU hättest Dich schon viel früher wehren müssen.

Aus dem Katalog kann man sich halt die Menschen nicht aussuchen. Man muß die Menschen nehmen, wie sie sind, es gibt keine anderen, oder es lassen. Schade drum. Auf so jemanden kann man aber verzichten. Nur muß man dann auf die halbe Menschheit verzichten, denn viel anders sind andere auch nicht.