Dienstag, 21. Juli 2020

Eigener Herd ...

Als ich in meiner Wohnung eingezogen bin, habe ich die Spüle und den Herd von der Genossenschaft bekommen. Das sollte aber nur für den Übergang sein, denn irgendwann wollte ich dann einen eigenen Herd und eine eigene Spüle in eine Arbeitsplatte versenkt. Denn bei dem Herd, der ja der Genossenschaft gehört, kann ich nicht einfach irgend welche Markierungen vornehmen. Die Knöpfe sind so, dass man nicht ohne weiteres ertasten kann, ob der Herd an oder aus ist. Ich wollte jetzt nicht unbedingt mit einer Feile die Schalter so präparieren, dass ich das fühlen könnte. Wir haben im Internet gesucht, ob es die gleichen Schalter noch mal gibt, die ich dann nach meinem Auszug dort wieder einsetzen könnte. Aber leider wurden wir nicht fündig, da der Herd sehr alt ist. Aber er funktioniert noch sehr gut. Für blinde ist er aber nicht gut geeignet. Wir haben versucht, ihn mit Aufklebern zu markieren, die aber immer wieder abfallen, da Brad fett drauf kommt, und sich dadurch die Klebefläche ablöst. So dachte ich mir, ich suche mir einen Herd, außerdem einen mit Umluft, und eventuell auch einen mit Ceranfeld besser gesagt Glaskeramik. Für blinde ist das aber denkbar schwierig. Denn man braucht ein Kochfeld mit tastbaren Ringen. Sonst kann man die Töpfe nicht aufsetzen. Mit einer Kraft für lebenspraktische Fähigkeiten (LPF) bin ich daher einmal in ein größeres Geschäft mit Haushaltsgeräten gegangen. Außerdem wollte ich unbedingt einen Herd, bei dem man die Knöpfe eindrücken kann. Und das sollte erst dann möglich sein, wenn der Herd wirklich ausgeschaltet ist. Denn ich bin einmal direkt beim Aufstehen an einen Knopf gekommen und habe ihn versehentlich eingeschaltet. Als es dann etwas komisch gerochen hat, dachte ich, jemand anderer kocht gerade. Bis ich dann merkte, dass es hinter mir recht warm wurde. Zum Glück war der Deckel herunter geklappt, sodass sich nur ein brauner Fleck gebildet hat und sonst nichts. Das war kurz vor meinem Urlaub. Nicht auszudenken, wenn ich das nicht bemerkt hätte und in Urlaub gefahren wäre. Ich hab dann so schnell wie möglich sicherheitshalber auch noch die Sicherungen des Herdes raus gedreht. Das sind ja 3 Sicherungen, wir haben alle 3 markiert, sodass ich schnell die richtigen finde. Ich hatte zuvor fast noch nie einen eigenen Herd besessen, denn ich war immer in kleineren Wohnungen, in die fast nur Kochplatten rein passten. Daher hatte ich am Anfang große Angst, mich diesem Gerät zu nähern. Am Anfang habe ich ganz schön gezittert, aber irgendwann habe ich es dann geschafft. Daher bin ich hier sehr vorsichtig. Mir wäre daher lieber, wenn man die Schalter so hereindrücken kann, dass der Herd tatsächlich auch aus ist. Aber es gibt viele Herde, bei denen sich die Knöpfe auch noch dann reindrücken lassen, wenn er noch eingeschaltet ist. Da sie nicht zur Sicherheit sondern nur zum besseren Putzen dienen, hat man auf diese Zusatzfunktionen offenbar keinen Wert gelegt. Eine Freundin von mir hat eine Küche für 1000 € bekommen, mit Herd, und man hat sie ihr sogar noch eingebaut. Der Herd hat weiße Ringe, sodass man diese sehen und ertasten kann. Nun gibt es auch für blinde eine Firma, die Herde umgerüstet, bei denen man die Elemente ertasten kann. Zum einen gibt es universelle Aufkleber, die man überall drauf kleben kann, dann gibt es die Möglichkeit, dass die Firma mit einem 3-D Drucker die Griffe ausdruckt, die genau dieser Herd hat, und zwar versehen mit Braillebuchstaben, und neuerdings gibt es sogar Herde, deren Griffe sprechen können. So habe ich mich an diese Firma gewandt, und in einem längeren Gespräch fanden wir heraus, was ich brauche. Er riet mir zu einem Induktionsherd mit weißen Ringen, die man abtasten und auch sehen kann. Der ist noch gar nicht mal so teuer mit seinen 550 €. Ich würde dazu dann nur die einfachen Aufkleber nehmen. Das Problem ist aber, dass ich ja alles in eine Arbeitsplatte einbinden möchte. Und außerdem ist mein alter freistehende Herd nur 50 cm breit. Dementsprechend habe ich meine Küche eingerichtet. Ein neuer Herd misst fast immer 60 cm. Daher müsste ich die ganze Küche neu kaufen. Die Spülmaschine passt noch rein, man müsste aber statt einem Schrank von 100 cm nur noch einen für 90 oder 80 cm finden. Man könnte natürlich auch die 80 cm breite Spüle gegen eine 60 cm Breite austauschen, aber dann passen die Mülleimer nicht mehr drunter, und die stehen mir dann im Wege herum. Zunächst hatten wir 2 Schränke gefunden, einen Spülunterschrank mit 70 cm und einen Schrank für den Herd mit 60 cm. Dann meinte aber meine Helferin, der Unterschrank für die Spüle würde nun doch 80 cm breit sein. Ich müsste außerdem 3 verschiedene Arbeitsgruppen haben: einer bringt den Herd, der andere schließt ihn an, die anderen bauen die schränke auf, der nächste macht die Arbeitsplatte. Das könnte ich nicht koordinieren. Somit dachte ich mir, eine ganze Küche käme dann vielleicht sogar eventuell billiger. Als ich in einem Baumarkt nachfragte, hieß es, bei einzelnen Schränken müsse man mehr zahlen, bei einer ganzen Zeile hätte man einen Block Vorteil. Ich solle halt einfach mal einen Termin mit dem Berater ausmachen, dann könne man eine Küche planen, aber unter 2000 € käme ich nicht weg. Als ich die Küche meiner Freundin erwähnte, meinte er, das sei eine aus dem Internet, da stünden 2 Modelle, ich könne mir ja eines aussuchen, im Internet gäbe es über 1000 Modelle. Schon war ich abgefertigt, der Mann aus dem Laden, der mich zur Küchenabteilung begleitet hatte, zeigte mir noch die beiden Küchen, die als Modelle aus dem Internet aufgebaut waren. Besonders beeindruckend fand ich die jetzt nicht. Meine Assistentin meinte auch, die Küche, die meine Freundin hätte, sei wesentlich schmäler, ich bräuchte ja eine wesentlich längere Zeile, daher käme sie auch teurer. Wir fingen also an, in verschiedene Möbelgeschäfte zu gehen. Der Ingenieur, der die Umrüstung für Herde entwirft, riet mir, erst einmal bei Ikea zu schauen, denn dort seien die Preise recht fest, dann könne man sich von den Kosten her schon mal einen Überblick verschaffen. Dort fand ich dann eine sehr schöne Küche mit Kassettentüren, und wir suchten am Computer erst einmal alle Teile zusammen. Es wurde teurer und teurer. Die hatten natürlich auch sämtliche Geräte und die indirekte Beleuchtung mit eingebaut, sodass wir virtuell erst einmal alle unnötigen Dinge entfernten. Aber immer noch war die Küche recht teuer. Wir machten dann einen telefonischen Termin mit Ikea aus. Bei einem anderen Fachgeschäft schauten wir ebenfalls nach einer Küche, aber dort wurde uns erklärt, dass unter 16.000 € keine Küche zu haben sei. Somit ergriffen wir dort ganz schnell mal eben die Flucht. Alsdann das Telefonat mit Ikea geführt wurde, hieß es, die Arbeitsplatte würden sie nicht ausschneiden, die müssten wir dann selbst ausschneiden. Da meinte meine Helferin, die Arbeitsplatte könnten wir dann genauso gut auch von einem Baumarkt holen, sie uns ausschneiden und liefern lassen. Dann hätte ich aber wieder genau die selbe Dreierkombi: einer liefert den Herd, einer schließt ihn dann an, ein paar kümmern sich um die schränke, die Arbeitsplatte muss separat angefertigt und geliefert werden. Und das würde mich dann doppelt so teuer kommen, als wenn ich nur die beiden schränke für Herd und Spüle austauschen würde. Ich komme also um die Arbeitsplatte nicht herum. Zwischendurch hatten wir ein Treffen mit unserer Theatergruppe, die sich aber zwischenzeitlich personell etwas verkleinert hat. Ich möchte nicht mehr mitmachen, aber zu dem letzten Treffen wollte ich noch kommen. Denn eine aus der Gruppe hatte zahlreiche flüssige Seifen für mich, die die Lebenshilfe verkauft. In diesem Zusammenhang klagte ich mein Leid über die Küche. Die Frau erklärte mir, dass sie gerade ja Küche los würde, und sie könne mir den Herd und auch die restliche Küche überlassen. Ansehen könne ich es mir aber nicht mehr, sie würde mir lediglich ein Foto über WhatsApp schicken, meine Assistentin könne ja dann beurteilen, ob sie was für mich sei. Einer aus der Theatergruppe erklärte sich bereit, die Küche zu mir zu bringen. Aber die Küche hatte einen gelben Farbton. Das passt bei mir überhaupt nicht rein. Die Arbeitsplatte wäre dunkelbraun gemasert. Für sich genommen sieht sie sicher gut aus, aber bei mir würde sie nicht reinpassen, weder von der Farbe noch von den Maßen her. Denn man müsste die Eckküche auf eine gerade Zeile umstellen. Das würde ziemlich viel Stückwerk erfordern. Ich habe mit meiner Schwester telefoniert, und die meinte, warum ich die der nicht nehmen würde, es sei doch egal, ob sie farblich passt, wenn ich sie geschenkt bekäme. Dass sie von den Maßen her nicht passt, hat sie dann überzeugt. Wegen der Farbe wäre das ja für sie kein Kriterium gewesen. Was nützt es mir, wenn ich dann etwas in der Küche habe, was nicht reinpasst, und mit dem ich dann in 5 Jahren unzufrieden bin, und dass ich da nicht mehr sehen kann. Da hätte ich doch wirklich noch was zu verlieren, nämlich müsste ich dann den Abtransport organisieren. Ich möchte lieber eine Küche, die mir auch gefällt, und die ich dann 20 Jahre hätte. Dafür hatte sie aber wenig Verständnis. Ich hatte den Eindruck, für eine blinde taugt ja auch etwas, das optisch nichts hermacht, ich könne doch auch damit zufrieden sein. Ich sagte ihr, sie selbst würde niemals etwas in ihre Wohnung stellen, was ihr nicht gefällt. Für sich nimmt sie das ohne weiteres in Anspruch. Sie meinte, ich könne doch einen Schreiner engagieren, der mir die Arbeitsplatte ausschneidet. Ich kenne einen, der pensioniert ist und das auch günstig machen kann. Aber der verhält sich teilweise unmöglich. Der schaut ziemlich auf das Geld. Ich hatte einmal nur noch wenig an Bargeld zu Hause, und ich musste noch abends weg, und ich kann als blinde schlecht zum Geldautomaten. Ich hatte ihn deshalb darum gebeten, dass wir alles am Ende abrechnen, und ich ihm dann alles auf einmal überweise, da ich ihm ja nicht weg laufe, und wir schon zuvor Geschäfte gemacht hatten. Aber er bestand darauf, dass er jetzt schon die 1. beiden Stunden bezahlt bekommt. Ich konnte dann am Abend zu sehen, wie ich mein Essen bezahle, da ich mich mit Freunden getroffen hatte, mit denen ich mich schon länger verabredet hatte. Denn ausgerechnet in diesem Laden hat man keine Kreditkarte angenommen. Oder, wenn ich im Trinkgeld gebe, sagt er hinterher noch, das war ja auch gerechtfertigt. Eigentlich bedankt man sich und gut. Meine Schwester hatte dafür gar kein Verständnis und meinte, warum, man gibt doch auch Trinkgeld. Darum ging es nicht, es ging drum, dass sie mir ruhig mal hätte beipflichten können, dass so ein Spruch, dass dies doch auch gerechtfertigt und angemessen sei, einfach unangebracht ist. Aber ich habe noch nie viel Rückendeckung von meiner Familie erfahren. Meine Assistentin schüttelte den Kopf und meinte, nein, die nehmen wir nicht. Sie schlug vor, beim Baumarkt eben eine Arbeitsplatte anfertigen und liefern zu lassen. Nun sagte mir der, der die Herde für blinde umrüstet,, Ikea hätte andere Normen, daher könnte man die Platte nur bei Ikea machen lassen. Und da liegt wieder der Hase im Pfeffer, denn der Aufbau, den Ikea machen müsste, kostet pro Meter 270 €. So schlug mir der Ingenieur mit den tastbaren Herden vor, einen Küchenmonteur zu engagieren, der lediglich die Arbeitsplatte drauf montiert, wenn er vielleicht für Ikea Möbel spezialisiert ist. Aber Ikea sei sehr schwer zu montieren, da gibt es zu viele Einzelteile. Er schlug mir vor, einfach nur die Arbeitsplatte von einem Küchenmonteur machen zu lassen und fertig. Dann werden es immer mehr Leute, denen ich einen Auftrag erteilen muss: der Elektriker muss dann genau bei Fuß stehen, wenn der Küchenmonteur kommt, um den Herd anzuschließen. Und irgendjemand muss ja auch die Möbel für die Küche aufbauen. Das würde meine Assistentin mit anderen Leuten übernehmen. Aber all das zeitlich zu koordinieren, wäre zu schwierig. Ich weiß nicht, wie andere Leute das machen. Egal, wie viel ich zusammen spare, jedes Mal wird es noch teurer. Und am Ende bräuchte ich einen Haufen Geld, damit ich einen festen Betrag einem Lieferanten in die Hand drücken kann, der dann alles aufbaut. Ich hab so etwas noch nie gekonnt. Ich bin bei solchen Dingen schlichtweg überfordert. Es wäre wahrscheinlich das Beste, einfach die Aufkleber zu bestellen, den alten Herd damit zu bekleben, und eben einfach damit zu leben. Wahrscheinlich gibt es keine andere Möglichkeit. Es wäre sowieso nicht möglich, einer 2,80 m lange Arbeitsplatte in meine Wohnung zu bringen. Der eine sagt, man darf sie nicht Hochkant stellen, der nächste sagt, man darf sie nicht durch das Fenster heben, der nächste sagt wieder etwas ganz anderes. Ich habe schlichtweg keine Lösung. Wie andere das machen, weiß ich nicht. Aber da merkt man eben, dass ich schon ziemlich schwerbehindert bin. Selbst mit Assistenz ist es fast nicht möglich, mir hier zu helfen. Einige hatten mir angeboten, mir etwas zu leihen, aber wenn man vorher nicht sparen kann, kann man auch nicht rückwärts sparen. Ich glaube, der Traum von einem eigenen Herd wird wahrscheinlich nicht erfüllt werden. Dafür stelle ich mich offenbar zu blöd an. Oder ich müsste eine Arbeitsstelle haben und ordentlich Geld verdienen. Aber das fällt ja flach. Und ob ich die 360 € für die falsch bestellten Rollowickler bekomme, ist erst sicher, wenn das Geld auf meinem Konto ist. Zumindest haben wir gestern einen Rückschein erhalten, offenbar hat es etwas genützt, dass meine Assistentin sich bei ihm beschwert und die Ware reklamiert hat.

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