Donnerstag, 30. Mai 2019

Grünes Licht für Premiere mit AD

Gestern war ich in einem Stück, das im Rahmen des Figurentheaterfestivals gegeben wurde. Es ging um Stefan Heym und hieß: „wenn man mich fragt „. Das Besondere an dem Stück war aber, dass es das erste Stück war, dass in meiner Umgebung mit Audiodeskription, also Bildbeschreibung für blinde und Sehbehinderte dargeboten wurde.


In dem Theater Club, der parallel zu unserem mit derselben Theaterpädagogin läuft, wurde auch schon einmal ein Stück mit Audiodeskription aufgeführt, diese wurde dann von der Theaterpädagogin selbst übernommen, aber wenn ein Spieler oder eine Spielerin krank wird, muss sie einspringen, dann fällt die Audiodeskription, kurz AD genannt, aus. Eine wirklich professionelle Audiodeskription könnten wir uns bei unseren Laienaufführungen nicht leisten.

Das Figurentheater soll ab jetzt barrierefrei stattfinden. Dieses Jahr wurde nur ein Pilot gestartet, das bedeutet, man hat es mit einer einzigen Aufführung versucht.

Schon vor einigen Wochen hatte ich mich dafür angemeldet. Ursprünglich wollte ich ohne Begleitung kommen, und eine Bekannte von mir, der ich ab und an Deutsch gebe, weil sie aus Rumänien kommt, hätte mit gewollt, aber sie hat im Moment wenig Geld. Leider war die Begleitperson nicht ganz frei, sondern beide mussten nur die Hälfte zahlen. Die Frau am Telefon meinte noch, kommen Sie einfach mit Begleitung, wir machen das schon, aber die Begleitung wollte da nicht mehr mit.

Aber wir hatten große Hilfe. Zum einen kam ich erst einmal an, und ich begegnete einer blinden Frau, die im Beschreibeteam für dieses Theaterstück mitgewirkt hatte. Ein Beschreiberteam besteht, wenn es die Finanzen erlauben, immer noch aus einer blinden Person und zwei sehenden. Zu dritt haben sie dann eine Vorlage des Stückes als Video, welches sie Sequenz für Sequenz anschauen und sich dazu eine Beschreibung ausdenken. Der blinden Person wird alles von den beiden beschrieben, wohingegen die blinde Person dann jedes Mal sagen muss, ob ihr diese Beschreibungen reichen oder nicht. Wenn die Beschreibung nicht kohärent ist, beispielsweise einer der Akteure auf einmal ganz woanders steht, und ihr dies entgangen ist, fragt sie nach, sodass bestimmte Lücken dann auch auffallen. Es wird wohl um jede Formulierung gerungen, wurde mir gesagt. Ich habe schon sehr viele Filme mit Audiodeskription gesehen, und leider geht die Tendenz immer mehr dahin, dass es nur einen einzigen Beschreiber gibt, einen sehenden, der sich den Film ansieht und dann die Beschreibung selbst formuliert. Damit gehen die Bedürfnisse des blinden unter Umständen verloren, schlimmstenfalls geht die Beschreibung am Blinden vorbei. Es gibt aber auch Beschreiberteams, wo ein blinder eine Assistenz hat, diese beschreibt ihm alles, und er formuliert es dann. Es erfordert wohl ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft, in einem Dreierteam zu arbeiten.

Es stellte sich heraus, dass ich die blinde Filmbeschreiberin kannte, da ich Retinitis pigmentosa habe, und wir früher einmal eine Kassette erhielten, wo wir selbst auf Band sprechen konnten, diese Beiträge wurden dann gesammelt und als Zeitschrift herausgegeben, so waren uns viele der Hörerstimmen bereits vertraut. Leider wurde im Zuge der Digitalisierung diese Kassette eingestellt. Wir waren wie eine kleine Familie, ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn die Kassette erschienen war.

Zu dem Beschreibeteam gehört eine Sprecherin, die selbst auch Schauspielerin ist. Es stellte sich dann noch ein männlicher Beschreiber vor, und es kamen einige blinde dazu. Um 18:00 Uhr gingen wir dann los, denn wir durften die Bühne vorab begehen und alles ertasten. Zunächst einmal wurde uns der junge Stefan Heym und der alte Stefan Heym beschrieben, denn diese wurden als Puppen dargestellt. Geschmacklich hat er nicht viel zu bieten, karierte Jacke, geblümte Krawatte, kariertes Hemd , rote Socken, was allerdings eine Anspielung war, die mir später klar wurde. Wir durften dann die Puppe des Jungen und des alten Herrn Heym betasten, und das war wirklich wunderbar. Er wurde sehr detailgetreu nachgebaut, und wir durften auch die Knobel anfassen, an denen der Rücken der jeweiligen Puppe bewegt wird, oder die Lücke, in die eine Hand kommt, um den Kopf zu bewegen. Manchmal sind zwei Puppenspieler oder Puppenspielerinnen an einer Puppe dran, die einen bewegen die Füße, die anderen die Arme. Die Puppenspieler sind auch zu sehen. Das ist auch so gewollt. Man hat deshalb Stefan Heym als Puppen dargestellt, zum einen, um die verschiedenen Persönlichkeitsanteile darzustellen, und um einen Dialog, sozusagen ein Zwiegespräch zwischen dem einen Herrn Heym und dem anderen Stefan Heym zu erstellen, andererseits aber auch, um etwas Distanz herzustellen, es sollte also nicht ein Mensch die Person selbst spielen, sondern es sollte eine Puppe sein, um noch einen gewissen Verfremdungseffekt zu erzielen. Ich hatte nämlich die Gelegenheit, mit einer der Schauspielerinnen zu sprechen und die Fragen zu stellen, die mir auf der Seele brannten.

Es waren auch einige Kulissen auf der Bühne, diese bestanden aus einigen Boxen, die man in verschiedene Richtungen drehen konnte, vorne hatten sie Schubladen, wenn man sie umdreht, waren es schwarze Quader. Diese wurden je nach Bühnenbild eingesetzt und umgestellt. Die Puppen sprangen auch manchmal darauf, indem sie von ihren Spielern hochgehoben wurden. Links und rechts waren auch Elemente, rechts eine Rampe, links eine Treppe, alles war von dem Ensemble mitgebracht worden. Es gab noch vier Flachbildschirme, vorne waren die größeren und hinten die kleineren, um eine sogenannte Flucht darzustellen, als ob der Gang nach hinten dünner würde. Die Bühne verjüngte sich auch, mir ist bis heute nicht klar, warum eigentlich immer von Verjüngung gesprochen wird, wenn etwas schmäler wird. Dieser Begriff war mir lange Zeit sehr fremd und überhaupt nicht wirklich geläufig . Wir konnten also die Bühne entlang gehen, die Sprecherin des Teams ging mit mir die Zuschauerreihen entlang, sodass ich eine Orientierung bekam. Wir durften auch noch Fragen stellen, und am meisten faszinierten mich die fein genähten Schuhe des alten Stefan Heym, die aus wunderbaren weichen Leder gemacht waren, richtig wunderbares schönes Schuhwerk. In der jüngeren Fassung hatte er fast Gummistiefel an, die waren lediglich praktisch, aber lange nicht so schön und edel wie die aus Lieder. Ich war wirklich fasziniert, wie liebevoll alles im Detail erstellt worden war.

Leider fiel die Aufführung genau in die Zeit, wann ich eigentlich Hunger auf mein Abendessen bekomme, und es gab nicht mehr die Möglichkeit, noch einmal schnell rauszugehen, um sich etwas zu holen. Netterweise bot sich dann eine der Damen an, mir eine Brezel zu holen. Das war meine Rettung, denn mehr brauchte ich eigentlich nicht. Ich trank dazu noch einen Orangensaft und ein Mineralwasser, welches wir gut zusammen mischten, um wenigstens nicht ganz in den Unterzucker zu geraten oder zu verhungern, bis ich wieder zu Hause sein würde. Ich habe zwar keinen Diabetes, aber selbst nach dem Frühstück habe ich noch immer einen sehr niedrigen Blutzucker, was ich bei meinen regelmäßigen Blutabnahmen lesen kann, wo die TErmine immer so um dieselbe Zeit stattfinden. Mir wird dann regelmäßig schlecht, wenn ich unterzuckert bin.

Als ich meine Brezel gegessen und den Saft getrunken hatte, erhielt ich ein paar Kopfhörer, die um den Nacken gelegt wurden, mitsamt einem Empfänger, wo man nur einen Regler für die Lautstärke bedienen konnte. Daneben war noch die Antenne und die Kopfhörerbuchse. Um einen Test durchzuführen, sprach die Sprecherin bereits mit uns, und auch, um uns etwas einzustimmen. Die Technik für Ton und Licht war auf der Tribüne am anderen Ende des Zuschauerraums, gegenüber der Bühne. Dort war eine Art Dolmetscherkabine aufgebaut, in der die Sprecherin dann sitzen sollte. Wenn längere Zeit Dialoge geführt wurden, und sie nicht gebraucht wurde, konnte sie eine Pause machen, um etwas zu trinken, dann, so wurden wir vorgewarnt, würde man den Bühnen Ton ebenfalls in den Kopfhörern hören. Das habe ich einige Male bemerkt, aber da ich es wusste, war ich nicht irritiert.

Wir wurden gefragt, wo wir gerne sitzen würden, und neben mir kam die ehemalige Behindertenbeauftragte unseres Bundeslandes zu sitzen. Mein Empfänger hatte eine grüne LED Leuchte, und die Nachbarin zu meiner Linken beschwerte sich, ich solle doch das Ding umdrehen, das Licht würde sie stören. Ich fand das unmöglich, man kann sich wirklich an allem stören, selbst an einer Mücke an der Wand. Die Organisatorin, mit der ich auch zuvor telefoniert hatte, um das mit der Begleitperson zu klären, begrüßte die Zuschauer und kündigte an, dass dies das erste Stück war, welches mit Audiodeskription vorgeführt wurde, was dem normalen Publikum relativ wenig sagte. Daher kam wahrscheinlich auch das mangelnde Verständnis meiner Sitznachbarin, die glaubte, ich wolle möglicherweise das Stück aufzeichnen. Wenn ich im Kino sitze, wo ich die Audiodeskription für Filme über mein Smartphone erhalte, schimpfen auch manchmal die Leute, ich solle doch bitteschön mein Handy ausmachen. Es ist dann schwer, den Leuten klarzumachen, dass ich das Handy brauche, um die Bildbeschreibung zu empfangen.

So sah sich die ganze Zeit da und achtete darauf, dass meine Hand so gedreht war, dass das Licht immer in die Richtung meiner rechten Sitznachbarin leuchtete, die sowieso fast nichts sah. Sie meinte aber, sie habe das Licht auch bemerkt. Einige meinten hinterher, ich hätte ja das Empfangsteil auch in die Tasche stecken können. Aber ob es dann noch funktioniert hätte, weiß ich nicht. Ich konnte es somit auch nicht drehen, wenn der Empfang schwächelte, weil ich sonst befürchten musste, die Frau wieder anzuleuchten , und das würde ihre empfindlichen Augen ja dann wieder blenden.

Das Stück war sehr interessant, zwischendrin wurden dann immer wieder Interviews mit den Schauspielern der Truppe auf den Bildschirmen eingeblendet, die vom heutigen Chemnitz sprachen , denn Stefan Heym, der früher Helmut Flieg hieß, kommt ursprünglich aus Chemnitz. So wurde der aufkeimende Nationalsozialismus mit den heutigen Unruhen verglichen. Dieser thematische Bogen und dieser zeitliche Spagat hat gut geklappt, sodass man die Parallelen gut erspüren konnte. Von seiner Zeit in der DDR war nicht mehr viel die Rede, da er diese hauptsächlich in Berlin verbracht hatte. Es wurde erzählt, dass er zwischenzeitlich über die Tschechoslowakei nach Amerika emigriert war, dort als amerikanischer Soldat diente, dann als Besatzer wieder in seine ehemalige Heimat zurück kam. Dort hatte sich ja inzwischen einiges verändert. Er war seinerzeit von der Schule geflogen, da er einen kritischen Artikel darüber verfasste, dass die Nazis deutsche Offiziere nach China schickten, um China am deutschen Wesen genesen zu lassen. Ich fand es sehr amüsant, dass der Name Flieg dann damit in Verbindung gebracht wurde, dass man damit lediglich von der Schule fliegt, und dann flogen tatsächlich auch sämtliche Unterlagen über die Bühne. Die Dialoge waren sehr deutlich, die Bildbeschreibung war toll, und ich konnte die Schauspieler auch noch gut erkennen, dank meiner neuen Brille und der hervorragenden Beleuchtung. Manchmal nahmen die Schauspieler auch die Puppen in den Arm, was gut beschrieben wurde. Am Ende wurde der alte Stefan Heym in eine kleine niedliche Badewanne gelegt, denn die Puppen waren ja nur in der Größe eines Kleinkindes, und die Badewanne hatte auch noch vier niedliche kleine Füßchen, die ich dank der guten Ausleuchtung gut erkennen konnte. Sie stachen sehr gut von dem schwarzen Hintergrund ab.

Danach wurden wir abgeholt und hatten noch etwas Gelegenheit, mit dem Sprecher Team zu diskutieren. Zum einen regte meine Nachbarin an, dass doch dem Publikum, sozusagen dem sogenannten Bildungsbürgertum dieser Stadt, einmal erklärt werden müsste, was Audiodeskription bedeutet, denn sie könnten sonst damit nichts anfangen.

Leider Gott sei Dank sieht man Menschen mit Retinitis pigmentosa ihre Behinderung nicht an, wir sehen ganz geradeaus, haben ganz normale Augen, und unsere Gesichter sind nicht durch eine Sehbehinderung geprägt. Daher fällt es mir häufig schwer, den Leuten klarzumachen, dass ich fast nicht sehe, wenn der Stock nicht zur Kennzeichnung ausgeklappt ist sondern auf dem Boden liegt, und ich irgendwo sitze, und dann stolpern die Leute über meine Füße, weil ich nicht mitkriege, dass ich aufstehen muss, weil jemand durch die Reihe gehen muss. Ich bin sowieso klein und kann daher meine Beine einfach einziehen, aber die Handtasche muss halt auch manchmal weg. Das erregt zuweilen den Unmut derer, die durch müssen.

Außerdem meinte meine Nachbarin noch, es wäre nicht nötig gewesen, das äußere der Schauspielerinnen zu beschreiben. Es war halt noch viel Zeit, bis alles fertig war, und es gab eben am Anfang noch eine Szene, die in den Bildschirmen gezeigt wurde, in der sich die Schauspieler auf ihre Aufführung vorbereiteten, und somit nutzte sie die Gelegenheit, dies auch zu beschreiben. Der Text wird ja vorher formuliert, so lag diese Beschreibung bereits vor, und sie wurde je nach Situation eingesetzt. Ich meinte, ich finde es gut, wenn so viel wie möglich beschrieben wird, wenn es jemandem nicht gefällt, kann er weghören. Lieber zu viel geschrieben als zu wenig, denn wenn es zu wenig ist, reicht es vielleicht dem einen nicht, wenn es zu viel ist, dann dient es dem einen, und der andere braucht es dann halt einfach nicht. Das ist wie mit den vollen Tellern, lieber zu viel als zu wenig, wer nicht alles packt, kann es ja liegen lassen. Prompt wurde mir wieder widersprochen, man könne das doch gar nicht alles verarbeiten. Und tatsächlich stimmte natürlich die Sprecherin der Frau zu und meinte, ursprünglich sei das nicht geplant gewesen, und alle anderen waren natürlich wieder der Meinung meiner Nachbarin, dass es nicht nötig sei, so viel zu beschreiben. Ich sagte dann ganz laut, jetzt stehe ich schon wieder alleine da, aber das hörte niemand.

Immer, wenn ich eine Meinung vertrete, und ein anderer ist anderer Meinung, schließen sich alle anderen immer dessen Meinung an. Das liegt nicht etwa daran, dass ich ausschließlich schlechte Meinungen habe, oder dass ich immer nur in Kreisen verkehre, die anders eingestellt sind als ich, sondern es gibt eine unsichtbare virtuelle soziale Rangordnung, und derjenige, der sozial einen niedrigeren Rang hat, wie im Tierreich, erhält grundsätzlich von der Gruppe keine Zustimmung. Das geht in Bruchteilen von Sekunden, da kann man nichts machen. Es gibt eben die sichtbare Welt und die eigentliche Welt. Und das wird in der eigentlichen Welt entschieden. Ich muss es ja wissen, die Diskrepanz zwischen meiner sichtbaren Welt und meiner Rolle in der eigentlichen Welt ist so deutlich, dass mir das schon längst aufgefallen ist. Es gibt Menschen, die haben so eine große Klappe, und denen glaubt man jedes Wort, obwohl sie lediglich einen Hauptschulabschluss haben und nur auf dem Dorf leben und noch nie wirklich draußen waren, aber denen würde man sogar die Weltformel abnehmen. Es gibt Alphatiere und Omegatiere, und dagegen kann man nichts tun. Das wird wahrscheinlich qua Geburt irgendwo anders entschieden.

Ich hatte ja zuvor mit der Theatergruppe gesprochen, und die eine Dame meinte, dass sie ausschließlich Puppentheater machen. So kam die Frage auf, ob alles oder nur Puppentheater gemacht würde, und ich gab die Antwort, aber der wurde mir gleich wieder in die Parade gefahren, hier steht doch die Organisatoren des Ganzen, die wird es ja wohl besser wissen. Denn mir glaubt nie jemand ein Wort. Sie erklärte also, dass die Leute manchmal richtige Menschen darstellten, und ich betonte dann, dass ich mit einer der Schauspielerinnen aus Chemnitz gesprochen hätte, und dieser hat mir ausdrücklich gesagt, dass sie in ihrem Ensemble nur Puppentheater machen, nämlich hauptsächlich Theater für Kinder, wobei sie einmal jährlich ein Stück für Erwachsene aufführen. Die Organisatorin mag ja mehr wissen über die Organisation und über die Mischung aus verschiedenen Gruppen, aber ich hatte es ja direkt aus dem Mund einer der Schauspielerinnen dieser Gruppe. Außerdem hatten die Schauspieler im Film noch erklärt, dass sie häufig gefragt würden, ob man denn vom Puppentheater leben könnte, dass sie doch besser etwas Richtiges gelernt hätten, und dass Puppentheater hauptsächlich mit Augsburger Puppenkiste oder Marionettentheater assoziiert wird. Somit gibt es wohl eine Spezialisierung von Schauspielern auf Puppentheater, und die machen dann wahrscheinlich auch hauptsächlich nur das.

Dann reklamierte die blinde Beschreiberin , das es doch nicht nötig sei, jedes Detail der Kleidung zu beschreiben, es sei doch egal, ob die Schürze nun rot oder blau sei, und sie müsse das nicht ganz so genau wissen. Ich pflichtete ihr bei und meinte, vorher habe man ja die Gelegenheit, die Puppen abzutasten und wüsste daher, wie sie gekleidet sind. Daraufhin meinte meine Nachbarin wieder, ja, aber im Fernsehen ist es nicht so. Ich hatte keine Chance, zu erklären, dass ich mich ausschließlich auf das Theater beziehe, da das eine ganz andere Sparte ist als der Film. Und prompt pflichtete wiederum die, die zuvor dieser Meinung war, meiner Nachbarin bei und meinte, also etwas Erklärung brauche ich dann aber schon. Und schon stand ich wieder alleine da. Bei diesem Stück erhielten wir während der Begehung schon eine vorgefasste Beschreibung der Kleidung, weil sie für die Persönlichkeit relevant war. Es kommt ja immer darauf an, inwieweit die Beschreibung für die Handlung wichtig ist , und was man alles schon mit den Händen hat erfassen können. Dann hieß es auf einmal und plötzlich , das sei ja schließlich alles Geschmackssache. Aber das war ja eigentlich genau das, was ich zuvor in Bezug auf die Notwendigkeit der Beschreibung des Äußeren der Schauspieler gesagt hatte, jeder will es anders, lieber zuviel als zu wenig, und da wurde mir zuvor ja eigentlich widersprochen, dass das nicht alles zu verarbeiten sei. Da war es dann wiederum keine Geschmackssache....

Immer wenn A einer Meinung ist und B einer anderen, und ich ergreife dann die Meinung von A, wechselt der zu b, und ich stehe alleine mit Meinung a da.

Wenn ich die Meinung von Person B ergreife, wechselt diese zu Meinung A, sodass ich am Ende wieder alleine mit Meinung B dastehe. Ich glaube, dass es Magie oder elektromagnetisch. Mir fällt es zumindest auf, nachdem es schon 5 Trillionen mal so passiert ist. Am Anfang fiel mir das nie auf, aber irgendwann, wenn das nie der Fall ist, dass MIR einmal jemand in einer Gruppe vor anderen beipflichten kann , auch wenn andere anderer Meinung sind, dann merkt man es schon und wird traurig und verbittert.

Es verabschiedeten sich dann alle voneinander, und meine Nachbarin wollte schon gehen, da rief ich ihr noch zu, auf Wiedersehen. Da fragte sie mich, wo ich denn hin führe, und sie meinte, sie müsse dort auch hin. So setzte sie sich mit in mein Taxi, und sie war sehr dankbar und zeigte mir das auch. Das war mir schon wieder peinlich, denn ich bekomme ja die Taxifahrten umsonst. Wir setzten sie dann ab, somit war sie meine Begleitperson, denn wir mussten ein paar Kilometer einen Umweg machen, und das muss man ja schließlich begründen.

Ich hoffe, dass nächstes Jahr, wenn das Festival wieder stattfindet, noch weitere Stücke barrierefrei sein werden, denn ich finde es toll, wenn man die Bühne begehen kann. Solche Theaterstücke finden schon in mehreren Städten statt, wenn ich zum Louis Braille Festival nach Leipzig fahre, wird einen Tag vor meiner Anreise ebenfalls so ein Theaterstück gezeigt, allerdings kann ich nicht 80 EUR fürs Hotel ausgeben, nur, um einen Tag früher dort zu sein, denn 80 EUR plus eigentlichen Eintritt für eine Theaterkarte , das ist mir dann doch etwas zu preiswert, von hinten rein. Jetzt endlich kommen auch bei uns Theaterstücke mit Audiodeskription in unsere Region.

Ende Juni wird dann auch das andere Theaterensemble, welches ebenfalls von unserer Theaterpädagogin geleitet wird, einen Krimi aufführen, und da wird es auch eine Aufführung mit Audiodeskription geben, zu der wir hinfahren. Ich freue mich schon sehr und bin sehr gespannt, der Mann der Theaterpädagogin wird das übernehmen. Sie hat sich eingehend über dieses Thema erkundigt und findet aber, dass eine professionelle AD zu teuer ist, klar. Ich würde es aber dann so machen, dass ich die Generalprobe aufzeichne, mir dann selber mit ein oder zwei Blinden eine Audiodeskription aus denke, und diese dann im Theaterstück vortrage. Man muss ja keine teure Anlage haben, es können sich alle zusammensetzen. Dies wird auch so gemacht, es wird also geflüstert werden, aber er wird es sich jedes Mal spontan ausdenken, was wesentlich anstrengender ist. Ich habe auch bemerkt, was auch erklärt wurde, dass die Sprecherin eben in dem jetzigen Theaterstück große Mühe hatte, ihre Audiodeskription anzupassen, denn manchmal setzten die Schauspieler an anderen Stellen ein, die Pausen waren von Aufführung zu Aufführung unterschiedlich lang, oder es wird spontan etwas geändert, da keine Aufführung der anderen gleicht.

Ich habe auch die Anekdote mit dem grünen Licht zum Besten gegeben, und natürlich hieß es, das könne man doch vermeiden, und manche Leute stört das eben, schließlich ist es ja sehr grell. Zum Glück hat mir da mal einer beigepflichtet und zu mir gestanden und gesagt, genauso gut kann sie sich an dem grünen Ausgangsschild stören, denn das leuchtet genauso grell. Ich finde es nach wie vor unmöglich, sich an jeder Kleinigkeit aufzuhängen, bei mir würde das wieder jeder monieren, dass mich alles so stört, wenn ich mich an einer LED-Stören würde. Alles, was etwas abweicht, wird sofort kritisiert. Dabei gibt es so viele Leute, die einfach mit dem Handy ein Theaterstück oder ein Konzert aufzeichnen und sich dann noch nicht mal genieren, mitten im Konzert die Wiedergabetaste zu drücken, um nachzuprüfen, ob es auch aufgenommen hat. Das war mir bei meinen Assistentinnen immer extrem peinlich, wenn die so etwas machten. Einmal ist sogar einer der Sicherheitsleute auf Sie zugekommen und hat ihr gesagt, sie solle den scheiß lassen. Ich finde so etwas auch unmöglich. Da ist doch ein grünes Licht wirklich lächerlich dagegen. Wäre das jemand anderem von uns passiert, dass eine Nachbarin sich über das Licht vom Empfangsteil beschwert hätte, hätten sich sicher alle mockiert, wie sich die Sitznachbarin nur so darüber aufregen konnte. Es komt eben immer auf die Person an. Und manche ecken mehr an als andere. An mir stört eben alles, denn, wenn einen jemand schon generell stört, dann findet man schon etwas, was man bemängeln kann.

Ich hoffe aber, dass weiterhin grünes Licht für weitere Stücke mit Audiodeskription in unserer Gegend gegeben wird.

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