Wie schon erwähnt, war mein Kreatinin in der letzten Zeit
stärker angestiegen als sonst. Auch mein
Befinden hatte sich verschlechtert. Dies hatte ich in Zusammenhang gebracht. Da
ich meine Medikamente aufgrund stark gesunkener Leukozyten reduzieren musste,
hatte ich die beiden oben erwähnten Anzeichen als Folge der
Medikamentenreduktion angesehen. War es doch schon einmal so, dass ich krank
wurde, die Leukozyten runtergingen, das Medikament reduziert wurde, und dann
das Kreatinin anstieg. Daher lag dieser Schluss natürlich nahe, dass es wieder
so sein würde.
Als es mir zu bunt wurde, schrieb ich einen Brandbrief an
meinen Nephrologen, dass ich mir das nicht länger mit ansehe. Ich bat ihn,
dringend zu handeln, ehe es zu spät sein würde.
Daraufhin rief er mich an und meinte, er habe mit dem
Professor Rücksprache gehalten. Und sie seien beide übereingekommen, dass ich
auf ein neues Medikament umgestellt werden sollte. Aber zuvor musste ich punktiert
werden, um eine Abstoßung auszuschließen. Mir war nicht klar, was nun eine
zusätzliche Abstoßung zudem, was ich da hatte, nun anderes bedeutet, als dass
das Kreatinin ansteigt. Er meinte, man wolle ausschließen, dass noch etwas
anderes dahinter steckte. Ich sagte ihm, mir wäre lieber, wenn es die
Medikamentenreduktion wäre, denn sonst hätte ich ja Läuse und Flöhe. Er dachte,
ich wolle die Reduktion der Medikamente als Fehler hinstellen, und er erklärte
mir dann, dass es durchaus auch Patienten gibt, die nicht mit Abstoßung auf so
eine Reduktion reagieren. Aber letztendlich könne es durchaus sein, dass das
die Ursache ist.
Ich sollte also einen Termin mit dem Transplantationszentrum
ausmachen, man würde mich anrufen. Dies geschah natürlich nicht, daher rief ich
gleich am Freitag dort an, damit ich für die Woche gleich planen könnte. Denn
es könnte ja sein, dass sie mich gleich am Montag haben wollten. Sie schlugen
Mittwoch vor, da Donnerstag ein Feiertag war. Mittwoch war natürlich der
denkbar ungünstigste Tag, da ich einen Termin beim Neurologen und bei der
Fußpflege hatte. Die Fußpflege konnte ich natürlich mal wieder verschieben, das
passiert ja andauernd, ich kann schon gar keine Termine mehr mit denen
ausmachen. Nun hoffen wir, dass es am Mittwoch den 27. klappen wird. Beim
Neurologen gestaltete sich das Ganze schon etwas schwieriger. Ich dummes Huhn
hatte mein Medikament gegen Non24 nicht beim Nephrologen rezeptieren lassen, da ich annahm, ja ohnehin am Mittwoch
zum Neurologen zu gehen. Da wollte ich natürlich auch noch was zum Verschreiben
übrig haben, sonst würde er sich wundern, warum ich kein Medikament brauche.
Nun konnte ich aber nicht hin und rannte am Freitag noch zur neurologischen
Praxis, um das Rezept zumindest zu bekommen, bevor ich ins Krankenhaus muss.
Als ich am Mittwoch den 13. von der nephrologischen Ambulanz kam, hatte ich das
Medikament schon bei der Apotheke bestellt, und ich wollte das Rezept dann am
20. nach dem Besuch beim Neurologen dort einreichen. Nun kam alles
durcheinander. Meine Assistentin sollte dann das Medikament abholen, wenn es
nicht da sein würde, bevor ich ins Krankenhaus gehe.
Bei der Transplantationsstation wollten sie mich schon am
Dienstag haben, da sie den Aufklärungsbogen mit mir durchgehen wollten. Ich bat
meinen Nephrologen, den Aufklärungsbogen nicht an mich sondern an meine
gesetzliche Betreuerin zu schicken. Er meinte, er frage sich ohnehin, warum ich
eine gesetzliche Betreuung hätte. Ich sagte zu ihm, genau deswegen. Ich kann
den Bogen selbst nicht lesen, ich kann ihn selbst nicht unterschreiben, da so
auf die Schnelle keine Assistenz zu finden sein würde, die mir jetzt noch alles
vorliest und mir zeigt, wo ich meine Unterschrift hinsetzen müsste. Meine
Betreuerin würde dann alles ausfüllen und für mich unterschreiben, dann könnte
sie das per Fax an mich und ans Krankenhaus schicken. Das ist eine sehr bequeme
Lösung.
Ich erklärte der Ärztin, mit der ich den Termin ausmachte,
dass sie ja das Fax zuvor kontrollieren könnte, und ich nicht nur, damit
kontrolliert würde, ob ich alles korrekt ausgefüllt hätte, einen Tag früher ins
Krankenhaus gehen müsste. Sie meinte, man müsse auch Blut abnehmen. Ich
erklärte ihr, das könne ich genauso gut beim Hausarzt machen. Der hat die
Blutwerte sehr schnell, und ich könnte sie dann an die Klinik faxen. Ich dachte,
beim Hausarzt bist du in 3 Minuten, und dann ist alles erledigt. Die Ärztin
willigte ein, und ich machte einen Termin zur Blutabnahme beim Hausarzt aus.
Ich wollte nicht extra wieder in die nephrologische Ambulanz fahren, ein Taxi
bestellen, und ich dachte, beim Hausarzt geht alles schneller.
Ich würde das alles natürlich nicht erwähnen, wenn es
wirklich so gewesen wäre. Als ich zum Hausarzt ging, dachte ich, dass sie
mittlerweile auch die Maßnahmen zum Schutz vor Corona einhalten würden. In der nephrologischen
Ambulanz muss man am Anfang stehen bleiben, man muss sich die Hände
desinfizieren, und dann werde ich abgeholt, da ich ja nicht sehe, wo ich hin
muss. Der Taxifahrer darf nämlich nicht mit hereinkommen. Die
Sprechstundenhilfe setzt mich ins Labor, es wird nur eine bestimmte Anzahl an
Patienten auf einmal bestellt. Während der Blutabnahme weist sie mich an, nicht
zu sprechen, den Kopf wegzudrehen und mich nicht mit ihr zu unterhalten, bis
die Blutabnahme vorbei ist. Danach bringen Sie mich entweder hinunter zum Taxi,
oder ich muss den Taxifahrer anrufen, damit er heraufkommt. Das ist sowieso
besser, da er dann gleich kontrollieren kann, ob der Taxischein richtig
ausgefüllt ist. Das ist nämlich zu 60 % bestimmt nicht der Fall.
Meine Schwester meinte, dass bei ihr in der Praxis des
Hausarztes alles genauso gehandhabt würde, und dass mein Hausarzt sicher auch
schon diese Maßnahmen ergriffen hätte. Daher ging ich guten Mutes hin. Ich
klopfte an die Tür und rief, ob ich jetzt Abstand halten müsste, oder ob ich
herein könnte. Da packte mich schon ein MItpatient an der Hand und brachte mich zum Tresen. Dort
wurde ich laufend angesprochen, wusste aber nicht, mit wem sie redet, was die
Sprechstundenhilfe aber mehrmals trotz meiner mehrmaligen Erklärungen nicht
verstand, irgendwie irgendetwas redete, und auf meine Frage, meinen Sie mich,
dann jedes Mal unwirsch antwortete, ja natürlich. Ich stand dann nur noch
fassungslos und hilflos da und fing schon an zu weinen. Um mich herum wuselten die Leute. Dann kam eine Sprechstundenhilfe,
die meine Verzweiflung bemerkte, und sie sagte, ich würde gleich dran kommen.
Sie brachte mich dann in das Labor, und wir waren dort zu zweit. Aber dauernd
ging die Türe auf, und irgendwer, auch der Arzt selbst, kam herein, sodass 3
Leute in einem relativ engen Raum zusammen waren. Ich dachte mir, und das als
Hochrisikopatientinn. Ich bat dann, dass sie mir doch die Blutwerte zufaxen
mögen, da ich nicht noch einmal in die Praxis gehen wollte. Aber man hatte kein
Verständnis, es sei Vorschrift, bei einer Blutabnahme immer eine Besprechung zu
machen. Ohne Besprechung bekäme ich keine Blutwerte. Ich wies darauf hin, dass
ich immunsupprimiert sei, und dass man doch da mal eine Ausnahme in Zeiten von
Corona machen könnte. Aber man blieb unerbittlich. Vorschrift ist eben
Vorschrift.
Ich sprach mit meiner Betreuerin und bat sie, doch noch mal
in der Praxis anzufragen ob sie nicht doch eine Ausnahme machen könnten. Aber
sie meinte, es sei nicht gut, alles doppelt und dreifach abzuklären. Ich
erklärte ihr, dass ich ja nur mit den Sprechstundenhilfen gesprochen hätte, und
dass sie vielleicht bei einem Gespräch mit dem Arzt die Situation besser
erklären könnte. Denn die Sprechstundenhilfen können ja nur das sagen, was
ihnen der Arzt vorgeschrieben hat. Sie selbst haben ja keine Befugnis, eine
Entscheidung zu treffen. Vielleicht würde der Arzt ein Einsehen haben, wenn er
wüsste, um wen es sich handelt. Ich hatte ziemliche Mühe, die Betreuerin dazu
zu bewegen, in der Praxis anzurufen. Sie meinte, wenn ich am Dienstag bis 9:30
Uhr nichts von ihr gehört hätte, solle ich sie noch mal daran erinnern. Und um
ungefähr 9:00 Uhr rief sie dann an, sie habe mit den Sprechstundenhilfen
gesprochen, ich müsse kommen. Ich fragte sie, ob sie dir nicht auch mit dem
Arzt geredet hätte, und sie meinte, die Sprechstundenhilfe am Telefon hätte
nach Rücksprache mit ihrer Kollegin gesagt, es ginge nicht anders. Ich fragte
die Betreuerin, warum sie denn überhaupt den Grund ihres Anrufes den
Sprechstundenhilfen mitgeteilt hätte. Das ginge die doch gar nichts an. Sie
meinte, die hätten gefragt, und sie musste antworten.
So rief ich bei der Coronahotline des Gesundheitsministeriums
an. Ich erklärte ihnen den Sachverhalt und meine Verzweiflung. Er meinte, er
habe keine Unterweisungen im gesundheitlichen Dingen, da müsste ich bei der
Hotline für die Pflege anrufen. Er empfahl mir aber, bei der Hotline meiner
Stadt anzurufen. Er gab mir die Nummer, und somit rief ich dort an. Die Frau
meinte, ich solle doch einfach in der Klinik anrufen und die Leute dort bitten,
die Werte beim Hausarzt einzuholen. Auf meine Frage, ob ich den wirklich mit
meiner Begleitperson immer 1,50 m Abstand halten müsste, meinte sie, das sei
Unsinn. Das sei doch gar nicht durchführbar. Ein sehbehinderter habe ein
Bußgeld erhalten, aber sie riet uns, in solchen Situationen in Revision zu
gehen. Zumindest hatte ich in dieser Frage jetzt eine Antwort.
Ich rief also bei der Transplantationsklinik an und schilderte
meine Situation. Die Ärztin war aber gerade bei meinem Telefonat zugegen und
meinte, nein, die Faxe kommen nicht an, sie muss in diese Praxis gehen. Auch
hier hatte ich keine Hilfe.
Ich ging also dorthin, es war sowieso schon eine halbe
Stunde vor dem Termin. Es war nicht mehr abzuwenden. Ich erklärte aber, dass
ich, wie mir meine Betreuerin geraten hatte, draußen warten würde. Ich wurde
auch tatsächlich geholt und unmittelbar in das Sprechzimmer des Arztes
geleitet. Wie zu erwarten war, meinte er, es sei nichts Neues zu berichten, es
sei alles eben wie immer. Wer hätte das gedacht? Das Kreatinin war noch weiter
gestiegen, aber bei 2 verschiedenen Messstellen kommen sowieso immer
unterschiedliche Ergebnisse heraus, das ist wie bei Personenwagen. Nicht alle
Personenwagen gehen gleich. So ist es auch bei Blutwerten.
Bei dieser Gelegenheit sprach ich den Arzt auch gleich darauf
an, dass ich einen neuen Hautarzt bräuchte, da mein alter in Rente gegangen
sei. Er meinte, wofür ich gehenden bräuchte, und ich sagte, ich müsste jedes
Jahr ein Hautkrebsscreening machen, da die Immunsuppressiva die Haut
lichtempfindlich machen, was zu Hautkrebs führen könnte, auch bei dunklen Typen
wie mir. Er meinte, er könne das ebenfalls durchführen. Ich sagte ihm, dass ich
aber den Stempel für mein Bonus Heft bräuchte, und dass ich außerdem die
Untersuchung mit dem Auflichtmikroskop brauche, damit es zählt. Menschen ohne
dieses Problem müssen nur alle 2 Jahre zum Hautkrebsscreening, nur alle 2 Jahre
wird es von der Kasse bezahlt, und man kann es in sein Bonusheft eintragen
lassen. Wir müssen aber jedes Jahr, aber es wird auch nur alle 2 Jahre im
Bonusheft vermerkt. Das ist also dieses Jahr. Nachdem ich so teure
professionelle Zahnreinigungen dreimal im Jahr machen muss, möchte ich
natürlich von dem Bonus auch profitieren, wodurch ich einen Teil meiner Kosten
wieder heraus bekomme. Und ein Hautarzt sieht halt einfach auch mehr. Er
meinte, er würde immer, bevor er jemanden zum Hautarzt schickt, alles selbst
einmal durchsehen, und wenn ihm etwas auffällt, würde er denjenigen dann zum
Hautarzt überweisen. Bei mir war aber sowieso klar, dass ich zum Hautarzt gehen
musste, daher empfand ich es als unnötig, dass er sich jetzt meine ganze Haut
auch noch mal ansieht. Zwischen den Terminen beim Hautarzt kann ich ja immer
noch, wenn mir mal etwas ungewöhnliches auffällt, diesen Service in Anspruch
nehmen. Aber er bestand darauf, dass ich mich jetzt und hier ausziehen müsste,
obwohl ich eigentlich gar nicht kommen wollte, und mich noch unnötig lange in
der Praxis würde aufhalten müssen. Als wir fertig waren, ging ihm das Anziehen
wohl nicht schnell genug. Denn er rief eine Sprechstundenhilfe und bat sie, mir
zu helfen. Auf einmal hing mein Pullover irgendwo fest, und ich bemerkte erst
dann, dass eine Frau ihm in den Händen hatte und ihn mir über den Kopf stülpte.
Dann waren beide auf einmal weg, und ich wurde im Zimmer stehen gelassen. Ich
rief dann hinaus, wo ich jetzt hin müsste, und da meinte der Arzt, der schon
weiter gegangen war, hier geht es doch nur geradeaus, das schaffen Sie doch
wohl alleine. Also Anziehen kann ich mich nicht alleine, aber durch ein mir
unbekanntes Gebiet kann ich ohne weiteres gehen. Ich finde es auch allerhand,
mich einfach stehen zu lassen. Dann wurde ich auch noch gemessen und gewogen,
damit ich nur ja möglichst lange in der Praxis den Krankheitserregern
ausgesetzt sein würde.
Dies erzählte ich alles meiner Betreuerin, die zuvor noch
meinte, es sei doch gut, dass alles feste Regeln hätte. Ich sagte ihr zuvor
noch, im 3. Reich fand man das auch gut, dass man ja keine Ausnahmen macht und
kein Erbarmen hat und alle nach Vorschrift behandelt. Sie meinte, ich solle
doch den Hausarzt wechseln, aber es würde schwer werden, einen neuen zu finden,
da ich ja so viele Themen hätte, dass es immer etwas geben würde, was mir nicht
gefällt. Bei dem einen Hausarzt sind die Treppen sehr kompliziert zu besteigen,
dass selbst nicht behinderte Menschen sich etwas brechen können. Der andere
Hausarzt hatte sich geweigert, mir das zwar sehr teure aber extrabudgetäre Medikament
gegen Non24 zu verschreiben. Meine
ursprüngliche Hausärztin ist in Rente gegangen, und ihre Kollegin hatte nicht
viel drauf. Ich rief jetzt noch einmal dort an, aber bei dieser Nummer ging
keiner mehr ran. Ich fürchte, dass die Praxis geschlossen ist. Der Weg war auch
relativ weit, da die Praxis in meinem früheren Wohngebiet lag. Ich bin nur
deswegen immer noch dorthin, da ich bei der Hausärztin bleiben wollte. Aber die
war ja nun weg. Im April sollte ein Nachfolger für sie kommen, aber das ist
offenbar noch nicht passiert.
Ich war jetzt schon ganz schön aufgeregt wegen meines
Krankenhausaufenthaltes, da sich mein letzter Aufenthalt ja sehr negativ
gestaltet hatte. Darüber habe ich auch in diesem Blog berichtet. Das war im
Januar.
Das Wochenende genoss ich noch zu Hause, beim Hausarzt war
ich am Tag vor meiner Punktion. Dann packte ich alle meine Sachen.
Vorsichtshalber packte ich auch eine Thermoskanne mit ein, die ich dann am
Kaffeeautomaten bequem mit Kaffee befüllen könnte, damit ich nicht laufend
jemanden bitten müsste, mich zum Kaffeeautomaten zu begleiten. In weiser
Voraussicht hatte ich auch ziemlich viele Kekse eingepackt und viel Obst, da ja
wegen Corona die Cafeteria zu sein würde. Da ich ja nicht wusste, wie lange ich
im Krankenhaus bleiben müsste, packte ich noch einen Hausanzug ein und ziemlich
viele Kleidungsstücke. Ich habe mir auch die ganze Speicherkarte mit Hörbüchern
und anderen Beiträgen vollgepackt. Denn beim letzten Mal hatte ich ja schwere
Probleme, das WLAN zu bekommen, und daher habe ich alle Dinge, die man nur über
WLAN hören kann, zu Hause gehört. Ich habe nur die Dinge mitgenommen, die man
auch offline hören kann. Somit war ich gut ausgerüstet. Ich wusste ja nicht, ob
eine Medikamentenumstellung nur stationär oder auch ambulant gemacht werden
könnte, ob ich einen Cortisonstoß brauchen würde, wie lange dieser gegeben
würde, und ob noch andere Dinge gemacht würden etc. Daher konnte ich gar nichts
planen. Ich wollte lieber auf der sicheren Seite sein.
So ausgerüstet stand ich dann gestiefelt und gespornt und abfahrtbereit
im Flur und wartete vergebens auf das
Taxi. Nachdem ich dann schon verzweifelt beim Disponenten angerufen hatte, und
ihm den Anrufbeantworter vollgeheult hatte, klingelte es genau in dem Moment an
der Wohnungstür. Natürlich kamen wir 10 Minuten zu spät bei der Klinik an. Das
machte aber nichts. Der Begleitdienst konnte wegen Corona nicht da sein, so
wurde ich von einem der Sicherheitsleute zur Aufnahme begleitet. Dieses Mal war
es relativ schnell klar, dass ich meine Karte direkt beim Eingang abgeben
musste, so wurde ich nicht wieder auf Station und wieder zurück geschickt wie
bei den letzten Malen. Die Frau bei der Aufnahme bot mir auch spontan, also im
wahrsten Sinne des Wortes von sich aus eine Telefonkarte an. Der Mann, der mich
begleitete, bot sich ebenso spontan an, sie mir zu holen. Man musste 10 € Pfand
für die Karte zahlen und dann noch einen Mindestbetrag von 10 € aufladen. Das
tat er dann auch für mich, vergaß aber, mir den Zettel mit der PIN für das
Internet zu geben. Ich hatte ihn noch gefragt, wo denn die PIN sei, und er
meinte, die stünde einfach auf der Quittung. Das stellte sich aber dann später
als falsch heraus.
Ich wurde dann auf Station gebracht und dort aufgenommen.
Ich konnte auch schon mein Essen für 2 Tage bestellen. Dann kam ich auf ein
Isolationszimmer, da man davon ausging, dass ich nur 24 Stunden bleiben würde,
und der Abstrich wegen Corona konnte ja erst dann ausgewertet werden. Das war
sehr schön, dass ich ein Einzelzimmer hatte. Die Schwester, die mich betreute,
war sehr nett, sie half mir beim Umziehen, und ich musste mich ins Bett legen und
wurde in das Zimmer mit dem Ultraschall gebracht, wo die Punktion stattfinden
würde. Das kannte ich alles schon.
Der Oberarzt war sehr nett, der das diesmal machte. Beim
letzten Mal war es eine sehr nette Assistenzärztin, die ich schon von der
Transplantation her kannte. Dieses Mal wurde es also vom Oberarzt gemacht. Das
beunruhigte mich, aber das war Corona geschuldet, da sie nicht so viel Personal
hatten wie sonst. Der Oberarzt klärte mich noch einmal auf, da ich ja nur von meiner
Betreuerin telefonisch aufgeklärt wurde, und ihnen die Einverständniserklärung
nur als Fax und als Ausdruck von mir vorlagen. Ich hatte aber sogar den
Ausdruck noch unterschrieben, da ich auf dem Lesegerät die Stelle fand, wo ich ebenfalls
unterschreiben musste. Er machte sich dann Notizen, dass er mich noch einmal
aufgeklärt hatte. Das hätte er sich m. E. auch sparen können, denn er erzählte
nur die gruseligen Dinge, die ich gar nicht hören wollte. Mir war schon klar,
dass da auch Blutungen auftreten können, dass Arterien und Venen einen
Kurzschluss miteinander bilden können, ich wusste nur nicht, dass man notfalls
auch operiert werden müsste, aber wie sollen sie denn sonst auch die Blutung
stoppen, wenn sie es mit Abdrücken nicht hinbekommen? Er war sehr nett und
erklärte mir jede einzelne Bewegung, die er vollführte. Danach bekam ich einen
Sandsack auf den Bauch und wurde ins Zimmer geschoben. Ich durfte mich jetzt 4
Stunden absolut nicht bewegen.
Beim letzten Mal hatte ich höllische Schmerzen, dieses Mal
traute ich mich aber, mich etwas mehr zu bewegen, achtete aber immer darauf,
dass der Sandsack korrekt auf der Stelle lag, auf die er gedrückt wurde. Ich
hatte auch einen Bauchgurt an, und ich musste ab und zu mal meinen Rücken etwas
anheben, damit ich keine Schmerzen bekam. Sonst hätte ich ein Schmerzmittel
bekommen können. Aber die Auswahl an Schmerzmitteln wäre gering gewesen. Wegen
der Nieren darf ich keine NSAR kriegen, und wegen der niedrigen Leukozyten auch
kein Novamin sulfon. Da bleibt nicht mehr viel Auswahl außer irgendwelche Hämmer
, die einen dann komplett wegballern. Aber ich schaffte es, die 4 Stunden herum
zu bekommen. Nach 4 Stunden war ich aber dann auch wirklich gar. Dann musste
man mich jetzt endlich schon mal erlösen. Da war ich durch.
Dann musste ich noch 20 weitere Stunden im Bett bleiben. Ich
bekam dann auch endlich etwas zu essen, da ich ja seit dem Abend vorher
nüchtern war. Im Krankenhaus nehme ich immer ab, obwohl ich dann nach dieser
Essenspause immer herzhaft zu lange. Ich bekam auch einen Kaffee, und es war
auch ein Teilchen als Dessert dabei. Und außerdem hatte ich ja noch Schokolade
dabei.
Ich informierte nun meine Assistentin, dass sie am Abend
kommen könnte, um mir das WLAN einzurichten. Das Festnetztelefon funktionierte
schon, und ich schickte meine Zimmernummer herum. Einige Leute riefen auch an.
Unter anderem gab ich diese Zimmernummer auch der Apotheke, die mich ja
informieren sollte, sobald mein Medikament da sein würde, damit meine
Assistentin es noch vor dem Feiertag holen konnte. Genau in dem Moment, als sie
da war, riefen sie an. Zu blöd, denn so konnte sie es nicht mitbringen. Wir
hatten schon eine Weile mit dem WLAN herumgedoktert, da es wieder nicht
funktionierte. Zunächst musste sie sich eine neue PIN besorgen. Dann versuchte
sie, sich auf meinem Telefon anzumelden. Aber das klappte nicht. Offenbar, so
meinte sie, liegt das an der Software für blinde, die auf dem Telefon
installiert ist. Als sie es dann doch geschafft hatte, meldete sich das blöde
Ding dann von selbst wieder ab. Sie wollte noch weiter probieren, aber ich bat
sie inständig, nun lieber doch zu gehen, um zur Apotheke zu kommen, ehe diese
schließen würde. Außerdem durfte sie offiziell nur 1 Stunde bleiben. So hatten
wir wieder nichts erreicht. Super. Scheinbar ist das festgelegt. Es gibt Dinge,
die sind einfach fest und starr..
Dann bekam ich mein Abendessen, das Essen insgesamt ist sehr
gut. Besonders freue ich mich immer auf das gute Müsli, dass man sich zum
Frühstück aussuchen kann. Wer macht sich schon zu Hause so ein Müsli? Das muss
man natürlich ausnutzen.
Dann kam die Oberärztin, die schon bei der letzten Punktion
mit mir gesprochen hatte, und die ich damals sehr nett fand. Sie teilte mir
mit, dass keine Abstoßung gefunden worden sei. Ich fragte sie nun, ob denn nun
die Medikamente umgestellt würden, aber sie meinte, das sei ja nun nicht
notwendig. Ich verstehe das nicht ganz, denn mein Nierenarzt hatte ja die Frage
gestellt, ob eine Abstoßung vorläge, ehe er die Medikamente umstellen wollte.
Also waren hier 2 Dinge, die offenbar gar nicht wirklich so viel miteinander zu
tun hatten. Ich erklärte ihr meine Symptome wie Abgeschlagenheit,
Wassereinlagerungen, Blutdruckanstieg und Sehstörungen und Luftnot, und zunächst meinte sie, wenn sie
das gewusst hätte, hätte sie auch für eine Umstellung der Medikamente plädiert.
Aber man hätte eben bei der Biopsie nichts gefunden, ich könne aber dennoch
meinen Arzt bitten, die Medikamente umzustellen. Sie hätte zwar jetzt in den
Brief reingeschrieben, dass dies nicht notwendig sei, aber ich könne ihn ja trotzdem
drum bitten. Na ganz super, dann wird er
das bestimmt machen. Sie meinte, ihr Arbeitsauftrag sei es gewesen,
herauszufinden, ob eine Abstoßung vorläge. Sie hatte ja nicht gewusst, dass ich
diese Symptomatik hätte. Aber sie könne sich diese nicht erklären. Und ich
fragte dann nach dem Kreatininanstieg, aber sie meinte, das sei eben
Verschleiß. Mein Einwand, dass der Anstieg des Kreatinin erst in den letzten
Wochen so stark gewesen wäre, wurde nur damit kommentiert, dass wir eben alle
nicht jünger würden. Ich fand nämlich, dass man nach 4 Jahren noch keinen
Verschleiß haben dürfte. Sie meinte aber, es handele sich schließlich um ein
Transplantat. Rein vom Gefühl her merke ich einfach, dass diese Aussage nicht
so ganz stimmt. Ich bin natürlich keine Ärztin, aber ich habe das Gefühl, dass
da noch was anderes ist. Das einfach mit Verschleiß abzutun und den Dingen
ihren Laufzu lassen , das kannes nicht sein, das kann einfach nicht stimmen. Ich
erklärte ihr, dass ich keine Lust hätte, dass man das dann alles wieder als
psychosomatisch hinstellt. Sie meinte,
ja, das sei doch psychisch, weil ich doch schon einmal das Medikament reduziert
hätte, dabei sei das Kreatinin angestiegen, und vor lauter Angst, dass dies
wieder passiert, hätte ich dann all diese Beschwerden bekommen. Also die
Tatsache, dass man, wenn man schon einmal einen Ausschlag nach Erdbeeren
bekommen hatte, dann nach der 2. Mahlzeit von Erdbeeren wieder einen bekommt,
ist dann rein psychosomatisch, und kein Beweis dafür, dass man eine Allergie
gegen Erdbeeren hat. Man fürchte lediglich, dass diese Erfahrung sich wiederholen
würde. Also brauche ich in Zukunft auch nichts mehr zu beobachten. Ich erklärte
ihr, dass ich diese Symptome auch schon während der Dialyse hatte, und dass ich
daher merke, dass sich etwas an der Niere verschlechtert hätte. Aber sie
meinte, dieselben Symptome können jetzt überhaupt nicht auftreten, denn ich
hätte ja keine Werte wie an der Dialyse. Außerdem sei dies nur die Angst,
wieder an die Dialyse zu müssen, dass ich jetzt diese Symptomatik hätte. Mein
Hinweis, dass ich schon öfter Probleme hatte, deren Ursache man zunächst nicht
fand, und sie daher als psychisch abtat, wurde dann so interpretiert, dass ich
vor lauter Angst, dass man etwas nicht finden würde, dann wieder diese
Symptomatik hätte. Es dient also nicht zum Beweis, dass ich meinen Körper kenne
und dann meistens doch richtig lag, und man
gut daran täte, mir mal endlich waszu
glauben,, sondern wurde dann auch noch als Argument hergenommen, dass ich mir
tatsächlich alles nur einbilde, sprich, meine Symptome unbewusst von der Psyche
her kämen. Was ich auch sage, es hat keinen Wert. Ich sagte ihr dann, egal, was
ich sage, ich bin sowieso die Verliererin. Sie hatte mich zuvor überhaupt nicht
ausreden lassen, als ich ihr versuchte, klarzumachen, dass ich während meiner
Dialysezeit häufig dieses Gefühl hatte, und das dann auch jedes Mal was gewesen
war, was man nur erst nicht erkannt hatte. Aber diese Geschichte unterbrach sie
jedes Mal, und man könne doch ein Kreatinin von 1,4 nicht merken. Es war also
zwecklos, ich redete gegen eine Wand. Als ich ihr dann sagte, dass ich sowieso
die Verliererin bin, gestand sie ein, dass es vielleicht eine Mischung von
psychischen und körperlichen Symptomen sein könnte. Ich erklärte ihr, dass es
immerhin Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die man sich nicht immer erklären
kann. Außerdem seien wir ja chronisch
krank, da hätte man ja sowieso immerirgendwelche
Symptome. Aber damit kann man auch meine
aktuellen Beschwerden schön wegreden. Meine
Sehstörungen sind wesentlich schlechter geworden, seitdem das Kreatinin angestiegen
ist, und so etwas kann ich nicht durch die Psyche heraufbeschwören. Ich würde
ja so sehr in mich hinein hören, und ich sei ja so klug und differenziert und
so intelligent. Das hört sich eher an wie eine überspannte und hysterische Kuh.
Ich fasse das in dem Moment nicht unbedingt als Kompliment auf. Schließlich ist
sie ja auch klug, differenziert und belesen und sehr intelligent und gescheit.
Warum sollte ich das dann nicht auch sein, auch wenn ich nicht Medizin studiert
habe? Ich versuchte, ihr zu erklären, dass ich als Chronischkranke meinen
Körper schließlich kenne. Und ich sagte ihr, wenn ich Stress hätte, hätte ich
ganz andere Symptome. Aber das galt auch wieder nicht, bei jedem Stress habe
man eben andere Stresssymptome. Ich habe keine Chance, wenn ein anderer nicht
will, bin und bleibe ich die Verliererin, obwohl ich auch gewinnen will. Ich
kann nicht gewinnen, ich kann nicht Recht haben, auch wenn es wirklich wichtig
ist. Ich sagte ihr, wenn ich jetzt die Medikamente wechseln würde, und es würde
mir danach besser gehen, hieße es wahrscheinlich, dass sei der Placeboeffekt.
Sie meinte, warum es dann wirkt, sei ihr dann letztendlich egal. Mir aber
nicht, denn ich wollte ja eigentlich einmal frei und rehabilitiert sein. Wenn
ich jetzt wieder erzwinge, dass ich die Medikamente gewechselt bekomme, dann
haben die Ärzte nicht aus sich heraus gehandelt und es für notwendig befunden,
und wenn sie dann sehen würden, dass es hilft, würden Sie mir vielleicht glauben.
Aber so heißt es nur, wir haben ihr einen Gefallen getan, damit die arme Seele
ihre Ruhe hat, und jetzt ist sie zufrieden, und daher geht es ihr jetzt besser.
Dann werden Sie mir demnächst mal wieder nicht glauben. Es läuft immer nach dem
gleichen Schema, dieses ist fest eingerichtet, das kann man nicht durchbrechen.
In meinem Leben läuft immer alles nach einem festen Muster. Da kann man niemals
ausbrechen. Wäre ich nicht verhext, würde man auch mal was finden und mir dann
helfen.
Sie meinte noch, man habe auf einen Virus getestet, der oft in die Niere geht, wenn das
Immunsystem zu stark heruntergefahren wird. Da habe man schon Patienten gehabt,
bei denen man in der Biopsie nichts gesehen hätte, aber ein paar Wochen später
hätte man dann den Test ausgewertet und das Virus gefunden. Den Namen des Virus
habe ich jetzt vergessen. Aber es war nicht Corona. Es klang ähnlich wie HPV.
Das wäre jetzt meine letzte Hoffnung, denn die neuen Medikamente, die ich hätte
bekommen sollen, oder die ich vielleicht noch bekomme, sind besonders effektiv
bei diesem Virus, da sie das Immunsystem wahrscheinlich differenzierter
unterdrücken, sodass dieses Virus noch bekämpft werden kann. So habe ich es
zumindest aufgefasst.
Zumindest war ich mit diesem Gespräch sehr unzufrieden und
sehr aufgewühlt. Es lief mal wieder genauso, wie ich es mir schon zuvor gedacht
hatte. Jetzt heißt es wieder, das ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Aber mein Leben hat so einen festen Rahmen und so ein starres Webmuster, dass
ich alles schon vorher sehen kann. Dieser Lebensrahmen wird nie gesprengt. Dass
es mal wie bei normalen Menschen läuft, dass man Beschwerden hat, diese
gefunden und behoben werden, und einem geglaubt wird, das gibt es bei mir
nicht. Ich solle doch bitteschön zugeben, dass die Psyche eine Rolle spielt,
und ich solle doch mal in mich gehen und überlegen, ob das nicht doch von der
Psyche kommen könnte ich solle doch den Ärzten mal mehr glauben und mich mehr
auf sie verlassen. Aber wenn ich doch weiß, dass diese Symptome so krass sind,
dass man sie gar nicht überhören kann, und es gar nicht möglich ist, nicht in
sich hineinzuhören, weil die Symptome so extrem sind, dann muss da was sein.
Ich kann nur hoffen, dass es besser wird. Ansonsten muss ich jetzt zusehen, wie
die Niere kaputtgeht, da es angeblich nur ein Verschleiß ist, mit dem ich mich
gefälligst abzufinden habe. Mehr ist dann nicht, und wenn es mir jetzt
schlechter geht, dann wird das an der Dialyse noch schlimmer werden. D. h., ich
habe mich transplantieren lassen, um
gerade mal 2 Jahre ein schönes Leben zu haben. Die 1. eineinhalb Jahre waren
die Hölle, und jetzt das. Sie meinte noch, dass die Niere ziemlich verkalkt
sei, dass ich offenbar zu viel Calcium einnehmen würde. Nach der Entfernung der
neben Schilddrüsen war dies nötig, denn der Kalziumspiegel fiel weit herunter,
und jetzt ist er auch nicht sonderlich die Masse. Daher wundert mich dies.
Vielleicht macht das Virus, dass die Niere verkalkt aussieht, und wenn ich was
kriege, dass dieses Virus behandelt, wird alles wieder gut. Ja, träume schön
weiter.
Die Nacht war dementsprechend beschissen. Außerdem war die
Lüftung im Bad so laut, dass man sie noch durch die geschlossene Türe hörte.
Und ich durfte nicht mal raus, um etwas dran zu ändern. Dauern musste ich den
Pfleger rufen, weil ich auf den Pott musste. Das war auch ganz schön
unangenehm.
Am nächsten Morgen hieß es, dass noch ein Ultraschall
gemacht würde. Der Arzt kam rein mit den Worten, sie wissen ja, dass Sie noch eine Woche bleiben müssen. Zum Glück
hatte ich schon von der Oberärztin gehört, dass ich nach Hause dürfte. Sonst
hätte ich diesen üblen Scherz jetzt für bare Münze genommen. Als ich dann mein
Pflasterabriss, da er Handschuhe anhatte, hielt ich die Luft an, und er meinte,
ach Gott, so schlimm kann das doch nicht sein. Sie müssten mal meine Kinder
hören, die jammern jedes Mal. Ich sagte ihm, dass sehen sie es ja. Ich sagte
ihm, dass ich ja auch meine Haare mit Wachs heraus machen ließe. Daran könnte
er doch sehen, dass ich tapfer sei. Da meinte er, ja ja, alles für die
Schönheit, dann tut es auf einmal nicht mehr weh. Ich sagte ihm noch, dass das
Pflaster ja schließlich ganz rundherum geht. Das sei er noch mal was anderes
als das Wachs. Aber er hörte nicht mehr zu. So eine arme Sau wie ich darf doch
niemals das letzte Wort haben. Ich bin immer die Verliererin. Selbst bei jedem
geringsten Schlagabtausch. Aber es war alles in Ordnung, ich durfte aufstehen.
Ich fragte den Arzt noch, wann ich den Arztbrief bekäme, und
er schimpfte dann gleich, ja gleich! Ich wollte ja nur wissen, wann das
prinzipiell geht. Dann fragte ich die Krankenschwester, die zuvor sehr nett
war, wann hier üblicherweise die Arztbriefe kämen. Da fuhr sie mich an,
Anführungsstriche auf sie fragen mich Fragen (sic), die ich Ihnen nicht
beantworten kann, warten Sie doch einfach, und dann rufen wir ihr Taxi, ja!?!". Ich war erschrocken und traute mich nicht,
ihr zu entgegnen, dass ich doch nicht wissen könnte, was sie weiß. Außerdem
verstehe ich nicht, warum man gleich so böse wird, wenn man eine Frage gestellt
bekommt, die man nicht beantworten kann. Ich bat sie noch um den
Transportschein. Den brachte sie mir dann und war dabei wieder relativ
freundlich.
Ich packte dann alles zusammen und rief mein Taxi an. Dann
telefonierte ich noch mit einem Freund und ging dann nach draußen und wartet
auf das Taxi. Das kam dann auch, und ich zeigte ihm schon mal den Taxischein,
da wir jedes Mal schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Er war nie richtig
ausgefüllt. Beim letzten Mal hatte ich ja Ärger gehabt, da sie nur die
Rückfahrt angekreuzt hatten, und ich ja auch die Hinfahrt belegen musste.
Damals wurde mir vom Taxiunternehmen gesagt, ich solle doch bitteschön das Geld
von der Kasse anfordern und jetzt das Geld dem Taxifahrer geben, und der Chef
meinte ziemlich wütend durchs Telefon, dann soll sie den Leuten doch mal mehr
Feuer machen, damit die das richtig ausfüllen. Dieses Mal sah der Taxifahrer
wieder, dass ein Fehler auf dem Transportschein war, besser gesagt es war gar
nichts ausgefüllt. Mein Taxifahrer ist dunkelhäutig . Das ist vielleicht jetzt
von Belang, denn die Schwester schrie ihn an, „was willst du denn noch, was ich
ausfüllen soll?“ Ich war ziemlich entsetzt und traute mich nicht, dazwischen zu
gehen, sonst wäre die Situation noch stärker eskaliert. Sie meinte, sie könne
doch keine Pflegestufe 3 eintragen, wenn ich diese nicht hätte. Ich ging dann
zu ihr und erklärte ihr, dass BL oder Harvey hilflos, welche als Merkzeichen im
Ausweis stehen, ebenfalls gelten, um einen Taxischein zu erhalten. Er sagte ihr
dann noch, sie möge bitte das Datum der Ausstellung und das Datum der Fahrt
eintragen, die ja identisch waren. Da schrie sie herum, das dürfe sie nicht,
das mache sie nicht, das sei eine Fahrt vom Krankenhaus mit vollstationärer Behandlung
nach Hause, da gehöre das nicht so hingeschrieben. Ich erklärte ihr, sie solle
jetzt bitte alles ausfüllen, denn der Taxifahrer bekäme sonst Ärger, und wir
könnten nicht fahren. Er erklärte ihr das ebenfalls. Da schrie sie mich an,
glauben Sie mir doch auch mal was. Ich sagte ihr, das nützt mir nichts, wenn
ich Ihnen glaube, wenn wir dann nicht fahren können. Warum können sie nicht
einfach einen Stift nehmen und das Datum eintragen? Sie weigerte sich aber, und
aufgrund meiner Erkrankung schaffe ich es immer nicht, oder, weil der Teufel
kommt, und sich dazwischen stellt, andere umzustimmen. Bei normalen Menschen
ist das nicht so, aber bei mir, wenn da einmal ein Nein kommt, bleibt das für
immer wie Beton. Fest und starr, immer dar. Der Taxifahrer meinte dann, wir
rufen jetzt den Chef an. Und der Chef meinte, ja, fahrt. Zum Glück hatte er
dieses Mal ein Herz, offenbar hatte er verstanden, dass ich nicht schuld an der
Sache bin. Dieses Mal hatte ich auch schon einen Transportschein für die
Hinfahrt geholt, daher merkte er ja, dass ich mich bemüht hatte und
mitgearbeitet hatte. Ich wollte Ärger vermeiden, daher hatte ich mir schon vom Hausarzt
einen Schein ausstellen lassen, aber der Teufel will eben, dass ich immer Ärger
habe. Daher hat auch dies nichts genützt, den Ärger zu vermeiden, da für mich
der Ärger immer vorprogrammiert ist. Der Teufel hat sich gedacht, dann machen
wir es eben anders. Wie schon so oft, wenn ich kreativ war und nach Lösungen
gesucht hatte, hat der Teufel mitgedacht und war mir wieder eine Nasenlänge
voraus. Er ist in die Schwester eingefahren und hat gemacht, dass sie sich auf
einmal so verhält. Zu Beginn war sie sehr nett. Ich habe meiner Assistentin die
Geschichte erzählt, und wie entsetzt ich darüber war, dass sich diese Sonette
Schwester auf einmal so komisch benommen hatte. Ihr lapidarer Kommentar, nun
ja, die hatte halt einfach einen schlechten Tag, ich bin auch schon beim Bäcker
angefahren worden, weil ich nicht gleich wusste, was ich will. Das ist aber
noch etwas anderes, denn das hat keine Folgen. Für mich hätte es 50 € kosten
können, und ich fand das schlimm, dass jemand seine schlechte Laune derart
auslässt, dass er einem Hilfsbedürftigen die Hilfe verweigert. Aber das
passiert mir sehr häufig. Zum Glück hat mir dann der Mann an der Pforte meine
Karte noch eingelöst, ich dachte schon, der streikt jetzt auch. Aber der war
nett und meinte, warum soll ich Ihnen denn nicht helfen? Es kamen dann lauter 2
€ Stücke heraus, die habe ich aber bereits zur Freude der Verkäuferin bei der
Kasse im Supermarkt abgegeben.
Das ist alles wieder mal ein Beweis, dass ich nie wieder ins
Krankenhaus gehen möchte. Ich werde es unter allen Umständen vermeiden. Ich
hatte schon daran gedacht, diesem elenden Dasein endlich ein Ende zu setzen,
denn ich rufe nur negative Emotionen, Reaktionen, Ablehnung, Hass und
Widerwillen bei allen Menschen hervor, ich muss immer alleine kämpfen, ich habe
überall nur Ärger, alles geht schief, überall gibt es nur Streit,
Auseinandersetzungen, Schwierigkeiten, Widerstand, Aggression und Unwillen. Ich
habe eigentlich niemandem etwas getan, aber ich strahle etwas aus, von mir geht
etwas aus, was bei anderen Ärger, Unwillen, Aggression, Wut, Ablehnung,
Widerwillen, Unwillen, Antipathie auslöst, so wie jemand, der überall Ärger
macht, der überall nur an Act, der überall nur anstößt, der nirgendwo
hineinpasst, der überall auffällt, den keiner brauchen kann, der etwas Dunkles,
Undurchsichtiges, Hasserfülltes, Merkwürdiges, Störendes, Schillerndes, Aggressives,
Böses, Provozierendes und Herausforderndes an sich hat, ohne es zu wollen. Es
ist eine böse Ausstrahlung, etwas teuflisches. Wäre ich ein Mann, würde ich
wahrscheinlich überall eine Schlägerei provozieren, überall nur anecken,
überall in Streit geraten, dauernd in Auseinandersetzung mit anderen verwickelt
sein. Wahrscheinlich wäre ich dann auch irgend wann kriminell. Ich habe
keinerlei Charme, habe nichts
Gewinnendes, habe nichts Einnehmendes, und bei mir zeigt mal weniger
Bereitschaft als bei anderen, zu helfen. Mit mir hat man kein Mitgefühl,
endlich kann man sich nicht hineinversetzen. Ich bin fremdartig, abstoßend,
unheimlich. Alleine schon, wenn ich den Mund aufmachen, stößt das anderen auf.
Ich bekomme keinen Schutz und keine Solidarität.
Aber ich habe eines begriffen:
Das Leben ist hart, auch wenn ich eigentlich als blinde Autistin
Hilfe und Unterstützung verdient hätte,
sowie andere mit anderen Behinderungen auch Hilfe erhalten, sodass jemand als
Vermittler zwischen mir und der Welt fungiert, die ich es ja nicht kann,
bekomme ich dies niemals. Andere kriegen das, was sie brauchen, um ihre
Behinderung zu kompensieren: Autisten haben einen Alltagshelfer, Gelähmte haben
einen Rollstuhl, blinde haben einen Blindenstock, gehörlose haben ein Hörgerät
und einen Gebärdendolmetscher, ich habe nur für ein paar meiner Behinderungen
materielle oder fachliche Unterstützung, mit den anderen nun endlich
diagnostizierten Behinderungen bleibe ich weiterhin allein. Das Leben ist
ungerecht. Ich muss einfach die Sprache und die Verhaltensweisen neurotypischer
Menschen begreifen lernen, sozusagen kognitive Empathie entwickeln, wie diese
Menschen ticken. Eigentlich hatte ich mir immer gewünscht, dass die endlich
verstehen, wie ich ticke, und dass sie mir nicht jedes Mal böse sind, wenn ich
einen faux pas begehe , oder wenn ich kindlich wirke oder sonstwie den Leuten
auf die Nerven gehe. Ich müsste eine Anleitung finden, wie die Leute ticken, warum sie so reagieren, und
was man tun muss, um seine Ziele zu erreichen und seine Interessen
durchzusetzen, und wie man es schafft, andere auch mal zu überzeugen und auch
mal recht zu bekommen. Ansonsten werde ich hier untergehen. Mir hilft niemand. Entweder
du schlugst das, oder du verreckst. Das Leben i st hart, das heißt es wohl,
erwachsen zu werden. Du bist allein. Merke es dir.
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