in meiner neuen Wohnung habe ich zwar von der Genossenschaft
einen Herd, doch kann ich diesen nicht nach Belieben markieren, so das immer
die Gefahr besteht, dass ich nicht weiß, ob er eingeschaltet oder ausgeschaltet
ist. Denn egal, ob man ihn auf 12:00 Uhr oder auf 6:00 Uhr dreht, der Griff
fühlt sich dann immer gleich an. Es gibt Drehknöpfe, die nur dann ausgeschaltet
sind, wenn der Drehknopf ganz nach oben auf 12 Uhr zeigt, der Drehknopf an einer Seite anders ist als an
der entgegengesetzten Seite, und
nur ein schmaler Drehschalter da ist und kein ganzer runder Knopf, bei dem man
dann nicht weiß, wo oben und unten ist. Aber ich kann einen fremden Herd nicht
einfach mit Kerben versehen. Wir hatten versucht, mit Heißklebermarkierungen um
die Rädchen herum zu machen, und dann auch noch einen taktilen Punkt Auf die optische
Markierung an dem Rad zu kleben, damit immer klar ist, wo das Rad hin zeigt.
Durch das Fett beim Kochen und Backen und Braten geht aber diese Markierung ab.
So muss ich immer mitdenken, auf welcher Stufe ich die Herdplatte eingeschaltet
habe. Außerdem kann ich mir nicht merken, welcher Drehknopf für welche Herdplatte
ist. Zusätzlich muss ja auch die Gradzahl am Backofen eingestellt werden
können. Wir hatten überlegt, ob wir vielleicht einfach für diesen Herdknöpfe im
Internet kaufen und sie draufschrauben. Für dieses Modell gibt es aber leider
keine mehr, es gehen zwar alle Knöpfe drauf, aber sie würden dann die Zahlen an
der Front des Herdes überdecken, wenn sie zu groß wären. Dann könnte niemand
anderer mehr den Herd einstellen. Zuerst haben wir überlegt, einfach eine Feile
zu nehmen und Kerben einzuritzen, denn ich hatte nicht vor, so schnell wieder
auszuziehen, und bis ich ausgezogen wäre, wäre der Herd wahrscheinlich sowieso
längst kaputt.
Dann habe ich zufällig bei Facebook auf dem Marktplatz
einige Angebote für Haushaltsgeräte gesehen, unter anderem einen Herd für 50
EUR. Ich dachte mir, da ist nicht viel verloren, wenn ich einen Satz neuer
Drehknöpfe kaufe, muss ich ebenso viel bezahlen. Somit meldete ich mich und
fragte nach, ob der Herd zusätzlich auch Heißluft hätte. Ja, Heißluft sei
ebenfalls vorhanden, laut der spärlichen
grammatikalischen Kenntnisse der Inserentin hieß es, es hat
Heißluft, es funktioniert und es ist in gutem Zustand. Ich gab dann über den
Messenger meine Handynummer durch, und wir telefonierten. Ja, der Herd hätte
Heißluft, hätte kein Cerankochfeld, und dies ist ebenfalls wichtig für Blinde.
Denn die erhabenen Herdplatten zeigen, wo die Hitze herkommt, und ob man die
Gegenstände und Utensilien, die man zum Kochen braucht, auf die Flamme legt
oder neben die Herdplatte. Bei einem Cerankochfeld ist das gefährlich, denn man
kann ja nicht mal soeben mit der Hand abtasten, wo die Hitzequelle ist, oder ob
man vielleicht seinen Pfannenwender aus Plastik mal eben auf die Feuerstelle
gelegt hat, und er dann vor sich hin schmilzt, das würde man halt lediglich
riechen. Dann wäre es aber zu spät. Ein Cerankochfeld ist zwar praktisch zu
reinigen, aber es ist eben für blinde ungeeignet. Somit war ich froh, dass der
Herd noch richtige Platten hatte. Ich fragte, warum denn der Herd so günstig
abzugeben sei. Sie Meinte, man sei umgezogen und habe nun eine Kochzeile, und
da bräuchte man ihn nicht mehr. Dies klang für mich erst einmal plausibel.
Nun suchte ich jemanden, der mit mir ging, um den Herd
anzusehen, da ich fürchtete, allein würde man mich wahrscheinlich über den
Tisch ziehen, da ich ja den Herd im wahrsten
Sinne nicht in Augenschein nehmen kann. Und es ist halt heutzutage
leider immer noch so, dass Frauen unterschätzt werden, und man glaubt, man
könne sie betrügen, da sie sowieso nichts von Technik verstehen. Daher wollte
ich auf jeden Fall, dass mich ein männliches Wesen begleitet. Ich fragte also
nach, ob ein Assistent zur Verfügung stehen würde, man wollte
nach jemandem suchen, aber ich erhielt keine Antwort. Einer war
Elektriker, aber der war leider nicht verfügbar, er hatte vor einem Vierteljahr
abgesagt, da es einen Todesfall in der Familie gegeben hatte, und er würde sich
wieder bei mir melden. Dies ist leider auch
nach drei Monaten auf vorsichtige
Anfrage hin nie geschehen. Ein anderer ist ebenfalls Elektriker, aber der
wollte mich nicht über die Organisation haben sondern nur privat, da ich ihn da
mehr zahlte, als er von der Organisation kriegen würde. Das hat mich gestört,
so dachte ich mir, da kann ich mir auch jemanden nehmen, den ich dann über das
persönliche Budget auch bezahlt kriege. Ich möchte nicht noch einmal zusätzlich
ein paar Stunden zahlen, nur, damit jemand mit mir einen Herd besichtigen geht.
Da sich bis um 15:00 Uhr niemand bei mir gemeldet hatte,
weil entweder alle im Urlaub oder krank waren, überlegte ich mir, dass eine
Taxifahrerin mit mir mitgehen könnte, ich kannte eine, die sehr resolut und
erfahren war, mit der ich einfach hinfahren, den Herd ansehen und dann wieder
heimfahren konnte. Sie war auch dazu bereit, bis spätestens 17:00 Uhr mit mir
den Herd anzusehen, da sie dann das Auto abgeben müsste. Ich rief also an,
stattdessen war aber ein Mann am Handy, der überhaupt von nichts wusste. Ich
schrieb dann noch einmal über den Messenger, und da erhielt ich dann Antwort,
ich solle bei diesem und jenem Namen klingen. Als wir ankamen, öffnete uns eine
sehr junge Frau mit einem jungen, und sie verwies uns sofort auf den Keller.
Dort musste sie erst einmal eine Menge an Gerümpel vom Herd herunter holen,
damit wir ihn überhaupt besichtigen konnten. Selbst ich als blinde mit
Krückstock hätte festgestellt, dass dieses Modell wahrscheinlich nur noch für
den Schrotthändler von Wert sein würde. Er klebte an allen Ecken, ich hätte
mich geschämt, so ein Teil überhaupt noch zum Verkauf anzubieten. Die Griffe waren
das einzig gute, die hätte ich sofort für 20 EUR mitgenommen. Aber es hätte
einen wirklich geekelt , dieses Gerät überhaupt zu benutzen, falls es überhaupt
noch benutzbar gewesen wäre. Somit treten wir um und gingen, und die Frau war
sichtlich verärgert.
Als wir im Auto saßen, äußerte die Taxifahrerin die
Vermutung, dass diese Frau wahrscheinlich ihren Genossenschaftsherd aus dem
Keller los haben wollte, obwohl eigentlich die Genossenschaft dazu verpflichtet
ist, diesen kostenlos zu entsorgen. Aber sie wollte wahrscheinlich einfach noch
etwas Geld machen mit irgendwelchen dummen Leuten, die auf ihr Geschäft reinfallen.
Ich fragte dann die Taxifahrerin, ob prinzipiell solche
Angebote zu vermeiden wären, da ich jetzt 7 km von meinem Budget verbraucht
hatte, oder ob ich ohne naiv zu sein damit hätte rechnen können, hier möglicherweise
auch ein Schnäppchen machen zu können. Die Taxifahrerin meinte, das sei jetzt
gelaufen, ich solle mir doch hierüber keinen Kopf mehr machen. Es ging mir ja
auch nicht darum, irgendjemandem Vorwürfe zu machen oder mir selbst, sondern
lediglich einmal zu hören, dass mir jemand sagt, für diesen Preis würde ich
überhaupt nicht mehr losziehen, oder ja, es war durchaus berechtigt, anzunehmen,
dass ihre Aussage stimmt, und sie den Herd einfach nur für 50 EUR loswerden
wollte, und er gut in Schuss war, und sie einfach einen neuen hatte und keine
Lust hatte, für die Entsorgung eines Herdes zu bezahlen. Ich kann nie
einschätzen, ob ich einfach nur naiv bin, und ob ich vielleicht alles glaube,
was mir Leute erzählen, oder ob es tatsächlich auch mal solche Schnäppchen
geben kann, und man auch einmal damit rechnen darf , Glück zu haben. Das war
eigentlich das einzige, was ich wissen wollte.
Die Taxifahrerin meinte, wahrscheinlich hat die Frau gar nicht gewusst, was Heißluft ist.
Ich sagte ihr, normalerweise weiß dass jeder, selbst ich weiß, was das ist. Sie
meinte, ich hätte fragen müssen, hat der Herd Oberhitze und unter Hitze und
Heißluft. Dann hätte die Frau gewusst, dass Heißluft noch einmal eine
gesonderte Technik ist, so hätte sie wahrscheinlich gedacht, dass Heißluft
lediglich die heiße Luft ist, die im Herd ist, denn wenn man einen Gasherd
hätte, hätte man ja schließlich auch heiße Luft. Ich finde das ziemlich weit
hergeholt, denn wenn ich gefragt hätte, hat der Herd Oberhitze und unter Hitze,
hätte sie vielleicht vermuten können, die Oberhitze sind die Herdplatten, die
unter Hitze ist der Ofen. Somit hätte ich es machen können, wie ich es will,
ich hätte immer einen Fehler machen können. Es kann nicht immer sein, dass die
Antworten, die ich kriege, immer nur mit meiner falschen Fragetechnik
zusammenhängen. Manchmal antworten Leute auch willentlich und mutwillig falsch.
Die Taxifahrerin meinte, wenn man natürlich fragt, hat der Herd Heißluft, sonst nehme ich ihn nicht,
würde man immer eine positive Antwort kriegen. So hatte ich aber auch gar nicht
gefragt, denn Heißluft war für mich keine Grundbedingung. Es war nur ein
schönes zusätzliches Merkmal, welches ich liebend gerne mit in Kauf genommen
hätte. Ich kann mir so vor, als sei ich selbst schuld, dass die Frau so
geantwortet hat, weil ich irgendwie falsch gefragt hätte. Dabei hat sie
wahrscheinlich einfach gelogen, das hätte sie wahrscheinlich immer so gemacht.
Wie soll man am Telefon, wenn man mit irgendjemandem spricht, erreichen, dass
er die Wahrheit sagt, und wie soll man das merken? Es sei denn, für dieses Geld
dürfte man niemals mit irgendetwas rechnen, dann sollte einem das aber auch irgendwann
mal jemand sagen, was so ein Ding kosten
muss, und was man für welchen Preis gebraucht
erwarten darf und was nicht. Eine meiner Helferinnen meinte schon, das
wird schon nichts gescheites sein, jetzt hat sie wahrscheinlich wieder recht.
Zum Glück haben wir das Ding nicht genommen, aber blöd kam ich mir trotzdem
vor. Das war mal wieder nur heiße Luft, aber auf jeden Fall war es keine
Heißluft. Aber die Taxifahrerin hatte schon recht, wenn ich nicht hingegangen
wäre, hätte ich mich immer geärgert. Somit war ich beruhigt, dass zumindest
mein Gedankengang diesbezüglich nicht ganz unnachvollziehbar war. Der
Schlechtigkeit und Skrupellosigkeit der Menschheit sind wirklich keine Grenzen
gesetzt, niemand hätte doch damit rechnen können, dass jemand so link ist und
seinen Genossenschaftsherd verhökert. Ich kann genauso wenig
damit rechnen, dass es Leute gibt, die bei dem Wort Heißluft nicht
wissen, von was man redet. Ich hätte auch Umluft sagen können, aber dann hätte
es einen anderen Grund gegeben, dass sie es nicht versteht.
Mein Traum wäre, einen Herd zu
haben, der in eine Arbeitsplatte versunken
oder eingelassen ist. Es gibt Herde mit normalen schwarzen Herdplatten
und einer Oberfläche aus Metall oder Edelstahl,
und drum herum ist dann eine Resorpalplatte , möglichst in der Farbe wie meine
restliche Küche. Der untere Teil des Herdes wäre dann in dunkler Farbe, und die
Scheibe ist braun getönt, diese Herde gab es früher mal in den neunziger Jahren
oder so Anfang der Jahrtausendwende. Die Knöpfe sind aus Plastik und schwarz.
Das sind nicht mehr die neuesten Modelle, denn heute hat man Induktion oder eben
ein Cerankochfeld, daher rechne ich damit, ein billiges Modell zu finden. Das
Beste wäre, wenn neben dem Herd auch noch eine Spüle wäre, und unter der Spüle
dann ein Schrank. Wenn alles dann
zusammen hinge , sozusagen ein Block wäre, der in eine Arbeitsplatte
eingearbeitet ist, könnte man ihn mit Hilfe von Zapfen links und rechts an der
Arbeitsplatte auf der Spülmaschine und an der Arbeitsplatte meines einen
Küchenschrankes befestigen, und so hätte man eine saubere Zeile.
Als mein Bekannter aus dem Schwarzwald da war, meinte er,
die Leute, die mir geholfen hätten, die Arbeitsplatten zu besorgen, hätten wohl
gedacht, die sieht nichts und merkt nichts. Denn die Arbeitsplatten haben nicht
dieselbe Farbe wie der Schrank mit der Arbeitsplatte, die wir bereits gekauft
hatten. Ich hatte extra erst den Schrank mit der Arbeitsplatte gekauft, damit
ich mir dementsprechend dann die Arbeitsplatten dazu aussuchen könnte, anstatt
umgekehrt erst eine Farbe auszusuchen und dann keinen Unterschrank mit der
passenden festen Arbeitsplatte zu finden. Schade, dass die Leute so wenig
darauf geschaut haben, ich selbst hab es wirklich nicht gesehen. Wir werden
auch noch mal andere Sockelleisten hin machen, denn um die Spüle herum war kein
Silikon, und es wäre schöner, anstatt der Sockelleisten aus Plastik lieber Sockelleisten
aus Aluminium zu haben, die dann wenigstens zu den Türgriffen passen. Das sind
zwar kleine Sorgen, aber wenn man sie beheben kann, umso besser.
Ich habe immer noch den Herd der Genossenschaft, und ich
habe mich auch schon etwas dran gewöhnt. Während der Weihnachtszeit haben wir
Plätzchen gebacken. Leider konnte ich nicht sehen, welches die Oberhitze, die
unter Hitze oder der Grill ist. Somit bat ich eine meiner Helferinnen, die zur
Vertretung da war und erst 20 Jahre alt ist, den Herd auf Oberhitze und unter
Hitze zu stellen. Stattdessen muss sie wohl den Grill erwischt haben, denn die
Plätzchen kamen total weich heraus. Die erste Ladung ist noch was geworden, die
zweite aber nicht mehr. Wir wussten auch nicht, dass man den Teig kühl stellen
muss, und ich habe Mandelsplitter anstatt gemahlene Mandeln genommen, wobei
letztere das Fett wesentlich besser hätten aufgenommen. Somit ist es ein
mittleres Wunder, dass trotz der drei gravierenden Fehler eine Ladung Plätzchen
überhaupt was geworden ist. Aber hätte ich die Plätzchen beim Becker gekauft,
wäre es billiger gewesen, da ich ja somit die doppelte Menge an Material zahlen
musste und dann auch noch den Zeitaufwand hatte. Dennoch haben wir dann noch
eine andere Sorte Plätzchen hinbekommen, allerdings war das ziemlich schwierig.
Ich habe eine Ausstechform mit mehreren Figuren, die man auf einmal auf einen
Teig drückt, und dann muss man die einzelnen Figuren, die so perforiert sind, voneinander
ablösen. Das sei angeblich ein blinden Hilfsmittel, da ich es von einem Hilfsmittelversand
gekauft habe, aber ich komme nicht damit klar. Vielleicht ist es nicht für
blinde mehrfachbehinderte. Meine Helferin musste immer erst den Anfang machen,
damit ich die Figur herauslösen konnte. Dann haben wir noch einen Zuckerguss
gemacht, wobei wir nicht einmal wussten, wie das geht, aber irgendwann war doch
eine zähflüssige Masse entstanden, und ich habe dann noch die restlichen
Mandelsplitter rein gekippt. Die Plätzchen sind halbwegs etwas geworden.
Allerdings stimmt mit der Hitze des Herdes vielleicht etwas nicht, denn meine
Helferin, diesmal eine andere als die 20-jährige, musste dauernd die Hitze nachkorrigieren. Bei der zweiten Sorte
Plätzchen war nämlich eine andere Assistentin dabei, und wir hatten zuvor den
Teig einen Tag im Kühlschrank gelassen. Eine meiner Assistentinnen ist die
Tochter der anderen, und am nächsten Tag war der Teig steinhart. Sie war
entsetzt, dass ihre Tochter das gemacht hatte, aber das war meine Idee, denn da
wir zuerst den Teig nicht gekühlt hatten, wollte ich es dieses Mal besonders
gut machen und stellte ihn einen Tag lang in den Kühlschrank. Dann war der Teig
so hart, dass wir ihn erst einmal in die Mikrowelle stellen mussten. Ich werde
niemals die Erfahrung haben, die man zum Backen braucht, ich glaube, das
nächste Mal kaufe ich entweder die Plätzchen beim Becker, oder ich lasse meine
Helferin erst einmal zu Hause welche machen, damit sie weiß, wie es geht. Ich
bin gespannt, ob ich dann nächstes Jahr die Plätzchen schon in einem anderen
Herd machen werde, und ob bis dahin überhaupt meine Küche noch steht, Scherz
beiseite, oder ich vielleicht schon irgendwelche falschen Knöpfe gedreht habe.
Aber das Ganze war erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes ein Schuss in den
Ofen mit heißer Luft.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen