Jetzt, da meine
Spracherkennung streikt, muss ich
länger überlegen, ob ich was im
Blog eintrage oder nicht. Da aber
momentan sowieso überal Ferien sind, und ich zur Abwechslung mal jede Menge Zeit habe, werde ich diese Mühen jetzt auf mich nehmen. Die Spracherkennung habe ich von meinem PC runter geworfen. Mal sehen, ob ich sie nach längerer Übung mit den Fingern
überhaupt noch brauche, da sie
mehr Zeit zum Einpflegen
der neu trainierten Wörter erfordert, als sie mir überhaupt
je nützt, da sich dieser
Aufwand nie amortisiert. Denn kaum ist mal alles eingepflegt und aktualisiert auf dem neuesten Stand, stürzt das doofe Programm sowieso wieder ab. Dann
geht alles von vorne los, gnädigerweise
dann aber ausgehend vom
letzten abgespeicherten update
des Vokabulars. Jetzt, da ich
wegen der Transplantation aber
wieder fitter bin, kann ich wieder
besser mit den Händen tippen, weil ich mehr Kraft und mehr Konzentration und mehr Durchhaltevermögen habe.
Endlich habe ich auch den Dankesbrief an meine Spenderfamilie geschrieben, der aber noch
von einigen "versuchskaninchen" durchgelesen werden muss, ehe der dann auf die Reise zur DSO,
DeutscheStiftung Organspende gehen kann,
um nur ja niemanden zu verletzen.
Ansonsten war
ich in der Vor-Hitzewelle im Juni im Schwarzwald bei meinem guten Freund.
Er ist jetzt umgezogen. Seine
Wohnung ist wesentlich schöner und bequemer
zu erreichen. Er wohnt auch besser als vorher. Allerdings ist die Wohnung unter dem Dach, was schon im Juni kaum auszuhalten war. Außerdem musste man sehr komplizierte Treppen an der Außenseite seines
Wohnhauses hochgehen, um dann
schon im ersten Stock ins Haus zu gelangen. Die Treppen waren laufend unterbrochen, dann
musste ich wieder den neuen Absatz finden.
Irgendwie fühlte ich mich permanent von
den Hausbewohnern beobachtet, da mein Bekannter sagte, dass sie nicht gerade sehr
freundlich sind. Als wir einmal gerade
nach unten gingen, machte eine Frau
die obligatorische Kehrwoche, die ja im Schwabenland schon zur
folklore gehört. Das ist eine bitterernste
Angelegenheit. Da fragte also der Bekannte von mir, ob wir die Türe offen
lassen sollen, und sie entgegnete in sehr
kaltem und knappem Ton, JA,
KÖNNETSE! Ich dachte, die Hölle friert
zu! Überhaupt ist die Kehrwoche ein sehr
schwieriges Thema. Da er mit
einem anderen Junggesellen ganz oben wohnt, haben die beiden Nachbarn unter sich ausgemacht, dass sie nicht jedesmal ihren Treppenabsatz kehren. Der Nachbar hat sogar
gar nichts gemacht, was aber beiden egal war. Da hat dann einer der weiter unten lebenden Hausbewohner sofort
einen Beschwerdebrief an den Vermiter geschrieben, dass der eine
von den beiden da oben die Kehrwoche
nicht macht. Denn jeder
kommt auf seinem Stockwerk alle
zwei Wochen dran mit der kleinen Kehrwoche, und alle sechs Wochen müssen alle Mietparteien im Turnus dann
das untere Treppenhaus, die
Eingangshalle und die Außentreppe
kehren. Daraufhin bot dieser Nachbar meinem Bekannten an,
jetzt eben für seine nicht erledigten Pflichten
dann die nächsten
Wochen den Treppenabsatz und den Flur
vor ihren Wohnungen zu
reinigen. Daraufhin meinte aber mein Bekannter, dass dann womöglich einer der anderen Hausbewohner wieder einen
Beschwerdebrief an den Vermieter sendet, dass er nun wiederum die Kehrwoche nicht einhält. Was soll man
dazu noch sagen? Zum glück haben wir einen Hausmeister. Er erzählte mir auch, dass
mal ein Bauteil seines Modellfliegers versehentlich auf die Terrasse seiner unten drunter lebenden Mitbewohner gefallen ist. Statt aber einfach
mal rauszuschauen, wenn er an deren
Wohnung vorbeiläuft, rief die Frau von
oben, als er gerade unten sein Auto
geparkt hatte, dass ein Bauteil auf ihrer
Terrasse gelandet sei, und prompt warf sie es ihm nach unten zu.
Er meinte, was habe ich denen
denn getan? Solche Probleme haben wir in der Großstadt nicht, da
man sich da aufgrund
der Anonymität nicht so
kontrolliert fühlt.
Da er oben am Berg
wohnt, mussten wir die sogenannte Himmelsleiter runter, um abends noch ein Eis zu essen. Die Bahnfahtt
war nämlich denkbar anstrengend.
Die Deutsche Bahn hat so ziemlich alles geboten,was
die Deutsche Bahn nun einmal so an Unbill auf Lager hat. Da
die direkte Verbindung wegen Stuttgart 21 gesperrt ist, musste ich
umsteigen. Daher waren es
nur Regionalzüge, bis auf einen einzigen IC, und der kostete mit BahnCard 50 nur 15
Euro. Ich hätte das Dreifache gezahlt,
wenn ich dafür nicht all den folgenden
Horror erlebt hätte: Erst einmal hatte man meine Umsteigehilfe
beim Mobilitätsservice nicht
bestätigt. Sonst bekomme ich immer vier
SMS und vier E-Mails, nämlich, dass die
Hilfen für die Hinfahrt angemeldet sind, dass die Hilfen für die Hinfahrt
jetzt bestätigt wurden, dass die Hilfen
für die Rückfahrt angemeldet sind, und dass
die Hilfen für die Rückfahrt jetzt auch
bestätigt wurden. Das habe ich nie so
genau durchgelesen, da es bisher ja
immer geklappt hat. Diesmal war ich froh, nur
zwei Mails und
nur zwei SMS erhalten zu
haben. Das war aber
der Fehler, denn es waren nur die Benachrichtigungen darüber, dass die
Fahrten angemeldet waren, aber die Bestätigungen waren eben nicht
dabei. Somit insistierte ichdann
beim Infopoint, dass ich erst
dann fahren würde,wenn gewährleistet sei, dass ich in Stuttgart auch die nötige
Hilfe bekommen würde. Das wurde dann garantiert, und daher entschied ich mich zur Abreise. Als dann
die Einsteigehilfe mich in den Zug
brachte, stellte sich heraus, dass auf meinem Platz jemand saß. Der maulte gleich los, dass er
nicht aufstehen würde, denn seine Familie hätte auch reserviert, die Platznummern würden nicht stimmen, und er hätte
ja auch daraufhin nicht an seinen
eigentlich reservierten
Platz gehen können, daher würde er
jetzt mit seiner Familie da sitzen
bleiben. Es sei ja noch genug Platz da. Ich sagte, ich bin blind, und wenn dann
jemand anderer auf
den Platz will, den ich mir dann
aussuche, kann ich nicht umziehen, da
ich mir damit schwer tue. Außerdem muss ich genau
hier sitzen, da ich ja
Umsteigehilfe habe, und die
müssen ja wissen,wo ich ungefähr aussteige. DA
stand er unter lautem
Schimpfen und Meckern
auf und wechselte den Platz. Ich sagte, das fängt ja alles
gut an, denn meine Umsteigehilfe wäre fast auch nicht gekommen. Da maulte der
auch noch los, ich solle halt
entspannter bleiben, dann würde es schon gehen.
Dann half mir die Frau hinter
mir, meinen Koffer ins Gepäcknetz hochzuwuchten,
und da keifte er auch gleich wieder los: "Und mir hilft mal wieder
keiner!" Da hätte ich am liebsten
gesagt, wie war das noch mit der
Entspanntheit!? Aber ich sagte lieber
nichts, weil ich in solchen Situationen eh immer der Verlierer bin. Ich war entsetzt und sagte zu der Frau
hinter mir, "haben Sie das gehört,
was der gerade gesagt hat, der sieht doch, der ist doch groß und stark!" DA sagte sie, sie habe
einen Mann im Rollstuhlgehabt, der sei jetzt verstorben, aber sie wisse, wie
das sei. Die Kinder des Mannes waren
extrem laut. Normalerweise stört
mich Kinderlärm nie, da Kinder was Wertvolles sind, aber weil mir die ganze
Familie schon zutiefst unsympathisch war, bewertete ich den Lärm als
absolut unerträglich. Ich
hatte aber Kopfhöerer dabei. Bei dem Vorbild wundert es einen nicht, was mal aus solchen Kindern
werden wird.
In Stuttgart wurde ich
dann wie vereinbart erwartet. Aber ich musste nochmal auf die Toilette.
Die Behindertentoilette, zu der man mich brachte, stand komplett unter Wasser.
Es wurde abgestritten, dass es sichdabei um Urin handelt. Aber ich vermute
mal. Ich bat darum, dass man die erst
sauber macht, da ich transplantiert bin
und mir daher aufgrund des unterdrückten Immunsystems nicht erlauben kann, in so einem Infektionsherd zu sitzen, obwohl
ich immer ein Spray dabei habe, denn einmal Rotaviren sind genug !
Dann dauerte es ewig, bis der
Zugkam, und ich war auf einmal hundemüde. Zugfahren ermüdet
mich ungemein wegen
der künstlichen Klimatisierung
und dem Sauerstoffmangel im Zug, und die Luftveränderung in Richtung
Schwarzwald tat den ganzen Urlaub
ihr Übriges dazu. Ich konnte kaum noch stehen. Endlich fuhr der Zug ein, aber er fuhr ewig
nicht ab. Es war brütend heiß, denn die
Klimaanlage war ausgefallen, und man kann
heute ja die Fenster nicht mehr
öffnen. Zwanzig Minuten später ging sie
immer noch nicht,aber wir fuhren dennoch
los. Ich frage mich, warum man dann zwanzig
Minuten vergeudet hatte und uns in der Hitze schmoren ließ, um dann später sowieso auch mit kaputter Klimaanlage
loszufahren. Die Leute
schimpften und wetterten, selbst
in einem Tiertransporter würde man das
nicht erlauben usw., wobei ich glaube, dass es da noch wesentlich wüster zugeht, denn da kümmert sich keiner
mehr. Ich sagte lieber nichts, denn jedesmal, wenn ich
auch mit schimpfen will, dann kommt ja eh wieder so ein Gelassenheitsspruch von
wegen, was man nicht ändern könne, müsse man halt hinnehmen. Ich würde auch so gern mal mit anderen zusammen in einer Gruppe rummaulen, damit
ich auch mal dazugehören kann , aber ich
werde dann eher wie ein Kind behandelt. Andere schimpfen über das Wetter, aber sobald ich
dann auch mit einstimme, kommt sofort bei den Erwachsenen die Erzihermasche durch, und sie sagen, der Regen ist doch
nötig, und ändern könne man es
jetzt ja eh nicht, man müsse das so
nehmen, wie es sei. Dann vergeht mir
die Lust. Ich rief bei meinem Bekannten an und fragte, ob ich nicht
früher aussteigen könne, oder ob das zu weit wäre, da ich es in dem Zug nicht
mehr aushilet. Da meinte er, ich müsse
durchfahren, da das der näheste Ort sei. Ich jammerte dann schon, und da
keifte dann eine Frau gleich los, man kann das doch nicht ändern usw. DA
sagte dann ihr Freund zu ihr, dass ja
nicht jeder alles gleich gut aushalten
könne, für manche Leute sei das halt schwerer als für andere. DA haben wir es wieder! Der eine ist halt hart im
Nehmen, und der andere ist ein Schwächling! Dass die anderen, die
mittlerweile ausgestiegen waren,
geschimpft hatten wie die Rohrspatzen,
wurde dann vergessen. Und auch die
riesige Reisetasche, die darauf hindeutete, dass ich ja schließlich
schon länger unterwegs war, wurde nicht bemerkt. Denn wenn man erst einsteigt, dann ist es
vielleicht auch leichter, als wenn man
schon eine längere Fahrt unter
diesen widrigen Umständen hinter sich hat. Mal
ganz zu schweigen von dem Umstand, dass ich ja auch chronisch krank bin. Das sieht man aber ja nicht. Als
ich dann endlich ankam, war ich triefend
nass, und ich wollte ein Eis oder was zu trinken. Letzteres war gerade noch
möglich, dann war aber die Parkzeit zu Ende, und wir mussten weg.
Wie gesagt, ich hätte lieber keine Behinderung und keine dadurch gewährten Vergünstigungen, wenn ich dafür
etwas weniger umständlich reisen müsste, oder wenn der Komfort besser wäre. Aber die Preise ziehen immer mehr an, auch wenn wir Behinderten viel billiger fahren.
Als wir dann das Eisessen abends
nachholen wollten, waren alle Eisdielen
zu. Es war ja immerhin schon
achtUhr abends, da ist der brave
Bürger und der therapietreue Kurgast in diesem Ort im Bett oder zu Hause vor dem Fernseher. Dennoch fanden wirdann
eine Möglichkeit, dass ich ihn dann doch
noch zum Eis einladen konnte, weil ich unbedingt eines wollte. Das hat wenigstens auch geschmeckt. Wir stiegen dann die Himmelsleiter wieder rauf, und es
ging mit einer einzigen Pause, da es mittlerweile schon abgekühlt hatte. Eigentlich war es sogar schon so kalt, dass
man eine Jacke gebraucht hätte.
Am nächsten Tag wollten wir etwas den Ort ansehen, aber
es war sehr heiß. Wir ließen die
Füße in eiskaltes Flusswasser hängen, und schon ging der Donner los, und ich fand es
ratsamer, dann uns lieber vom
Wasser fernzuhalten. Nichts kann man hier machen. Ich wollte
unbedingt wieder Eis essen gehen, da ich
Eis so gerne mag, und die
Eisdile war sehr schön, die Besitzer waren nett, und es
gab einen riesengroßen Erdbeerteller . Wir kauften auch
ein,denn mein bekannter hat ganz viele
lustige Küchengeräte wie
Dampfgarer, Backofen mit Glasglocke zum Zuschauen, Crépe-Gerät,
Raclette, Fritteuse etc. Da Essen gehen immer so teuer ist, dachte
ich, wir probieren alle seine
Gimmicks und Gadgets mal durch.
Es war schon interessant, mit
meinem verbliebenen Sehrest dann durch die
Käseglocke durchzuschauen,
wie der Toast Hawaii dann langsam
braun wurde. Wir mussten
noch eine Personenwaage kaufen, da ich mich jeden Tag
wiegen muss, um den
Wasserhaushalt zu kontrollieren. So etwas
hatte er nämlich noch nicht.
Aber er hatte zuvor nichts
gefunden, und so schlug ich dann vor, beim Tchibo zu gucken, und da war sie, und ich hatte sie gefunden. Ich
habe ihm 5 Euro zu den 15 Euro
für die Waage dazu gegeben, weil
er sie ja sonst nicht bräuchte,
meinte er zumindest. Die Gebrauchsanweisung haben wir später genauestens studiert, weil
ich das mit der Bio-Impedanz-Analyse mal
ausprobieren wollte,wo einem
Wasser, Fett- und
Muskelanteil aufgeschlüsselt werden.
Ich lese alle
Gebrauchsanweisungen sonst immer
sehr genau durch, und das war für meinen guten Freund hier ganz neu, weil er alles so macht, aber das geht halt nicht immer.
Daher hatten wir mit Waage und sonstigen Drogerieeinkäufen sehr viel den
Berg hoch zu schleppen. Leider war es
dann tagsüber schon so heiß, dass
ich , als wir dann die Strecke ohne
Treppen hochliefen, "liegen
blieb", und ich sagte, ich könne
jetzt keinen Meter mehr laufen. DA holte
er dann das Auto und brachte mich nach
oben. Er erzählte mir dann später,dass
er auf dieser Höhe mit seinem E-Bike
auch jedesmal schlapp machen würde. Das Problem war nur, dass dann urplötzlich sein Außenspiegel vom Auto abging, weil es so heiß war. Das "Tablett" , auf dem der Spiegel
festgeklebt war, fiel heraus. So
saßen wir oben erst mal fest, da ich ja zwar den Berg runter aber nie wieder raufkommen
würde. Daher mussten wir dann zu einem
Auto-Ersatzteil-Händler, damit er für sein gebrauchtes
etwas älteres Modell was finden würde. Ich schlug vor, dort erst einmal anzurufen, und das taten wir dann
auch. Wir fuhren erst zu dem
nächst gelegenen, aber da hätte
man es erst bestellen müssen, und es wäre obendrein auch viel teurer
gewesen. Daher gingen wir dann eben noch zu dem, bei dem ich angerufen hatte. Der
Verkäufer war total nett. Er
meinte, das nächste Mal müssten wir es
aber auch gleich reservieren lassen, denn der Teufel wolle es, und
genau bis wir dann ankämen, würde
jemand anderer, der dann rein zufällig
genau dasselbe Auto hätte, den Spiegel dann wegkaufen. Ich
schlug vor, dass wir das Teil gleich
vor Ort anmontieren , denn,falls es nicht passt, könnte er es dann auch gleich wieder zurückgeben.
Es funktionierte erst mal nicht,
und ich schlug vor, doch den
netten Verkäufer zubitten, es hinzumachen. Der meinte aber, er dürfe das nicht. Normalerweise gelingt mir das nie, aber ich hatte so
einen guten Draht zu dem Verkäufer erlangt, dass ich ihm mit einem gewissen Augenaufschlag erklärte , dass ich ja als Beifahrerin blind sei, und
dass er alleine das nicht machen kann. Da sagte er dann, gucken könne er ja mal. Er verglich dann das alte Teil
mit dem neuen, und es sollte
eigentlich passen. Wir übten auf Anraten
des Verkäufers dann den Einbau erst nochmal mit dem alten, damit
nichts kaputt ging, aber dann klappte
es. Ich war schon stolz, dass ich da so
viel mit organisieren konnte.
Danach gingen wir noch in einen
Hosenladen, da es hier angeblich günstige
Hosen in allen Größen gibt.
Ich muss immer die teuersten
nehmen, da ich Unterlänge von
30 cm brauch, was man uncharmant auch
untersetzte Größen nennt, auch wenn man vielleicht gar nicht
untersetzt ist. Die Verkäuferin sagte
aber sofort, nachdem ich den Laden betreten
hatte, in Ihrer Länge haben wir gar nichts, es ist Schlussverkauf, und so musste ich wieder gehen. Mal wieder keine Hose, aber jeder erklärt mir ja, das ginge ihm oder ihr
genauso. Wenn das wirklich so stimmt, warum presst dann die
Kleiderindustrie alle in ein Procrustes-Bett,
wenn angeblich doch keiner dafür
geschaffen ist? Das kann ja nicht sein, dass niemandem das Zeug passt. Ich habe immer eine extrem kleine wenn
überhaupt irgend eine Auswahl an Hosen. Daher wäre, wäre ich sehend, der Baumarkt eher mein
Metier, da ist es viel interessanter,
und es werden einem die körperlichen Unzulänglichkeiten nicht ganz so brutal gespiegelt.
Wir waren dann auch noch bei
einem schneider, da die neue fair gehandelte
Recycling-Jeans, die ich mir extra gekauft hatte, um auch mal was
"Gutes" zu tun, schon wieder nach einem halben Jahr an der bei mir
üblichen Stelle am linken Knie
ihr Loch bekam. Denn ich rutsche so viel
am Boden rum, weil ich laufend was suche,
oder ich hocke am Boden, weil ich da was
machen kann, bei dem mir dann nichts
mehr runterfallen kann. Auch wenn man die Knie anzieht, gehen die
Hosen genau da immer kaputt. Das
passierte früher nach einem Jahr,
jetzt ist es schon nach einem halben Jahr so weit, und bei mir kosten Jeans
oft 60-90 Euro. Die Qualität läßt
aber offenbar mehr und mehr zu wünschen übrig. Und dann muss man ja auch noch im Hinterkopf behalten,
dass ich ja durch meine "Kleine" (Grüße kann man ja da gar
nicht mehr sagen) dann auch wieder Schwierigkeiten habe, eine neue zu finden.
Daher ließen wir sie flicken. Das ist zwar eh gerade modern, aber ich
finde, mit 50 muss man nicht mehr mit künstlich reingeschnittenen
löchern rumlaufen, weil das dann einfach
nur noch peinlich ist. Und bei einer Blinden
denkt man dann womöglich noch,
die merkt das
mit dem Loch einfach nur
nicht und läuft unachtsam
damit herum. Und weil ich so
klein bin, hält mich dann jeder für
ein kleines Mädchen mit Flicken
auf der Hose. Daher hat sie es dann so genäht,dass man es nicht
sieht. IN der Stadt guckten wir dann so
rein zufällig mal in ein Schuhgeschäft
rein, weil ich keine Sandalen
mehr in meinen Koffer bekommen hatte.
Mein Bekannter findet immer
mit schlafwandlerischer Sicherheit genau die Sachen, die mir gefallen. So hab ich
mich gleich in die Sandalen verguckt, aber ich wollte sie
erst nicht nehmen, weil sie so teuer waren. Aber sie ließen mir keine
Ruhe. Sie sind vorne geschlossen, so dass man sie
mit und ohne Strümpfe tragen
kann. Die sind aus hellem Wildleder, und das hat
mir sofort gefallen. Außerdem bat
ich die Frau, mir ein paar Filzpantoffeln zu suchen, und sie kam nach
langer Zeit mit SIEBEN Paar
zurück!! Bei uns in der Großstadt, wo
es so viele dieser furchtbaren Ketten gibt, habe ich keine gefunden, und
auch die Bestellungen aus dem Internet
gingen alle wieder zurück. Aber in diesem
kleinen Ort, in diesem kleinen Laden fand diese Verkäuferin gleich SIEBEN paar. Sie hat ihren Beruf mit so viel Liebe und Herz ausgeführt, dass man die kleinen Läden wirklich
nur loben und lieben kann. Also war ich hin und weg, und auch die Sandalen gingen dann auch gleich mit auf die Rechnung. Ich
kaufte dann beide, und das war sündhaft teuer. Doch halten bei mir die Sachen sehr lange, und ich habe
sogar noch zwei Paar Sandalen aus dem Jahre 2007 und 2008. Die ziehe ich heute auch noch an.
Alle anderen Schuhe oder Kleider, die billiger waren, gingen sofort kaputt und
waren außerdem extrem unbequem. Ich habe am liebsten die ganz bequemen Schuhe, mit denen man wie
auf Watte läuft. Natürlich brachte mir das gleich wieder die Bemerkung ein, bei mir sei das ja einfach, ich könne ja
einfach mal eben so eine Entscheidung
für Schuhe treffen. Dass ich aber auch mit meinem Geld sehr Haus halte und sehr bewusst einkaufe, das sieht dann keiner. Ich
entgegnete, dass ich halt
daher teurer kaufe, damit es
auch dafür länger hält. Da meinte er natürlich gleich , ich würde ja auch weniger laufen, daher
würden bei mir die Schuhe auch länger halten.. Klar, das wird einfach mal so angenommen. Dabei ist der ja Fahrer, der läuft sicher auch nicht viel mehr. Warum kann
es nicht einfach mal daran liegen,dass ich einfach gut einkaufe und gut überlege?
Im Supermarkt war es immer etwas
schwierig, weil wir uns nicht ganz so einig waren, wer jetzt zahlen muss. Denn ich
fand, da ich bei seinem Besuch bei mir immer alles gezahlt
hatte, sogar die Eintritte , bei denen die Begleitung frei war, und er das
nicht mit mir geteilt hat, und weil ich
sogar die Extras wie
Kuchen etc. gezahlt hatte, als
er bei mir zu Gast
war, und weil ich ja bei ihm auch ,
wenn wir ausgingen, ihn mal einlud, fand ich, dass ich dann im Supermarkt bei ihm nicht auch noch mit zahlen müsste. Das hat er dann wohl
geschluckt mit der Argumentation, er
wolle ja nur nicht, dass er dann nicht
genug Bargeld dabei hätte, und ich ihm
dann aushelfen müsste. Das ist eine bemerkenswerte Logik, ich soll also was dazu zahlen, damit er an der Kasse nicht dasteht und mich um Aushilfe bitten muss? Das wäre ja dann nicht
der Schutz meines Geldbeutels sondern eher der
Schutz vor Blamage für ihn. Heutzutage hat man ja Karten, aber manche wollen das nicht. Aber zum Glück
konnten wir das dann klären. Denn er hat dann auch von sich aus zugestanden ,
dass die Sachen , die ich unter anderem auch bei Bofrost vorbestellt
und besorgt hatte, bei mir zu Hause
auch nicht gerade so ganz billig
waren.
Wir sind dann öfter mal zu dem Konditor
, wo man sehr guten Kuchen bekam ,
und haben auch
seine Kanne mit dem
Sieb drin ausprobiert. Das war billier, als wenn man ins Café
geht. Aber dann waren wir ja bei diesem Baumarkt, wo wir das mit
dem Spiegel gemacht hatten. Da
das Wetter anzog, meinte er eben, wir
sollten dort bei der Bäckerkette den Kuchen
mitnehmen, aber dazu hatte ich keine Lust. Ketten gibt es bei mir in der
Großstadt genug. Als wir aber dann im
Ort waren, stürmte und schüttete
es derartig, dass wir nicht mehr aus dem Auto kamen und bei dem Bäcker
nicht mehr aussteigen konnten, wo wir sonst immer hingehen. Ich hätte mich in
den selbigen beißen können, da ich nicht
auf ihn gehört hatte, und da ich unbedingt dort
einkaufen wollte. Hätte, hätte, Fahrradkette. Da schlug er dannvor, dass
wir jetzt ganz schnell dort hinrennen, dort Kafee trinken, er würde mich einladen. Ich fürchtete,
dass das Wetter danach auch nicht besser wäre, also könnten wir genauso gut auch den Kuchen holen und wieder ins Auto
rennen und daheim Kaffee trinken. Aber
er hatte Recht, und ich hatte das mal wieder schlecht vorhergesehen.
Als wir fertig waren, hatte es tatsächlich
aufgehört. WIE machen das andere immer, dass sie alles so gut vorhersehen können? Und warum lerne ich das nie? Auf jeden Fall waren wirdann endlich wieder daheim, und es klarte sich genau dann auf.
An einem Tag sindwir auf einen nahe gelegenen Berg gefahen, dort haben wir dann einen Baumwipfelpfad
besichtigt. Das war für Blinde mal
wieder sauspannend! Denn die Wipfel waren so weit weg, dass man sie nicht
greifen konnte. Es war ,als würde man
haltso durch den Wald gehen.
Daneben waren etwas kleinere Brücken an der Seite, auf die man seitlich abweichen
und andere Dinge abtasten konnte. Als er mir gerade was zeigte, und wir daher etwas länger brauchten, haben
sich aber gleich wieder Leute hinter uns mockiert, dass wir den Weg blockieren
würden. Die haben da wenig Verständnis, dass ich da etwas mehr tasten muss und somit mehr Zeit brauche. Denn ich wollte
mal fühlen, ob da ein Netz
unter den Zwischenräumen der Brücken
ist, wenn man versehentlich daneben
tritt, weil diese kleineren
Brücken extra etwas abenteuerlich gebaut waren. Das konnte ich mir ansonsten ja
nicht vorstellen. Irgendwann kamen wir dann an
einem Teil vorbei, wo man Fußabdrücke
von Tieren in Mulden gegossen ertasten konnte. Aber was es für ein Tier war,
stand weder in Schwarzschrift geschweige
denn in Punktschrift dort.
Einmal sah er ein Bild mit einem Eichhörnchen, darunter
stand: Eichhörnchen Hans, fünf Jahre
alt. So ein Quatsch! Was fängt man als jemand,
der wenig mit Eichhörnchen zu schaffen
hat, jetzt mit dieser Info an? Wie alt
wird denn ein Eichhörnchen überhaupt? Ist das jetzt alt mit
fünf Jahren, oder jung? Und was sonst hat so ein Tier an sich, was interessant
wäre, und warum es hier abgebildet ist? Der Weg hatte sich nun echt gelohnt. Am Ende war dann noch eine Art
Serpentinenweg zu einem Turm, wo ich
dann mehrfach anhalten musste, weil mir
schwindelig wurde. Oben konnte man dann die tolle Aussicht genießen, wenn man denn konnte. Es hätte auch
innen in dem Turm so eine Art Rutschbahn gegeben,
auf der man wie auf den Spiralen
eines Tauchsieders nach unten
gerauscht wäre. Der Hintern wird dabei sicher auch genauso heiß.
Darauf verzichteten wir aber
lieber. Ich hatte zuvor schon Angst vor
dem Baumwipfelpfad, da ich dachte, das
sei wie eine Art Hängebrücke in den
Bäumen, wo man dann wie ein Äffchen runklettern müsste. Dass es aber stattdessen
so sterbenslangweilig war, hätte ich jetzt auch nicht erwartet. Immerhin
durften wir mit der Seilbahn
kostenlos hoch, und der Eintritt zu diesem Baumwipfelpfad kostete
ermäßigt für mich "nur"
9 Euro, die wir uns auf meinen
Vorschlag hin dann teilten. Was soll man da sagen, hätte ich lieber mehr
bezahlt und dafür was gesehen? Aber auch für Sehende war das sicher nicht allzu spannend
geschweige denn lehrreich, weil man nur erfuhr, dass da ein Eichhörnchen
lebte oder gelebt hat, das fünf Jahre alt
war, als das Foto geschossen wurde. Immerhin
hatten wir was zu lachen.
In dem Ort waren auch behinderte Menschen integriert,
denn einer von ihnen, welche weiter oben
auf einem Berg wohnten, kam immer in den Ort und besuchte reihum die
Geschäfte, begrüßte die Verkäufer und
wollte ein Schwätzchen mit
ihnen halten. Ich habe ihn mehrfach erlebt, da er öfter genau da auftauchte, wo ich auch gerade war. Ich durfte mich zum Beispiel in
einem kleinen Supermarkt am
Bahnhof problemlos unterstellen, während mein Bekannter sein Auto
holte, weil der Wind so stark
ging, dass ich da keine Luft
kriege. Bei uns hätte man da sicher
gemeckert, dass ich im Weg stehe, und
dass das keine Wartehalle sei. Das ist dannder vorteil einer Kleinstadt, wo die Leute gerade in den
Geschäften total freundlich
und sogar herzlich waren. Eines
Tages saßen wir dann da und zerbrachen
uns den Kopf, was man denn hier im Schwarzwald
noch machen könnte. Bei uns gibt
es Museen, Kabarett, Konzerte, Kino etc. IN Stuttgart gibt es nicht viel, da kann man nur Geld lassen.
Ich hatte mich in einem Ort mit Honigprodukten eingedeckt, wo wir jedesmal
hinfahren, wenn ich zu Besuch bin. DA habe ich dann mehrere Flaschen
Honigduschgel, Honigbonbons und
Honig-Handcreme mitgenommen. Das war
also jetzt auch schon erledigt. Das Burger-Essen in dem Laden, wo man bei der
Zubereitung zusehen kann, wollten wir
machen, wenn ich dann nach Stuttgart zum
Bahnhof gebracht werden würde, denn die Fahrt mit
dem Pendelzug wollte ich mir bei
der Rückfahrt ersparen. Das fiel also
auch aus. Bis das Auto den neuen
Seitenspiegel hatte, waren wir
sowieso schon viel zu Hause in der
Wohnung geblieben. Er hat einen lustigen
Saugroboter, der von alleine
durch die Wohnung fährt. Das wollte ich
unbedingt mal sehen. Daher saßen wir einen ganzen Vormittag im Wohnzimmer, das sehr groß ist, und wir beobachteten das Ding, wie es um die Möbel herumfuhr. Manchmal kam es genau an meinen
Fuß und knabberte an meinem Zeh
herum. Das war wie ein Haustier,
und immer dann,
wenn er es mal hochhob, piepste es, weil es dann durch die Sensoren registrierte , dass es keinen Kontakt mehr zum Boden hatte.
Oder es verhedderte sich in den Gardinen, dann musste man es befreien, damit es
weiter kam. Es ging auch von alleine in
seine Ladestation zurück, wenn es wieder neu laden musste. Und das konnte man auch selbst
einleiten, wenn man die Fernbedienung
betätigte. Ich fand das Teil megaspannend. So was habe ich nicht, daher
wollte ich mir all die Spielerein mal ansehen.
Als wir also dann auf der Bank in der Sonne in der Stadt
saßen und überlegten, was wir denn noch machen konnten, fiel
mir ein, dass wir ja seine ganzen Modellboote, Drohnen oder Modellflugzeuge auch mal ausprobieren könnten. Denn in seiner Nähe ist ein kleiner See. Genau in dem Moment,
als wir das besprachen, kam ein
enormer Regenguss, und wir hatten
nicht mal Zeit, dieRegenjacke
anzuziehen. Wir rannten nur noch unter
ein Dach, und genau dann, als
wir klatschnass dort ankamen, hörte es zu
regnen auf. Da hat es mir gereicht. Ich
hatte zuvor schon gesagt, dass ich, wenn
er mir nicht böse wäre, lieber heimfahren wollte, weil man hier absolut nichts unternehmen
kann. Dieser Regenguss, der offenbar nur
uns gegoltn hatte, hat mich dann darin bestärkt. ER meinte, er würde mich
fahren, dann könnte er auch noch mit, aber ich müsste ihm dann das Benzin zahlen.
Außerdem hatte ich so viele Dinge
gekauft wie die Honigerzeugnisse, dieSchuhe, und dann
hatte ich ihm auch noch einen Wäschetrockner für über die Badewanne abgekauft, den ihm jemand mal geschenkt
hatte, für den er selbst aber
keine Verwendung hat, weil die Wände
unter dem Dach ja schräg sind.
Das alles hätten wir dann
entweder schicken müssen, oder er
hätte es mir bei seinem nächsten
Besuch mitbringen müssen. Daher sagte ich, dass ich dieses
Wäscheding und die Hinfahrt bezahlen
würde, und er meinte, von ihm aus
könnten wir heute noch fahren. Daher packten wir dann alles zusammen, nachdem
wir zuvor noch einige Lebensmittel
eingekauft hatten, weil ich ja
nichts mehr zu Hause hatte. Das ging
alles relativ schnell. Wir tranken noch
Kaffee, aber dann ging es los. Abends
hatten wir nämlich auch wenige
Dinge, die man im Schwarzwald unternehmen konnte, außer, dass wir jeden Abend
die aufgezeichneten Folgen von
Ottfried Fischers Pfarrer Braun
angeschaut hatten, aber selbst das wird irgendwann langweilig. Viel laufen konnte man da auch nicht,
weil es überall gleich so arg steil war, dass man kaum noch gehen konnte. Ich bin da schlecht in Form,
mir taten sofort die Beine weh, auch
wenn ich abends gern mal losziehen wollte, um wenigstens in der Kühle mal einen kleinen Abendspaziergang zu machen. Einmal
sind wir ins Nachbarort gelaufen
und dann
auf einem anderen Weg wieder zurück, da wir so
flach wie möglich laufen wollten, und so kamen ganze
acht Kilometer zusammen. DA war ich schon stolz. Somit war wirklich alles ausgereizt, und die Fahrt nach Hause konnte losgehen. Ich hatte noch gesagt, was wir alles von ihm mitnehmen müssen, damit es bei ihm nicht vergammelt, wie Kartoffeln, Joghurt etc., aber das meiste hat
er dann doch vergessen, da wir so eilig gepackt
hatten. Das verlief dann auch
nicht ganz spannungsarm, da ich meine Sachen kaum fand, weil ich ja nicht meine
daheim gewohnten Plätze hatte,und
weil er gleichzeitig sein Zeug
packen musste, mir helfen und dann auch noch die allgemeinen Dinge
zusammenstellen musste. Denn
das Raclette sollte auch mit, weil wir das noch nicht ausgetestet
hatten. Leider konnte ich beim
Schleppen nicht wirklich helfen, da ich schon mit mir selbst zu tun hatte, um die vielen Treppen heile
herunterzukommen, und für die Nachbarn muss das wie ein Exodus ausgesehen
haben. Aber dann konnten wir
fahren. ER wollte das Geld gleich, damit er tanken konnte. Ich hätte es ihm natürlich auch
selbstverständlich bei Gelegenheit
gegeben, aber er wollte es halt sofort. Beinahe wären wir gar nicht aus der Gegend rausgekommen, weil wir
immerwieder auf Baustellen oder
Umleitungen stießen, aber irgendwann
nahmen wir dann den Weg, den das Navi
NICHT angezeigt hatte, nämlich über die
Autobahn, und dann konnten wir uns
endlich von dieser Umlaufbahn entfernen
und in meine Welt zurückfahren.
Zu Hause
in meiner geliebten Großstadt
angekommen gingen wir erst mal in das
tolle Restaurant bei mir um die Ecke, wo es richtig gute
Hausmanskost gibt, und da konnten wir uns eine
riesige Portion teilen, weil das
sehr viel ist. Die Bratkartoffeln nahmen
wirdan noch extra. Das ganze Gepäck
musste dann ja noch ins Haus. Aber da nahmen wir erst einmal das Nötigste mit.
Mein netter Taxifahrer, der bei mir auf der Straße wohnt, hat
derweil auf meine Wohnung aufgepasst.
Dem habe ich dann einen Krug mitgebracht, den mein Bekannter zu Hause
hatte, und den habe ich dann mit
Bonbons gefüllt, denn Trinkgeld will er
immer keines. Auch einige der
Honigbonbons landeten im Krug.
Am nächsten Tag gingen wir in den
Baumarkt, wohin auch sonst. Mein
Bekannter hatte nämlich eine ganz tolle
Klobrille , die ganz langsam und
leise von selbst runtergeht ,wenn
man sie anstößt, und sie knallt nicht
auf die Klobrille
oder den Toilettenrand drauf,
wenn man den Deckel fallen lässt. Das
wollte ich auch haben. Da fanden wir die einzige, die mir gefiel, und es war
natürlich mal wieder die, die am meisten gekostet hattte, aber es hielt sich im
Rahmen. Er hatte sie damals als
non-food in einem
Lebensmittelladen gefunden, der aber bei uns abgebrannt ist. Ob der je wieder aufgebaut wird, ist die Frage. Ich finde ja nie die Sonderangebote, daher
muss ich oft teurer kaufen, weil wir ja als Blinde eben nicht mal so eben sehen können, wie und
wo es günstige Dinge gibt. Die hat er mir dann auch hingemacht.
Sie passt sehr gut bei mir rein.
Abends haben wir dann das Raclette
ausprobiert, und am besten war
es, als wir das Essen oben auf die
Platte legten,die wir zuvor mit Öl
eingefettet hatten. Das hab ich so noch nie gesehen. Aber es war klasse. Die
Beilagen wie Champignons,
Paprika, Silberzwiebeln, Raclettekäse, Schinken und Mais musste ich allerdings alle selbst zahlen, da er nur zwei Euro im Supermarkt dabei hatte.
Aber er hatte mir ja so viel geholfen und so viel schleppen müssen an Kästen, Gepäck , Werkzeug ,
daher sagte ich dann nichts mehr, nachdem ich
ein Gesicht gezogen hatte und sagte, die zwei Euro brauch ich dann jetzt
auch nicht.
Am nächsten Tag sind wir in der Gegend herumgelaufen, damit
ich bestimmte Wege übe, aber in meiner
Gegend ist das sehr schwer,weil alles krumm und schief ist.
Aber wir konnten etwas
Spazieren gehen, und dann , nachdem wir
Kaffee getrunken hatten, fuhr er
dann auch wieder los. Obwohl das Wetter und das Klima im Schwarzwald in jeder Hinsicht wirklich nicht mein Fall sind, war der Urlaub
doch gelungen.
Jetzt habe ich immer noch
"Ferien", da ich weder Physiotherapie
noch Ergotherapie noch sonst
etwas habe. Ich hatte noch einmal eine Runde Krankengymnastik und ein paar
Arztbesuche, aber jetzt ist Pause. Die
Besuche in der Nephrologischen Ambulanz sind
sehr weit auseinander, jetzt
"schon" ACHT Wochen Intervall!
Daher genieße ich die Zeit, denn kein
Menschwill was von einem . IN dieser Hitze passiert sowieso nichts. Ich mache
am Mittag die Schotten dicht, mache
manchmal den Ventilator an
und tue all die Dinge, die sonst
liegenbleiben. Als ob ich sonst keine
Ferien hätte, wo ich ja berentet bin, aber
das Krankheitsmanagement ist halt doch ein
Fulltime-Job. Aber einige
Rezepte musste ich schon organisieren.
Ich habe jetzt zwei Hausärzte. Denn der eine ist in der einen Richtung, der
andere ist in der Nähe meiner Fußpflege "stationiert", so dass
ich strategisch gut planen kann, wo ich hingehe, wenn ich ein Rezept
brauche. Der Sozialpädagoge hat wegen eines Notfalls die Termine bis 6.September abgesagt.
DA ich viel mehr wieder alleine
in die Hand nehme, habe ich auch kaum mehr Assistenz, so dass diese Termine
auch wegfallen. Denn ich suche mir über eine App alle Lebensmittel in Ruhe im Internet aus und hole es dann ab. Das geht bei einigen Lebensmittelmärkten.
Da können wir dann, mein Lieblingstaxifahrer und ich, alles
mitsamt Wasserkästen auch gleich
mitnehmen. Das ist viel bequemer, und ich bin nicht mehr an die Zeiten der Assistenten gebunden. Ich gehe auch in die Drogerie, wo sie helfen,wenn man an der türe steht und um
Einkaufshilfe bittet. Einige
Einkäufe mache ich dann auch im Tante-Emma-Laden
um die Ecke, den ich in meinem Gebiet noch habe, und das ist auch sehr schön.
Das Brot ist bei unserem Bäcker
hier viel besser, da die
kette wesentlich kleiner ist, und
es nur ein paar Filialen davon
gibt.
Die Spanierin, mit der ich immer
Deutsch und sie mit mir Spanisch macht, ist bis
20. August in Italien mit ihren
Freunden, und so entfällt auch
das . So habe ich momentan wenig zu tun. Auf Veranstaltungen gehe ich
jetzt mehr oder weniger alleine,denn es war mir zuviel arbeit, jedesmal eine Assistenz zu organisieren. Die eine kann
nicht, die andere ist krank, die
Vertretung findet meine Wohnung nicht , weil
man ihm die alte Adresse gegeben hatte, und er trotz
Beschreibung den Weg zu mir nicht findet usw. Daher bin ich alleine besser unterwegs. Und ich habe wieder etwas mehr Mobilität. Den
Weg zur Straßenbahn vom Bahnhof aus kenne ich, so dass ich die U-Bahn vom Bahnhof
aus nur tagsüber nehme und abends
nicht mehr an meiner U-Bahnhaltestelle ankommen
muss, die ich ab einer gewissen
Uhrzeit nicht mehr aufsuchen will. Tagsüber geht es, aber
wäre die Straßenbahn nicht
wesentlich nähe, und würde ich den Weg zur Straßenbahnhaltestelle am Bahnhof nicht
kennen, wäre meine Mobilität wesentlich
stärker eingeschränkt.
Ich war lediglich mit der
Assistenz auf einem Vortrag eines Jungen
mit Autismus, der mit seinem Vater
durch die Weltfährt, um endlich einen Lieblingsverein zu finden, und darüber ein Buch
geschrieben hat. "Wir Wochenendrebellen", über das ich dann auch gleich spontan ein Interview
mit den beiden Autoren geführt
habe. Das wird dann auch in unserer
Radiosendung gebracht. So kann man spontan Interviews
machen und Themen finden. Die Veranstaltung wäre mit dem Taxi oder
dem ÖPNV nicht erreichbar
gewesen, da wir einen Lageplan
erhielten, da war die Assistenz schon nötig. Bei unserem
Musik-Festival habe ich auch fast alles alleine gemacht, und ich konnte
die Spielstätten dennoch finden. Nur am
Sonntag war eine Assistenz am Abend zu
einem Konzert mitgegangen, und die wollte mich noch nicht mal heimfahren,weil
sie bis acht Uhr morgens in der Disco war und nun müde war und nur noch heim
wollte. DA hatte ich dann wie auch am Freitag den Mut,
die U-Bahn zu nehmen, nachdem ich
das auch am Freitag schon gewagt hatte.
Die Bahn selbst ist nicht das
Problem, aber diese Haltestelle liegt
schon in
einer etwas verkrachten Gegend. Bis zu einer gewissen Uhrzeit geht
das auch im Sommer noch abends, da dort
einige Gaststätten auf haben.
Später habe ich dort dann schon ein
mulmiges Gefühl. Ich habe aber wieder wie jedes Jahr einen
Bekannten getroffen, den ich nur dort
treffe, und das ist immer reiner Zufall,
Aber sonst treffen wir uns nie,
obwohl ich ja jetzt sogar in seine Gegend gezogen bin.
Mit dem bin ich auch , als wir uns eben zufällig auf dem Weg in ein Konzert schon
an der U-Bahn begegneten, dort
hin und wäre beim Warten auf den
Einlass fast zerquetscht worden. Und dann traf ich eben noch einen Kumpel von meinem Taxifahrer, bei denen ich im
altenheim mal Gitarre gespielt hatte. Er ist Altenpfleger dort und hat mir eben den Taxerer
besorgt, weil der den Weg zu der
Pflegeeinrichtung kennt und sogar in
meiner Straße wohnt, und so kam damals
der Kontakt mit dem
Fahrer zustande. Der Altenpfleger ging auch mit mir herum auf dem Festival , baggerte mich aber dermaßen schräg an, dass es mir schon unangenehm war.
Aber zunächst war ich gebauchpinselt,
dass jemand mal sagte, dass nicht alle Männer nur den Blindenstock oder den Shunt am Arm
sehen sondern auch eine hübsche Frau. Aber dann wurde mir das suspekt, da er dann auch abends anrief. DA verwies ich ihn dann dezent darauf, dass er eine Freundin hat, die in
dem Heim arbeitet, und die ich ja daher auch kenne, und ab da war dann Funkstille. Den Likör, den er mir als
Geschenk für den Taxifahrer vorbeibringen wollte, weil mir
sonst nichts einfiel, und er den wohl gerne trinke, hat er mir dann natürlich
auch nicht vorbeigebracht. Aber das ist
dann eben so. Schade, ich hätte gerne mal ehrliche
Komplimente gehört. Aber da lob ich mir meinen guten Freund, der nie auf
so etwas käme, und der aber dennoch was
an mir findet, sich aber nie einfallen
ließe, so ranzugehen. Der ist da seriös.
Somit bin ich froh, dass es zwar extrem heiß ist, aber ich
endlich mal Zeit habe. Sonst springe
ich ja aus dem Taxi und hüpfe gleich wieder rein, nachdem ich noch
eben schnell meine Medikamente und Wasser geschnappt
habe, um dann wieder zur Ergotherapie
zu fahren. Das geht dann alles im
Septemberwieder los. Da wird dann
derZeitplan wieder enger. Jetzt ist auch weniger Kampf mit den Elementen, wie meine Spanieren das nennt, luchar contra los elementos,
weil nicht so viel passiert, man nicht dauernd
was beantragen oder ausfüllen muss, oder weil medizinisch gerade bei
mir zum Glück wenig los ist. Ich habe also Ferien.
Dass es dennoch
ein paar Dinge gibt, die weiter voran
gehen müssen, und die organisiert
werden müssen, das kommt dann noch.
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