mit meinem Handy kann ich alles machen, WhatsApp, Facebook, Einträge in meinem Kalender, Musikhören,
Podcasts abonnieren, meine Medikamente und meine Blutdruck- und Gewichtskurve
verwalten, E-Mails verschicken, alle Nachrichtendienste nutzen, Geschäfte in
meiner Nähe suchen, Öffnungszeiten abfragen, das Wetter erfahren, meine Bankgeschäfte
erledigen, sogar Text einscannen und mir vorlesen lassen, herausfinden, wo der
nächste Geldautomat ist, der mit meiner Bank in einem Netzwerk
zusammengeschlossen ist, den Strichcode von Produkten erkennen und die Umweltschädlichkeit von Produkten
erfahren, Hörbücher hören, ich Fahrkarten kaufen, Fahrpläne lesen, waren
im Supermarkt bestellen, und vieles mehr.
Nur eines kann mein Handy nicht, nämlich Telefonate
entgegennehmen, da es eine intelligente Anrufverwaltung hat, die leider nur
einen IQ von 30 besitzt. Ich kann zwar hinaus rufen, sowohl mit den Tasten als
auch vom Telefonbuch aus, als auch durch ein sprechen der einzelnen Ziffern,
aber sobald jemand anruft, bin ich verloren. Zum Glück habe ich eine Flatrate,
sonst würde ich mich dumm und dämlich zahlen beim Zurückrufen. Aber das Hinaus rufen klappt
dann auch nicht, denn dann blockiert das Handy. Irgendwie spürt dieses Ding,
dass ich unter Stress stehe, und dann verhakt es sich komplett. Manchmal schaltet es
sich dann sogar aus. Ich werde dann fast verrückt, da ich weiß, der Anrufer
wartet jetzt und glaubt womöglich, dass ich gar nicht da bin oder ihm nicht
sprechen wollte. Dann stehe ich da und rufe: „ich kann nicht abnehmen. „Würde
ich jetzt drei Zentner wiegen, würde ich auf der Straße stehen und rufen, dass
ich nicht abnehmen könnte, würde man das anders verstehen. Da
alle Smartphones nur über
den Bildschirm Telefonate
entgegennehmen lassen, gibt es
also kein Handy, mit dem man abnehmen
kann….
Da mir das mit der Zeit zu viel Stress verursacht hat, habe
ich beschlossen, mir ein altmodisches Tastenhandy zu besorgen, aber eine
Rückkehr zur Taste würde mir als Kapitulation erscheinen. Denn jeder sagte mir,
Du bist doch viel zu jung für ein Tastenhandy. Die anderen Funktionen, die ich
oben aufgezählt habe, möchte ich ja weiter nutzen können. Somit habe ich mich
erkundigt, es gibt die Möglichkeit, zwei SIM-Karten für die gleiche Nummer zu
haben, was man Multisim nennt.
Wenn ich am Morgen aufstehe, ist meine Feinmotorik noch
wesentlich schlechter, sodass ich dann meine Blutdruckwerte und mein Gewicht,
die ich aufgrund meiner Transplantation dokumentieren muss, überhaupt nicht
eintragen kann. Das machte mich zuweilen so wütend, dass ich mit der Faust
heftig gegen das Handy klopfte. Das hat dem Handy wahrscheinlich auch nicht
sehr gut getan. Auch der Fingerabdrucksensor hat nicht mehr richtig
funktioniert. All dies machte mich total wütend und hilflos.
Wir stellten dann fest, dass wahrscheinlich das Silikon der
Handyhülle ausgeleiert war, und daher
warf ich die alte Hülle weg und bestellte eine neue. Auf einmal merkte ich,
dass der Deckel von meinem Handy hinten abgegangen war und etwas Weg stand. Ich dachte, das käme davon, dass es jetzt keine schützende
Hülle mehr hatte, das kann man
doch sicher mühelos kleben. Irgendwann hörte ich dann auch die Meldung, dass die Temperatur des Handys zu
hoch war, so nahm ich es vom Netz.
Die Batterie meiner Wanduhr war wieder leer, so kam mein
technisch versierter bekannter vom Tauschring. Ich bat ihn, das Gehäuse des
Handys wieder zusammen zu kleben. Er schaute hinein und meinte, der Akku sei
dick geworden, ich müsse unbedingt einen Spezialisten aufsuchen. Somit fragte ich
im Handy nach, gab das Modell an, erhielt Auskünfte, welcher Händler in meiner
Nähe war, und wann er geöffnet hatte. Das konnte das Handy alles noch leisten.
Ich fuhr also sofort mit dem Taxi hin.
Als ich dort ankam, erklärte mir der Spezialist, dass aufgrund von Altersschwäche
sich Elektrolyte in dem Lithium Akku bilden, dadurch entstehen Gase, der Akku
wird dick, und wenn dann jemand etwas heftig gegen die Handtasche schlägt oder
im Gewühl jemand dagegen Haut, könnte es eine Stichflamme geben, die sofort Verbrennungen
dritten Grades verursacht. Ich hatte also Glück, hätte ich noch einmal auf das
Handy geklopft, wäre mir wahrscheinlich
eine Stichflamme ins Gesicht geschossen. Somit ließ ich das Handy dort, damit
er den Akku austauscht, was nur 50 EUR kostete. Beim Ursprungspreis des Handys
war das relativ günstig, und es lohnte sich noch, obwohl das Handy „schon „drei
Jahre alt ist. Ein neues wäre mir jetzt
zu teuer gewesen, zumal ich mir ziemlich viele neue Dinge angeschafft hatte,
und meistens dann wertvolle Sachen kaputtgehen, wenn man all sein Erspartes
ausgegeben hat.
Ich fragte den Spezialisten, ob es auch eine SIM-Karte gibt,
die mit derselben Nummer in zwei Handys einzulegen ist. Er meinte, ja, dass hieße
Multisim, und dann würden beide Handys auf einmal klingeln. Somit rief ich also
bei meinem mobilen Anbieter an, und man erklärte mir, ich müsse aus meinem
Smartphone die SIM-Karte entfernen lassen, ich bekäme dann zwei ganz neue
SIM-Karten, eine Haupt-SIM und eine neben-SIM . Die könnte ich dann in das
Oma-Handy, wie ich es nannte, einlegen lassen. Ich dachte mir, das ist
praktisch, denn wenn ich das Handy abhole, kann er ja gleich die Haupt-SIM einlegen.
So bat ich den Mobilfunkbetreiber, mir die Karte bis Dienstag zu schicken, denn
dann würde das Handy wieder flott sein, da der Akku dann erneuert worden wäre,
und ich hätte gleich jemanden, der mir
die neue
SIM einlegt.
Am Dienstag rief dann auch der Spezialist an und meinte, das
Handy sei fertig, ich könne es jetzt abholen. So schaute ich in meinem
Briefkasten, tatsächlich, beide SIM-Karten waren da. Ich jubelte schon
innerlich, aber jetzt zwar noch eine Hürde zu nehmen, ich musste beim
Mobilfunkbetreiber anrufen, damit ich die Geheimzahlen für die beiden
SIM-Karten sowie die PUK erfahren würde. Ich bezweifelte, dass man mir am
Telefon diese geheimen Daten mitteilen würde. Aber als ich das Hotline Kennwort
angab, erklärte mir der Mann am Ende der Leitung, er müsse das noch über den
Computer heraussuchen. Er konnte mir zumindest schon sagen, welches die
Hauptkarte und welches die neben Karte sein würde. Als er aber dann versuchte,
die Geheimzahl herauszufinden, streikte der Computer bei dem Mobilfunkanbieter.
Ich dachte, das kann doch jetzt wirklich nicht sein, jetzt hat alles so gut
geklappt, und jetzt muss Luzifer noch mal eingreifen. Der Call-Center-Mitarbeiter bat mich, in 3
Stunden wieder anzurufen. Das Problem war nur, dass ich dann nicht zu Hause
sein würde, und ohne die PIN könnte ich mein Handy, um dort anzurufen, damit
ich genau diese PIN erfahren würde, ja gar nicht nutzen, um bei ihm anzurufen. Und jetzt hätte ich jemanden, der
mir die Karte einlegt, und macht das jetzt was, wenn man die Karte ohne PIN einlegt?
Er meinte, ich könne mir jetzt die SIM-Karte ruhig einlegen lassen, wenn ich
nur jetzt die Möglichkeit hätte, und ich könne dann das Handy erst mal
ausschalten, und sobald ich es einschaltete, würde ich dann gebeten, die PIN
einzugeben. So fuhr ich mit dem Taxi zu dem Handy-Spezialisten, und der legte
die neue SIM-Karte ein. Er gab mir die alte Karte in einem kleinen Tütchen mit.
Ich klagte, dass ich doch dauernd diese Probleme hätte, und mir immer der
Teufel einen Strich durch die Rechnung macht. Da meinte er, ihm ging es ja
genauso, er habe eine Rückzahlung über 10.000 EUR an Steuern erwartet und nur
4000 erhalten. Da dachte ich, das ist wirklich Jammern auf hohem Niveau. Mein
Taxifahrer meinte, er wäre froh, wenn er überhaupt etwas zurückbekäme. Und ich
wäre froh, wenn überhaupt mal irgendwas funktionieren würde.
Ich rief dann schon nach 1 Stunde bei dem Mobilfunkanbieter
an und meinte, ich müsse dann weg, daher müsste ich jetzt schon die PIN wissen.
Der andere Mann konnte dann trotz der Computerprobleme die beiden Geheimzahlen
herausfinden, und er gab mir alles sofort. Ich traute mich aber noch nicht,
jetzt sofort das Handy einzuschalten, um die PIN einzugeben. Das war auch gut
so, denn in der E-Mail, die ich später lesen sollte, hieß es, man solle 1
Stunde warten. Wahrscheinlich dauert es so lange, bis das Handy tatsächlich
freigeschaltet ist.
An diesem Tag ging ich mit einer Kollegin aus unserer
Theatergruppe zu einer mobilen Bürgerversammlung. Dort ging es um das Thema
Inklusion, und wir wurden zu verschiedenen Einrichtungen gefahren, wo Behinderte
ein Café betreiben, Pflanzen züchten oder den Honig von Stadt im kann
schleudern oder von Obstbauern das Obst entgegennehmen, um Saft daraus zu
machen. Diese Stelle fanden wir besonders schön, denn es gab einen Laden, den
wir leider nicht besuchen konnten, denn der Wagen rollte wieder. Der Wagen war
ein Bus unserer Verkehrsgesellschaft, denn eigentlich hatte meine Bekannte mich
für die Fahrt mit der Rikscha angemeldet. Da ich aber sehr schnell reisekrank
werde, und schon einmal die Erfahrung hatte, mit einer Rikscha über
Pflastersteine zu fahren, lehnte ich ab. Es hätte noch Motorräder mit Beiwagen,
Tandems und Fahrräder gegeben. Die
Rollstuhlfahrer fuhren dann bei uns mit
dem Bus. Der Bus war riesengroß, es gab aber höchstens 5-7 Passagiere. Wir wurden zu einer Stolperfalle für Rollstuhlfahrer geführt, wo es eine Diskussion mit
unseren Stadträten gab. Denn
es müssen die Belange von Rollstuhlfahrern, Blinden, Fußgängern und Fahrradfahrern gleichermaßen
im Blick behalten werden. Danach
ging es noch zu einer
Vorzeigehaltestelle, wo wir über den Zustand vieler anderer
Haltestellen debattierten. Am
Ende wurden wir dann noch zu einer Behindertenwerkstatt gefahren, wo wir dann
noch das Theaterstück einer inklusiven Theatergruppe an hörten, und danach
endlich gab es ein kaltes Buffet, da mir der Magen schon am Boden hing. Wie wir
nach Hause kamen, mussten wir selbst herausfinden, zum Glück habe ich ja die
Taxischeine.
Zuhause angekommen schaltete ich dann das Handy ein, und ich
war so aufgeregt, dass ich mich dauernd vertippte. Irgendwann hat es dann
geklappt, und ich war in der Lage, die neue PIN einzugeben. Mein Handy verlangt
dann auch noch ein Kennwort, damit ich es entsperren kann, und irgendwann
schaffte ich auch das. Somit konnte ich dann erleichtert meiner Kollegin von
der Theatergruppe eine WhatsApp schicken, dass alles geklappt hat, das Handy
wieder geht, und ich gut zu Hause angekommen war.
Am nächsten Tag fiel der Mobilfunk wieder aus, und ich war
total erschrocken. Nachdem ich es aber dann wieder aus- und nochmals angeschaltet hatte, ging
auch der Mobilfunk wieder.
Am nächsten Tag ging ich zu einem weiteren Experiment, dass
im Rahmen der Forschung bezüglich virtueller Realität für blinde an unserer
technischen Hochschule gemacht wurde. Mittlerweile war nämlich das Oma-Handy
auch schon angekommen. Ich war nicht in der Lage, die SIM-Karte dort einzulegen
oder den Akku in das Fach zu stecken, da ich noch nicht mal den Deckel abheben
konnte. So dachte ich, der Student, der uns und unsere Reaktionen auf all diese
Experimente untersucht, könne das ja für mich machen. Das hat er dann auch
getan. Er hat mich dann mal mit seinem Handy angerufen. Leider klingelte erst
das Oma-Handy, ich hätte aber kaum Zeit gehabt, abzuheben, bevor das Handy zu klingeln
aufhörte, und das Smartphone zu klingeln anfing. Als ich dann zu Hause
war, rief ich noch mal von meinem Festnetz auf meinem Handy an, da haben beide parallel geklingelt. Ich hoffe
nun, dass das klappt. Der Ton des Oma-Handys ist laut und schrill,
wahrscheinlich ist der für Schwerhörige alte Menschen eingestellt. Man kann
hören, was man an Zahlen eintippt, aber die Menüs sind nicht mit Sprache
unterlegt, sodass ein Sehender mir das alles einstellen muss. Nachdem es sich
ja nur um ein Zweithandy handelt, und ich damit nur abheben oder abnehmen will,
ist mir das egal, die Hauptsache, der Klingelton ist halbwegs erträglich, ich
kann meine Telefonate beantworten, und ich kann dann auch mal das Smartphone
zum Laden zu Hause lassen, wenn ich nur ganz kurz unterwegs bin. Heutzutage
traut man sich ja gar nicht mehr, ohne Handy aus dem Haus zu gehen, ich frage
mich, wie wir das früher ausgehalten haben.
Ich hoffe, dass dann, wenn es drauf ankommt, der Einsatz des
Tastenhandys funktioniert, und diese Lösung halbwegs brauchbar ist. Gott sei
Dank ist der ganze Ärger rund ums Telefon jetzt vorbei. Der Spezialist sagte
mir noch, ich solle das Smartphone immer zwischen 20 und 100% laden, denn das
Handy würde Strom verbrauchen, nur, um immer wieder nachzufragen, wie voll es
wäre. Vielleicht schont das auch langfristig den Akku, und er bläht sich nicht
wieder auf, wenn ich das Handy nicht dauernd am Netz habe, wie ich es früher
gemacht habe, in der Annahme, dass ich dann nicht dauernd nachladen muss. Die
Befürchtung, draußen zu sein und dann kein Handy zu haben, weil der Akku leer
war, wird sich ja jetzt sicher zerschlagen, wenn ich zwei Handys habe. Bei dem
altmodischen Handy hört man allerdings nicht, ob der Akku voll ist, aber
wahrscheinlich muss man es nur einmal die Woche laden, weil es ja ein
altmodisches Tastentelefon ist.
Jetzt hoffe ich, dass alles funktioniert, und meine
theoretischen Überlegungen in der Praxis umsetzbar sind. Und ich hoffe, dass
mein Smartphone sich nicht wieder aufbläht, und dass bald die neue Hülle kommt. Rund um den Versand gibt es dann sicher auch wieder eine Menge
an Dingen zu berichten. Denn das
Ding kommt irgendwo aus China und braucht
für seine Reise nach Europa
mehrere Wochen.
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