Sonntag, 19. Januar 2025

Hilfe, es geht wieder los!

Am Anfang des Jahres hat alles gut geklappt. Sogar das Einholen von Rezepten bei der Apotheke hat dank der neuen App gut funktioniert. Ich hatte mich schon gefreut und war überglücklich, aber es darf einem ja nicht gut gehen. Deswegen gab es beim letzten Mal dann natürlich wieder durcheinander, und der übliche Ärger ging wieder los. Schon am Ende des letzten Jahres habe ich festgestellt, dass ich auf einmal bei jedem Bissen zunehme. Egal, was ich gegessen habe, das Gewicht stieg und stieg. 2-3 Tage blieb das Gewicht konstant, dann kam der nächste Schub. Jetzt habe ich es ein paar Tage halten können. Aber ich darf mich nur ja Nicht zu sicher wähnen, immer dann, wenn ich denke, nun ja, jetzt hast du es im Griff, jetzt bleibt das Gewicht eben hier stehen, dann ist das jetzt eben mein neues Gewicht, ist ja nicht schlimm, geht es wieder ein Stück nach oben. Man darf nichts akzeptieren, sonst kommt gleich der nächste Stein in den Rucksack. Die Haut fing auch wieder an, es juckt mich überall, ständig habe ich offene Stellen. Meine Nierenwerte waren aber so gut wie noch nie beim letzten Mal. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies alles von meiner vielleicht nun doch langsam versagenden Spenderniere kommt. Außerdem gehen bei mir nun wieder extrem vermehrt technische Dinge kaputt. Ich habe mein Vergrößerungsprogramm und die Sprachausgabe alleine eigenständig auf das Jahr 2025 upgedatet. Seither ist meine Braillezeile nicht mehr richtig funktionstüchtig. Der Hilfsmittellieferant meint, dass die gleiche Zeile bei Ihnen funktioniert, es also nichts mit dem Update zu tun habe. Allerdings soll ich jetzt meine Zeile dorthin bringen, weil bestimmte Knöpfe einfach nicht mehr funktionieren. Bisher habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass man weder bei meinen technischen Schwierigkeiten noch bei meinen gesundheitlichen Problemen eine klare und eindeutige Ursache findet, sondern alles immer nur „sehr komplex“ ist. Ich möchte einmal etwas haben, es gibt ein Problem, wie zum Beispiel ein gebrochenes Bein oder ein sichtbares und eindeutig identifizierbares Geschwür, einen Virus oder ein Bakterium, ein kaputtes Kabel, eine geschwollene Akku Batterie, eine kaputte Klappe oder eine kaputte Taste. Es gibt eine Ursache, die kann man entweder beheben oder nicht. Aber es gibt eine klare und eindeutige Kausalkette und nicht nur irgendetwas Schwammiges, wo niemand weiß, ob es wirklich so ist oder nicht. Hier nun wieder den Fehler zu finden, gleicht der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Es kann sein, dass es ein ganz kleines Häkchen ist, welches man an Haken muss, aber das man vielleicht niemals finden wird. Ein gebrochenes Bein wird gegipst und geschient und heilt wieder, ein Virus geht wieder weg, ein Bakterium kann man behandeln, eine kaputte Taste oder eine kaputte Klappe kann man reparieren, eine geschwollene Batterie kann man austauschen, oder man weiß, was es ist, und man lebt halt damit, bis man etwas Neues kauft. Außerdem geht mein Headset nicht mehr richtig, die Sprache kommt nur noch abgehackt und undeutlich bei mir an, sämtliche Silben werden verschluckt. Zusätzlich geht mein Outlook nicht mehr, wenn ich es einschalte, kommen bei dem einen Account aktuelle E-Mails, bei dem anderen nicht mehr. Wenn ich eine Mail schreibe, geht sie nicht mehr hinaus. Wenn ich eine Mail löschen möchte, bleibt sie da, das Programm hängt sich beim Versenden von Mails auf, ich bekomme die Nachricht, Outlook reagiert nicht, entweder Programm schließen oder auf Antwort des Programms warten. Wenn ich Outlook schließe, um es dann neu zu starten, geht es nicht mehr auf. Dann muss ich den Rechner komplett neu starten. Gestern habe ich ein Interview gemacht, und zwar mit der von mir sonst benutzten Telefonplattform. Es war das erste Mal, dass mein Interviewpartner zweimal rausflog. Nun wollte ich mir die drei Mitschnitte herunterladen wie immer. Als ich den zweiten Mitschnitt herunterladen wollte, kam die Nachricht, Download blockieren, und als ich schnell wegspringen wollte mit Tabulator , hieß es, Download blockiert. Jetzt habe ich also nur die letzten paar Minuten herunterladen können. Die anderen beiden Dateien ließen sich nicht mehr herunterladen. Das Wichtigste fehlt also. Mit dem Handy klappt es auch nicht mehr, wenn ich etwas schreibe, muss ich mehrfach drücken und loslassen, bis die Taste auf der virtuellen Tastatur ausgelöst ist. Dies ging früher schon nicht sehr gut wegen meiner kaputten Motorik, sodass ich immer mehrfach einen Buchstaben anwählen musste, bis er ausgelöst wurde. Jetzt geht es gar nicht mehr. Während meiner Dialysezeit konnte ich ein Handy überhaupt nicht benutzen, da die Handhabung schlichtweg unmöglich war. Jetzt ist meine Motorik wieder komplett im Eimer. Der Blutdruck steigt und steigt, keine Ahnung, woran es liegt. Wenn ich den Ärzten etwas sagen würde, würden sie nicht reagieren, weil die Ärzte es nicht wünschen, dass der Patient selbst Beobachtungen angibt oder gar Vermutungen anstellt. Da würde es nur wieder heißen, das ist noch nicht schlimm, und sie sind halt besonders sensibel, weil sie blind sind. Daher muss ich immer warten, bis die Ärzte von selbst drauf kommen und es ernst nehmen, und da warte ich vergebens. Während meiner Jugend hatte ich den Black Touch, d. h., mir ging alles kaputt, was ich anfasste. Jeder sagte, lass die das ja nicht anfassen, die hat den Black Touch, da geht es kaputt. Und so war es auch. Damals hatte ich auch das Problem mit dem Gewicht, egal, was ich aß, ich habe bei jedem Bissen zugenommen. Diätvorschläge oder Ratschläge, eine Ernährungsberatung aufzusuchen, nach 18:00 Uhr nichts mehr zu essen oder nur noch kalorienarmes Gemüse zu sich zu nehmen, womit ich jetzt schon wieder beglückt werde, sind sinnlos, denn ich esse Obst und Gemüse, seit einigen Monaten setze ich mich regelmäßig über eine Viertelstunde auf den Heimtrainer, ich mach einmal die Woche Yoga und einmal im Monat online Kreativtanz, wobei es körperlich hier ziemlich zur Sache geht. Ich habe ein regelrechtes Bäuchlein bekommen, als wäre ich im sechsten Monat. Meine Hose, die ich im Oktober gekauft habe, passt nicht mehr. Ich habe die gleiche Hose in zwei verschiedenen Größen gekauft, weil beide damals noch ziemlich gleich schienen. Ich bin gespannt, wann ich die größere Hose dann auch noch weggeben kann. Oder ich muss die engere Hose als Motivationshose im Schrank lassen, um mich wieder hineinzuhungern. Allerdings gebe ich mir schon große Mühe, ich esse zum Frühstück neben zwei mittleren Broten bzw. einem Brötchen immer noch Rohkost, ich mache mir selber Smoothies aus Obst und Gemüse oder Apfel- Möhren- Sellerie- Salat natürlich mit Nüssen, die ich jetzt auch schon weglassen soll, wie man mir riet, weil Nüsse zu viele Kalorien hätten. Am Nachmittag esse ich etwas Süßes, am Abend mein Essen auf Rädern, ohne Fleisch, und dazu esse ich ab und zu noch einen Salat. Vor dem Fernseher esse ich 2-3 Stücke Obst, wobei man mir jetzt sogar von Trauben abgeraten hat. Birnen und Trauben seien zu kalorienreich, ich solle Johannisbeeren essen, und die finde ich entsetzlich sauer. Ich esse aber auch Mandarinen, und die haben auch nicht zu viele Kalorien. Die ganze Zeit konnte ich Birnen und Trauben essen. Die beiden Bonbons nach dem Essen lasse ich nun auch weg, abends gibt es nicht wie früher auch ab und zu mal alle paar Abende ein Stück Schokolade sondern einfach gar nicht mehr. All dies habe ich schon einmal durchgemacht während meiner Jugend, als ich den anderen zusah, wie sie hemmungslos Dosenravioli und Hamburger und Pommes in sich hineinstopften, danach noch das fettige Abendessen im Internat verzehrten, während ich jede Kalorie dreimal herum drehte und mir die Kalorientabellen auf dem Diätjoghurt durchlesen musste, um nicht schon wieder zuzunehmen. Sollte diese Zeit nun wiederkommen? Es war einfach furchtbar, ich habe mich noch nicht mal mehr getraut, eine Diät Limonade zu trinken. Dass man dann seine Kalorienzufuhr einschränkt, wird einem dann noch als Essstörung ausgelegt. Hätte ich zusehen sollen, wie ich immer mehr zunehme? Soll ich jetzt zusehen? Damals hatte ich dann ab und zu Tage, wo ich dachte, heute gehe ich zu einer Einladung, nun ist es sowieso schon egal, und dann habe ich gedacht, heute gilt es, und da habe ich dann richtig gegessen, und am nächsten Tag und die Tage darauf habe ich wieder streng gefastet. Komisch ist nur, dass mir alle erzählen, dass es Ihnen als Junge Mädchen genauso ging. Es irritiert mich, denn in meiner Gegend habe ich außer mir niemanden gefunden, dem es so erging. Aber die sehenden sagen auch bei mir bei allem Sonstigen ja auch immer, das geht mir auch so, obwohl sie noch sehen können. Eigentlich geht es jedem so wie mir. Dann bewundere ich aber andere Menschen, dass sie, obwohl sie genauso wie ich mehrfach behindert sind und all diese Folgen haben, trotzdem berufstätig sind, verheiratet sind und Kinder haben. Warum haben es dann alle anderen geschafft, wenn es ihnen doch genauso geht wie mir? Damit stehe ich als Versagerin dar. Bisher habe ich noch niemanden getroffen, der zugibt, dass er es im Vergleich zu mir im Leben auch einfacher hat , weil er nicht behindert ist. Wenn die Bedingungen für alle gleich sind, und die anderen es geschafft haben, bin ich einfach nur faul, unfähig und habe kein Durchhaltevermögen. Denn meine Behinderung gilt ja nicht als Erklärung, weshalb für mich vieles unerreichbar war, und ich mich in so vielen Dingen so schwer tue. Ich habe daher auch noch niemanden getroffen, der freiwillig zugibt, ja, ich konnte einfach ganz normal essen, ich habe nicht zugenommen. Dabei habe ich viele Menschen beobachtet, die sich nie Gedanken darüber machen mussten, wie viel sie essen. Das kommt meistens erst im Alter. Und da ich immer diszipliniert war, dachte ich, damit werde ich dann mal keine Probleme haben. Nun fängt es aber wieder an. Das ärgerliche ist, dass bei meinem Krankheitsbild und bei meinem Erbgang durchaus Verwandte Syndrome vorkommen, bei denen Menschen extrem übergewichtig sind. Dieses Schicksal ist mir unter anderem auch dank meiner Disziplin erspart geblieben. Dass ich aber trotzdem einen schlechteren Stoffwechsel und einen wesentlich geringeren Grundumsatz allein schon wegen meiner Größe und aufgrund meiner Krankheit habe, wird mir nicht zugestanden. Wenn ich mit Ärzten darüber rede, heißt es nur, macht doch nichts, ist doch nicht schlimm, und vielleicht schmeckt es ihnen einfach nur gut. Mir schmeckt es natürlich, aber nicht mehr als sonst. Es war für mich eine Gnade, die ganze Zeit normal essen zu können, nicht auf jede Kalorie schauen zu müssen und einfach eine regelmäßige disziplinierte Ernährung einzuhalten, dabei aber nicht hungern zu müssen sondern alles das genießen zu können, was ich möchte, in den normalen und üblichen Massen. Diese Gnade ist nun offenbar vorbei, und offenbar kommt auch der Black Touch wieder. Ich bin froh, dass ich wenigstens hier diesen Text zu Ende schreiben kann, und nicht auch noch Word und Dragon spinnen.

Sonntag, 5. Januar 2025

Theater mal anders

Vor einiger Zeit war ich ja in einer Tanzveranstaltung, die mit Audiodeskription geboten wurde. Vor ein paar Wochen erhielt ich eine Nachricht, dass wieder zwei Veranstaltungen mit Audiodeskription kommen würden. Ich fragte nach einer Ermäßigung, den durch die allgemeine Inflation sitzt der Geldbeutel auch nicht mehr so locker, dass man mal eben in sämtliche Veranstaltungen gehen kann. Ich erhielt eine kostenlose Vorstellung und wurde dann sogar gebeten, doch die Audiodeskription hinterher zu bewerten und kritische Rückmeldungen zu geben, dafür würde ich eine Aufwandsentschädigung erhalten. Dies darf ich auch offen sagen, denn eine Aufwandsentschädigung darf man auch mit Grundsicherung bis zu einem gewissen Betrag bekommen. Das erste Stück war „Die Verwandlung“ von Kafka, wobei die humoristische Seite von Kafka erforscht werden sollte. Die Regisseurin war wohl der Ansicht , dass Kafka vielleicht in Wahrheit ein Clown gewesen sei. Dies hat mich schon stark gewundert, habe ich doch seine Biografie gelesen, die Serie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über ihn angeschaut und auch „Das Schloss“ und „Der Prozess“ gelesen. Ich vermute, Kafka war auf dem Autismusspektrum, denn eigentlich waren nur ein paar wenige Freunde das Bindeglied zwischen ihm und der Welt, er hatte feste Gewohnheiten und ein sehr starres Essensregime, konnte Lärm nicht ertragen und dachte in Bildern. Zusätzlich waren seine Werke ziemlich abstrus, und für mein schmales literarisches Verständnis handelten sie häufig davon, dass man eigentlich gar nicht den Grund kennt, weshalb man verurteilt wird oder irgendwo nicht reinkommt, dass dies vollkommen willkürlich geschieht. Es entsteht der Eindruck, das es offenbar eine Metaregel gibt, wonach es einfach gar keine Regeln gibt, nach welchen es Kriterien geben könnte, die man erfüllen könnte, um irgendwo reinzukommen, also ins Schloss . Es wird dem Leser vermittelt, dass es keinerlei Möglichkeit gibt, keine Regeln und keinerlei Auflagen, die man erfüllen könnte, um nicht (mehr) schuldig zu sein, also gibt es keinerlei Möglichkeit und auch keinerlei logische Autorität, der man etwas opfern könnte, um seine Schuld verbüßen zu dürfen. Nicht einmal ins Gefängnis kann man gehen und die Schuld damit abtragen, nein, man trägt sie immer auf eine bestimmte Weise mit sich herum. Egal, welche Anträge man stellt, das Schloss bleibt einfach unzugänglich, und hat man das erfüllt, was einem auferlegt wurde, ändern sich einfach wieder die Regeln, und man bleibt trotzdem draußen . Auf die ein oder andere Weise kenne ich diese Gefühlszustände. Ob das allerdings stimmt, oder ob ich da mehr selbst hinein lese als das, was wirklich gemeint ist, und ein seriöser Mensch oder gar ein Literaturwissenschaftler was ganz anderes darüber denken und dazu sagen würde, bleibt offen. Aber Humor, das hätte ich nun Kafka wirklich nicht zugetraut. Ich ließ mich demnach überraschen und dachte, vielleicht hat die Regisseurin mit einem gewissen Schmunzeln einfach den Humor eingebaut. Ich wurde sogar abgeholt, wie immer wurde ausgemacht, dass der Taxifahrer mich zum Parkplatz bringen möge, wo eine Mitarbeiterin des Hauses mich abholte. Dort nahm mich dann die Leiterin der Tanzgruppe, die allerdings dieses Mal nicht selbst spielte, aber alles mit organisierte, in Empfang. Sie gab mir das Gerät, mit dem die Audiodeskription gehört werden konnte. Ich sitze bei der Audiodeskription lieber hinten, denn zum einen ist dann die Verbindung zum Sprecher besser, man kann sich auch mal mit Handzeichen verständigen, und vorne auf der Bühne wird es teilweise so laut und lebhaft, dass man zum einen die Audiodeskription gar nicht mehr hört, und weil ich dann häufig zu nah am Geschehen war und fast schon etwas abbekommen hätte. Einmal bekamen wir Plastikplanen auf den Schoß, und es wurde mit Theater Blut gespritzt. Ein andermal wurde so viel Theaternebel gesprüht, dass ich keine Luft mehr bekam, und die Feuerwehr kommen musste, weil die Rauchmelder so eingenebelt wurden, dass sie anschlugen, die Sprinkleranlage anging, und sämtliche Technik, die unter der Bühne war, Klatsch nass wurde. Wir mussten alle raus, mehrere Löschzüge kamen an, und nach dem falschen Alarm durften wir dann alle wieder rein. Auch saß ich schon mal bei einer Theatervorstellung mit allen auf den Boden in der ersten Reihe, und ich hatte wirklich Angst, dass die Schauspieler auf mich draufspringen. Wenn es da emotional wird, wird man regelrecht wie bei einem vorbeifahrenden Zug mitgerissen. Das ist mir unangenehm, und vorne ist es auch wesentlich lauter von der Musik und den Geräuschen her. Darum wurde ich auch dieses Mal wieder in eine der hinteren Reihen platziert. Die Vorstellung fand im Foyer und nicht in einem der Säle statt. Ich wurde erst mal auf der Bühne herumgeführt, sodass ich die verschiedenen Gegenstände abtasten konnte. Die Schauspieler beschrieben sich selbst, und ich durfte auch das Kostüm des Käfers anfassen. Es gab sehr viele Betten auf der Bühne, mit denen man dann später ziemlich durcheinanderkam. Auf jeden Fall war alles eher abstrakt und sehr interessant aufgebaut. Lustig war allerdings gar nichts, die Audiodeskription war gut, einiges habe ich natürlich dann hinterher schon an Vorschlägen zur Verbesserung rückgemeldet, aber insgesamt konnte ich gut mitkommen. Das Ende war traurig, obwohl ich das Buch nicht gelesen hatte, hatte ich den Eindruck, dass man sich so ziemlich an den Text gehalten hatte. Und da der Text wahrscheinlich nicht witzig war, war natürlich dann folglich auch das Stück überhaupt nicht lustig, und ich hörte auch niemanden lachen. Der Hauptdarsteller wurde von zwei Schauspielern gespielt, einer Frau und einem Mann. Alleine so etwas passiert ja mehr bei ernsteren, mehr experimentellen Stücken, dass sich eine Person sozusagen aufspaltet. Die anderen Schauspieler waren nur zu hören, sie wurden nur mittels Tonband abgespielt, so viel Sparsamkeit kenne ich eigentlich aus Komödien auch nicht. Das passiert auch mehr meines Wissens bei den Stücken, wo man sich das meiste selbst denken muss, und wo es um ganz wesentliche Dinge geht, und dann eben nur ganz bestimmte Eindrücke dargestellt werden, und mehr die Fantasie und die Gedanken des Zuschauers gefragt sind. Auch das abstrakte Bühnenbild trug nicht dazu bei, dass man alles als Komödie hätte auffassen können. Aber immerhin kannte ich jetzt den Inhalt und brauche das Werk demnach nicht mehr selbst zu lesen. Dann kann man immerhin mitreden, wenn es mal heißt, das ist ja kafkaesk. Das andere Stück Wein Tanzstück. Ich wurde ebenfalls wieder abgeholt, und dieses Mal wurde die Audiodeskription von der Leiterin selbst durchgeführt. Man hat mich schon vorgewarnt, dass die Musik ziemlich gruselig sein würde. Die Schauspieler, eine Frau und ein Mann, beschrieben sich mir, und das Bühnenbild durfte ich auch anfassen. Es sollte um die Vermischung von Realität und Internet gehen, demnach waren verschiedene Leinwände aufgestellt, die je nach Lichttechnik beide als Projektionsfläche benutzt wurden, oder durch die, da sie aus Gase bestanden, einfach hindurchgeleuchtet werden konnte, als seien sie nicht da, sodass man nur die hintere Leinwand und die davor stehenden Darsteller sehen konnte. Ich bekam wieder das Kästchen, und die Musik ging los. Es war eine grauenhafte Musik, eher Lärm, es war ein leises Brummen, mehr wie in einem medizinischen Gerät, und dazu tickte unablässig eine Uhr. Die Audiodeskription begann, die Musik wurde immer gruseliger. Realität und Fantasie vermischten sich immer mehr, es war wirklich schizophren. Eine Frau kam auf die Bühne, es wurde beschrieben, dass sich eine Frau mit großen Schritten nähert, und man konnte ein lautes und regelmäßiges Stampfen hören. Irgendwann erschien dann auf der Leinwand ein Auge, für mich war ja alles dunkel, aber die Audiodeskription lautete dann, "jetzt sieht man ein großes Auge, es wird immer größer," und die Musik wurde immer schauerlicher und unheimlicher. Es kamen noch hohe Töne dazu, die immerfort andauernd zu hören waren. Es waren nur ungefähr 25 Leute im Publikum. Ich habe mir das Ohr zugehalten, in dem nicht der Knopf für den Kopfhörer war, um nicht die schauerlichen Töne von außen hören zu müssen, aber es war zwecklos. Mein Ohr fing an zu schmerzen. Ich hielt es nicht mehr aus, ich vertrage solche grauenhaften und gruseligen Töne nicht. Ich hatte solche Angst, und ich stand einfach auf und ging zur Seite des Ranges. Die Frau mit der Audiodeskription bemerkte dies und kam zu mir und holte mich ab. Ich zitterte regelrecht, es war einfach schauerlich. Danach hatte ich immer noch Ohrgeräusche. Die Beschreibung mit dem gruseligen Auge, die schauerlichen Musik, die Vermischung von Realität und Leinwand, es war einfach fürchterlich. Was das aussagen sollte, weiß ich nicht. Ich finde, Theater sollte immer auch Witz und Charme haben, damit man gerne zuhört, damit man hinterher nicht vor Betroffenheit völlig gelähmt bleibt, damit man handlungsfähig bleibt, es soll zum Nachdenken anregen, sollte aber auch immer spielerisch sein. Es sollte mit Dingen spielen, die auf der Bühne geschehen, aber das Publikum sollte ein Teil dieses Spiels werden. Man sollte nach Hause gehen, neue Ideen, Anregungen und Impulse erhalten , man sollte dabei beschwingt und bereichert sein, die Unterhaltung darf auch nicht fehlen, die richtige Mischung macht es. Ich war nur noch froh, als ich zu Hause war. Ich hörte auch, dass das Stück schon in anderen Städten aufgeführt wurde, und ich vermute, dass vielleicht entweder die Leute sich gegenseitig informierten über das Stück, oder dass man schon zwischen den Zeilen im Programm herauslesen konnte, dass es nicht nur schwere sondern nahezu unverdauliche Kost werden würde. Drum war der Saal auch fast leer. Alleine das gab mir das beklemmende Gefühl, ich wäre alleine in einem stockfinsteren Raum mit entsetzlichen Maschinengeräuschen, und ein entsetzliches Auge beobachtet mich, wie in einem Horrorfilm, und Realität und Wahnsinn mischen sich wie bei Menschen mit einer Psychose, von denen ich schon einige Menschen in so einem Zustand erlebt habe. Wahrscheinlich fühlen die sich genauso, wie ich mich in dem Moment gefühlt habe. Die Aufwandsentschädigung kann ich jetzt natürlich knicken, und ob die mich noch mal für was anderes hernehmen, weiß ich nicht. Wahrscheinlich denken die sich jetzt, die kann man ja nicht brauchen, die bricht ja zwischendrin ab, bei der muss man ja aufpassen, die kann man ja höchstens beim Ohnsorg-Theater reinlassen. Da habe ich es mir wohl mal wieder selbst verdorben. Das war wie in dem Altenheim, wo ich Gitarre spielen sollte, aber dann aufgrund des hohen Virenaufkommens andauernd krank war. Außerdem brauchte ich ständig Begleitung, und ich war nicht bereit und fähig, ohne Aufsicht mit den alten und dementen Menschen, die teilweise mittendrin aufstanden, aggressiv wurden oder teilweise auf einmal Weg getreten waren, Musik zu machen, sodass sie wegen mir dann auch noch die Gesellschafterin, eine dafür abgestellte Krankenpflegerin, dazu setzen mussten, was sie bei meiner Vorgängerin, die sogar mit einer Begleitperson kam, auch gemacht hatten. Außerdem wollten sie mir auf einmal nur noch 80 € pro Monat geben und verlangten, dass ich zweimal die Woche, unter anderem auch am Sonntagvormittag käme, das wären dann zehn Euro für die Stunde. Ausgeschrieben war diese kleine Stelle für 35 €. Meine Freundin, die mir die Stelle vermittelt hatte, hat 30 € bekommen, ich sollte zunächst erst nur 25 € kriegen. Die wussten nicht, dass ich den Preis kannte. Die Begründung lautete, dass sie ja von weiter her käme, und daher müsse sie auch mehr Fahrtgeld bezahlen. Normalerweise wird dies aber bei einer Arbeitsstelle nicht berücksichtigt, von wie weit jemand herkommt. Dies kann man höchstens bei der Steuer geltend machen, soviel ich weiß. Mit der Begründung, sie sind ja blind und können ja froh sein, dass sie auch mal eine Arbeit kriegen, hat man den Preis so gedrückt. Ich habe aber einfach geblöfft , ich bin Diplomübersetzerin und habe es nicht nötig, nur, um beschäftigt zu sein und auch mal was zu verdienen, diese Arbeit zu machen. Hätten die mir damals gesagt, wir haben kein Geld, wären sie auch bereit, ehrenamtlich zu kommen, sie kriegen auch einen Kaffee und ein Stück Kuchen, und sie sind herzlich willkommen, und wir sind Ihnen sehr dankbar, hätte ich sofort zugesagt. Aber wenn man mir so kommt, ist das unter aller Würde. Mittlerweile haben sie einen Nichtbehinderten, der kann ohne Aufsicht dort spielen, und der darf spielen, was er will und nicht das, was die Gesellschafterin sagt, und er bekommt 35 € die Stunde. Ich hatte nach meiner Zeit dort noch einem Blinden die Telefonnummer gegeben, aber nach mir wollten die keine Blinden mehr. Er meinte, ich hätte den Blinden damit einen Bärendienst erwiesen. Ich sei schuld, dass die jetzt keine Blinden mehr nehmen. Das wird jetzt sicher bei dem Theater genauso sein. Da hatten wir so eine blinde, die ist durchgedreht, weil die Tanzmusik so komisch war und hat abgebrochen, sowas können wir nicht noch mal brauchen. Ich war in diesem Altersheim wochenlang ausgefallen, weil ich dauernd krank war. Dort grassierte ständig irgendein Virus, den ich natürlich sofort aufgeschnappt hatte und dann wochenlang damit zu kämpfen hatte, bis ich wieder gesund war. Als ich dann wieder kam, um mein Geld abzuholen, drückten sie mir trotzdem noch mal einen Obolus in die Hand, aber dann war dies das Ende. Ich habe wirklich das Gefühl, ich bin zu nichts zu gebrauchen. Das habe ich jetzt mal wieder gesehen. Schade, aber ich bin ja nicht umsonst voll erwerbsgemindert. Ich hoffe, dass das mit den Audiodeskriptionen weitergeht, und dass ich vielleicht doch noch auf die eine oder andere Weise mithelfen kann. Zumindest werde ich die Sache unterstützen, indem ich fleißig hingehe, und ich hoffe, dass nicht noch mal so ein merkwürdiges Tanzstück aufgeführt wird. Ich habe auch an unser Theater geschrieben und nachgefragt, ob denn dort auch mal darüber nachgedacht werden könnte, Stücke mit Audiodeskription darzubieten, und ich erhielt die gute Nachricht, dass im Jahre 2025 zwei Theaterstücke und zwei Opern mit Audiodeskription aufgeführt werden sollen. Ich hoffe auch, dass sie dies dann dementsprechend verbreiten, denn in den letzten beiden Vorstellungen mit Audiodeskription war ich die einzige Blinde. Wenn dann kein Bedarf besteht, wird das freilich wieder eingestellt, denn dann wird es heißen, da kommt ja niemand, warum sollen wir uns die Kosten und die Mühe machen, wenn sowieso kein Interesse besteht. Das Problem ist einfach, dass blinde bis heute diese Angebote schlichtweg aus ihrem Leben gestrichen haben, weil sie bislang gewohnt waren, dass diese Dinge für unsereins sowieso nichts sind, und man wendet sich dann einfach anderen Beschäftigungen zu. Es muss also erst langsam zu den Sehgeschädigten durchdringen, dass man mittlerweile auch bei Tanzvorstellungen, bei Opern, Operetten, Theaterstücken oder sogar beim Puppentheater Audiodeskription bekommen kann. Ich zum Beispiel kann Opern absolut nicht ausstehen, aber ich finde es toll, dass man die Wahl hat, zudem Genre hinzugehen, welches einem am besten gefällt.

Samstag, 4. Januar 2025

Meine Hollandreise

Wie ich schon im letzten Beitrag erzählt habe, bin ich nach dem Chorwochenende mit meiner Freundin zusammen nach Holland weitergefahren, da sie dort schon seit vielen Jahren mit ihrem Mann lebt, und ihre Kinder auch dort wohnen. Zunächst einmal wäre die Reise fast ins Wasser gefallen, da ich von meiner Ärztin gegen Herpes zoster und Grippe gleichzeitig geimpft wurde. Am Tag zuvor hatte ich noch mit meiner Freundin den Speiseplan aufgestellt, da sie ja einmal die Woche ihren Einkauf bestellen muss mangels anderer Möglichkeiten, und daher schon wissen wollte, was wir wann essen. Ich fand es sehr nett und goldig, wie sie auf ihr Diktiergerät auf Niederländisch dann immer sprach, am Montag essen wir Pfannkuchen, am Dienstag essen wir Pizza, und am Mittwoch essen wir Fisch usw. Das hat sich sehr gut angehört. Ich habe versucht, meine Ärztin klarzumachen, dass ich mit meiner Nierentransplantation besser nur eine Impfung auf einmal bekomme, und dass ich die zweite Impfung gegen Herpes zoster lieber nach meinem Urlaub erhalten würde. Doch das war ihr egal, sie meinte, spritzen wir in Hand, macht Nix, geht schon. So bekam ich alle beide spritzen, und damit ich nicht wieder als überängstlich dargestellt werde, habe ich einfach gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Im Laufe des Tages bekam ich immer stärkeren Schüttelfrost und befürchtete schon, zu Hause bleiben zu müssen. Da wir uns nun endlich einmal sehen wollten, und weil sie so nett den Speiseplan schon so detailliert aufgestellt hatte, und sich das so toll anhörte, und ich mich so sehr auf den Besuch freute, wäre es blöd gewesen, wenn alles ins Wasser gefallen wäre. Mein Kater legte sich auf meinen Schoß, was er normalerweise nie tut, aber wenn er merkt, dass mir irgendwas wehtut, legt er sich automatisch da drauf. Das tut er aber nicht nach Aufforderung sondern nur von selbst. Man muss ihn dann machen lassen. Als ich einmal Halsschmerzen hatte, legte er sich quer über meinen Hals, wenn ich husten habe, legt er sich auf meine Brust, und wenn mir die Hand wehtut, legt er sich auf meine Hand. Und dann wird es auch sofort besser. Er ist die einzige Katze, die ich bisher hatte, die das kann. Auf jeden Fall fühlte ich mich dann schon wesentlich besser, und am nächsten Tag schien schon wieder alles in Ordnung zu sein. Auf jeden Fall wäre meine Reise noch aus einem anderen Grund fast geplatzt, weil meine Katzenbetreuerin krank wurde, ihr Sohn lag mit einer Lungenentzündung im Bett, er hätte fast ins Krankenhaus gemusst, und sie hätte sonst niemanden gehabt, der nach meinen Katzen sieht. Notfalls hätte sie ihre Tochter geschickt, aber das wäre alles auf sehr tönernen Füßen gestanden. Auch das hat sich zum Glück wieder gelöst, denn ihr ging es dann wieder besser. Ich habe dann noch mit der Bahn alles abgesprochen, die Firma Hermes hat schon den Koffer abgeholt, das wäre jetzt wirklich dumm gewesen, wenn der Koffer in dem Gästehaus gewesen wäre, und ihn niemand mehr von dort hätte zurückholen können. Die Umsteigehhilfe war ebenfalls schon bestellt. Als ich also dann am besagten Tag losfuhr, stellte sich aber am Infopoint heraus, dass sie nichts von einer Einsteigerhilfe wussten. Eine Rollstuhlfahrerin beruhigte mich und meinte, die sind da aber sehr schnell, die finden jemanden. Tatsächlich kam dann auch jemand, und ich schaute sicherheitshalber noch mal nach, ich hatte eigentlich alles bestellt, und alles war auch ordnungsgemäß bestätigt worden. Die Rollstuhlfahrerin, die neben mir auf ihre Mobilitätshilfe wartete, meinte, sie würde mich bewundern, dass ich so mutig sei, alleine zu reisen. Ich dachte mir, das könnte ich ja genauso gut über sie sagen. In solchen Fällen beunruhigt mich die Bewunderung mehr, denn wenn Leute mit einer anderen Behinderung eine schon bewundern, wie mutig man doch ist, etwas zu machen, heißt das, dass sie einem das eigentlich nicht zutrauen würden, und das gibt mir zu denken. Offenbar wirke ich so unselbstständig und behindert, dass mich sogar andere behinderte bereits bewundern, dass ich mich überhaupt raus traue. Eigentlich sollte man uns alle bewundern, dass wir uns in Anbetracht der unsicheren Lage in Hinblick auf Barrierefreiheit oder der Unsicherheit, ob die Mobilitätshilfe auch wirklich kommt, alleine raustrauen und nicht aufgrund unserer jeweiligen Fertigkeiten und Fähigkeiten. Ich habe auch schon Rollstuhlfahrerinnen erlebt, die mir über den Arm gestreichelt haben, sodass ich immer einen gewissen Sicherheitsabstand wahre , weil ich das sowieso schon immer erniedrigend finde. Dass man das aber unter seinesgleichen auch so macht und dann noch abstuft, finde ich besonders schlimm. Auch wenn es nett gemeint ist, Komplimente und Bewunderung zu bekommen, es ist genauso nett gemeint, als wenn eine alte gebrechliche Dame für einen Jungen Mann aufstehen würde. Die Zugfahrt verlief gut, natürlich wie bei der Deutschen Bahn üblich mit Verspätungen, und ich rief daher bei einer der drei Handynummern an, die ich mir von den freiwilligen Helferinnen eingetragen hatte, damit diese mich noch vom Bahnhof abholen würden. Dies geschah dann auch, und ich kam noch rechtzeitig zum Abendessen im Gästehaus an. Alles andere vom Chorwochenende habe ich ja im anderen Beitrag bereits berichtet. Nach dem Wochenende fuhren wir dann mit dem Auto ihrer Begleitperson und früheren Assistenz ihres Mannes nach Holland. Dort schaffen wir erst mal alles nach oben, und die beiden holten noch die Luftmatratze aus dem Keller, die mit einem Motor aufgepumpt wurde. Erst einmal war es schwierig, das Bettzeug aus dem verknoteten Sack zu kriegen, und meine Freundin schimpfte, weil die Haushaltshilfe alles so merkwürdig verschlossen und verknotet hatte. Aber auch das haben wir geschafft. Eigentlich wollten wir an dem Tag noch anstoßen, aber wir fielen nur noch todmüde in unser Bett. Am nächsten Morgen erhielt ich dann eine Nachricht von meiner Betreuerin, und ich konnte die Telefone meiner Freundin nicht bedienen, die eine kostenlose Verbindung nach Deutschland hat. Das Mobiltelefon wäre mir zu teuer gewesen, im WLAN war ich da noch nicht drin, einen anderen Messanger hat meine Betreuerin nicht, Eine Signalnachricht habe ich auch nicht hinbekommen, und ich bin schon fast in Panik geraten. Zuvor hatte mir das Essen auf Rädern leider ein Gericht mit Fleisch geschickt, und ich wollte das reklamieren. Endlich hat es dann funktioniert, und ich konnte mit meiner Betreuerin sprechen. Eine der Angestellten hatte nämlich gesagt, ich müsse das Gericht aufheben und beim nächsten Mal dem Fahrer mitgeben. Ich fand das einen Unsinn, denn schließlich muss ich ja dann das Gericht erst einmal wieder in einen verschließbaren Behälter stecken. Was sollen die denn damit noch anfangen? Die Chefin hat aber dann gemeint, das sei alles nicht nötig, und es täte ihr leid, ich würde eine Rückerstattung erhalten. An diesem Tag sollte auch eine Haushaltshilfe zu meiner Freundin kommen, die normalerweise nicht da ist, denn die ursprüngliche Haushaltshilfe meiner Freundin war krank. Ich stellte schnell fest, dass sie ähnliche Schwierigkeiten und Hürden zu meistern hatte wie ich. Sie wusste nicht, wie diese Frau wohl sein würde, aber sie rief sofort an und sagte, sie wäre jetzt gleich da und würde mit dem Fahrrad kommen. Auch wenn ich kein Wort verstand von dem, was sie sagte, machte diese Frau auf mich einen sehr zuverlässigen Eindruck. Meine Freundin hatte ziemlich viele Dinge gekauft, die ich einmal probieren konnte. Es gab zum Beispiel sehr guten eingepackten Kuchen mit Apfelgeschmack, dann hatte sie so eine Art Zwieback, die sind in Holland rund, und die bewahrt man in einer Trommel auf. Diese Trommel hat sogar eine Art Aufzug, man kann mittels eines Hebels die Rolle raus heben und sich immer wieder den obersten Zwieback nehmen. Der Geschmack liegt zwischen Toast und Zwieback, mir hat es sehr gut geschmeckt. Ich habe auch gleich zwei Rollen gekauft. Außerdem hatte sie dann noch Rosinenbrötchen, die konnte ich auch noch versuchen, sie hatte auch noch Sirupwaffeln und eine Art Pfefferkuchen, alles Dinge, die es bei uns zu Hause nicht gibt. Besonders gut hat mir der Hexenkäse geschmeckt, den gibt es vegan und mit Milch. Wegen mir hatte sie auch viel Obst gekauft, aber ihr wurde sowieso geraten, viel Obst und Gemüse zu essen, somit hatten wir dann genügend, was wir verputzen konnten. Am Nachmittag würde dann ihr freiwilliger Helfer kommen, der mit uns über den Markt laufen würde. Der hatte überhaupt keine Probleme, zwei blinde, eine links und eine rechts, zu nehmen. Mir fiel auf, dass er überall gegrüßt wurde. Dies passiert offenbar auch nicht jedem in Holland, er war offensichtlich ein besonderes Phänomen. Er war ein großer sehr geschickter älterer Herr, früherer Polizist, und er machte offenbar einen sehr offenen, freundlichen und seriösen Eindruck. Mir war er von Anfang an sehr sympathisch. Wir gingen dann in ein Selbstbedienungskaffee, und er holte dann unsere Sachen. Während wir beide da saßen und Kaffee tranken und Kuchen aßen, machte er die Einkäufe, damit er nicht beide Frauen durch die Gegend schleppen musste. Das war sehr praktisch, obwohl ich zu Hause schon was gegessen hatte, meinte er, genießt es doch, obwohl ich Angst hatte, wenn ich aus Holland zurückkomme, würde ich wahrscheinlich 1 t zu legen. Meine Freundin hatte auch sehr gute Erdnüsse mit Schokolade umwickelt, das ist eine Spezialität, dass sind Sachen, die es in holländischen Supermärkten gibt, und diese Brocken habe ich dann fast alle auf einmal aufgefuttert, weil die so lecker waren, dass ich nicht widerstehen konnte. Ich hab mir dann später eine Packung mitgenommen, die habe ich mir dann aber doch etwas besser eingeteilt. Wir liefen dann noch über den Markt, das waren Geschäfte, bei denen die Theke nach außen ging, sodass man nicht in den Laden musste. Dort haben wir dann Fisch, Wurst und Käse besorgt. Einiges davon habe ich dann übernommen, sozusagen als Dankeschön für die Übernachtung. Am Abend haben wir dann auch noch angestoßen, was wir am Tag zuvor machen wollten. Sie hatte einen sehr guten Herrn Likör, den sie mitgenommen hatte, als die blinden Autoren ein Mitglied besuchten, der mittlerweile sehr alt ist und ein sehr wunderbares Buch namens 50 Millionen über den Zweiten Weltkrieg veröffentlicht hatte. Dieses ist mittlerweile als Hörbuch erschienen. Dort konnte man wohl in einem Hofladen Herrn Likör kaufen. So eine Art Herrencreme als Likör. Jeden Tag haben wir zwei Spiele mit der A Dame gemacht, die ich jetzt auch zu Hause eingeführt habe. Leider bin ich nicht sehr gut, der Mann von meiner Freundin konnte oft alles so aus dem Bauch heraus erraten, wenn wir ihn fragten, wie er das macht, antwortete er immer, habe ich geraten. Das war sehr erstaunlich. Wir haben auch einige Hörfilme "geschaut", sie hat mir auch einige davon heruntergeladen. Insgesamt wohnen die beiden zwar zentral, aber eine riesengroße Straße ist im Weg, sodass sie nicht alleine ins Stadtzentrum laufen können. Außerdem ist dort eine Bahnschranke zu überwinden. Zu der Bahn Schranke gibt es noch eine ziemlich heftige Geschichte. Am Dienstagabend hatte ich dann noch das Interview mit einem holländischen Esperantisten, der mir etwas zum Thema über die Geschichte des Radios erzählte. Das war gut, dass ich dies in Holland machen konnte, da ich dann keine Telefongebühren hatte, denn sein Mikrofon, um mich über WhatsApp anzurufen, hat wohl offenbar nicht funktioniert. Unser Esperanto Abend ist so gestaltet, dass ein Vortrag dargeboten wird, welcher hinterher dann als Radiosendung kommt. Daher bestand ich darauf, dass Interview noch vor dem Vortrag und dem Esperantoabend zu machen, weil es so häufig mit der Verbindung der vortragenden nicht klappt. Dann muss wieder improvisiert werden, und das wollte ich vermeiden. Tatsächlich schaffte er es nicht, in das online Veranstaltungszentrum zu gelangen, sodass es gut war, dass unser Vorsitzender das Interview schon aufgezeichnet von mir im klaut Speicher hatte. Ich schaute an dem besagten Abend mal kurz rein in das Online-Veranstaltungszentrum und fragte nach, denn der Interviewpartner hat mich über WhatsApp verständigt, dass er nicht rein kam. Deswegen informierte ich dann die anderen, dass sie nun das, was ich geschickt hatte, abspielen müssen, weil er nicht reinkommt. Ich selbst wollte aber nicht mithören, weil ich ja bei meiner Freundin zu Besuch war. Es war trotzdem von Vorteil, dass ich zumindest erreichbar war und alles so dement sprechen weitergeben konnte. Daher war dann der Abend gerettet. Später haben wir das dann noch mal im Radio gebracht, nachdem ich es noch einmal etwas geschnitten und zusammengebaut hatte. Es stellte sich dann heraus, dass sein Headset, welches er benutzen wollte, nicht funktionierte, weder in WhatsApp noch bei seinem Vortrag während der Veranstaltung. Das hat er dadurch dann bemerkt. Am Mittwoch kam dann die Assistenz des Mannes meiner Freundin. Die half ihm, da er im Rahmen seiner ahnen Forschungsprojekte Fotos sichtete und Dinge zusammenstellte. Er hat wohl schon für den historischen Verein ein Buch über seine Familie geschrieben. Das fand ich sehr interessant, er hat mir einiges davon erzählt. Die Assistentin machte uns dann Pfannkuchen. Darauf hatten wir uns riesig gefreut, denn auch meine Freundin kann genau wie ich die Pfannkuchen nicht umdrehen. Für blinde gibt es den Trick, Pfannkuchen in Waffeleisen zuzubereiten, das muss man aber erst mal haben und dann auch wieder sauber machen. Die meisten lassen Sie sich daher dann halt einfach von ihrer Assistenz machen, das habe ich auch schon so gehalten. Die Frau fragte mich dann, ob ich an der Tür irgendwelche Markierungen hätte, um nicht dagegen zu laufen. Ich sagte, dass ich zu Hause immer meine Türen entweder offen oder zu habe, da kam dann auch wieder, das geht uns sehenden aber genauso, dass wir gegen die Tür laufen. Ich finde das immer fürchterlich, warum fragen die mich dann eigentlich? Und da würde ich am liebsten immer sagen, ja, bei mir ist es die Blindheit, was es bei euch ist, nun ja. Die können ja schauen. Eine Assistentin von mir meinte auch mal, pass auf, vor deinem Haus liegt direkt ein Hundehaufen, nicht, dass du reintrittst, und dann veränderte sich ihre Stimme auf einmal, und sie meinte noch so merkwürdig angespannt hinterher, ja, aber das kann uns sehenden schließlich auch passieren. Ich habe mich schon gefreut, da ist mal jemand mitfühlend, und da hat mal jemand mitgedacht und sich in mich hinein versetzt, und schon wird wieder herumgezittert, ich hab auch Auer. Ich weiß, sehende stoßen auch gegen Türen und treten auch in Hundehaufen, aber ich bin als Kind und auch als Erwachsene, wenn ich nicht wusste, dass die Tür von irgend jemandem wieder nur halb offen gelassen wurde, schon so heftig gegen eine Tür gelaufen, dass ich eine Platzwunde am Kopf hatte. Und dann frage ich mich auch, wieso die sich dann erkundigen, ob ich irgendwelche speziellen Markierungen an der Tür habe, und warum sie die dann nicht auch hinmachen, wenn es ihnen doch genauso geht. Ich hab ja nichts dagegen, wenn Fragen gestellt werden, und ich erkläre auch gerne, aber mittlerweile habe ich dazu keine Lust mehr, wenn man die Antwort nicht einfach mal stehen lassen kann und als Information über die Lebensrealität einer behinderten Person nehmen kann. Auf jeden Fall half sie dann auch meiner Freundin, denn die wollte mit einem Programm etwas überweisen, aber die Bank, zu der sie es überweisen wollte, hatte eine nicht barrierefreie Seite. Selbst ich, die ich kein Holländisch verstehe, habe die Frau am anderen Ende verstanden, die ziemlichen Blödsinn von sich gab. Sie hat eigentlich nur abgewiegelt und sie abgewimmelt, bis dann die Assistentin eingegriffen hat und mit ihr sprach, ab da hatte sie sich zumindest bereit erklärt, das Problem weiterzugeben. Ich habe mir die ganze Zeit an den Kopf gefasst und an die Stirn getippt, die Frau soll sogar gefragt haben, ob meine Freundin überhaupt ihr Handy geladen hatte. Auf jeden Fall hat meine Freundin oft ähnliche Probleme wie ich mit dem Handy, und ich habe auch erlebt, dass sie oft genauso stinksauer wurde und rief, das Ding fliegt jetzt gleich gegen die Wand. Die Assistenz hat dann wunderbare Pfannkuchen gemacht, wir hatten Pilze, Zwiebeln, Käse und Paprika, es war wirklich ganz wunderbar, und einige davon aßen wir später dann mit Apfelbrei. Richtig gute selbst gemachte Pfannkuchen zu essen ist schon etwas Besonderes. Beinah wäre die Assistenz krank gewesen, sie war nämlich erkältet, aber sie ist nur wegen uns gekommen, damit sie uns mit den Pfannkuchen nicht hängen lässt. Das hat man auch nicht oft. Sie war wohl hinterher noch ziemlich krank, hat mir meine Freundin dann noch erzählt. Zwischenzeitlich habe ich dann auch meine Freundin interviewt, da sie ja zwei Bücher geschrieben hat , und da wir ja beide bei den blinden Autoren sind. Das Interview haben wir jetzt in zwei Teile geschnitten, sodass der eine Teil über sie in der einen Sendung und der andere über die blinden Autoren in der anderen kommt. Es hat ziemlich lange gedauert, die Datei zu bearbeiten, aber es hat sich dann gelohnt. Am Freitag sollte ein Bekannter von meiner Freundin kommen, denn wir wollten schauen, ob schon Angebote für Smartphone -Uhren im Rahmen von Black Friday im Angebot sind. Er hat auch unbedingt mit uns essen gehen wollen, sodass wir in ein Schnellrestaurant gingen, um dort asiatische Panierte Scheiben zu essen, die man in bestimmte Ketschupsorten eintauchen kann mit oder ohne Pommes. Das habe ich noch nie probiert, so dachte ich, dann nimmst du am besten eine Scheibe und Pommes. Er ging also mit uns los, sie sagte schon, dass er eine Behinderung hätte und dadurch kognitiv eingeschränkt sei. Er meinte, ich solle mich bei meiner Freundin festhalten, da er nicht zwei blinde führen könnte. Als wir Dorn in dem Restaurant waren, organisierte er das Essen und auch das Wasser für uns, behielt es aber bei sich und sagte, das kriegt ihr erst, wenn das Essen kommt, sonst habt ihr ja schon alles leer getrunken. Ich dachte mir, rutsch mir den Buckel runter und schnappte mir das Wasser. Ich bin doch kein Kleinkind. Ich fragte ihn dann, wie denn das Restaurant hieße, da fuhr er mich an, ich kann doch nicht alles wissen. Ich fand ihn nicht sehr sympathisch. Danach gingen wir los zu einem Geschäft, wo sich meine Freundin eine dieser Uhren anschauen wollte. Darin war es so heiß, und ich hatte immer noch solchen Durst, und ich hatte meine Jacke an, wir mussten ewig lange stehen, es dauerte ewig, bis man bedient wurde. Die Leute wurden ewig lange beraten und ließen sich sehr lange Zeit für Ihre Auswahl. Es war wie auf einer Bank oder einer Sparkasse. Dann ermahnte er uns auch noch, wir sollten leise sein, ich kam mir vor wie ein kleines Kind, dem man den Mund verbietet. Ich habe nicht verstanden, warum wir hier flüstern müssen, wobei er selbst nicht flüsterte. Wir standen ewig lange in der Schlange, und ich sagte irgendwann, ich kann nicht mehr stehen. Da schimpfte er, warum ist die denn dann überhaupt mitgegangen, wenn sie nicht stehen kann? Er selbst hätte eigentlich auf Toilette gehen müssen, da hätte er eigentlich auch rausgehen können, und dann hätten wir draußen warten können, bis meine Freundin fertig ist, oder er hätte ja mal schnell für uns nachfragen können, ob derlei Angebote bereits verfügbar sind, dann wären wir schnell wieder weg gewesen. Das hätte man auch mal zwischen rein fragen können. Ich war zumindest fast am durchdrehen, weil ich nicht mehr stehen konnte. Wir baten dann um einen Hocker, und der Verkäufer war unheimlich nett, während er meine Freundin beriet. Leider gab es sowieso noch keine Angebote mit Vergünstigung. Sie musste also die Woche drauf noch mal kommen. Er verkündete aber gleich, er könne da nicht, weil bei ihm im Haus renoviert würde, als ob er da mitarbeiten müsste. Das ist dann immer für uns blinde ein Problem, wieder jemand zu finden, der noch mal mit uns wohin geht. Ihr neues Konto war auch noch nicht aktiviert, da hätte sie auch fast noch einmal in die Stadt gehen müssen. Zum Glück konnte sie wenigstens ihren Account aktivieren, weil der Mann, bei dem sie das in dem Laden tat, meinte, sie solle später noch mal kommen und jetzt erst mal Besorgungen machen, und dann könne sie ihr Telefon später bringen, es wäre dann alles aktiviert. Die beiden wollten dann zum Einkaufen gehen, und der Mann erklärte mir, du wartest draußen , wir gehen einkaufen, du musst vor der Tür sitzen bleiben. Und da es keine Bank mehr gab, auf die ich mich hätte hinsetzen können, musste ich auch noch die ganze Zeit stehen, bis sie wieder rauskamen. Ich wollte dann unbedingt so eine Zwiebacktrommel haben, daher ging er mit uns dann in ein billiges Geschäft, so eine Art ein Euro Laden, dort war aber die Frau extrem unfreundlich und drückte mir nur das hässlichste Teil in die Hand. Er behauptete, sie hätte gesagt, dass sie keine anderen hat, das stimmt aber nicht. Wir waren noch in anderen Läden, fanden aber absolut nichts. Ich erlebe das häufig, dass die Verkäufer zu mir nicht sehr nett sind. Aber er hat auch nicht irgendwie geholfen und gesagt, zeigen Sie uns doch einfach mal, wo die Teile stehen, dann können wir selbst schauen. Wir gingen also wieder raus, und ich habe leider nicht das gekriegt, was ich wollte. Auf dem Heimweg mussten wir dann über eine Straße und warteten, bis wir rübergehen konnten . Ein Radfahrer fuhr so dicht an uns vorbei, dass der Stock, den meine Freundin in der Hand hielt, zur Seite geschleudert wurde und mich im Gesicht traf. Ich dachte, der Radfahrer hätte mich getroffen und schimpfte wie ein Rohrspatz, was dies den solle, ich finde das eine Frechheit, wenn jemand zu dicht an uns vorbei fährt. Der bekannte meiner Freundin schimpfte dann, sie hätte ihren Stock nicht daraus zu halten brauchen, und außerdem würde ich so viel reden, und das ging ihm auf die Nerven. Ich fand diesen Typen einfach schrecklich. Ich hoffte, wenn wir zu Hause sind, dass er schnellstmöglich wieder verschwindet. Er trank dann noch seine allübliche Cola, und dann war er weg. Der Mann meiner Freundin sagte, ihn könne er auch nicht leiden. Der Typ ist tatsächlich zu dem Mann meiner Freundin und hat auf seine Sessellehne geklopft und gerufen, aufwachen, Hallo, und der Mann meiner Freundin ist aufgrund seiner Behinderung sehr schreckhaft. Ich finde das sowieso unhöflich, sich einem Menschen gegenüber so zu verhalten, der in seinem Sessel sitzt und liest, und schon gar nicht im Alter, das finde ich respektlos, dann auf dessen Sessellehne zu klopfen und ihn aufzuwecken. Später hat mir dann meine Freundin erzählt, dass dieser Mann sie mal begleitete, und als sie über diese Bahnschranke mussten, die zwischen der Innenstadt und ihrer Wohnung liegt, hatte sich die Bahnschranke bereits geschlossen, und der Typ sei mit ihr noch schnell durchgerannt, auf der anderen Seite wären sie aber nicht mehr rausgekommen, und der Zug sei schon hörbar gewesen. Sie hat wohl um ihr Leben geschrien, und sie dachte, sie würde jetzt vom Zug überfahren, und sie schrie aus Leibeskräften um Hilfe, und irgendjemand hat sie dann rausgezogen. Ich hab das dann dem anderen Typen erzählt, der so nett war, und der meinte, der hat wirklich nur Pappkarton im Kopf. Eine Zeit lang ist meine Freundin mit dem dann auch nicht mehr gelaufen. Ich war froh, dass ich den dann nicht mehr wiedersehen musste. Ich glaube, ihm ist es genauso gegangen, und meine Freundin meinte, er sei schon lange nicht mehr so pampig und unfreundlich und garstig gewesen wie bei mir. Am Samstag kam niemand, und wir haben gründlich ausgeschlafen, denn am Sonntag musste ich ja schon wieder fahren. Am Montag hatte ich zwei Termine und wollte daher am Sonntag fahren, um am Montag rechtzeitig und in Ruhe zu Hause zu sein. Leider konnte die Tochter meiner Freundin nicht kommen, sie hatte wohl irgendwie zu viel zu tun, und meine Freundin war ziemlich enttäuscht, weil sie auch die Nägel von ihr gemacht haben wollte. Ich hätte sie auch gerne mal kennengelernt. Für den Notfall war also vorgesehen, dass der freiwillige ältere Helfer dann kommen würde, um mich zum Bahnhof zu bringen. Zum Glück haben wir den dann noch erreicht, denn ich war schon in Panik, weil er zunächst nicht geantwortet hatte, und ich dachte, ich müsse mir jetzt ein Taxi nehmen. Ob der Fahrer dann geholfen und gewartet und mich in den Zug gesetzt hätte, ist die Frage. Aber zum Glück kam dann der frühere Polizist, und er meinte, helfen sei doch so etwas Schönes, und es würde ihm Spaß machen. Eigentlich hat sich die Organisation, bei der er tätig ist, gar nicht mehr gemeldet, aber er macht trotzdem weiter. Das finde ich sehr nett. Ich habe ihn etwas versucht, über seine frühere Tätigkeit als Polizisten aus zu fragen, aber da hat er ziemlich verschlossen und abweisend reagiert, das hat mich sehr überrascht, da das nicht zu dem Rest seiner Art passte, wie schroff er meine Fragen da abgehandelt hat, wahrscheinlich wollte er diese Zeit einfach hinter sich lassen. Er war sehr nett und hat mich dann wie gewünscht in den Anfang des Zuges reingesetzt. Da beide meine Freunde ganz blind sind, hatten sie oft kein Licht an oder sogar die Rollläden zu. Es war offenbar sehr schwer, diese Rollläden runter und rauf zu machen, was sie schon häufiger reklamiert hatten, es geht aber immer wieder kaputt. Deswegen blieb die eine Hälfte des großen Zimmers immer dunkel, und ich, die ich noch etwas sehen kann und sehr visuell und nach Licht hin orientiert bin, musste immer wieder mal Licht machen , um irgendeinen Punkt zu haben, auf den ich schauen kann. Für blinde ist das dann schwierig, weil sie ja dann den Überblick verlieren, welche Schalter nun an und welche aus sind. Manche Zimmer haben ja auch zwei Schalter, wenn der eine gekippt ist, denkt man, das Licht sei aus, aber der andere Schalter wurde ja betätigt, so ist das Licht an. Ich habe immer versucht, das Licht wieder auszuschalten, aber ich lasse automatisch das Licht brennen, wenn andere Leute noch im Raum sind, obwohl ich ja eigentlich weiß, dass die sowieso nicht sehen. Aber es ist irgendwie ein komisches Gefühl, Leuten das Licht abzudrehen. Daran musste ich dann immer denken. Sie meinten außerdem, dass die Leute von der Straße immer rein sehen, und dass die wohl recht neugierig sind, was die Blinden hier so alleine machen. So etwas finde ich ziemlich spießig und gruselig, ich dachte eigentlich, dass man in Holland etwas offener ist, aber da gibt es halt auch solche Leute. Insgesamt ist die Wohnung sehr geräumig, aber einige der Räume , Bad etc. haben kein Fenster, und überall hört man dann diese laute Lüftung. Nach vorne geht die Wohnung in einen Laubengang über. Sie wäre wahrscheinlich heller, wenn die Rollläden überall ganz offen wären, aber die beiden meinen, so haben wir es wärmer und müssen nicht dauernd die Rollläden hochziehen und wieder runterlassen. Dafür habe ich zum Glück mein Smart Home, aber einer meiner Rollläden hat sich auch schon verabschiedet aus dem System und lässt sich nur noch über die Fernbedienung steuern, aber immerhin. Die Rückfahrt war dann auch ganz interessant, ich wurde überall wunschgemäß abgeholt. Das Problem war nur, dass der Zug sich irgendwo wohl gedreht hatte, und dass das, was zuvor vorne war, jetzt hinten war. Deswegen konnte mich der Umsteigehhelfer erst nicht finden, Gott sei Dank hat mir aber dann eine Frau geholfen und ihn gesucht. Ich durfte dann sogar in dem Häuschen der Bahnangestellten warten, wo es schön warm war. Auf der Rückfahrt musste ich mehrfach umsteigen, was aber relativ gut geklappt hat. Natürlich hatten wir wieder die übliche Verspätung, sodass ich zu Hause etwas verspätet eintraf. Zu Hause hörte ich dann noch am Bahnhof eine ganz lustige, komische oder vielleicht tragikomische Geschichte. Einer der Bahnbeamten erzählte dem anderen, dass ein junger Mann seinen Koffer in Berlin Gesundbrunnen vermisst hätte, dass er ihn wohl im Zug hätte gelassen. Er hat dann bei dem Fundbüro nachgefragt, und die haben das Gepäckstück sichergestellt. Was er aber nicht wusste, war, dass jedes Gepäckstück, welches alleine herumsteht, auch durchsucht wird, und so fanden sie das Gepäckstück vollgepackt mit Drogen. Er solle es sich dann in Berlin Gesundbrunnen abholen, und als er dort eintraf, musste ihm die Bahnpolizei wohl einen dementsprechend würdigen Empfang bereitet haben. Zum einen, wer ist so dämlich und transportiert einen ganzen Koffer oder Rucksack voller Drogen? Wer ist dann noch so dämlich und lässt das Gepäckstück im Zug zurück? Und wer ist dann noch so bescheuert und meldet dies als verloren beim Fundbüro? So viel Dummheit und Blödheit muss ja bestraft werden. Vielleicht war er selbst drogenabhängig, keine Ahnung. Er muss wohl ziemlich entspannt gewesen sein und auch so gewirkt haben. Vielleicht hat er im Drogenrausch dann all diesen Blödsinn gemacht. Einerseits komisch und tragisch, andererseits natürlich auch traurig, aber immerhin wurde so ein großer Drogenfund sichergestellt, und so erfährt man so nebenbei auch ganz interessante Sachen, die im Leben passieren können. Insgesamt fand ich die Reise und die Fahrt sehr schön und sehr interessant. Ich habe festgestellt, dass, was Assistenz und Elektronik angeht, meine Freundin und ihr Mann auch ganz schön zu kämpfen haben, und dass sie genau wie ich auch ziemlich auf fremde Hilfe angewiesen sind. Die Bedingungen sind oft so, dass man gar nicht alleine raus kann, oder dass es mit zunehmender gesundheitlicher Verschlechterung oder mit zunehmendem Alter zumindest immer schwieriger wird. Daher war es gut, dass wir ab und an mal eine Assistenz und eine Hilfe hatten, die einiges für uns machen konnten. Meine Freundin war aber froh, dass ich mich auch hin und wieder selbst beschäftigen konnte, da sie sich der Vorbereitung unserer Zeitschrift für die Blinden Autoren widmen musste, einen Adventskalender für uns erstellte und auch sonst sich ziemlich viel mit dem PC herumschlagen musste, und dass sie nicht die ganze Zeit über bei mir bleiben musste, weil ich mir hin und wieder auch gerne mal einen Hörfilm ansah bzw. anhörte, und die, die ich dort nicht anhören konnte, mit nach Hause nahm. Zwischendurch musste auch ich ja mal meine Nachrichten durchgehen, damit ich nicht, wenn ich zu Hause ankam, einen ganzen Berg nicht enden wollender Nachrichten abzuarbeiten hätte. Meine Katzen begrüßten mich, die kleine Katze begrüßte mich schon schreiend, und danach wich sie mir wochenlang nicht mehr von der Seite. Während meines Urlaubs hatte ich auch großes Heimweh nach meinen Katzen und fragte mich immer wieder, was sie jetzt machen, und ich freute mich sehr auf sie. Noch heute sitzt sie sehr häufig und sehr gern auf meinem Schoß, früher war sie da immer etwas zurückhaltender. Mit der Katzenbetreuerin hat alles geklappt, die beiden neuen Näpfe sind auch ganz hübsch, wenn sie auch günstiger zu haben gewesen wären, wenn man einfach zu irgend einem Baumarkt, einem Kaufhaus oder zu einem Fachgeschäft oder Gemischtwarenladen geht, um zwei Keramik Näpfe ohne das Holzgestell hätte kaufen können, das hätte dann nicht 40 € sondern vielleicht zehn Euro gekostet. Sie hat mir aber wohl die Näpfe geschenkt, dafür musste ich natürlich auch ziemlich viel pro Tag hinlegen, dass sie die Katzen betreut. Die alten beiden Näpfe, die in einem Metallgestell waren, welches nach unten hin verschlossen war und daher schnell verschimmelt, habe ich mittlerweile entsorgt. Katzen fressen auch irgendwann nicht mehr aus einem Napf , wenn er zu alt wird. Die neuen lassen sich gut reinigen, obwohl wir anfangs befürchteten, dass ich sie immer auskochen müsste. Mein Kater hat mich am nächsten Tag nochmal so richtig fest in den Schwitzkasten genommen und gebissen, er packte mich mit seinen Pfoten, hielt mich fest und bis einmal richtig fest zu, nach dem Motto, so, das ist die Strafe dafür, dass du so lange weg warst. Danach war er wieder friedlich. Aber er wollte es mir halt einfach mal gesagt haben, dass er sauer war. Am Tag meiner Abreise hat er mich auch gebissen, das hatte ich aber damals falsch interpretiert, ich dachte, er war sauer, weil ich den Bade vorlege unter ihm weggezogen hatte, aber offenbar hatte er da schon sagen wollen, dass er sauer war, dass ich weggehen würde. Die Tiere verstehen doch jede Menge mehr als das, was wir ihnen zutrauen. Zumindest bin ich froh, dass ich wieder zu Hause bin, obwohl ich gerne auch mal jemanden besuche, finde ich es doch auch insgesamt anstrengend, weil man einfach nicht in seiner gewohnten Umgebung ist, weil man anders schläft, und weil man natürlich seine Sachen auch ganz anders einräumen muss und finden muss. Zum Glück hatte ich einen ganzen Sessel für mich für die Klamotten, daneben war das Eck mit meiner Tasche, sodass ich alles bequem nach meinem System einrichten konnte und alles wiederfand, aber zu Hause ist es halt doch bequemer. Trotzdem fand ich es schön, dass wir uns mal Leif und in Farbe haben kennenlernen dürfen.

Mittwoch, 1. Januar 2025

Singwochenende

Es gibt einen Chor, der bundesweit blinde und sehbehinderte Mitglieder hat, die sich entweder treffen oder Chorprojekte online realisieren. Bei einem online Projekt habe ich bereits mitgemacht. Hierzu habe ich auch Tonspuren mit Querflöte und Gitarre eingereicht. Das Projekt konnte sich hören lassen. Dabei hat sich dann herausgestellt, dass ich im Tenor besser aufgehoben bin, den ich immer den Altweibersopran nenne. Früher sagte mir meine Chorleiterin, sie könne es nicht verantworten, mich in den Tenor zu stecken, und sie hat es auch geschafft, mich ziemlich hoch zu bringen. Aber das ist eine Weile her. „Im Alter sackt die Stimme nach unten, da kannst du nichts machen“, sagte die Organisatorin. Damit musste ich mich jetzt wohl abfinden. Ich habe auch von einer anderen gehört, die sagte, früher habe ich im Sopran gesungen, jetzt singe ich im Alt. Man könnte auch sagen, früher habe ich im Sopran gesungen, jetzt bin ich alt. Diejenigen, die früher im alt gesungen haben, werden dann immerhin sehr alt. Eine Freundin von mir ist ebenfalls in diesem Chor, und sie hat mich dazu animiert, doch einmal auf ein Chorwochenende mitzukommen. Da der Workshop in der Nähe der holländischen Grenze stattfinden würde, schlug sie mir vor, dann gleich mit ihr nach Hause zu kommen, da sie seit Jahrzehnten in Holland verheiratet ist. Bisher hatten wir ein Treffen noch nicht verwirklichen können, weil ich sehr weit weg wohne, und die Reise sehr lange dauern würde. Mittlerweile hatten wir aber so viel korrespondiert und uns so viel erzählt, dass wir uns jetzt unbedingt mal live und in Farbe treffen wollten. Für sie und ihren Mann ist es schwierig, mich zu besuchen, da ihr Mann aufgrund seines Alters und seiner Behinderungen eine so lange Reise nicht mehr unternehmen könnte. Ich hatte also über die Bahn eine Verbindung herausgesucht, und ich konnte sogar von meinem Heimatort bis zu dem Ort des Workshops komplett durchfahren. Allerdings würde ich dann relativ spät ankommen, aber der Abholdienst war auch noch bis dahin in Funktion, das hatte ich zum Glück abgeklärt. Meine Freundin hatte ihre Assistentin dabei, die mittlerweile aber schon pensioniert ist und dies ehrenamtlich tat, wir teilten uns aber in ihre Unterkunft hinein. Denn dann konnte ich auch von ihr begleitet werden, und sie nahm uns nun beide in Schlepptau. Die beiden teilten sich ein Zimmer, ich hatte ein Einzelzimmer. Wir hätten auch noch jemanden für mich finden können, aber die meisten kennen sich, und mir war kaum jemand bekannt. Eine von meinen Assistentinnen, die ich mittlerweile nicht mehr habe, brachte dann laufend irgend welche Einwände daher von wegen, eine Assistenz kann doch nicht in selben Zimmer mit ihrer Kundin übernachten, die braucht doch auch mal ihre Ruhe, und diese Stadt, in der wir sein, sei doch riesengroß, und das Hotel sei doch sicher auch sehr groß. Und das sei doch für die Assistenz anstrengend, uns den ganzen Tag herum zu führen, und sie bräuchte doch auch mal Zeit für sich, und da sollten doch wir beide in ein Zimmer und die Assistenz ein Einzelzimmer nehmen lassen. Ich wusste aber, dass das nicht stimmt, denn wir waren in einem Gästehaus untergebracht, und ich weiß, wie groß eine Stadt ist und wie Nicht. Ich fragte auch noch mal sicherheitshalber meine Freundin, und die beiden kennen sich so lange und so gut, dass das für die beiden überhaupt kein Problem war. Meine frühere Assistenz arbeitet nämlich normalerweise bei jüngeren Leuten mit Mehrfachbehinderung, wo sie dann wirklich gefordert ist und sehr viel tun muss, und wo dann die Assistenten untereinander sich auch mal unterhalten möchten und Feierabend brauchen. Da ist das vielleicht ja auch noch was anderes, aber sowas hat man schon im Gespür. Den Koffer hatte ich vorher aufgegeben, danach würde er mit dem Auto mit uns nach Holland fahren. Leider war es auf der Rückfahrt nicht möglich, eine Verschickung des Koffers zu organisieren, da wir leider keine Möglichkeit fanden, von Holland aus den Koffer aufzugeben, Denn Hermes arbeitet offenbar nur in Deutschland. die Lieder hatten wir bereits zugesandt bekommen, wir konnten sie uns anhören, der Link zu den Originalinterpreten war auch dabei, die Texte wurden uns sowohl als Word Datei als auch als Datei für den Ausdruck in Blindenschrift zugeschickt. Meine Katze hatte meinen Blindenschriftdruck heruntergeworfen, daher konnte ich sie mir nicht in Blindenschrift ausdrucken, aber wir würden Sie dort sowieso in Punktschrift erhalten. Zu Hause übte ich dann am PC. Es waren vier Lieder, zuerst gefiel mir nur das eine, zwei davon fand ich ziemlich kitschig, und das andere wiederholte sich laufend. Aber ich lernte fast alles auswendig, damit ich möglichst nicht so viel in Punktschrift würde lesen müssen, da ich nicht so schnell bin, zumal ich ja die Punktschrift erst später erlernt hatte. Früher konnte ich ja noch normal , also Schwarzschrift lesen und fing erst mit 42 Jahren an, Blindenschrift zu lesen. Ich hatte also die Lieder relativ gut auswendig gelernt außer dass eine, welches mir ursprünglich nicht gefallen hatte. Das hat sich aber dann geändert. Nach einem guten Essen, bei dem ich meine Freundin noch nicht entdeckt hatte, trafen wir uns dann alle im Probenraum. Dort habe ich sie dann endlich gesehen. Wir haben uns fest umarmt und gedrückt, und ihre Begleitung habe ich dann auch gleich kennengelernt. Sie und ich saßen im Tenor, die Begleitung im Sopran. Bei uns im Tenor war ein Mann in meinem Alter, bei dem mir auffiel, dass er extrem stimmfest war, und ich sagte ihm immer wieder, du musst laut singen, du kannst dir das so schnell merken. Am Ende verließen sich alle im Tenor nur noch auf ihn, weil er so eine schöne Stimme hatte und so sicher war und alle Stücke so gut konnte. Er erzählte mir, dass er zu Hause in zwei Chören sinkt, wie ich ebenfalls Spanisch spricht, und er hatte auch sonst sehr viel Allgemeinwissen und wirkte sehr sympathisch und hatte diese schöne Stimme. Ich hätte mich fast ein bisschen in ihn verschaut, aber er hatte seine sehende Freundin dabei. Er hätte mir zumindest sehr gut gefallen. Am Ende, bevor wir alles aufgenommen hatten, ist er noch mal hingefallen, und wir hatten alle große Angst, dass er möglicherweise ausfallen könnte, und wir brauchten ihn doch so unbedingt, denn der ganze Tenor hatte sich auf ihn gestützt. Aber zum Glück hatte er sich nur etwas den Finger aufgeschürft. Der Chorleiter hatte sehr viel Geduld, und wenn er mal etwas zu bemängeln hatte, tat er das mit so viel Witz und Charme, dass wir alle lachen mussten. Er hat es wirklich gut verstanden, uns bei der Stange zu halten, dabei machte er viele Späße, ahmte Leute nach, wie zum Beispiel Horst Schlemmer, oder machte andere Witze. Außerdem konnte er wirklich alle Stimmen in jedweder Höhe singen. Begleitet hat er auch ganz wunderbar, und wenn wir reinkamen, hat er immer sehr schön auf dem Klavier improvisiert und einfach vor sich hin gespielt. Er hatte eine riesengroße Technik dabei, da stand jede Menge Zeug herum, da hätte sich keiner außer ihm ausgekannt. Es hat auch keiner irgendwohin gefasst, und er erklärte uns, dass die Sachen ziemlich teuer sind. Während der Proben ging immer jemand mit Kaffee herum, und wir erhielten kostenlos bei Bedarf immer wieder eine neue Flasche Wasser. Somit war dafür gesorgt, dass jeder genug Flüssigkeit bekam, ohne, dass man eben viel Geld ausgeben musste. Am Abend habe ich wenig getrunken, denn der Monat war sowieso schon extrem teuer gewesen, und ich dachte mir, nachdem ich sowieso fast nur Wasser trinke oder mal einen Cappuccino, und weil das Wasser beim Essen sowieso kostenlos zur Verfügung stand, sah ich nicht ein, dann in der Kneipe dafür zu bezahlen. Wir luden uns ab und zu mal gegenseitig zu etwas ein, meine Freundin teilte sich mit jemand anderem eine Flasche Wein und trank auch so mal einen Schoppen, und ich könnte mir ab und an mal einen Cappuccino, war aber ansonsten so sparsam wie möglich. Das Essen war sehr gut, die nach Speisen waren prima, und das Personal in der Küche war sehr freundlich. Unsere Begleitung half uns auch immer, sie holte uns die Sachen, manchmal kam es vor, dass sie uns nicht alles aufzählen konnte, und wir dann hinterher erst erfuhren, was es sonst noch gegeben hätte. Aber insgesamt schmeckte es sehr gut. Sie hatte allerhand mit uns zu tun, uns beide zu bewirten. Sie hatte allerdings ziemlich große Probleme, uns beide zu führen, und ich, die ich extrem ungeschickt und nicht so mobil bin, hing an dem Arm meiner Freundin und stieß an alles, was nur irgendwie in meiner Nähe war. Mehrfach hat meine Freundin mich daraufhin ermahnt, doch meinen Stock einzusetzen, aber das war manchmal gar nicht so einfach. Denn alles war ziemlich eng, und die Begleitperson war ein bisschen unsicher, uns beide zu führen. Manche haben da mehr Übung und andere weniger. Manchmal ließ ich mich aber auch von jemand anderem führen oder hangelte mich irgendwie so zur Toilette während der Pausen. Wenn zum Beispiel etwas ausgeteilt wurde wie Obst etc., musste ich schon manchmal laut werden oder wirklich mehrfach schreien, irgendwann wedelte ich dann mit den Armen hoch und runter und rief immer wieder, ich will Obst, ich will Obst, weil mich keiner gehört hat. Die vor mir fragte schon, was hast du denn geraucht, aber ich habe ihr dann erklärt, dass ich zuvor schon mehrfach gerufen hätte, und dass sich kein Gehör fand. Meinen Sitznachbarn hatten sie auch fast vergessen, aber hätte er sich so oft gemeldet wie ich, wäre ihm das sicher nicht passiert, wohingegen das bei mir, egal, wie laut ich rufe, regelmäßig so ist, und ich erst dann was bekomme, wenn ich fast die geistesgestörte mimen muss. Aber es hatte ja dann geklappt. An einem der Abende führte uns unsere Begleitung dann über einen kleinen Markt mit gebrannten Mandeln und anderen Sachen und lud uns zu gebrannten Mandeln und Kaffee ein. Das fand ich sehr nett, das hätte sie eigentlich nicht tun müssen, nachdem sie uns ja half, aber sie wollte sich wohl dafür bedanken, dass wir ihr die Unterkunft bezahlten. Sie und ich wurden nicht wirklich miteinander warm. Ich hab zum Beispiel erzählt, als ich am Tresen stand und etwas wollte, und der Mann dann etwas komisch war, und dass er nicht verstand, dass ich nicht sah, was er von mir wollte, und sie ihn gleich in Schutz nahm, mir würde man ja schließlich nicht anmerken, dass ich blind bin, und die Leute seien unsicher, die Leute seien ja hilflos, und die Leute seien unwissend, also der allübliche Kram, den ich mir jedes Mal anhören muss, wenn irgendjemand mit mir so umgeht, wie man mit anderen Randgruppen heute nicht mehr unbedingt umgehen würde. Immerhin ist man da so achtsam geworden mittlerweile, und ich soll immer noch für jeden Mist Verständnis haben. So schlimm war es zwar nicht, aber trotzdem hat es mich gestört, dass er nicht die Geduld hatte und das nicht verstand, dass ich irgend was nicht gesehen habe. Wir waren ja alle blind, und wir alle sind ja ab und zu mal zum Tresen bekommen und wollten irgendwas. Da hat er gemerkt, dass es sich um eine Gruppe blinder handelte. Auch hat sie mit mir zu diskutieren angefangen, weil ich sagte, es gibt Menschen, die nicht so behindert sind wie ich, und die brauchen nicht so zu tun, als ginge es allen Menschen überall immer gleich, und die haben kein Recht, sich mit mir ständig gleichzusetzen. Eine Frau, die mir sagt, ich hab auch Kinder, handelt wirklich unangemessen, denn Kinder gehen aus dem Haus, eine Behinderung nicht, und auch wenn man die Kinder alleine großziehen muss, würde ich lieber mit ihr tauschen als umgekehrt. Aber sie behauptete, jeder hat doch irgendwas, und man weiß doch nicht, was die Leute hinter den Kulissen alles haben. Damit setzt man aber voraus, dass jemand, der blind oder krank ist, sonst nie was anderes hat und sonst keine anderen Sorgen hätte. Aber so gerecht ist die Welt nun mal nicht verteilt. Das können aber viele nicht nachvollziehen. Es sind nicht alle Päckchen gleichgroß, und deswegen machen es manche besser und manche nicht so gut, was nicht daran liegt, dass manche schwächer sind, sondern dass manche eben einen Haufen zu schleppen haben, wohingegen andere vielleicht mehr Glück haben. Die brauchen sich dann aber nicht so hinzu stellen und sagen, sie mal, mir geht es doch auch so, und ich schaffe es doch auch. Das finde ich dann halt nicht gerecht. Nur das will ich erreichen oder bezwecken, und nur das will ich damit sagen. Es war um meine Katzenbetreuerin gegangen, die hatte nämlich in einer Nachricht gemeint, der Napf meiner Katzen sei verschimmelt, sie habe neue gekauft, und ich sagte, das verschimmelt nach einer Weile genauso, denn das könne ich so oder so nicht sehen, und wie soll ich denn das machen, und als blinde sei das doch alles sehr schwierig, und da fing sie an, ja sie habe ja auch mehrere Kinder, und das sei ja auch nicht so einfach usw. da habe ich der aber ein paar Takte erzählt und gesagt, die Gesundheit ist das wichtigste, was jemand hat, und man könne Kinder doch nicht mit Krankheiten vergleichen. Und sofort. Wenn die Kinder oft wüssten, dass die mit einer Krankheit oder einer Behinderung verglichen werden, ich glaube, die würden sich schön bedanken. ich finde es schwer, manche Dinge zu bewerkstelligen, wenn man das nicht sieht, und wenn dann auch noch die Gefahr von Schimmel oder sonstigen Dingen besteht. Das hat die Begleitung mitbekommen und gemeint, das ging ja wohl zu weit, ich könne doch anderen nicht das Recht absprechen, dass sie Probleme hätten. Ich sage auch nicht, dass sie keine haben, aber sie haben schlimmstenfalls andere und bestenfalls nicht ganz so viele. Und das muss man ja wohl auch noch sagen dürfen. Sie hat uns aber schön nach Hause dann gefahren und bei meiner Freundin abgeliefert, und insgesamt hat sie uns auch gut begleitet. Am Sonntagmorgen haben wir dann alles aufgenommen, und wir haben auch die einzelnen Stimmen noch aufgezeichnet, falls sie mal gebraucht werden, damit andere sie üben können, wenn man sie ihnen vorab zusendet. Ich war schon aufgeregt, weil es hieß, man dürfe keinen Ton von sich geben. Auch würde ja der Alarm für die Tabletten losgehen, ich hatte das auch extra gesagt, aber als es Zeit war, hat keiner irgendwie was gesagt. Ich hab sie dann trotzdem genommen, nachdem einige Leute auch ihre Flaschen ein paarmal umgeworfen hatten, deswegen war mir das dann egal, schließlich müssen sie ja eingenommen werden. Danach hat dann der Chorleiter gefragt, da war doch jemand, die Tabletten nehmen wollte, ich meinte, das habe ich jetzt schon gemacht. Das ist schwierig, wenn man keinen Laut von sich geben darf, andererseits hatten sie aber auch Glocken im Hintergrund, und die könne man dann rausfiltern, hieß es. Das würde mich mal interessieren, wie man das macht, denn wenn etwas auf der Aufnahme ist, ist es eigentlich drauf. Wahrscheinlich kann man das runterdimmen . Gehört hat man die Glocken oder andere Geräusche jedenfalls nicht, wir haben mittlerweile die Ergebnisse, und sie klingen sehr gut. Ich mache ja auch häufig Tonbearbeitung, aber ich wüsste nicht, wie man Nebengeräusche rauskriegt. Die haben das aber wirklich gut zusammengeschnitten, auch das Lied, welches wir eigentlich nicht offiziell gespielt haben, wurde noch zugeschnitten, als hätten wir das so gespielt. Wir hatten eigentlich nur drei Lieder geschafft, bekamen aber dann doch vier Stück. Insgesamt hat es viel Spaß gemacht. Ich fand sogar dann das Stück, welches mir am Anfang am wenigsten gefallen hat, am Ende das beste. Das war wirklich etwas, was richtig Schwung hatte, und es hat richtig Freude gemacht, es einzusingen. das Hat dann riesengroßen Spaß gemacht, und es war sehr entspannt, mit der vorbereiteten Musik mit zu singen, was normalerweise ein ziemlicher Stress ist, da die Musik ja gnadenlos weiterläuft. Hier war es aber im Gegenteil so, dass es eher half, weil man dann immer wusste, wo man war, was genau man zu singen hat, und in welcher Tonart es jetzt weitergeht. Zuvor habe ich schon mal mit Hintergrundmusik gesungen, das ging dann damals so schnell, dass man eher verunsichert wurde. Das war diesmal nicht der Fall. Am ersten Abend hatte ich erst mal kaum Kontakte, so saßen meine Freundin und ich da und unterhielten uns. Beim zweiten Abend war es dann besser, so hatte ich mich mit einigen Leuten unterhalten. Auch saß ich mit einer Frau zusammen, von der ich mal ein Buch kostenlos überlassen bekommen hatte, wir hatten damals auch einen Briefwechsel per E-Mail, der dann aber eingeschlafen war. Ich fand sie dann aber nicht sonderlich nett, denn ich hatte ihr im Lauf der Unterhaltung erzählt, dass manche Leute so doof sind, weil mir einer meiner Mobilitätslehrer einmal ein Töpfchen mit Fett für meine Stockspitze gab und meinte, hier, ein Fettnäpfchen, du trittst doch so gerne ins Fettnäpfchen, und den hat sie dann auch noch in Schutz genommen. Ja, das sei doch schließlich kein Psychologe. Muss man da erst Psychologie studiert haben, dass man sowas nicht sagt? Ich verstehe nicht, wie man jeden, der jeden Mist erzählt, immer in Schutz nehmen kann, wenn ich mir solche Beleidigungen anderen gegenüber erlauben würde, dann wär aber was los. Außerdem meinte sie, siehst du, andere haben auch Probleme, und eine Krankheit ist nur eine Frage der Bewertung. Ich finde das unsinnig, denn wenn jemand also seinen Schnupfen so hoch bewertet wie beispielsweise Krebs, heißt das nicht, dass Schnupfen tatsächlich so schlimm ist, und wenn jemand eine schwere Krankheit hat, dann würde jeder diese als schwer bewerten, es gibt objektive Kriterien. Zehn Jahre Dialyse sind nicht etwas, was man als leichten Husten oder als vergleichbar mit Windpocken bewerten könnte. Ich verstehe nicht, warum ich da so ganz anders denke als andere Menschen. Ich sagte ihr dann, stell dir mal vor, du hättest Krebs, würdest du dann auch noch so reden und sagen, es ist alles nur eine Frage der Bewertung? Da wurde sie böse und meinte, sie habe ein erhöhtes Krebsrisiko, und sie hätte keine Lust mehr, darüber zu diskutieren. Also, dann ist doch das mit der Bewertung, was sie da behauptet, schon widerlegt. Mich ärgert das immer, denn ein Osteopath meinte mal in einem Vortrag , er würde die Leute fragen, woher sie diese oder jene Operationsnarbe hätten, und diese Leute hätten das dann oft vergessen, was da gemacht wurde. Daraufhin meldete ich mich und sagte, wie kann man denn vergessen, woran man operiert wurde, ich habe zum Beispiel eine Niere transplantiert bekommen, das vergisst man doch nicht. Da haben alle einhellig gemeint, das sei eine Frage der Bewertung, für den einen sei es viel, für den anderen wenig. Das ist eine Einstellung, die ich einfach nicht verstehen kann, und wo ich völlig anders denke als normale Menschen. Ich glaube schon, dass man das nicht vergessen kann. Dass es Leute gibt, die das Datum ihrer Transplantation nach vielen Jahren vergessen, kann ich mittlerweile verstehen, aber dass man vergisst, woher die Nabe kommt, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann mir das nur vorstellen, wenn es eine Nabe ist von einem Sturz oder einem Fahrradunfall, deren viele Menschen ja viele haben. Aber die Nabe am Hals, wo man mir die Schilddrüse entfernt hat, die würde ich doch nicht vergessen. Man muss ja schon dement sein, dass man solche Sachen nicht mehr weiß. Da müsste man ja ein Buch mitführen, wenn man mal zum Arzt geht, und der eine Anamnese mit einem durchführt. Ich denke jetzt auch nicht den ganzen Tag, ich bin transplantiert, und ich zähle jetzt nicht den ganzen Tag meine Operationsnarben, aber trotzdem finde ich es objektiv, welchen Stellenwert bestimmte Sachen haben, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei anderen anders ist. Deswegen ärgern mich solche Dinge immer, weil es dann so scheint, als seien Dinge eigentlich nie per se gut oder schlecht oder schlimm oder weniger schlimm, sondern es sei lediglich der Wert, den ein schwaches oder stärkeres Individuum Ihnen gibt. Damit wird alles auf das Individuum geschoben, und dagegen möchte ich mich verwahren. Aber das sind Diskussionspunkte, wo ich immer wieder mit anderen aneinandergerate.. Ich hatte auch eine ziemlich merkwürdige Frau getroffen, die einen ziemlich seltsamen Namen hatte. Ich fragte sie, woher der Name käme, und sie wurde böse und meinte, warum muss denn ein Name immer aus dem Ausland kommen, schließlich kommt ja Marcel oder Dennis oder was auch immer aus dem Ausland. Aber ich fand ihren Namen schon extrem merkwürdig, und ich wollte einfach wissen, weil ich von Haus aus neugierig bin, wo der Name her war. Aber nachdem sie sich so stur stellte, sagte ich, lass bleiben, ich streite mich doch nicht rum. Sie hat dann schon gemerkt, dass das ein bisschen über dem Durchschnitt war, wie sie reagiert hat, und das hat ihr dann wohl leid getan. Ich habe aber dann später von Leuten erfahren, dass sie diesen Namen erfunden hatte, und dass sie mit vielen Leuten so umgeht, und dass viele mittlerweile schon einen Bogen um sie machen, weil sie die Leute oft so schroff angeht. Und ich dachte, es habe mal wieder an mir gelegen. Ich hätte sie auch wesentlich jünger geschätzt, denn sie machte auf mich einen sehr jugendlichen Eindruck. Aber sie scheint wohl bekannt zu sein und muss manchmal mit Vorsicht betrachtet werden. Mittlerweile gab es wieder ein Onlineprojekt, das war aber mit Synthesizer und leider nicht mit natürlichen Instrumenten, und meine Produkte aus Gitarre und Querflöte wurden leider nicht gebraucht dieses Mal. Ich hab dann selbst was produziert, aber das fand dann nicht wirklich gefallen. Entweder, man sagte mir dies ehrlich, oder ich bekam erst gar keine Reaktion. Ich habe es auch nur ein paar Leuten zugesendet. Vielleicht mache ich mal wieder bei einem solchen Wochenende mit, aber es ist auch teuer, auch wenn es insgesamt natürlich so günstig wie möglich gehalten ist, nur muss man es sich halt auch leisten können, und ich hatte ja noch den Punktschrift Brugger zu reparieren, den meine Katze bei ihrem Schreckenssprung vom bei Stellcontainer gefegt hatte. Ich habe das jemandem gesagt, und die hat dann natürlich auch wieder nicht locker gelassen und gemeint, ja, sie hätte auch nur Grundsicherung, und sie würde das auch machen, sie habe erst ein neues Smartphone gebraucht, und sie hätte sich das trotzdem leisten können, und wenn man will, geht das auch. Bei mir gibt nie jemand mal nach. Wenn ich jetzt gesagt hätte, ich habe fünf Kinder zu ernähren und drei Katzen und noch einen kranken Opa, hätte sie bestimmt auch noch weitergemacht, dass sie das auch alles hat, und dass sie trotzdem das Geld aufbringt. Man weiß doch nicht, welche Prioritäten jemand hat, welche anderen Verpflichtungen, Außenstände oder Forderungen und Verbindlichkeiten ein Mensch sonst noch hat. Das ist ja schön, wenn jemand das so hinbekommen kann, aber man kann doch nicht immer so unerbittlich und gnadenlos sein, man muss doch auch mal nachgeben und was stehen lassen und einfach sagen: ach so, na dann, das ist ja dann auch was anderes. Aber das macht man bei mir nicht. Deswegen glaube ich ja, dass ich verhext bin. Ich möchte mal mit einem nicht diskutieren sondern jemanden, der einfach sagt: ja stimmt, ach so, dann hast du natürlich recht. Aber das macht bei mir nie einer, da könnte ich so gut argumentieren und so schlüssige Begründungen bringen, wie irgend möglich, aber es geht nicht, weil ich eben verhext bin. Deswegen überlege ich es mir dann, auch wenn ich es mir leisten könnte, dreimal, ob ich immer so gerne unter die Leute gehe. Aber der Gesang hat schon großen Spaß gemacht.

Kirchweihbesuch

Jedes Jahr ist im Nachbarort die Kirchweih, und mit verschiedenen Gruppen war ich auch immer dort. Sie haben jedes Mal handwerklich sehr wunderschöne Dinge. Auch hatte ich mir zum Beispiel ein paar Jogginghosen gekauft, die an der Seite einen Streifen aus glitzernden Perlen haben, und ich wollte noch mal so eine Hose. Leider haben wir natürlich diesen Stand nicht wieder gefunden, aber wir hofften, etwas Ähnliches zu sehen. Da ich laufend meine Ohrringe verliere, weil sie mir irgendwo runter fallen, und ich dies erst zu Hause bemerke, wollte ich mir in die oberen zusätzlichen Ohrlöcher Piercings einsetzen lassen. Denn diese werden ja hinten regelrecht verschraubt. Die hätte ich mir nicht mal mehr extra stechen müssen. Außerdem wollte ich mich noch zusammen mit der Assistenz mit einem Ehepaar treffen, die neu in unsere Gegend gekommen waren, und die noch nichts von der Kirchweih und dem traditionellen Besuch von uns Blinden mit verschiedenen Gruppen wussten. Die Assistenz wollte zunächst nicht so recht und meinte, wir haben doch ausgemacht, dass wir zusammen einfach über den Markt gehen, aber ich sagte, ich bin die Kundin, und das ist mein Wunsch. Ja, dann sagen wir kurz Hallo und gehen dann aber wieder eigene Wege. Es wäre eigentlich geplant gewesen, dass wir dann irgendwann zusammen essen, denn das ist ja dann auch meine Entscheidung, ich muss ja nicht vorher schon ausmachen, dass ich mich nur dann und genau dort mit wem auch immer treffe, die Assistenz ist ja für meine Freizeitbegleitung und für die Verwirklichung meiner Teilhabe zuständig, und dazu gehört auch, mir ein Treffen mit anderen Leuten zu ermöglichen, wie ich das will. Ich bat sie also, dass wir schnell stehen bleiben und die Leute anrufen, aber sie wollte erst mal auf das Gelände gehen. Wir haben dann die Leute zum Glück zufällig getroffen. Leider konnten wir mit ihnen nicht essen gehen, weil wir nichts Geeignetes fanden, ich esse ja kein Fleisch, und dort gab es überwiegend Fleisch oder in Fett heraus gebratene Süßigkeiten, und diese Art von Teig kann ich nicht wirklich ausstehen. Somit entschieden wir uns, nachdem wir noch mal kurz mit ihnen telefoniert haben, dass wir weiterhin unserer Wege gehen, und sie nun nach Hause gingen. Wir haben unterdessen dann einen Stand mit Piercings gefunden, und ich fand auch ein schönes Paar Ohrringe, und wenn man zwei Ohrringe nahm, und das war ja bei einem Paar der Fall, bekam man das Einsetzen auch umsonst. Ich ging also mit dem man in seinen Wohnwagen und setzte mich auf die Liege. Er wollte mir zunächst nicht glauben, dass man die Piercings nicht neu stechen muss, denn diese zusätzlichen Ohrlöcher hatte ich schon über mehrere Jahrzehnte nicht mehr benutzt. Ich fühlte aber, dass sie noch gehen, dass eine ging zumindest noch rein. Bei dem anderen meinte er, das muss ich Ihnen neu stechen. Dann hätte ich aber diese Ohrringe erst nach ein paar Wochen einsetzen können und hätte zunächst medizinische Ohrringe tragen müssen. Ich sagte ihm Nein, das muss funktionieren. Er habe ja schon 15 Jahre Erfahrung, er wisse, dass das nicht geht. Ich nahm den anderen unteren Ohrring heraus, der auch noch in meinem Ohrläppchen war, und mit einem Mal konnte er das Piercing korrekt in das gewünschte Loch einsetzen. Gesagt hat er aber nichts mehr. Ich bin zumindest sehr zufrieden, bisher halten sie, wenn auch das keine Garantie ist, aber es ist besser als die kleinen Stecker, die man nur so notdürftig draufschraubt. Wenn ich mal in den Kernspin muss, müssen wir sie halt herausnehmen, dann hoffe ich, dass sie nicht verloren gehen. Wir haben dann doch noch etwas Nettes zu essen gefunden, ich hab dann Apfelpfannkuchen genommen , die mag ich ganz gerne, und ich habe mir noch ein paar schöne bessere und stabilere Hausschuhe gekauft. Letztes Jahr hatte ich mir welche ohne Sohle ausgesucht, dieses Mal haben sie eine dicke Gummisohle, man könnte die Lammfellschuhe theoretisch auch draußen anziehen, wenn man sie einsprüht . Sie halten schön warm, und selbst dann, wenn ich in der Küche über nassen Boden gehe, löst sich die Sohle nicht ab. Wir haben auch noch ein schönes Ausweismäppchen gefunden. Denn meine Brieftasche, die ziemlich teuer war, und die eine lebenslange Garantie hat, hat sich an dem Teil mit der Klarsichthülle in Wohlgefallen aufgelöst. Für mich ist es wichtig, eine Brieftasche möglichst lange zu haben, weil ich ja nicht sehe, wie die Karten aussehen, und welche Karte ich habe, und ich mir daher exakt merken muss, wo ich was in welches Fach hineingesteckt habe. Wenn ich da jedes Jahr eine neue Brieftasche kaufen muss, muss ich mir das jedes Mal wieder neu merken und verwechsle dann alles. Deswegen wollte ich eine, die ein Leben lang hält. Ich hab mich dann endlich mal dazu durchgerungen , die Brieftasche auszuräumen , den Inhalt in einen alten Geldbeutel umzusiedeln und die Brieftasche einzuschicken. Dazu musste ich sie erst mal ins Geschäft tragen, ich erhielt dann einen Zettel und das Versprechen, dass man mich anrufen würde. Da sich auch nach einem Anruf nach einer Woche und dann nach weiteren drei Wochen immer noch nichts getan hatte, habe ich mich also entschieden, auf der Kirchweih doch noch eine zweite zu kaufen. Ich erhielt sie billiger zum Messepreis, und sie gefiel mir sehr gut. Als ich aber dann zu Hause meine Sachen hineinstecken wollte, stellte sich heraus, dass kein einziges Teil hineinpasste, sondern alles, wie auch immer ich es hineinsteckte, um einen halben Zentimeter zu groß war. Ich war natürlich am Boden zerstört. Einen Tag, nachdem ich mir diese Ersatzbrieftasche gekauft hatte, klingelte dann das Telefon, die alte Brieftasche sei nun wieder vollständig repariert, denn als ich sie eingeliefert hatte, sagte man mir, es könne durchaus möglich sein, dass sie nicht wieder herzurichten sei. Ich war wirklich sauer. So ein Pech kann wirklich nur ich haben. Der Kauf der Brieftasche auf der Kirchweih war also tatsächlich völlig unnötig gewesen, da strickt einem das Leben wirklich die Zunge raus, wenn dann genau einen Tag später der ersehnte Anruf kommt, dass nun doch alles repariert werden konnte, und das Ersatzteil, was man sich dann schnell besorgt hat, noch nicht mal passt. Aber ich hatte dann doch noch Glück im Unglück, eine Freundin von mir brauchte eine schöne Brieftasche und hat mir die von der Kirchweih abgekauft. Sie findet sie sehr geräumig. Sie ist in der Tat auch geräumig, aber einfach nur zu kurz. Das nächste Mal muss ich halt alles ausprobieren , rausholen und alles reinstecken, um zu schauen, ob es auch wirklich passt. Aber ich hoffe, dass die alte Brieftasche jetzt so schnell nicht wieder kaputt geht. Die Verkäuferin hat mir aber leider die Rechnung nicht mehr mitgegeben, ich hab nur den Beleg, dass ich sie einmal habe reparieren lassen. Ich fragte nach, wo denn nun die alte Rechnung sei, ob ich diese ihr denn nicht gegeben hätte, aber Sie war etwas genervt und meinte, dass man doch daran, dass ich sie habe reparieren lassen und anhand der Marke schon sieht, dass ich eine lebenslange Garantie habe. Ich bezweifle aber, dass ich, wenn das Teil noch mal kaputt geht, noch mal eine Reparatur bekomme. Irgendwie ist die Rechnung verloren gegangen, obwohl ich sie damals extra kopiert hatte, da das Thermopapier, welches ich beim Kauf erhalten hatte, ja nach einer Weile verblasst. Die Kopie der Rechnung hatte ich dorthin mitgenommen, habe aber vergessen, vor lauter Zettel oder Abholscheinen , die ich ja alle nicht wirklich optisch unterscheiden kann, wo ich letztendlich die Kopie der Rechnung gelassen hatte. Ich hoffe also, dass das Teil nicht noch mal kaputt geht, und wenn, dass trotzdem die Brieftasche dann auch wieder repariert wird. Auf jeden Fall ging dann doch noch alles gut aus. Insgesamt hat es mir wieder gut auf der Kirchweih gefallen, leider bekamen wir keinen Zwiebelkuchen, obwohl das mein Lieblingskuchen ist. Den hatte ich ja dann zum Glück doch noch gekriegt, als ich mit meiner Assistenz zu der Ausstellung fuhr, bei der eine Wohnung für alte Menschen vorgestellt wurde mit verschiedenen neuen Technologien. Auf dem Rückweg zum Bahnhof, als wir an diesem Kaffee vorbeikamen, wo ich noch schnell etwas zu essen holte, hatten sie einen guten Zwiebelkuchen. Ich kann nur hoffen, dass sie nächstes Jahr wieder schöne Leggings haben, denn dann werden die anderen sicher schon kaputt sein, so teuer waren sie ja nicht mit 15 €. Die Ohrringe habe ich immerhin noch.