Mittwoch, 1. Januar 2025
Singwochenende
Es gibt einen Chor, der bundesweit blinde und sehbehinderte Mitglieder hat, die sich entweder treffen oder Chorprojekte online realisieren. Bei einem online Projekt habe ich bereits mitgemacht. Hierzu habe ich auch Tonspuren mit Querflöte und Gitarre eingereicht. Das Projekt konnte sich hören lassen. Dabei hat sich dann herausgestellt, dass ich im Tenor besser aufgehoben bin, den ich immer den Altweibersopran nenne. Früher sagte mir meine Chorleiterin, sie könne es nicht verantworten, mich in den Tenor zu stecken, und sie hat es auch geschafft, mich ziemlich hoch zu bringen. Aber das ist eine Weile her. „Im Alter sackt die Stimme nach unten, da kannst du nichts machen“, sagte die Organisatorin. Damit musste ich mich jetzt wohl abfinden. Ich habe auch von einer anderen gehört, die sagte, früher habe ich im Sopran gesungen, jetzt singe ich im Alt. Man könnte auch sagen, früher habe ich im Sopran gesungen, jetzt bin ich alt. Diejenigen, die früher im alt gesungen haben, werden dann immerhin sehr alt.
Eine Freundin von mir ist ebenfalls in diesem Chor, und sie hat mich dazu animiert, doch einmal auf ein Chorwochenende mitzukommen. Da der Workshop in der Nähe der holländischen Grenze stattfinden würde, schlug sie mir vor, dann gleich mit ihr nach Hause zu kommen, da sie seit Jahrzehnten in Holland verheiratet ist. Bisher hatten wir ein Treffen noch nicht verwirklichen können, weil ich sehr weit weg wohne, und die Reise sehr lange dauern würde. Mittlerweile hatten wir aber so viel korrespondiert und uns so viel erzählt, dass wir uns jetzt unbedingt mal live und in Farbe treffen wollten. Für sie und ihren Mann ist es schwierig, mich zu besuchen, da ihr Mann aufgrund seines Alters und seiner Behinderungen eine so lange Reise nicht mehr unternehmen könnte.
Ich hatte also über die Bahn eine Verbindung herausgesucht, und ich konnte sogar von meinem Heimatort bis zu dem Ort des Workshops komplett durchfahren. Allerdings würde ich dann relativ spät ankommen, aber der Abholdienst war auch noch bis dahin in Funktion, das hatte ich zum Glück abgeklärt. Meine Freundin hatte ihre Assistentin dabei, die mittlerweile aber schon pensioniert ist und dies ehrenamtlich tat, wir teilten uns aber in ihre Unterkunft hinein. Denn dann konnte ich auch von ihr begleitet werden, und sie nahm uns nun beide in Schlepptau. Die beiden teilten sich ein Zimmer, ich hatte ein Einzelzimmer. Wir hätten auch noch jemanden für mich finden können, aber die meisten kennen sich, und mir war kaum jemand bekannt. Eine von meinen Assistentinnen, die ich mittlerweile nicht mehr habe, brachte dann laufend irgend welche Einwände daher von wegen, eine Assistenz kann doch nicht in selben Zimmer mit ihrer Kundin übernachten, die braucht doch auch mal ihre Ruhe, und diese Stadt, in der wir sein, sei doch riesengroß, und das Hotel sei doch sicher auch sehr groß. Und das sei doch für die Assistenz anstrengend, uns den ganzen Tag herum zu führen, und sie bräuchte doch auch mal Zeit für sich, und da sollten doch wir beide in ein Zimmer und die Assistenz ein Einzelzimmer nehmen lassen. Ich wusste aber, dass das nicht stimmt, denn wir waren in einem Gästehaus untergebracht, und ich weiß, wie groß eine Stadt ist und wie Nicht. Ich fragte auch noch mal sicherheitshalber meine Freundin, und die beiden kennen sich so lange und so gut, dass das für die beiden überhaupt kein Problem war. Meine frühere Assistenz arbeitet nämlich normalerweise bei jüngeren Leuten mit Mehrfachbehinderung, wo sie dann wirklich gefordert ist und sehr viel tun muss, und wo dann die Assistenten untereinander sich auch mal unterhalten möchten und Feierabend brauchen. Da ist das vielleicht ja auch noch was anderes, aber sowas hat man schon im Gespür.
Den Koffer hatte ich vorher aufgegeben, danach würde er mit dem Auto mit uns nach Holland fahren. Leider war es auf der Rückfahrt nicht möglich, eine Verschickung des Koffers zu organisieren, da wir leider keine Möglichkeit fanden, von Holland aus den Koffer aufzugeben, Denn Hermes arbeitet offenbar nur in Deutschland.
die Lieder hatten wir bereits zugesandt bekommen, wir konnten sie uns anhören, der Link zu den Originalinterpreten war auch dabei, die Texte wurden uns sowohl als Word Datei als auch als Datei für den Ausdruck in Blindenschrift zugeschickt. Meine Katze hatte meinen Blindenschriftdruck heruntergeworfen, daher konnte ich sie mir nicht in Blindenschrift ausdrucken, aber wir würden Sie dort sowieso in Punktschrift erhalten. Zu Hause übte ich dann am PC. Es waren vier Lieder, zuerst gefiel mir nur das eine, zwei davon fand ich ziemlich kitschig, und das andere wiederholte sich laufend. Aber ich lernte fast alles auswendig, damit ich möglichst nicht so viel in Punktschrift würde lesen müssen, da ich nicht so schnell bin, zumal ich ja die Punktschrift erst später erlernt hatte. Früher konnte ich ja noch normal , also Schwarzschrift lesen und fing erst mit 42 Jahren an, Blindenschrift zu lesen. Ich hatte also die Lieder relativ gut auswendig gelernt außer dass eine, welches mir ursprünglich nicht gefallen hatte. Das hat sich aber dann geändert.
Nach einem guten Essen, bei dem ich meine Freundin noch nicht entdeckt hatte, trafen wir uns dann alle im Probenraum. Dort habe ich sie dann endlich gesehen. Wir haben uns fest umarmt und gedrückt, und ihre Begleitung habe ich dann auch gleich kennengelernt. Sie und ich saßen im Tenor, die Begleitung im Sopran. Bei uns im Tenor war ein Mann in meinem Alter, bei dem mir auffiel, dass er extrem stimmfest war, und ich sagte ihm immer wieder, du musst laut singen, du kannst dir das so schnell merken. Am Ende verließen sich alle im Tenor nur noch auf ihn, weil er so eine schöne Stimme hatte und so sicher war und alle Stücke so gut konnte. Er erzählte mir, dass er zu Hause in zwei Chören sinkt, wie ich ebenfalls Spanisch spricht, und er hatte auch sonst sehr viel Allgemeinwissen und wirkte sehr sympathisch und hatte diese schöne Stimme. Ich hätte mich fast ein bisschen in ihn verschaut, aber er hatte seine sehende Freundin dabei. Er hätte mir zumindest sehr gut gefallen. Am Ende, bevor wir alles aufgenommen hatten, ist er noch mal hingefallen, und wir hatten alle große Angst, dass er möglicherweise ausfallen könnte, und wir brauchten ihn doch so unbedingt, denn der ganze Tenor hatte sich auf ihn gestützt. Aber zum Glück hatte er sich nur etwas den Finger aufgeschürft.
Der Chorleiter hatte sehr viel Geduld, und wenn er mal etwas zu bemängeln hatte, tat er das mit so viel Witz und Charme, dass wir alle lachen mussten. Er hat es wirklich gut verstanden, uns bei der Stange zu halten, dabei machte er viele Späße, ahmte Leute nach, wie zum Beispiel Horst Schlemmer, oder machte andere Witze. Außerdem konnte er wirklich alle Stimmen in jedweder Höhe singen. Begleitet hat er auch ganz wunderbar, und wenn wir reinkamen, hat er immer sehr schön auf dem Klavier improvisiert und einfach vor sich hin gespielt. Er hatte eine riesengroße Technik dabei, da stand jede Menge Zeug herum, da hätte sich keiner außer ihm ausgekannt. Es hat auch keiner irgendwohin gefasst, und er erklärte uns, dass die Sachen ziemlich teuer sind.
Während der Proben ging immer jemand mit Kaffee herum, und wir erhielten kostenlos bei Bedarf immer wieder eine neue Flasche Wasser. Somit war dafür gesorgt, dass jeder genug Flüssigkeit bekam, ohne, dass man eben viel Geld ausgeben musste. Am Abend habe ich wenig getrunken, denn der Monat war sowieso schon extrem teuer gewesen, und ich dachte mir, nachdem ich sowieso fast nur Wasser trinke oder mal einen Cappuccino, und weil das Wasser beim Essen sowieso kostenlos zur Verfügung stand, sah ich nicht ein, dann in der Kneipe dafür zu bezahlen. Wir luden uns ab und zu mal gegenseitig zu etwas ein, meine Freundin teilte sich mit jemand anderem eine Flasche Wein und trank auch so mal einen Schoppen, und ich könnte mir ab und an mal einen Cappuccino, war aber ansonsten so sparsam wie möglich. Das Essen war sehr gut, die nach Speisen waren prima, und das Personal in der Küche war sehr freundlich. Unsere Begleitung half uns auch immer, sie holte uns die Sachen, manchmal kam es vor, dass sie uns nicht alles aufzählen konnte, und wir dann hinterher erst erfuhren, was es sonst noch gegeben hätte. Aber insgesamt schmeckte es sehr gut. Sie hatte allerhand mit uns zu tun, uns beide zu bewirten. Sie hatte allerdings ziemlich große Probleme, uns beide zu führen, und ich, die ich extrem ungeschickt und nicht so mobil bin, hing an dem Arm meiner Freundin und stieß an alles, was nur irgendwie in meiner Nähe war. Mehrfach hat meine Freundin mich daraufhin ermahnt, doch meinen Stock einzusetzen, aber das war manchmal gar nicht so einfach. Denn alles war ziemlich eng, und die Begleitperson war ein bisschen unsicher, uns beide zu führen. Manche haben da mehr Übung und andere weniger. Manchmal ließ ich mich aber auch von jemand anderem führen oder hangelte mich irgendwie so zur Toilette während der Pausen. Wenn zum Beispiel etwas ausgeteilt wurde wie Obst etc., musste ich schon manchmal laut werden oder wirklich mehrfach schreien, irgendwann wedelte ich dann mit den Armen hoch und runter und rief immer wieder, ich will Obst, ich will Obst, weil mich keiner gehört hat. Die vor mir fragte schon, was hast du denn geraucht, aber ich habe ihr dann erklärt, dass ich zuvor schon mehrfach gerufen hätte, und dass sich kein Gehör fand. Meinen Sitznachbarn hatten sie auch fast vergessen, aber hätte er sich so oft gemeldet wie ich, wäre ihm das sicher nicht passiert, wohingegen das bei mir, egal, wie laut ich rufe, regelmäßig so ist, und ich erst dann was bekomme, wenn ich fast die geistesgestörte mimen muss. Aber es hatte ja dann geklappt.
An einem der Abende führte uns unsere Begleitung dann über einen kleinen Markt mit gebrannten Mandeln und anderen Sachen und lud uns zu gebrannten Mandeln und Kaffee ein. Das fand ich sehr nett, das hätte sie eigentlich nicht tun müssen, nachdem sie uns ja half, aber sie wollte sich wohl dafür bedanken, dass wir ihr die Unterkunft bezahlten. Sie und ich wurden nicht wirklich miteinander warm. Ich hab zum Beispiel erzählt, als ich am Tresen stand und etwas wollte, und der Mann dann etwas komisch war, und dass er nicht verstand, dass ich nicht sah, was er von mir wollte, und sie ihn gleich in Schutz nahm, mir würde man ja schließlich nicht anmerken, dass ich blind bin, und die Leute seien unsicher, die Leute seien ja hilflos, und die Leute seien unwissend, also der allübliche Kram, den ich mir jedes Mal anhören muss, wenn irgendjemand mit mir so umgeht, wie man mit anderen Randgruppen heute nicht mehr unbedingt umgehen würde. Immerhin ist man da so achtsam geworden mittlerweile, und ich soll immer noch für jeden Mist Verständnis haben. So schlimm war es zwar nicht, aber trotzdem hat es mich gestört, dass er nicht die Geduld hatte und das nicht verstand, dass ich irgend was nicht gesehen habe. Wir waren ja alle blind, und wir alle sind ja ab und zu mal zum Tresen bekommen und wollten irgendwas. Da hat er gemerkt, dass es sich um eine Gruppe blinder handelte. Auch hat sie mit mir zu diskutieren angefangen, weil ich sagte, es gibt Menschen, die nicht so behindert sind wie ich, und die brauchen nicht so zu tun, als ginge es allen Menschen überall immer gleich, und die haben kein Recht, sich mit mir ständig gleichzusetzen. Eine Frau, die mir sagt, ich hab auch Kinder, handelt wirklich unangemessen, denn Kinder gehen aus dem Haus, eine Behinderung nicht, und auch wenn man die Kinder alleine großziehen muss, würde ich lieber mit ihr tauschen als umgekehrt. Aber sie behauptete, jeder hat doch irgendwas, und man weiß doch nicht, was die Leute hinter den Kulissen alles haben. Damit setzt man aber voraus, dass jemand, der blind oder krank ist, sonst nie was anderes hat und sonst keine anderen Sorgen hätte. Aber so gerecht ist die Welt nun mal nicht verteilt. Das können aber viele nicht nachvollziehen. Es sind nicht alle Päckchen gleichgroß, und deswegen machen es manche besser und manche nicht so gut, was nicht daran liegt, dass manche schwächer sind, sondern dass manche eben einen Haufen zu schleppen haben, wohingegen andere vielleicht mehr Glück haben. Die brauchen sich dann aber nicht so hinzu stellen und sagen, sie mal, mir geht es doch auch so, und ich schaffe es doch auch. Das finde ich dann halt nicht gerecht. Nur das will ich erreichen oder bezwecken, und nur das will ich damit sagen. Es war um meine Katzenbetreuerin gegangen, die hatte nämlich in einer Nachricht gemeint, der Napf meiner Katzen sei verschimmelt, sie habe neue gekauft, und ich sagte, das verschimmelt nach einer Weile genauso, denn das könne ich so oder so nicht sehen, und wie soll ich denn das machen, und als blinde sei das doch alles sehr schwierig, und da fing sie an, ja sie habe ja auch mehrere Kinder, und das sei ja auch nicht so einfach usw. da habe ich der aber ein paar Takte erzählt und gesagt, die Gesundheit ist das wichtigste, was jemand hat, und man könne Kinder doch nicht mit Krankheiten vergleichen. Und sofort. Wenn die Kinder oft wüssten, dass die mit einer Krankheit oder einer Behinderung verglichen werden, ich glaube, die würden sich schön bedanken. ich finde es schwer, manche Dinge zu bewerkstelligen, wenn man das nicht sieht, und wenn dann auch noch die Gefahr von Schimmel oder sonstigen Dingen besteht. Das hat die Begleitung mitbekommen und gemeint, das ging ja wohl zu weit, ich könne doch anderen nicht das Recht absprechen, dass sie Probleme hätten. Ich sage auch nicht, dass sie keine haben, aber sie haben schlimmstenfalls andere und bestenfalls nicht ganz so viele. Und das muss man ja wohl auch noch sagen dürfen. Sie hat uns aber schön nach Hause dann gefahren und bei meiner Freundin abgeliefert, und insgesamt hat sie uns auch gut begleitet.
Am Sonntagmorgen haben wir dann alles aufgenommen, und wir haben auch die einzelnen Stimmen noch aufgezeichnet, falls sie mal gebraucht werden, damit andere sie üben können, wenn man sie ihnen vorab zusendet. Ich war schon aufgeregt, weil es hieß, man dürfe keinen Ton von sich geben. Auch würde ja der Alarm für die Tabletten losgehen, ich hatte das auch extra gesagt, aber als es Zeit war, hat keiner irgendwie was gesagt. Ich hab sie dann trotzdem genommen, nachdem einige Leute auch ihre Flaschen ein paarmal umgeworfen hatten, deswegen war mir das dann egal, schließlich müssen sie ja eingenommen werden. Danach hat dann der Chorleiter gefragt, da war doch jemand, die Tabletten nehmen wollte, ich meinte, das habe ich jetzt schon gemacht. Das ist schwierig, wenn man keinen Laut von sich geben darf, andererseits hatten sie aber auch Glocken im Hintergrund, und die könne man dann rausfiltern, hieß es. Das würde mich mal interessieren, wie man das macht, denn wenn etwas auf der Aufnahme ist, ist es eigentlich drauf. Wahrscheinlich kann man das runterdimmen . Gehört hat man die Glocken oder andere Geräusche jedenfalls nicht, wir haben mittlerweile die Ergebnisse, und sie klingen sehr gut. Ich mache ja auch häufig Tonbearbeitung, aber ich wüsste nicht, wie man Nebengeräusche rauskriegt. Die haben das aber wirklich gut zusammengeschnitten, auch das Lied, welches wir eigentlich nicht offiziell gespielt haben, wurde noch zugeschnitten, als hätten wir das so gespielt. Wir hatten eigentlich nur drei Lieder geschafft, bekamen aber dann doch vier Stück. Insgesamt hat es viel Spaß gemacht. Ich fand sogar dann das Stück, welches mir am Anfang am wenigsten gefallen hat, am Ende das beste. Das war wirklich etwas, was richtig Schwung hatte, und es hat richtig Freude gemacht, es einzusingen. das Hat dann riesengroßen Spaß gemacht, und es war sehr entspannt, mit der vorbereiteten Musik mit zu singen, was normalerweise ein ziemlicher Stress ist, da die Musik ja gnadenlos weiterläuft. Hier war es aber im Gegenteil so, dass es eher half, weil man dann immer wusste, wo man war, was genau man zu singen hat, und in welcher Tonart es jetzt weitergeht. Zuvor habe ich schon mal mit Hintergrundmusik gesungen, das ging dann damals so schnell, dass man eher verunsichert wurde. Das war diesmal nicht der Fall.
Am ersten Abend hatte ich erst mal kaum Kontakte, so saßen meine Freundin und ich da und unterhielten uns. Beim zweiten Abend war es dann besser, so hatte ich mich mit einigen Leuten unterhalten. Auch saß ich mit einer Frau zusammen, von der ich mal ein Buch kostenlos überlassen bekommen hatte, wir hatten damals auch einen Briefwechsel per E-Mail, der dann aber eingeschlafen war. Ich fand sie dann aber nicht sonderlich nett, denn ich hatte ihr im Lauf der Unterhaltung erzählt, dass manche Leute so doof sind, weil mir einer meiner Mobilitätslehrer einmal ein Töpfchen mit Fett für meine Stockspitze gab und meinte, hier, ein Fettnäpfchen, du trittst doch so gerne ins Fettnäpfchen, und den hat sie dann auch noch in Schutz genommen. Ja, das sei doch schließlich kein Psychologe. Muss man da erst Psychologie studiert haben, dass man sowas nicht sagt? Ich verstehe nicht, wie man jeden, der jeden Mist erzählt, immer in Schutz nehmen kann, wenn ich mir solche Beleidigungen anderen gegenüber erlauben würde, dann wär aber was los. Außerdem meinte sie, siehst du, andere haben auch Probleme, und eine Krankheit ist nur eine Frage der Bewertung. Ich finde das unsinnig, denn wenn jemand also seinen Schnupfen so hoch bewertet wie beispielsweise Krebs, heißt das nicht, dass Schnupfen tatsächlich so schlimm ist, und wenn jemand eine schwere Krankheit hat, dann würde jeder diese als schwer bewerten, es gibt objektive Kriterien. Zehn Jahre Dialyse sind nicht etwas, was man als leichten Husten oder als vergleichbar mit Windpocken bewerten könnte. Ich verstehe nicht, warum ich da so ganz anders denke als andere Menschen. Ich sagte ihr dann, stell dir mal vor, du hättest Krebs, würdest du dann auch noch so reden und sagen, es ist alles nur eine Frage der Bewertung? Da wurde sie böse und meinte, sie habe ein erhöhtes Krebsrisiko, und sie hätte keine Lust mehr, darüber zu diskutieren. Also, dann ist doch das mit der Bewertung, was sie da behauptet, schon widerlegt. Mich ärgert das immer, denn ein Osteopath meinte mal in einem Vortrag , er würde die Leute fragen, woher sie diese oder jene Operationsnarbe hätten, und diese Leute hätten das dann oft vergessen, was da gemacht wurde. Daraufhin meldete ich mich und sagte, wie kann man denn vergessen, woran man operiert wurde, ich habe zum Beispiel eine Niere transplantiert bekommen, das vergisst man doch nicht. Da haben alle einhellig gemeint, das sei eine Frage der Bewertung, für den einen sei es viel, für den anderen wenig. Das ist eine Einstellung, die ich einfach nicht verstehen kann, und wo ich völlig anders denke als normale Menschen. Ich glaube schon, dass man das nicht vergessen kann. Dass es Leute gibt, die das Datum ihrer Transplantation nach vielen Jahren vergessen, kann ich mittlerweile verstehen, aber dass man vergisst, woher die Nabe kommt, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann mir das nur vorstellen, wenn es eine Nabe ist von einem Sturz oder einem Fahrradunfall, deren viele Menschen ja viele haben. Aber die Nabe am Hals, wo man mir die Schilddrüse entfernt hat, die würde ich doch nicht vergessen. Man muss ja schon dement sein, dass man solche Sachen nicht mehr weiß. Da müsste man ja ein Buch mitführen, wenn man mal zum Arzt geht, und der eine Anamnese mit einem durchführt. Ich denke jetzt auch nicht den ganzen Tag, ich bin transplantiert, und ich zähle jetzt nicht den ganzen Tag meine Operationsnarben, aber trotzdem finde ich es objektiv, welchen Stellenwert bestimmte Sachen haben, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei anderen anders ist. Deswegen ärgern mich solche Dinge immer, weil es dann so scheint, als seien Dinge eigentlich nie per se gut oder schlecht oder schlimm oder weniger schlimm, sondern es sei lediglich der Wert, den ein schwaches oder stärkeres Individuum Ihnen gibt. Damit wird alles auf das Individuum geschoben, und dagegen möchte ich mich verwahren. Aber das sind Diskussionspunkte, wo ich immer wieder mit anderen aneinandergerate..
Ich hatte auch eine ziemlich merkwürdige Frau getroffen, die einen ziemlich seltsamen Namen hatte. Ich fragte sie, woher der Name käme, und sie wurde böse und meinte, warum muss denn ein Name immer aus dem Ausland kommen, schließlich kommt ja Marcel oder Dennis oder was auch immer aus dem Ausland. Aber ich fand ihren Namen schon extrem merkwürdig, und ich wollte einfach wissen, weil ich von Haus aus neugierig bin, wo der Name her war. Aber nachdem sie sich so stur stellte, sagte ich, lass bleiben, ich streite mich doch nicht rum. Sie hat dann schon gemerkt, dass das ein bisschen über dem Durchschnitt war, wie sie reagiert hat, und das hat ihr dann wohl leid getan. Ich habe aber dann später von Leuten erfahren, dass sie diesen Namen erfunden hatte, und dass sie mit vielen Leuten so umgeht, und dass viele mittlerweile schon einen Bogen um sie machen, weil sie die Leute oft so schroff angeht. Und ich dachte, es habe mal wieder an mir gelegen. Ich hätte sie auch wesentlich jünger geschätzt, denn sie machte auf mich einen sehr jugendlichen Eindruck. Aber sie scheint wohl bekannt zu sein und muss manchmal mit Vorsicht betrachtet werden.
Mittlerweile gab es wieder ein Onlineprojekt, das war aber mit Synthesizer und leider nicht mit natürlichen Instrumenten, und meine Produkte aus Gitarre und Querflöte wurden leider nicht gebraucht dieses Mal. Ich hab dann selbst was produziert, aber das fand dann nicht wirklich gefallen. Entweder, man sagte mir dies ehrlich, oder ich bekam erst gar keine Reaktion. Ich habe es auch nur ein paar Leuten zugesendet. Vielleicht mache ich mal wieder bei einem solchen Wochenende mit, aber es ist auch teuer, auch wenn es insgesamt natürlich so günstig wie möglich gehalten ist, nur muss man es sich halt auch leisten können, und ich hatte ja noch den Punktschrift Brugger zu reparieren, den meine Katze bei ihrem Schreckenssprung vom bei Stellcontainer gefegt hatte. Ich habe das jemandem gesagt, und die hat dann natürlich auch wieder nicht locker gelassen und gemeint, ja, sie hätte auch nur Grundsicherung, und sie würde das auch machen, sie habe erst ein neues Smartphone gebraucht, und sie hätte sich das trotzdem leisten können, und wenn man will, geht das auch. Bei mir gibt nie jemand mal nach. Wenn ich jetzt gesagt hätte, ich habe fünf Kinder zu ernähren und drei Katzen und noch einen kranken Opa, hätte sie bestimmt auch noch weitergemacht, dass sie das auch alles hat, und dass sie trotzdem das Geld aufbringt. Man weiß doch nicht, welche Prioritäten jemand hat, welche anderen Verpflichtungen, Außenstände oder Forderungen und Verbindlichkeiten ein Mensch sonst noch hat. Das ist ja schön, wenn jemand das so hinbekommen kann, aber man kann doch nicht immer so unerbittlich und gnadenlos sein, man muss doch auch mal nachgeben und was stehen lassen und einfach sagen: ach so, na dann, das ist ja dann auch was anderes. Aber das macht man bei mir nicht. Deswegen glaube ich ja, dass ich verhext bin. Ich möchte mal mit einem nicht diskutieren sondern jemanden, der einfach sagt: ja stimmt, ach so, dann hast du natürlich recht. Aber das macht bei mir nie einer, da könnte ich so gut argumentieren und so schlüssige Begründungen bringen, wie irgend möglich, aber es geht nicht, weil ich eben verhext bin. Deswegen überlege ich es mir dann, auch wenn ich es mir leisten könnte, dreimal, ob ich immer so gerne unter die Leute gehe. Aber der Gesang hat schon großen Spaß gemacht.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen