Vor einigen
Wochen bekamen wir eine E-Mail, wer Lust habe, beim Katholikentag im Dunkelgang
mitzuhelfen. Da ich früher einmal hauptamtlich bei uns im Dunkelgang tätig war,
habe ich mir überlegt, ob das etwas für mich wäre. Dies ist aber körperlich
sehr anstrengend, und aufgrund meiner Dialyse kann ich das heute nicht mehr
machen. Es wurde mir auch davon abgeraten, da ich jeden Tag 1 Stunde hin und 1
Stunde zurück fahren müsste. Ich hörte, dass es beim Katholikentag einen
Begleitdienst für Behinderte geben würde. Da ich nicht weit weg wohne, dachte
ich, wenn der Katholikentag schon einmal so nah ist, könnte ich die Gelegenheit
nutzen, auch wenn ich nicht mehr Mitglied in der Kirche bin, dort vielleicht
einige Workshops zu besuchen. Ich erhoffte mir, dort einiges mit dem Thema
Kirche von unten, wir sind Kirche , Theologie der Befreiung, fairer Handel und
Dritte-Welt machen zu können.
Ich schrieb
also an die angegebene E-Mail-Adresse und bat um eine Begleitung. Eigentlich
wollte ich am 1. Juni dorthin, da dies ein Sonntag ist, und ich keine Dialyse
habe. Am 29. hatte ich mich bereits mit einer Frau verabredet, mit der ich
öfter einmal Kaffee trinke, da ich ihr einmal mit Spanisch geholfen hatte. Da
aber am Sonntag den 1. Juni nur noch ein Gottesdienst stattfinden würde, gab es
keinen Begleitdienst an diesem Tag. Ein Gottesdienst war sowieso nicht in
meinem Interesse. Somit fragte ich die Bekannte, ob wir uns an einem anderen
Tag treffen könnten, und meldete mich für den Begleitdienst am 29. Mai an. Ich
sagte der Dame noch, dass ich erst am Freitag Zeit hätte, einen Zug
herauszusuchen, da ich am Donnerstag den 22. noch unterwegs war. Die Dame hatte
mir mit ihrer persönlichen E-Mail-Adresse geschrieben. Somit hatte ich die
ganze Zeit auf diese Adresse geantwortet. Als ich nun am Freitag den 23. meine
genaue Ankunftszeit durchgab, bekam ich keine Antwort. Also schrieb ich am
Montag noch einmal hin, und erhielt eine automatisch generierte Mail, dass die
Dame bis zum 2. Juni nicht erreichbar sei. So schrieb ich zweimal an die
offizielle E-Mail-Adresse, und daraufhin schrieb sie mir zurück. Sie wolle noch
das Gleis wissen, dann würde ich abgeholt. Ich gab das Gleis durch, und
schickte auch gleich die genaue Zugnummer mit. Das Datum schrieb ich nicht mehr
dazu in der Annahme, dass wir das ja besprochen hatten, dass ich nun am 29.
kommen würde. Dies stand auch in den beiden vorherigen Mails, in denen ich nun
um konkrete Antwort bat, ob man mich abholen könnte.
Ich fuhr also
am 29. los. Eigentlich wollte ich im Zug frühstücken, wachte aber 1 Stunde zu
früh auf und dachte, es sei schon später, bis ich zu meiner Überraschung
genauer hinsah, und es erst 7:00 Uhr war. So konnte ich noch in Ruhe zuhause
frühstücken. Als ich dann in Regensburg ankam, war natürlich niemand vor Ort.
So rief ich bei der Telefonnummer an, die mir für die spontane Inanspruchnahme
des Begleitdienstes gegeben wurde. Man habe meine Ankunftszeit, wisse aber den
Tag nicht. Somit wurde ich von der Bahnhofsmission abgeholt, und musste dort
warten, bis jemand von der Malteser-Jugend zum Bahnhof kam. Dann warteten wir
noch eine halbe Stunde, bis wir endlich den Fahrdienst erhielten. In der
Zwischenzeit blätterten wir das 600 Seiten dicke Programmheft durch. Die junge
Frau, die ein freiwilliges Soziales Jahr bei den Maltesern absolvierte, konnte
nichts nach meinem Geschmack finden. Es gab neben zahlreichen Gottesdiensten,
Konzerten und Diskussionen über die Kirche zum Beispiel den Programmpunkt „Gott
loben mit afrikanischen Gesängen“. Afrikanische Musik interessiert mich sehr,
aber es hatte bereits begonnen. Dann gab es noch Gospels und Spirituals. Das hörte sich auch interessant an und war
außerdem in der Nähe des Dunkelgangs und
des Dunkelcafés. Wir ließen uns also dort hinfahren. Zu meinem Schrecken hörte
ich dann, dass der Katholikentag 25 € Eintritt kostet, für Behinderte und
Geringverdiener 20 €. Ich war ziemlich empört darüber, dass ein Mensch mit
geringem Einkommen sich so einen Tag kaum leisten kann. Ich hatte angenommen,
dass der Katholikentag umsonst sei. So habe ich die Zähne zusammengebissen und
20 € abgedrückt. Die taten mir richtig weh. Im Auto wurde dann auch meine
Eintrittskarte genau geprüft. Als wir beim Dunkelgang waren, hörte ich schon
bekannte Stimmen aus meiner eigenen Stadt, die dort Dienst taten. Wir begrüßten
uns, und dann warteten wir, bis wir in den kleinen Container gelassen wurden. Es war
ziemlich eng, es gab unterschiedliche Bodenbeläge, man hörte ein Plätschern,
und an der Wand konnte man einiges berühren. Danach wurden wir in den
angrenzenden Raum geführt, in dem das Dunkelcafé war. Dort gab es Musik und
eine kleine Bar, an der man aber stehen musste. Es gab kein Essen sondern nur
Getränke. Wir waren nur zu viert, und eine Frau neben mir behauptete laufend
steif und fest, dass sie die Frau hinter der Theke sehen könne. All meine
Erklärungen, dass dies nur ihre eigene Projektion sei, da ihr Gehirn ihr einen
Streich spielt, waren fruchtlos, denn mir glaubt ihr sowieso niemand etwas. Es
stellte sich aber heraus, dass das Lämpchen der Stereoanlage doch noch eine
Lichtquelle darstellte. Diese war aber so gering, dass man die Silhouette der
Bar Frau nicht erkennen konnte. So beschrieb die Dame munter das Aussehen der
Frau hinterm Tresen, sie habe einen weißen Pullover an. Prompt widersprach die
Dame und meinte, der Pullover sei blau. Somit war eigentlich bewiesen, dass sie
nichts sehen konnte. Dennoch beharrte sie stets darauf, und auch mein Argument,
dass sie schließlich über das Gehör die Frau lokalisieren könne, blieb
fruchtlos.. Immerhin hatte ich eine längere Erfahrung im Dunkelbereich. Und
neurologisch kenne ich mich auch ein klein bisschen aus. Auch die Dame hinter
dem Tresen bestätigte meine Theorien des Phantomsehens. Meine Begleiterin und
ich teilten uns eine Flasche Apfelsaft schorle, und sie war sehr interessiert.
Danach gingen wir aus dem Dunkelcafé und in Richtung des Konzerts. Ich war
begleitet von drei Malteser-Jugendlichen..
Alle waren nicht aus Regensburg, und so mussten wir eine Weile suchen.
Als wir dann ankamen, gefiel mir die Musik überhaupt nicht, denn es war kein
lebhafter Gospelchor, sondern eher eine Art Pop oder Soul, eher wie bei einem
Musical. Ich fand die Musik so schrecklich, dass wir entschieden, ins nächste
Café zu gehen. Wir hatten noch versucht, einige andere Programmpunkte zu
planen. Danach hätte es in der Universität einen Vortrag über Jugendliche in
Brasilien gegeben. Parallel dazu gab es eine Podiumsdiskussion über Politik der
Globalisierung. Die Helferin meinte, dass die Universität ziemlich weit weg
sei. Somit entschieden wir uns für den Polit-Talk. Es regnete, und ich hatte
meine Ballerinas an. Ich war natürlich wieder einmal naiv und dachte, beim
Katholikentag würde ich in einem Workshop sitzen und müsste nicht viel laufen.
Gott sei Dank hatte ich meine warme Jacke dabei. Das Kopfsteinpflaster war
schrecklich, meine Schuhe waren zu dünn, meine Einlagen zu dick, und ich kippte
dauernd aus meinen Schuhen. Wir liefen fast eine Dreiviertelstunde, und es war
extrem ermüdend. Als ich dort ankam, war ich nur noch am Klagen. Natürlich
kamen wir eine halbe Stunde zu spät, und so konnte ich nur noch die letzte
halbe Stunde der Diskussion mitverfolgen. Es gab einen Schichtwechsel, und nun
wurde ich von zwei Herren begleitet. Einer von beiden hatte eine
Katholikentags-App, und er meinte, es
gebe sehr viele Workshops. Allerdings konnte auch er nichts finden, was
zeitlich passte. Es hätte noch eine Diskussion über katholische Frauen in der
Politik an der Universität gegeben. Aber das war zu weit, und da hätte ich
zuvor in den Vortrag über Jugendliche in Brasilien gehen müssen, um nicht
solche weiten Wege zu haben. Da der Programmpunkt „Gott loben mit afrikanischen
Gesängen“ nochmals stattfand, entschieden wir uns dafür, dorthin zu gehen. Wir
wurden einmal im Kreis geschickt, da der einheimische uns nicht einmal den Weg
richtig erklären konnte. Dann waren wir endlich auf einer freien Fläche, wo
wild getrommelt wurde. Die Gesänge waren immer die gleichen, und die Trommeln
waren extrem laut. Es gab auch andere Programmpunkte, wobei es nur um
Gemeinden, moderne Kirchenmusik, Ökumene und andere innerkirchliche Dinge ging.
Ich wurde schon von einem Freund vorgewarnt, dass der Katholikentag von unten
nicht im Programm vertreten sei, und daher ein getrennter Katholikentag Plus
stattfinden würde. Wo der sei, konnte mir niemand sagen. Er stand weder im
Programm, noch im Internet. Wahrscheinlich gab es eine separate Seite, die wir
aber nicht kannten. Es war schade, dass die kritischen Stimmen überhaupt nicht
anwesend waren, sondern komplett ausgelagert wurden. Als das Trommeln sehr wild
wurde, gestand mir mein Begleiter, dass er lieber Kirchenmusik und Klavier
hört. Er war erst 16 Jahre alt, aber er erklärte mir, er möge nur klassische
Musik, er spielt Orgel, und er sei in der Kirche sehr als Ministrant engagiert. Ihm sei die Kirche heute zu
modern, und er sei in der Petrus-Bruderschaft. Somit hatte ich ein Thema, und
ich konnte ihn genau ausfragen, was es mit der Pius-Bruderschaft und alldem auf
sich hat. Ich merkte schon, dass es wenig Sinn hatte, mit ihm zu diskutieren,
oder ihm eine andere Meinung aufzuzwingen, sonst würden sich die Fronten nur
verhärten. So verfuhr ich nach dem Motto: Stelle Dich dumm, dann erfährst Du
etwas. Das Dummstellen fiel mir sowieso nicht allzu schwer, da mein Wissen auf
diesem Gebiet ohnehin sehr "versprenkelt"
ist. Ich befragte ihn nach verschiedenen
Themen, wie zum Beispiel, was er von der
Wiedereinführung der tridentinischen Messe, vom Bischof von Limburg und von der Fürbitte
am Karfreitag für die Juden hält. Er hatte zwar eine extrem konservative
Meinung, doch konnte ich ziemlich viele Informationen herausziehen. So sagte er
mir zum Beispiel, dass man von dem neuen Papst keine größeren Reformen erwarten
könne. Er habe lediglich die roten Schuhe verweigert und hätte eine einfachere
Art. Später unterhielten wir uns noch über Befreiungstheologie, von der er
überhaupt nichts hielt. Aber ich erfuhr viel, was ich zuvor noch nicht wusste.
Er sei in einem Forum, das parallel zum Laienkomitee gegründet worden sei.
Dieses habe sich abgespaltet, da das Laienkomitee Ihnen zu fortschrittlich sei.
Er erzählte mir auch, dass eine Vorsitzende von wir sind Kirche exkommuniziert
worden sei, da sie die Eucharistie gefeiert hätte, was sie als Frau nicht
dürfe. Daran könne ich ja sehen, dass der Papst eben nicht fortschrittlich sei.
Ihm hat das natürlich gefallen, aber ich hatte somit auch viele neue
Informationen. Wir entschieden uns, von dem Platz weg zu gehen, da uns die
Trommeln zu laut wurden. Dann stellte sich auch noch heraus, dass das
afrikanische Konzert ganz woanders war, und wir nur noch die letzte
Viertelstunde mitbekommen haben. Auch dort wurde dann heftig getrommelt, was
mir dann auch zu laut wurde. Da mein Zug bereits um 17:19 Uhr fuhr, konnte ich
überhaupt nichts mehr machen, denn alles dauerte bis 18:00 Uhr. Somit
entschieden wir uns, zum nächsten Punkt zu gehen, ab dem der Fahrdienst fahren
würde. Da ich die ganze Zeit gestanden war, und da ich extrem viel in meinen
dünnen Schühchen gelaufen war, und sowieso Probleme mit den Sehnenansätzen der
Fersen habe, (im Sinne eines Fersensporns), hatte ich solche extremen Schmerzen
in den Füßen, dass ich es kaum noch schaffte, zu dem kleinen Bus sind zu laufen.
Auf dem Weg dorthin sahen wir einen Stand mit kirchenkritischen Prospekten.
Darauf stand zum Beispiel: „Kinderficker“. Inhaltlich teile ich natürlich
vollkommen die Kritik, aber die Art, wie sie dargeboten wurde, schreckte die
Leute eher ab. Es waren nur zwei Stände inmitten all dieser Kirchenbefürworter, was
dann eher destruktiv wirkte, und natürlich wieder Wasser auf die Mühlen derer
war, die keine Kritik wollen . Die Stände nahmen sich so einsam aus, was
wahrscheinlich auch so gewollt war. Es war irgendwie so inszeniert, dass jede
Kritik schlecht sein soll. Natürlich regte sich mein Begleiter furchtbar
darüber auf. Der andere, der mit dabei war eher gemäßigt. Als wir dann aus dem
Bus ausgestiegen waren, fragte der eine Begleiter, ob wir zu McDonald's gehen
wollten, bis der Zug kommt. Obwohl wir so unterschiedlicher Meinung waren,
riefen wir wie aus einem Munde: „nein, niemals! Hier sind sich konservative und progressive
doch einig. Dann unterhielten wir uns noch etwas über die Rolle der Frau in der
Kirche, Scheidung, und den Zölibat. Natürlich kannte ich seine Ansichten, aber
es interessierte mich dennoch, und so hatten wir eigentlich unseren kleinen
Katholikentag. Auch wenn ich kaum Workshops und Veranstaltungen besuchen
konnte, war dies der interessanteste Teil.
Ich fuhr dann
nachhause und traf auf die beiden Helfer vom Dunkelgang, die 2 Stunden früher
als geplant nachhause fuhren, da fast nichts los war.
Insgesamt
hätte ich mir diese Fahrt auch sparen können, und besonders die 20 € waren
völlig fehlinvestiert, denn wenn ich mir ein Taxi vom Bahnhof genommen hätte,
und hätte mich zur Stelle der Malteser-Jugend fahren lassen, und wäre dann mit
dem Taxi wieder zurückgefahren, wäre es billiger gewesen, und niemand hätte auf
den offenen Plätzen kontrolliert, ob ich eine Eintrittskarte für 20 € erworben
hatte. Das Taxi wäre wahrscheinlich wesentlich günstiger gewesen. Aber das weiß
man auch nicht. Nun bin ich um eine Erfahrung reicher, und es war überhaupt
nicht so, wie ich es mir erhofft hatte, und es war sehr schade, dass ich den
Katholikentag Plus nicht gefunden hatte. Das stellt man sich so einfach vor,
man geht zum Katholikentag von unten, diskutiert mit, geht zu den Workshops und
hat einen interessanten Tag. Dabei bin ich nur gelaufen, habe nur gesucht, und
war immer zur falschen Zeit am falschen Ort, wie es halt so meine Art ist. Es
war natürlich schön, dass es diese Helfer gab, ohne die es überhaupt nicht
gegangen wäre. Aber nun weiß ich, auf einen Katholikentag Brauch ich so schnell
nicht mehr zu gehen. So schnell wird auch keiner mehr in meiner Nähe
stattfinden
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